Leitsatz (amtlich)
Pulver, die im wesentlichen aus Stärkesiruptrockenstoff bestehen, ätherische Öle enthalten und zum Aromatisieren von Backwaren, Cremes und Sahne dienen, sind keine Sirupe und können daher nicht der Tarifst. 21.07 F II zugewiesen werden.
Normenkette
GZT Tarifst. 21.07 F II
Tatbestand
Die Klägerin hatte im Dezember 1973 bzw. im März 1975 die Beklagte (Oberfinanzdirektion – OFD –) um die Erteilung verbindlicher Zolltarifauskünfte (vZTA) gebeten über
- „Fruchtpulver X Orange
- Fruchtpulver X pulverisierter Orangensaft,
- Fruchtpulver X pulverisierter Zitronensaft,
- Fruchtpulver X Zitrone Spezial sowie
- XYZ Zitrone Spezial”.
In fünf vZTA vom 27. Februar 1974 und vom 13. Juni 1975 hatte die OFD die Waren der Tarifst. 17.05 B II (aromatisierter Zucker) des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) zugewiesen.
Nachdem diese vZTA mit Ablauf des Jahres 1977 durch den Wegfall der Tarifnr. 17.05 gemäß § 23 Abs. 3 des Zollgesetzes (ZG) außer Kraft getreten waren, erteilte die OFD der Klägerin auf deren Antrag vom 22. Dezember 1977 am 8. Februar 1978 fünf neue vZTA. Darin beschrieb sie die Waren wie folgt: Es handele sich um feine, hygroskopische Pulver, die nach Orangen- bzw. Zitronenschalenöl röchen und schmeckten, zu etwa 78 bis 87 % aus Stärkesiruptrockenstoff bestünden, etwa 1 bis 2 ml/100 gr ätherisches Öl enthielten und zum Aromatisieren von Backwaren, Cremes und Sahne dienten. Die OFD wies die oben unter 1. genannte, 5,4 Gewichtshundertteile (GHT) Saccharose enthaltende Ware der Tarifst. 21.07 G I b) 1, die übrigen, weniger oder keine Saccharose enthaltenden Waren der Tarifst. 21.07 G I a) 1 GZT zu Mit dem dagegen erhobenen Einspruch machte die Klägerin geltend: Die Waren gehörten als aromatisierte Glukosesirupe in die Tarifst. 21.07 F II. In dieser sei die frühere Tarifst. 17.05 B II aufgegangen. Sirupe hätten als „zähflüssige Erzeugnisse” ihre Bedeutung weitgehend verloren und würden heute in Trockenform – und zwar pulverisiert – in den Handel gebracht.
Die OFD wies die Einsprüche am 25. Oktober 1978 mit folgender Begründung zurück:
Rechtsgrundlage sei der GZT in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 2500/77 (VO Nr. 2500/77) des Rates vom 7. November 1977 zur Änderung der VO Nr. 950/68 des Rates vom 28. Juni 1968 über den GZT (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften – ABlEG – Nr. L 289 vom 14. November 1977). Die in den vZTA beschriebenen Waren stellten sich unstreitig als mit Orangensaft und speziell aufbereitetem Orangenschalenöl aromatisierte Stärkesiruptrockenmasse sowie mit Zitronensaft, Zitronensäure und speziell aufbereitetem Zitronenschalenöl aromatisierte Stärkesiruptrockenmasse dar, die zum Aromatisieren von Backwaren, Cremes und Sahne verwendet werden sollten. Für die Tarifierung einer Ware sei maßgebendes Kriterium ihre Beschaffenheit ohne „Hinzufügen oder Weglassen wertloser Inhaltsstoffe”. Zubereitungen der in den vZTA beschriebenen Art, die zu keiner anderen Nummer des GZT gehörten, aus Nährstoffen zusammengesetzt seien und bei der Herstellung von Lebensmitteln verwendet würden, gehörten zur Tarifnr. 21.07. Ein aromatisierter Sirup i. S. der Tarifst. 21.07 F liege nicht vor, da den Erzeugnissen die charakteristische „Sirupform” fehle und sie neben Aromastoffen (Orangen- bzw. Zitronenschalenöl) auch Frucht(saft)pulver enthielten. Wegen des Zusatzes an Fruchtpulver scheide auch eine Zuweisung der Erzeugnisse zur Tarifnr. 17.02 aus, die andere Zucker (als Rüben- und Rohrzucker) in fester Form, auch mit Zusatz von Aromastoffen, erfasse. Die den vZTA zugrunde liegenden Waren seien somit nach Beschaffenheit, Zusammensetzung und Verwendungszweck den Tarifst. 21.07 G I a) 1 bzw. 21.07 G I b) 1 zuzuweisen.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin mit folgender Begründung Klage erhoben:
Die OFD habe die Waren falsch tarifiert. Sie gehörten in die Tarifst. 21.07 F.
