Leitsatz (amtlich)
Enthält ein Vertrag zwei zwar durch Parteiwillen verbundene, jedoch voneinander trennbare Hauptpflichten (Überlassung von know-how und Vermietung von Spezialmaschinen), so ist die Hälfte der Mietzinsen, die für die Vermietung entrichtet wurden, dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 7 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, produzierte ... nach einem Verfahren, das ihr die X AG in .../Schweiz nebst den zur Herstellung erforderlichen Spezialmaschinen überlassen hatte.
Grundlage dieser Produktion war die als Lizenzvertrag bezeichnete Vereinbarung vom 29. März 1961 zwischen der Klägerin und der X AG, die - auszugsweise - folgenden Wortlaut hat:
"1. Die X AG in ... (Schweiz) als Lizenzgeberin ist im Besitz eines patentierten Fabrikationsverfahrens ... und besitzt auch die hierfür benötigten Maschinen.
2. Die Y GmbH als Lizenznehmerin erhält von der Lizenzgeberin eine exklusive Lizenz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zur Fabrikation und zum Verkauf des ..., hergestellt nach dem in § 1 genannten Verfahren.
3. Die Lizenzgeberin verpflichtet sich, sofort nach Unterzeichnung dieses Vertrages der Lizenznehmerin alle technischen, kommerziellen und anderen Unterlagen auszuhändigen, soweit sie notwendig sind, um ... gemäß dem in § 1 erwähnten Verfahren herzustellen und auf den Markt zu bringen.
4. Die Lizenzgeberin vermietet der Lizenznehmerin die zur Herstellung des ... benötigten Spezialmaschinen. Die Lizenznehmerin verpflichtet sich, für geeignete Gebäulichkeiten, hinreichend Kraftstrom, Gas und Wasser, ergänzende Maschinen und Installationen zu sorgen zur Durchführung der Fabrikation gemäß dem in § 1 genannten Verfahren.
5. Die Lizenznehmerin übernimmt als Gegenleistung für die exklusive Lizenz im genannten Gebiet, für die Aushändigung der in § 3 erwähnten Unterlagen und für technischen Beistand folgende Verpflichtungen:
a) die Bezahlung einer Mietgebühr für die gemäß § 4 zur Verfügung gestellten Spezialmaschinen; die Höhe der Mietgebühr wird nach der Produktionskapazität mit 1,50 DM/... berechnet,
b) die Bezahlung einer Lizenzgebühr von 1,- DM/... des verkauften Produktes,
c) die Zahlungsverpflichtung beginnt mit der Aufnahme der Produktion oder spätestens am 1. Januar 1962.
Bei Unterzeichnung dieses Vertrages übernimmt die Lizenznehmerin von der Lizenzgeberin Maschinen mit einer Produktionskapazität von 300 000 ... pro Jahr in Miete.
Sofern die Lizenznehmerin zur Vergrößerung der Produktion weitere Maschinen benötigt und dies in einem entsprechenden Antrag schriftlich verlangt, ist die Lizenzgeberin verpflichtet, innerhalb von acht Monaten nach Erhalt des schriftlichen Antrags die Maschinen zur Verfügung zu stellen.
...
15. Die Parteien erklären hiermit, daß sie völlig und frei zusammenarbeiten wollen zu ihrem gemeinschaftlichen Nutzen in allen Geschäften dieses Verfahrens. Als Teil dieser Zusammenarbeit verpflichtet sich die Lizenznehmerin, frei und ohne Aufschub der Lizenzgeberin alle technischen und kommerziellen Angaben, Zeichnungen und ähnliches bekanntzugeben, soweit sie die Entwicklung und Verbesserung des Fabrikationsverfahrens resp. der bezüglichen Maschinen betreffen.
Die Parteien kommen überein, daß alle Verbesserungen, die aus solcher Entwicklungsarbeit erzielt werden, der Lizenznehmerin während der Laufzeit des Vertrages unentgeltlich zur Verfügung stehen. Die Lizenzgeberin verpflichtet sich ferner, alle Verbesserungen, die von anderen Lizenznehmern erzielt werden, unter den gleichen Bedingungen der Lizenznehmerin zur Verfügung zu stellen.
...
19. Dieser Vertrag endet 30 Jahre nach dem Datum der Unterzeichnung oder aber auf das Verfalldatum des letzten der eventuell zu erhaltenden Patente. Die Zahlung von ... pro ... gemäß § 5 lit. b endet jedoch nach 15 Jahren nach dem Datum der Vertragsunterzeichnung."
