Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Wie ist kostenrechtlich zu verfahren, wenn eine Streitsache mehrere Rechtsgänge durchläuft?
Normenkette
AO § 307; FGO §§ 135-137
Gründe
Zweifelhaft ist, wie bei mehreren Rechtsgängen die Kostenlast nach §§ 307 ff. AO zu berechnen ist.
Im Streitfall wurde die Sache im ersten Rechtsgang vom Bundesfinanzhof an das Finanzamt zurückverwiesen. In einem solchen Fall bildet nach Auffassung des Senats das Einspruchsverfahren im ersten und zweiten Rechtsgang für das Kostenrecht nur eine Instanz. Für den Zivilprozeß ist in § 33 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes eine entsprechende gesetzliche Regelung enthalten, die unbedenklich wohl sinngemäß auch in das steuergerichtliche Verfahren übernommen werden kann. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs im ersten Rechtsgang, mit der eine Sache zurückverwiesen wird, beruht darauf, daß das vorangegangene Verfahren Mängel aufweist, die durch die erneute Entscheidung der Unterinstanz behoben werden sollen. Der Bundesfinanzhof prüft im Einzelfall nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit, ob er die Sache an das Finanzgericht oder an das Finanzamt zurückverweist. Nach Auffassung des Senats ist es sinnvoll, das Verfahren des ersten und zweiten Rechtsganges bei der Instanz, an die der Bundesfinanzhof die Sache zurückverweist - hier also das Einspruchsverfahren beim Finanzamt - als Einheit zu betrachten, weil die Zurückverweisung durch einen Mangel der früheren Entscheidung bedingt ist und die Instanz diesen Mangel des ersten Rechtsgangs beheben soll. Legt der Steuerpflichtige dann aber gegen die Entscheidung dieser Instanz ein weiteres Rechtsmittel ein, so ist es nach Auffassung des Senats gerechtfertigt, das Verfahren bei der zum zweiten Mal angerufenen nächsten Instanz kostenrechtlich als eigenes Rechtsmittelverfahren zu behandeln. Legt also z. B. ein Steuerpflichtiger, nachdem der Bundesfinanzhof eine Sache im ersten Rechtsgang an das Finanzamt zurückverwiesen hat, gegen die zweite Einspruchsentscheidung des Finanzamts Berufung beim Finanzgericht ein, so sind die Berufungsverfahren im ersten und zweiten Rechtsgang kostenmäßig getrennte Verfahren. Hat der Bundesfinanzhof eine Sache im ersten Rechtsgang dagegen an das Finanzgericht zurückverwiesen, so bilden entsprechend das Berufungsverfahren im ersten und zweiten Rechtsgang kostenmäßig eine Einheit. Legt der Steuerpflichtige dann gegen die Berufungsentscheidung im zweiten Rechtsgang erneut die Rb. beim Bundesfinanzhof ein, so sind die Rechtsbeschwerdeverfahren des ersten und zweiten Rechtsgangs für die Kostenberechnung getrennte Verfahren.
Soweit nach diesen Grundsätzen mehrere Verfahren vorliegen, sind die Kosten für jeden Rechtsgang und für jede Instanz gemäß § 307 Abs. 1 AO im Verhältnis des Unterliegens bzw. des Obsiegens auf die Beteiligten zu verteilen. Für jedes eigene Verfahren in einer Instanz ist auch jeweils ein eigener Streitwert festzustellen, der nach den allgemeinen Grundsätzen, vorwiegend also nach dem in dem jeweiligen Verfahren streitigen Steuerbetrag, zu berechnen ist.
Danach ist im Streitfall für das Einspruchsverfahren in den beiden Rechtsgängen nur ein Streitwert festzustellen. Die Kosten sind im Verhältnis des endgültigen Obsiegens des Steuerpflichtigen zu verteilen. Da der Beschwerdeführer im Einspruchsverfahren des zweiten Rechtsgangs einige neue ihm günstige Tatsachen nachgeschoben und eine höhere Steuerermäßigung als bisher beantragt hat, ist sein weitergehender Antrag für die Bemessung des Streitwerts maßgebend.
Für das Berufungsverfahren ist für jeden Rechtsgang ein Streitwert festzustellen. Die Kosten sind entsprechend dem Obsiegen des Steuerpflichtigen im endgültigen Urteil des Bundesfinanzhofs des zweiten Rechtsgangs zu verteilen. Dasselbe gilt für die Rechtsbeschwerdeinstanz.
Fundstellen
Haufe-Index 423989 |
BStBl III 1963, 272 |
BFHE 1963, 746 |
BFHE 76, 746 |