Diese Tarifstelle nenne genau die Zusammensetzung der hier vorliegenden Waren. Der Zuweisung an sie stehe nicht entgegen, daß die Waren als Stärkesirupe nicht die „Sirupform” hätten. Diese Form werde bei einem Produkt allein von dem Gehalt an Wasser bestimmt. Es habe auf die Zusammensetzung des Produkts jedoch keinen Einfluß, in welchem Umfang ihm Wasser zugesetzt werde. Auch die OFD sehe dies im Grundsatz richtig, wenn sie in den Gründen der angefochtenen Entscheidung ausführe, für die Tarifierung einer Ware sei maßgebendes Kriterium ihre Beschaffenheit ohne Hinzufügen oder Weglassen wertloser Inhaltsstoffe. Wertlos für die Beurteilung des Produkts sei aber sein Gehalt an Wasser; denn Wasser könne – jedenfalls in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) – ohne nennenswerte Schwierigkeiten und Kosten beliebig hinzugefügt werden. Gerade Sirup träte im täglichen Leben in verschiedenen Formen auf. Es gebe auch den Sirup in fester Form, dem das Wasser weitgehend entzogen worden sei. Gerade Sirup in fester Form werde zum Süßen von Getränken im täglichen Leben häufig verwendet. Auch der GZT gehe davon aus, daß Sirup als Trockenstoff auftreten könne. Das zeige die Nr. 2 der Zusätzlichen Vorschriften in Kapitel 17. Im übrigen verbiete es sich aus der gesamten Ordnung des GZT, aufgrund der äußeren Form die Einordnung der hier streitigen Produkte als Sirupe zu verneinen. Da der GZT nun einmal nach der inneren Beschaffenheit der Stoffe unterscheide, könne die äußere Form für die Einordnung nicht mehr maßgeblich sein. Andernfalls hätte der GZT nach festen Stoffen, Flüssigkeiten und Gasen unterteilt werden müssen. Schließlich sei darauf hinzuweisen, daß der Aggregatzustand einer Sache für ihre Einordnung in den GZT unerheblich sein müsse.
Für den Fall, daß der erkennende Senat die Produkte dennoch allein aufgrund ihrer Form nicht als Sirupe einordnen wolle, sei ihre Einordnung unter die Tarifnr. 17.02 zwingend. Denn wenn man den Produkten aufgrund ihres festen Zustandes die Sirupeigenschaft absprechen wolle, so müsse man sie als „andere Zucker, fest” einordnen; der Zusatz an Aromastoffen einschließlich Zitronensäure schade nicht.
Die Klägerin beantragt,
- die fünf vZTA vom 8. Februar 1978 sowie die Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 1978 aufzuheben,
- die OFD zu verpflichten, ihr vZTA zu erteilen, mit der Maßgabe, daß die Waren der Tarifst. 21.07 F II hilfsweise der Tarifnr. 17.02 zuzuordnen seien.
Die OFD beantragt, die Klage als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Die OFD hat in den fünf angefochtenen vZTA die im wesentlichen aus Stärkesiruptrockenstoff bestehenden hygroskopischen Pulver zu Recht den Tarifst. 21.07 G I a) 1 und 21.07 G I b) 1 des GZT zugewiesen. Die Pulver sind Lebensmittelzubereitungen, weil sie im wesentlichen aus Stärkesiruptrockenstoff bestehen, ätherische Öle enthalten und zum Aromatisieren von Backwaren, Cremes und Sahne dienen. Sie werden durch keine andere Tarifnummer als die Tarifnr. 21.07 erfaßt. Innerhalb dieser Tarifnummer gehören sie in die Tarifstelle G, weil sie andere als die in den vorangehenden Tarifstellen A bis F genannten Lebensmittelzubereitungen sind. In der Tarifstelle G wird das „Fruchtpulver Bordon's Orange Excellent” wegen seines Saccharosegehalts von 5,4 GHT durch I b) erfaßt, während die übrigen vier Pulver wegen des geringeren bzw. fehlenden Saccharosegehalts zu I a) gehören.