In einer späteren, nicht datierten Vereinbarung erklärten die Vertragsparteien, der Vertrag vom 29. März 1961 habe die Vermittlung von know-how zum Gegenstand, das, schweizerischem Sprachgebrauch folgend, als Lizenz bezeichnet worden sei. Um Mißverständnisse auszuschließen, kamen sie überein, den Wortlaut des Vertrags vom 29. März 1961 dahin abzuändern, daß an die Stelle des Wortes "Lizenz" die Bezeichnung "know-how" trete. Ferner wurde § 1 der Vereinbarung dahin geändert, daß die X AG als Besitzerin eines nicht patentierten Fabrikationsverfahrens bezeichnet wurde.
In den Streitjahren zahlte die Klägerin an die X AG aufgrund dieses Vertrags als Mietgebühr für drei installierte Spezialmaschinen jährlich insgesamt 1 350 000 DM, als know-how-Gebühr zwischen 593 824 DM und 772 929 DM.
Im Anschluß an eine Betriebsprüfung rechnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) jeweils die Hälfte der Mietgebühr gemäß § 8 Nr. 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) dem Gewerbeertrag hinzu. Entsprechend erfaßte das FA gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG die Teilwerte der Spezialmaschinen bei der Ermittlung des Gewerbekapitals.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung sachlichen Rechts.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils ihrer Klage stattzugeben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet. Die Entscheidung des FG, die Hälfte der "Mietgebühren" für die der Klägerin überlassenen Spezialmaschinen dem Gewerbeertrag und die Werte dieser Maschinen dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs hinzuzurechnen, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
1. Gemäß § 8 Nr. 7 Satz 1 GewStG sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, wieder hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt sind.
Unter den Begriff der Miet- und Pachtzinsen fallen nur Leistungen aufgrund solcher Verträge, die ihrem wesentlichen Gehalt nach Miet- oder Pachtverträge sind. Eine Einordnung unter diese Vertragstypen ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag wesentliche miet- oder pachtfremde Elemente enthält (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. Februar 1973 I R 85/71, BFHE 108, 370, BStBl II 1973, 412; vom 17. Februar 1965 I 174/60 S, BFHE 81, 641, BStBl III 1965, 230, und vom 23. Juli 1957 I 50/55 U, BFHE 65, 189, BStBl III 1957, 306).
a) Der zwischen der Klägerin und der X AG bestehende Vertrag enthält neben der Überlassung des zur Herstellung der ... erforderlichen know-how auch die Vermietung der zur Herstellung benötigten Spezialmaschinen.
aa) Soweit der Vertrag die Überlassung des knowhow betrifft, ist er als Regelung eigener Art zu qualifizieren.
In den §§ 2 und 3 des Vertrags verpflichtet sich die X AG, das zur Herstellung der ... erforderliche knowhow in Form aller technischen, kommerziellen und sonstigen Unterlagen der Klägerin zu überlassen. Darüber hinaus verpflichtet sich die X AG, alle Verbesserungen, die das Verfahren und die Maschinen betreffen, der Klägerin zur Verfügung zu stellen (§ 15 des Vertrags).
Als Gegenleistung verpflichtet sich die Klägerin zur Zahlung einer know-how-Gebühr (§ 5 b des Vertrags); sie verpflichtet sich weiterhin u. a.,
a) dafür Sorge zu tragen, daß "die maximale Quantität" hergestellt und verkauft wird,
b) eine ordnungsgemäße Buchhaltung zu führen und der X AG jederzeit Einsichtnahme in die Bücher zu gewähren (§ 6 des Vertrags),
c) der X AG vierteljährlich Kontrollberichte zukommen zu lassen (§ 7 des Vertrags),
d) die Pläne und das Verfahren geheimzuhalten (§ 9 des Vertrags),
e) über alles zu berichten, was der Verbesserung des Verfahrens und der Maschinen dient (§ 12 des Vertrags) und
f) keine nach dem genannten Verfahren hergestellten Artikel zu exportieren (§ 13 des Vertrags).
