Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur einkommensteuerrechtlichen Beurteilung von Wasser-, Strom- und Gasanschlußgebühren
Leitsatz (NV)
1. Sind anläßlich der Errichtung eines Betriebsgebäudes Gebühren für den Wasser-, Strom- und Gasanschluß zu entrichten, können spezifisch betriebliche Aufwendungen für ein gesondertes immaterielles Wirtschaftsgut gegeben sein.
2. Fehlt es an einer spezifisch betrieblichen Nutzung, sind die Gebühren bei erstmaligem Anfall grundsätzlich Aufwendungen auf den Grund und Boden.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt einen Handel mit keramischen Rohstoffen und eine Spedition. Sie errichtete auf einem Betriebsgrundstück eine Halle. Im Streitjahr 1974 wandte sie u. a. 8 875 DM für Wasser-, Strom- und Gasanschlußgebühren auf. Die Klägerin behandelte die Gebühren teils als Herstellungskosten der Halle, teils als Betriebsausgaben.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) ging nach einer Betriebsprüfung davon aus, daß die Anschlußgebühren Anschaffungskosten des Grund und Bodens seien. Der Einspruch blieb erfolglos.
Die Klage hatte im Streitpunkt teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) sah die Gebühren als Gebäudeherstellungskosten an und gewährte darauf eine Absetzung für Abnutzung (AfA) von 355 DM (4 v. H.): Die Aufwendungen stünden - anders als Kanalanschlußkosten oder Straßenanliegerbeiträge - im Zusammenhang mit der Errichtung des Gebäudes. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in dem Urteil vom 15. Januar 1965 VI 115/63 U (BFHE 81, 628, BStBl III 1965, 226) auch den Netzkostenanteil des Anschlusses an ein Stromversorgungsnetz als Gebäudeherstellungskosten beurteilt. Abschn. 33 a Abs. 4 Nr. 3 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) sei nicht zu folgen. Andererseits könne die Klägerin die Gebühren nicht sogleich in vollem Umfang als Betriebsausgaben abziehen. Ergänzungsbeiträge i. S. des BFH-Urteils vom 13. September 1984 IV R 101/82 (BFHE 142, 247, BStBl II 1985, 49) seien zu verneinen, weil die Gebühren für die erstmalige Nutzung einer neu errichteten Halle aufgewandt worden seien.
Das FA macht mit der Revision geltend: Die Richtlinienregelung gehe auf die Rechtsprechung des BFH zurück (Urteil vom 24. November 1967 VI R 302/66, BFHE 91, 42, BStBl II 1968, 178). Danach erhöhten die Anschlußgebühren den Wert des Grund und Bodens.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin hält die Revision für unbegründet.
Sie erwidert: Das BFH-Urteil in BFHE 91, 42, BStBl II 1968, 178 sei nicht einschlägig. Es gehe hier nicht um erstmalige, sondern um nachträgliche Gebühren, die aufgrund der Errichtung einer zusätzlichen Halle angefallen seien.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Die bisherigen Feststellungen des FG erlauben keine abschließende Beurteilung der Frage, ob und inwieweit die Anschlußgebühren sofort abzugsfähiger Aufwand, Herstellungskosten der Halle (AfA-Abzug) oder nachträgliche Anschaffungskosten des Grund und Bodens sind.
Der Senat versteht die Ausführungen des FG dahin, daß die Anschlußgebühren von der Stadt bzw. den Versorgungsunternehmen zur Deckung ihrer allgemeinen Kosten erhoben wurden, die ihnen anläßlich der Herstellung der Versorgungseinrichtungen außerhalb des Grundstücks der Klägerin entstanden. Wenn man davon ausgeht, bestand zunächst Anlaß für die Prüfung, ob der Gebührenaufwand betriebsbezogen war. Auch wenn die Gebühren anläßlich der Errichtung der neuen Halle angefallen sind, folgt hieraus nicht zwangsläufig, daß der Aufwand grundstücks- oder gebäudebezogen gewesen sei. Es ist auch denkbar, daß die Versorgungssituation des Betriebs als ganzes verbessert wurde. Das FG wird - unter Heranziehung der Gebührenbescheide, der einschlägigen Satzungen und der Anschlußanträge der Klägerin - ermitteln, ob eine selbständige betriebliche Nutzungsmöglichkeit erlangt wurde. Eine solche Nutzungsmöglichkeit ist, sofern sie überhaupt ein Wirtschaftsgut ist, ein solches immaterieller Art, das nach § 5 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht zu aktivieren ist, weil lediglich eine Mitbenutzung des Versorgungsnetzes eröffnet wird. Dies hat die Rechtsprechung für einen verbesserten betrieblichen Strombezug ausgesprochen (BFH-Urteile vom 13. Dezember 1984 VIII R 249/80, BFHE 143, 50, BStBl II 1985, 289; vom 22. Oktober 1987 IV R 4/85, BFH / NV 1988, 229). Dieselben Erwägungen gelten für den Wasser- und Gasbezug.
Sollten die Gebühren nicht für die spezifisch betriebliche Nutzung angefallen sein, dürften sie entgegen der Auffassung des FG nicht dem Gebäude, sondern dem Grund und Boden des Betriebsgrundstücks zuzurechnen sein. Der Senat nimmt in grundsätzlicher Übereinstimmung mit Abschn. 33 a Abs. 4 Nr. 3 EStR an, daß erstmalige Beiträge (Gebühren) für Anlagen zur Versorgung mit Elektrizität, Gas und Wasser, unabhängig davon, ob sie anläßlich der Errichtung eines Gebäudes erhoben werden, nachträgliche Anschaffungskosten des Grund und Bodens sind. In demselben Umfang und aus denselben Gründen wie Kanalanschlußgebühren (s. hierzu BFH-Urteil vom 5. Juni 1985 I R 129/82, BFH / NV 1986, 205, m. w. N.) können auch die in Rede stehenden Gebühren grundstücksbezogen sein. Dies hat der BFH bereits für einen Wasserversorgungsbeitrag ausgesprochen (Urteil vom 4. November 1986 VIII R 322/83, BFHE 148, 513, 517, BStBl II 1987, 333). Die Gebühren für den Anschluß an die Elektrizitäts- und Gasversorgung dürften im allgemeinen nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen sein. Ob sich aus Besonderheiten des Streitfalls andere Zuordnungskriterien ergeben, kann der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Auch in diesem Zusammenhang wird das FG den Sachverhalt unter Hinzuziehung der Gebührenbescheide, der einschlägigen Satzung und der Anschlußanträge weiter aufklären. Dabei wird es auch auf die Ausführungen der Klägerin in der Revisionserwiderung eingehen.
Sollte das FG die Gebühren als sofort abzugsfähigen Aufwand ansehen, wird es zu beachten haben, daß lediglich das FA Revision eingelegt hat. Der Steueransatz des angegriffenen Urteils darf gemäß § 121 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO nicht überschritten werden.
Fundstellen
Haufe-Index 416282 |
BFH/NV 1989, 494 |