Entscheidungsstichwort (Thema)

Fachhochschullehrer; Steuerberater - Inkompatibilität

 

Leitsatz (NV)

1. Die Tätigkeit eines Lehrers an einer staatlichen verwaltungsinternen Fachhochschule mit Ausbildungsgängen für den öffentlichen Dienst ist mit dem Beruf eines Steuerberaters auch dann nicht vereinbar, wenn die Fachhochschule die Rechtsstellung einer Körperschaft öffentlichen Rechts hat.

2. Zur Verfassungsmäßigkeit des § 57 Abs. 3 Nr. 4 2. Halbsatz StBerG.

3. Zur Notwendigkeit einer Übergangsregelung für Fachhochschullehrer, die vor der Neuregelung der Inkompatibilität durch das 4. StBerÄndG den Beruf des Steuerberaters bereits (zulässigerweise) ausgeübt haben.

 

Normenkette

StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 2, § 57 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Professor an einer Fachhochschule für Verwaltung (FHSV) tätig. Er lehrt dort Steuerrecht mit dem Schwerpunkt Steuern vom Einkommen und Ertrag. Auf seinen Antrag wurde er 1983 unter Befreiung von der Steuerberaterprüfung als Steuerberater bestellt. Die Tätigkeit als Steuerberater konnte der Kläger erst seit 1984 ausüben, da ihm erst zu diesem Zeitpunkt von der zuständigen Dienstbehörde auf ein entsprechendes Verpflichtungsurteil des Verwaltungsgerichts hin die - zunächst abgelehnte - Genehmigung einer Nebentätigkeit als Steuerberater mit einem Umfang von höchstens 150 Stunden pro Jahr erteilt worden war.

Nach Inkrafttreten des Vierten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes (4. StBerÄndG) vom 9. Juni 1989 (BGBl I, 1062) widerrief die Beklagte und Revisionsbeklagte (Beklagte) durch Bescheid vom ... 1990 die Bestellung des Klägers als Steuerberater mit der Begründung, der Kläger übe als Lehrer an einer staatlichen verwaltungsinternen Fachhochschule mit Ausbildungsgängen für den öffentlichen Dienst eine Tätigkeit als Arbeitnehmer aus, die mit dem Beruf eines Steuerberaters nicht vereinbar sei (§ 46 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 57 Abs. 4 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 4 Halbsatz 2 des Steuerberatungsgesetzes - StBerG - i.d.F. des 4. StBerÄndG). Die Klage des Klägers gegen den Widerrufsbescheid blieb erfolglos.

Mit der Revision wendet sich der Kläger gegen die Auffassung des FG, er übe als Professor an der FHSV die mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbare Tätigkeit eines Lehrers an einer staatlichen verwaltungsinternen Fachhochschule i.S. des § 57 Abs. 3 Nr. 4 Halbsatz 2 StBerG aus. Ferner vertritt er die Ansicht, daß es in bezug auf die Neuregelung des § 57 Abs. 3 Nr. 4 Halbsatz 2 StBerG hinsichtlich der Fachhochschullehrer, die bei Inkrafttreten des 4. StBerÄndG bereits den Beruf des Steuerberaters ausübten, aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -) einer gesetzlichen Übergangsregelung bedurft habe. Im vorliegenden konkreten Einzelfall könne die Güterabwägung zwischen der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für die Allgemeinheit und seinem (des Klägers) Interesse am Bestand seiner grundrechtlich geschützten Rechtsposition den sofortigen Widerruf der Bestellung als Steuerberater nicht rechtfertigen. Das FG habe den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das schutzwürdige Vertrauen des Klägers auf den Fortbestand seiner Bestellung als Steuerberater verkannt.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung und den Widerrufsbescheid der Beklagten aufzuheben, hilfsweise, das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu der Frage einzuholen, ob die Neufassung des § 57 Abs. 3 Nr. 4 StBerG ohne Übergangsregelung mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar ist.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Die Beklagte hat - wie das FG zutreffend entschieden hat - nach § 46 Abs. 2 Nr. 2 StBerG zu Recht die Bestellung des Klägers als Steuerberater widerrufen. Denn der Kläger übt als Professor an einer verwaltungsinternen Fachhochschule eine Arbeitnehmertätigkeit aus, die mit seinem zweiten Beruf als Steuerberater nicht vereinbar ist. Mit dem Beruf eines Steuerberaters ist zwar die Tätigkeit eines Lehrers an wissenschaftlichen Hochschulen und Instituten sowie Fachhochschulen grundsätzlich vereinbar (§ 57 Abs. 4 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 4 Halbsatz 1 StBerG). Dies gilt jedoch nicht für Lehrer an staatlichen verwaltungsinternen Fachhochschulen mit Ausbildungsgängen für den öffentlichen Dienst (§ 57 Abs. 3 Nr. 4 Halbsatz 2 StBerG). Das FG hat zutreffend entschieden, daß die FHSV, an der der Kläger als Lehrer tätig ist, unbeschadet ihrer Rechtsform und der organisationsrechtlichen Eingliederung eine solche staatliche verwaltungsinterne Fachhochschule mit Ausbildungsgängen für den öffentlichen Dienst darstellt (hierzu siehe unten 4.), so daß die vorstehende Unvereinbarkeitsregelung auf den Kläger Anwendung findet.

2. Nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 28. Juli 1992 VII R 100/91 (BFH/NV 1992, 840) ist die Regelung des § 57 Abs. 3 Nr. 4 Halbsatz 2 StBerG, wonach Lehrer an verwaltungsinternen Fachhochschulen - im Gegensatz zu den Lehrern an anderen Fachhochschulen (und wissenschaftlichen Hochschulen) - vom Beruf des Steuerberaters ausgeschlossen sind, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt sowohl im Hinblick auf das Grundrecht der Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG), bei dem an die hier vorliegende objektive Beschränkung der Zuwahl eines zweiten Berufs nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluß vom 15. Februar 1967 1 BvR 569, 589/62, BVerfGE 21, 173, 181) nicht dieselben strengen Anforderungen gestellt werden, die sonst für objektive Zulassungsvoraussetzungen gelten, als auch im Hinblick auf einen Vergleich der beiden Gruppen von Fachhochschullehrern für die Frage der Vereinbarkeit der gesetzlichen Inkompatibilitätsregelung mit dem Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG. Wegen der Begründung im einzelnen nimmt der Senat auf seine vorstehend zitierte Entscheidung, die weitgehend mit den Ausführungen des FG in der Vorentscheidung zum Streitfall übereinstimmt, Bezug.

Die Revision weist zwar zu Recht darauf hin, daß die für Inkompatibilitätsregelungen anwendbaren, weniger strengen Anforderungen an objektive Zulassungsvoraussetzungen im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG uneingeschränkt nur für die auf die Zukunft ausgerichtete Zuwahl eines zweiten Berufs gelten. Das BVerfG hat aber in seinem Beschluß in BVerfGE 21, 173, 183 für den hier vorliegenden Fall, daß sich eine (neue) Inkompatibilitätsbestimmung auf bereits im Beruf stehende Steuerberater und Steuerbevollmächtigte bezieht, die nunmehr zur Aufgabe dieses (Zweit-)Berufs gezwungen werden sollen, insoweit lediglich die Einschränkung gemacht, daß hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit den Gesetzgeber nötigen kann, insoweit eine Übergangsregelung zu treffen. Auf den Fall des Klägers bezogen war nach den vom BVerfG aufgestellten Prüfungsmaßstäben eine solche Übergangsregelung nicht geboten (vgl. nachfolgend 3. und 5.). Der Senat hält auch an seinen Darlegungen in dem Urteil in BFH/NV 1992, 840, 842, 843 über das Vorliegen der abstrakten Gefahr von Interessenkollisionen und des Bestehens von Wettbewerbsvorteilen bei Ausübung des Steuerberaterberufs durch Lehrer an staatlichen verwaltungsinternen Fachhochschulen fest. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt er auf diese Darlegungen Bezug.

3. Der Senat hat in seinem Urteil in BFH/NV 1992, 840 ferner entschieden, daß die Neufassung des § 57 Abs. 3 Nr. 4 StBerG auch für solche Fachhochschullehrer an verwaltungsinternen Fachhochschulen mit Ausbildungsgängen für den öffentlichen Dienst, die bei Inkrafttreten des 4. StBerÄndG bereits zum Steuerberater bestellt waren, keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung des Gesetzes beinhaltet. Er ist für den dort zur Beurteilung stehenden Fall zu dem Ergebnis gelangt, daß der Widerruf der Bestellung als Steuerberater aufgrund der neuen Inkompatibilitätsregelung nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbots nicht unzumutbar war. Wie der Senat dort ausgeführt hat, lag kein Härtefall in dem Sinne vor, daß der Gesetzgeber unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 21, 173 und BVerfG-Beschluß vom 25. Juli 1967 1 BvR 585/62, BVerfGE 22, 275) aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gehalten gewesen wäre, bei Neuregelung der Unvereinbarkeit mit dem Beruf des Steuerberaters eine Übergangsregelung zu treffen.