Die Pulver können entgegen der Auffassung der Klägerin nicht der Tarifst. 21.07 F II zugewiesen werden. Denn sie sind keine Sirupe. Unter einem Sirup kann auch i. S. des GZT gemäß dem allgemeinen Sprachgebrauch nur ein zähflüssiges Erzeugnis verstanden werden. Davon geht die Klägerin selbst aus mit ihrer Feststellung, die Sirupform werde bei einem Produkt allein von dem Gehalt an Wasser bestimmt. Ihre Auffassung, der GZT erkenne die Möglichkeit an, daß Sirup auch als Trockenstoff auftrete, findet in der von ihr dafür angegebenen Zusätzlichen Vorschrift 2 des Kapitels 17 keine Stütze. Diese lautet;
„Im Sinne der Tarifstelle 17.02 D I gilt als ‚Isoglukose’ Sirup, aus Glukosesirup gewonnen, mit
- einem Fruktosegehalt von mindestens 10 Gewichtshundertteilen, bezogen auf den Trockenstoff, und
- einem Gehalt an Oligosacchariden und Polysachariden von mindestens insgesamt 1 Gewichtshundertteil, bezogen auf den Trockenstoff,”
Sie hat einen bestimmten Sirup zum Gegenstand und definiert ihn nach Bestandteilen, deren Menge auf den Trockenstoff bezogen ist. Die Erwähnung des Trockenstoffes besagt nur, daß bei völligem Entzug des Wassers ein bestimmtes Verhältnis des dann verbleibenden Trockenstoffs zu den erwähnten Bestandteilen vorliegen muß, nicht aber daß es sich bei dem Sirup als solchem um ein Erzeugnis handelt, das nicht die charakteristische Zähflüssigkeit, sondern eine feste Form aufweist.
Auch die Auffassung der Klägerin, für die Beurteilung eines Erzeugnisses sei sein Gehalt an Wasser wertlos, weil Wasser keinen besonderen Wert habe, geht fehl. Für die Tarifierung eines Erzeugnisses kommt es auf die an ihm feststellbaren Merkmale an (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften – EGH – vom 23. März 1972 Rs 31/71, EGHE 1972, 187, 198; Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14. Oktober 1975 VII R 72/73, BFHE 117, 126). Diese werden in der Regel durch einen Gehalt an Wasser wesentlich beeinflußt, und zwar nicht nur in bezug auf die „äußere Form” des Erzeugnisses, sondern auch hinsichtlich seiner „inneren Beschaffenheit”. Das Vorhandensein oder Fehlen von Wasser in einem Erzeugnis hat nichts mit der Frage des Aggregatzustandes eines Stoffes zu tun; dieser hängt nur von der Temperatur des betreffenden Stoffes ab.
Es ist unerheblich, daß vor der am 1. Januar 1978 eingetretenen Änderung des GZT aromatisierte Sirupe in der Tarifnr. 17.05 aufgeführt waren und die OFD die in Rede stehenden Pulver durch ihre vZTA vom 27. Februar 1974 und 13. Juni 1975 dieser Tarifnummer zugewiesen hatte. Bei der Erteilung der hier zu beurteilenden vZTA vom 8. Februar 1978 hatte die OFD neu zu prüfen, ob es sich um Sirupe handelt.
Die Klägerin irrt auch mit der Meinung, die Pulver seien bei Verneinung ihrer Sirupeigenschaft als „andere Zucker, fest” der Tarifnr. 17.02 zuzuweisen. Die Pulver sind wegen ihres hohen Gehalts an Fruchtpulver kein Zucker, sondern Lebensmittelzubereitungen.
Fundstellen
Haufe-Index 510457 |
BFHE 1979, 423 |