Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Für die Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns nach § 17 a Abs. 1 und 2 EStG 1957 (Veräußerung von Bodenschätzen) kommt es nicht darauf an, wann der Veräußerungspreis dem Veräußerer im Sinn des § 11 EStG zugeflossen ist.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 4 Ziff. 1, § 11/1, § 17a
Tatbestand
Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1957, ob für die Versteuerung des Gewinns aus der Veräußerung von Bodenschätzen (ß 17 a des Einkommensteuergesetzes 1957 - EStG -) der Zeitpunkt der Entstehung des Gewinns oder des tatsächlichen Zuflusses des Entgelts (ß 11 Abs. 1 EStG) maßgebend ist.
Die steuerpflichtigen Eheleute (Steuerpflichtigen - Stpfl. -) verkauften im Juli 1957 an die Bundesrepublik Deutschland ein Grundstück mit einem Kies- und Tonvorkommen. Den Kaufpreis in Höhe von 380.059,20 DM erhielten sie am 2. Januar 1958.
Das Finanzamt sah in einem Teil des Kaufpreises das Entgelt für Bodenschätze und setzte bei der Veranlagung für das Streitjahr als Einkünfte aus Gewerbebetrieb einen Veräußerungsgewinn nach § 17 a EStG von 162.790 DM an.
Die Sprungberufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht ließ dahingestellt, ob und in welcher Höhe in dem Kaufpreis ein Entgelt für die veräußerten Bodenschätze enthalten war. Denn ein Veräußerungsgewinn im Sinn des § 17 a EStG sei nicht bei seiner Entstehung, sondern erst beim Zufluß zu erfassen. Da der Zufluß erst im Jahre 1958 liege und die Vorschrift des § 17 a EStG für den Veranlagungszeitraum 1958 nicht mehr gegolten habe (Art. I Ziff. 18 des Gesetzes zur änderung steuerlicher Vorschriften auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Ertrag und des Verfahrensrechts vom 18. Juli 1958 - StändG 1958 -, BGBl 1958 I S. 373, BStBl 1958 I S. 412), könne der Veräußerungsgewinn nicht der Besteuerung unterworfen werden. Diese Auslegung des § 17 a EStG sei deshalb gerechtfertigt, weil diese Vorschrift dem § 23 EStG sachlich näherstehe als dem § 17 EStG (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs VI 194/61 U vom 13. April 1962, BStBl 1962 III S. 306, Slg. Bd. 75 S. 102). So habe der Bundesfinanzhof in der Entscheidung IV 186/56 U vom 9. Mai 1957 (BStBl 1957 III S. 246, Slg. Bd. 65 S. 32) ausgeführt, daß eine Nachzahlung erst im Veranlagungszeitraum des Zahlungseingangs steuerlich zu erfassen sei.
Mit seiner Rb. rügt der Vorsteher des Finanzamts unrichtige Rechtsanwendung.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht.
Die Vorschrift des § 17 a EStG 1955 bis 1957 wurde durch das Gesetz zur Neuordnung von Steuern (StNG) vom 16. Dezember 1954 (BGBl 1954 I S. 373, BStBl 1954 I S. 575) in das Gesetz eingefügt. Sie stellte die bis dahin in § 36 EStDV enthaltene Regelung auf eine andere Rechtsgrundlage. § 17 a EStG gilt für die Veranlagungszeiträume ab 1958 nicht mehr. Die Vorschrift ist für das Streitjahr noch anzuwenden.
Die Vorschrift des § 17 a EStG ist dem § 17 EStG nachgebildet. Der Wortlaut beider Vorschriften stimmt in den wesentlichen Teilen überein. Auch die gesetzessystematische Stellung ist dieselbe. In beiden Fällen handelt es sich um die Erfassung von Gewinnen aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens. Von der im Rahmen der sonstigen Einkünfte getroffenen Regelung der Spekulationsgewinne (ß 23 EStG) unterscheiden sich die §§ 17, 17 a EStG dadurch, daß sie grundsätzlich die Veräußerungsgewinne bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb erfassen. Diese Veräußerungsgewinne unterliegen dem allgemeinen Gewinnbegriff im Sinn der §§ 2 Abs. 4 Ziff. 1, 4 Abs. 1 EStG. Das ist auch der Wortfassung des § 17 Abs. 2 und des § 17 a Abs. 2 EStG zu entnehmen. Es gelten deshalb für die Auslegung und Gewinnermittlung im Rahmen des § 17 a EStG dieselben Grundsätze, die die Rechtsprechung zu § 17 EStG entwickelt hat (vgl. dazu Urteil des erkennenden Senats IV 143/62 U vom 28. Oktober 1964, BStBl 1965 III S. 45). Danach kommt es für die Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns nicht darauf an, wann der Veräußerungspreis dem Veräußerer im Sinn des § 11 EStG zugeflossen ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs IV 64/57 U vom 17. Oktober 1957, BStBl 1957 III S. 443, Slg. Bd. 65 S. 544). Die für die Besteuerung von Spekulationsgewinnen geltenden Grundsätze können nicht entsprechend angewendet werden. Es braucht nicht zu der von der Vorinstanz behandelten Frage Stellung genommen zu werden, wie Nachzahlungen steuerlich zu erfassen sind (vgl. Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 186/56 U, a. a. O.), da im Streitfall eine Nachzahlung nicht vorlag.
Die Vorentscheidung, die von anderen rechtlichen Erwägungen ausging, wird aufgehoben. Die nicht spruchreife Sache wird an das Finanzgericht zurückverwiesen. Das Finanzgericht hat bei seiner erneuten Entscheidung nunmehr zu prüfen, ob und in welcher Höhe in dem Kaufpreis ein Entgelt für Bodenschätze im Sinn des § 17 a EStG enthalten war.
Fundstellen
Haufe-Index 411687 |
BStBl III 1965, 539 |
BFHE 1966, 108 |
BFHE 83, 108 |