Die dortigen Ausführungen und Würdigungen des Senats, auf die Bezug genommen wird, finden auf den Fall des Klägers entsprechende Anwendung. Entgegen dem Vorbringen der Revision verkennt der Senat dabei nicht, daß der Kläger seine Steuerberatertätigkeit - bisher zulässigerweise - erheblich länger ausgeübt hat als der Kläger in dem Urteilsfall BFH/NV 1992, 840. Die Vorentscheidung ist damit auch insoweit nicht zu beanstanden.

4. Die Einwendungen des Klägers gegen das Vorliegen einer verwaltungsinternen Fachhochschule im Streitfall sowie dessen Auffassung von der von Verfassungs wegen gebotenen Übergangsregelung zu § 57 Abs. 3 Nr. 4 Halbsatz 2 StBerG greifen nicht durch.

a) Das FG hat zu Recht entschieden, daß es sich bei der FHSV, an der der Kläger lehrt, um eine staatliche verwaltungsinterne Fachhochschule mit Ausbildungsgängen für den öffentlichen Dienst i.S. des § 57 Abs. 3 Nr. 4 Halbsatz 2 StBerG handelt.

Das Tatbestandsmerkmal verwaltungsintern wird durch die Zuerkennung einer eigenen Rechtspersönlichkeit für die FHSV durch das ... Hochschulgesetz (HG) - Körperschaft des öffentlichen Rechts - nicht ausgeschlossen. Dieses Merkmal ist - wie das FG zutreffend ausgeführt hat - nicht organisationsrechtlich nach dem Grad der Eingliederung in die staatliche Verwaltung, sondern entsprechend dem Sinn und Zweck der berufsrechtlichen Inkompatibilitätsregelung, wie sie sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergeben (vgl. hierzu auch das Urteil des Senats in BFH/NV 1992, 840), funktional zu verstehen. Danach sollte die Gefahr von Interessenkollisionen und Wettbewerbsvorteilen, die sich aus der Doppelstellung dieser Fachhochschullehrer als Ausbilder von Angehörigen des öffentlichen Dienstes und als Steuerberater ergeben können, ausgeschlossen werden (BTDrucks 11/3915, S. 25).

Diese Gesetzesauslegung steht - entgegen dem Vorbringen der Revision - nicht im Widerspruch zum Wortlaut des Gesetzes als Grenze zulässiger Auslegungstätigkeit. Das Merkmal verwaltungsinterne als Abgrenzung zu sonstigen (Fach-)Hochschulen setzt nach seinem Wortsinn nicht zwingend eine Eingliederung (Zugehörigkeit) der Fachhochschule in die Landesverwaltung voraus. Vielmehr genügt - wenn das andere, hier maßgebliche Tatbestandsmerkmal der Ausbildungsgänge für den öffentlichen Dienst als Unterscheidungsmerkmal von den sonstigen wissenschaftlichen Hochschulen, Instituten und Fachhochschulen gegeben ist - ein gewisser organisatorischer Zusammenhang zur Landesverwaltung, der sich aus diesen besonderen Ausbildungsgängen und Ausbil- dungszielen ergibt.

Die FHSV bildet - wie das FG festgestellt hat - in vier Fachbereichen (allgemeiner nichttechnischer Verwaltungsdienst, Rechtspflege, Polizeivollzugsdienst und Steuerverwaltungsdienst) Beamte für den öffentlichen Dienst (gehobener Dienst) bestimmter Fachverwaltungen aus. Dieser ausschließlichen Funktion der FHSV als Ausbildungsstätte für den öffentlichen Dienst trägt das HG durch Sondervorschriften Rechnung, nach denen sich die FHSV von den sonstigen staatlichen Hochschulen nach Landesrecht - auch in organisationsrechtlicher Hinsicht - unterscheidet. Nach den HG ist die FHSV eine Ausbildungseinrichtung i.S. des Laufbahnrechts. Sie bildet Personen, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften zum Studium zugelassen werden, für ihre Laufbahn in Ausbildungsgängen aus, die ausschließlich auf den öffentlichen Dienst ausgerichtet sind. Das Studium ist nach einer Ausbildungs- und Prüfungsordnung oder entsprechenden bundesrechtlichen Vorschriften durchzuführen und abzuschließen. Die fachaufsichtliche Bestätigung der Studienordnung und Studienpläne obliegt dem Landesministerium für Inneres; es entscheidet im Einvernehmen mit dem für Hochschulen zuständigen Landesministerium und der für den jeweiligen Fachbereich nach Laufbahnrecht zuständigen obersten Dienstbehörde. Abweichend von Vorschrift über die der Rechtsaufsicht durch das für die Hochschulen zuständige Landesministerium, nimmt die Rechtsaufsicht über die FHSV das Landesministerium für Inneres wahr; es übt sie in allen die Fachbereiche betreffenden Angelegenheiten im Einvernehmen mit der jeweils zuständigen obersten Dienstbehörde und dem für Hochschulen zuständigen Landesministerium aus. Der Fachbereich Steuerverwaltungsdienst unterliegt der Fachaufsicht des Landesministeriums für Inneres; es nimmt sie im Einvernehmen mit dem Landesministerium für Finanzen und dem für Hochschulen zuständigen Landesministerium wahr. Auch die Bestellung der Lehrenden erfolgt im Fachbereich Steuerverwaltungsdienst im Einvernehmen mit dem Landesministerium für Finanzen; sie erfolgt nach Maßgabe der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Steuerbeamte, die als Qualifikation u.a. eine berufliche Tätigkeit in der Finanzverwaltung vorschreibt.

Wegen dieser organisatorischen Verbindung zwischen der FHSV und der jeweiligen Fachverwaltung, auf deren dienstliche Bedürfnisse die einzelnen Studiengänge ausschließlich ausgerichet sind, kann - unabhängig von der eigenen Rechtspersönlichkeit - das Tatbestandsmerkmal einer verwaltungsinternen Fachhochschule für die FHSV nicht in Zweifel gezogen werden. Das gilt im Hinblick auf die hier bestehende Fachaufsicht, die von dem Landesministerium für Inneres im Einvernehmen mit dem Landesministerium für Finanzen vorgenommen wird, besonders für den Fachbereich Steuerverwaltungsdienst, in dem der Kläger als Fachhochschullehrer tätig ist. Die Ausbildung für den öffentlichen Dienst als ausschließliche Funktion der FHSV, wie sie sich aus dem HG ergibt, wird entgegen dem Vorbringen der Revision nicht dadurch berührt, daß nach der Grundordnung, die sich die FHSV gegeben hat, einzelne Antragsteller bei nachgewiesenem beruflichen oder fachlichem Interesse als Gasthörer zugelassen werden können, ohne mitgliedschaftliche Rechte an der FHSV zu erwerben.

b) Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, ist der Widerruf der Bestellung als Steuerberater aufgrund der neuen Inkompatibilitätsregelung nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbots nicht unzumutbar. Nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 21, 173 und 22, 275) kann zwar der Gesetzgeber aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gehalten sein, bei Neuregelung der Unvereinbarkeit mit dem Beruf des Steuerberaters für bestimmte Härtefälle eine Übergangsregelung zu treffen. Dabei können die Zeitdauer, die Art und die wirtschaftliche Bedeutung der bisher nebeneinander ausgeübten Tätigkeiten, das Alter des Betroffenen und die Zumutbarkeit der Einstellung der - nunmehr unzulässigen - (Steuerberater-)Tätigkeit zu berücksichtigen sein. Ein solcher Härtefall liegt aber nach den Gesamtumständen des Streitfalles beim Kläger nicht vor.

Der Kläger übt die Tätigkeit als Steuerberater erst seit 1984 aus, und zwar als Nebentätigkeit, die nicht der unmittelbaren wirtschaftlichen Existenzsicherung dient. Die Nebentätigkeit ist ihm nur in einem Umfang von höchstens 150 Stunden pro Jahr genehmigt worden. Die Einnahmen aus der Steuerberatertätigkeit sind gegenüber den Einnahmen aus der Arbeitnehmertätigkeit als Professor und den Einnahmen des Klägers aus sonstiger freiberuflicher Lehrtätigkeit nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung. Unter diesen Umständen stellt - gemessen an den Sachverhaltsgestaltungen, über die das BVerfG in seinen Entscheidungen zur Unvereinbarkeit von anderen Berufstätigkeiten mit dem Steuerberaterberuf in BVerfGE 21, 173 und 22, 275 zu entscheiden hatte und für die es die Notwendigkeit einer Übergangsregelung zu der gesetzlichen Neuregelung verneint hat - der Zwang zur sofortigen Aufgabe der nebenberuflichen Steuerberatertätigkeit keine unzumutbare Härte dar. Das Interesse des Klägers an der Weiterführung seiner Steuerberaterpraxis neben seinem Hauptberuf als Fachhochschullehrer muß hinterher dem berechtigten Interesse der Allgemeinheit an der Vermeidung von Interessenkollisionen und Wettbewerbsverzerrungen gegenüber den Nur-Steuerberatern zurücktreten. Wegen der grundsätzlichen Berechtigung und der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der getroffenen Inkompatibilitätsregelung wird auf das Urteil des Senats in BFH/NV 1992, 840 Bezug genommen.

Bei dem Zeitmoment, das für den Vertrauensschutz des Klägers zu berücksichtigen war, hat das FG zu Recht auf die Aufnahme der Steuerberatungstätigkeit in 1984 nach Erteilung der erforderlichen beamtenrechtlichen Nebentätigkeitsgenehmigung abgestellt und nicht auf den Zeitpunkt der Bestellung als Steuerberater und die Antragstellung des Klägers auf Erteilung dieser Nebentätigkeitsgenehmigung im Jahre 1983. Denn bis zum Zeitpunkt der auf ein Verpflichtungurteil des Verwaltungsgerichts hin ergangenen beamtenrechtlichen Genehmigung konnte der Kläger mit einer Aufnahme der Steuerberatertätigkeit nicht sicher rechnen, denn auch das Fehlen einer Inkompatibilitätsbestimmung (zu diesem Zeitpunkt) mußte nicht zwingend zur Erteilung der nach dem Beamtenrecht erforderlichen Genehmigung der Nebentätigkeit führen.

Eine unzumutbare Härte durch den Widerruf der Bestellung als Steuerberater kann sich auch allenfalls unter Berücksichtigung der Zeitdauer ergeben, während der der Kläger tatsächlich Einnahmen aus der ihm nunmehr verbotenen Tätigkeit erzielt hat. Da der Kläger bis zum Ergehen des 4. StBerÄndG vom 9. Juni 1989, das die hier maßgebliche Unvereinbarkeitsregelung enthielt, nur wenige Jahre nebenberuflich in einem Maße als Steuerberater tätig war, das auf seine wirtschaftliche Existenz und die Sicherung seiner Altersversorgung ohne nennenswerten Einfluß war, konnte ihm diese Einkunftsquelle aufgrund der Gesetzesänderung ohne Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wieder entzogen werden.

Für die Frage der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit einer gesetzlichen Übergangsregelung kommt es somit im Streitfall auf das Alter des Betroffenen, auf seine vorzeitige Kenntnis von dem Gesetzgebungsverfahren und auf die im Schrifttum bereits vor Erlaß des 4. StBerÄndG geäußerten Zweifel an der Vereinbarkeit des Berufs des Steuerberaters mit dem des Lehrers an Fachhochschulen mit Ausbildungsgängen für den öffentlichen Dienst (vgl. Peter/Charlier, Kommentar zum Steuerberatungsgesetz, § 57 Rdnr. 214) nicht an. Das BVerfG hat das Alter des Betroffenen nur als einen von mehreren denkbaren Gründen für das Vorliegen eines Härtefalls benannt. Dieser ist jedenfalls unerheblich, wenn die Altersversorgung aufgrund des verbleibenden Berufs gesichert ist. Die insoweit von der Revision erhobenen Einwendungen gegen das Urteil des FG sind deshalb nicht entscheidungserheblich.

Aus denselben Gründen besteht auch kein Anlaß, auf die sonstigen, von der Revision angegriffenen Erwägungen des FG näher einzugehen, mit denen dieses im Streitfall das Vorliegen einer unzumutbaren Härte, die eine Übergangsregelung zu der neuen Inkompatibilitätsbestimmung erforderlich gemacht hätte, verneint hat (z.B. Investitionen, Einsatz von Personal - nur Teilzeitkräfte - und Mandantenstamm in der Steuerberaterpraxis des Klägers). Anhaltspunkte dafür, daß es dem Kläger nicht möglich sein sollte, seine geschäftlichen Beziehungen aus der nebenberuflich betriebenen Steuerberaterpraxis ohne nennenswerte wirtschaftliche Einbußen abzuwickeln, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich.

5. Da der Senat die Inkompatibilitätsregelung nicht für verfassungswidrig hält, hat er keinen Anlaß zur Aussetzung des Verfahrens und Einholung einer Entscheidung des BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419833

BFH/NV 1994, 829

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