Diese Aufstellung der gegenseitigen Rechte und Pflichten zeigt, daß dieser Vertragsteil wesentliche Elemente enthält, die dem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelten Miet- und Pachtvertrag (vgl. §§ 535 ff. und §§ 581 ff. BGB) fremd sind. Unabhängig von der generellen dogmatischen Einordnung des know-how-Vertrags (dazu vgl. Knoppe, Die Besteuerung der Lizenz- und know-how-Verträge, 2. Aufl., 1972 S. 25f.; Stumpf, Der Know-how-Vertrag, 3. Aufl., 1977 S. 41 ff., und Pfaff, Der Know-how-Vertrag im bürgerlichen Recht, in Betriebs-Berater - BB - 1974, 565; zur Natur des dem know-how-Vertrag verwandten Lizenzvertrags vgl. BFHE 81, 641, BStBl III 1965, 230) kann dieser Vertragsteil nicht als Miet- oder Pachtvertrag eingestuft werden.
bb) Dagegen ist die entgeltliche Überlassung der Spezialmaschinen (vgl. §§ 4 und 5 a des Vertrags) dem Grunde nach eine mietvertragliche Regelung (vgl. Palandt/Putzo, Bürgerliches Gesetzbuch, 42. Aufl. 1983, Anm. 2a, a. E. vor § 535; Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 17. Januar 1968 VIII ZR 207/65, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1968, 692), die neben den know-how-vertraglichen Elementen des Vertrags steht.
Zwar hat der Begriff des know-how bisher keine allgemeingültige Definition gefunden. Wird das know-how zumeist als technisches, kaufmännisches und betriebswirtschaftliches Wissen gekennzeichnet, dessen Benutzung dem know-how-Nehmer für Produktion und Vertrieb von Gegenständen gestattet wird, so können zum know-how nach anderer Definition auch die zu dessen Anwendung erforderlichen Schablonen, Formen, Werkzeuge und Maschinen gehören (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1970 I R 44/67, BFHE 101, 70, BStBl II 1971, 235, m. w. N.; Knoppe, a. a. O., S. 22f.; Stumpf, a. a. O., S. 20 ff., 22, 25, 40).
Im vorliegenden Fall braucht die Frage nach Inhalt und Gegenstand des know-how-Vertrags nicht abschließend geklärt zu werden, da die Vertragsparteien selbst die Überlassung des know-how (§§ 3 und 5 b des Vertrags) von der Vermietung der Spezialmaschinen (§§ 4 und 5 a des Vertrags) getrennt geregelt und damit zum Ausdruck gebracht haben, daß sie die Überlassung des know-how und die Vermietung der Maschinen als verschiedene Vertragsgegenstände ansehen. Das FA hat die know-how-Gebühren nicht nach § 8 Nr. 7 Satz 1 GewStG hinzugerechnet.
cc) Der Vertrag enthält zwei zwar durch Parteiwillen verbundene, aber voneinander trennbare Hauptleistungspflichten, nämlich die Überlassung des know-how auf der einen und die Überlassung der Spezialmaschinen auf der anderen Seite. Unterstrichen wird diese Auffassung zusätzlich durch die gemäß § 19 des Vertrags auf die Dauer von 15 Jahren begrenzte Zahlung einer know-how-Gebühr im Unterschied zur im übrigen dreißigjährigen Laufzeit des Vertrags und durch die Vereinbarung getrennter Zahlungsverpflichtungen (vgl. § 5 des Vertrags).
Die rechtliche Trennbarkeit beider Hauptpflichten wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß beide nach dem Willen der Parteien voneinander abhängig sein sollen und sich nur in ihrer Verbindung der mit dem Vertrag beabsichtigte Zweck erreichen läßt.
Diese Beurteilung steht ferner nicht im Widerspruch zu der bisherigen Rechtsprechung des Senats. In dem Fall in BFHE 65, 189, BStBl III 1957, 306 gelangte der Senat zu der Auffassung, daß ein sog. Zeit-Frachtvertrag (Zeitcharter) nach dem Muster des Deuzeit-Vertrags (dazu vgl. Prüßmann/Rabe, Seehandelsrecht, 2. Aufl., 1983, § 510 Anm. C 3) kein Miet- oder Pachtvertrag i. S. des § 8 Nr. 7 (damals Nr. 8) GewStG sei.
Im Unterschied zu dem vorliegenden Vertrag, der - wie ausgeführt - aus verschiedenen, voneinander trennbaren Leistungspflichten zusammengesetzt ist, sind in einem Zeit-Frachtvertrag die verschiedenen Leistungspflichten derart miteinander verschmolzen, daß ein Vertragsgebilde ganz eigener Art entsteht, welches nicht mehr nur als ein Nebeneinander von Leistungen verschiedener Vertragstypen charakterisiert werden kann.
Die Fälle in BFHE 81, 641, BStBl III 1965, 230, und in BFHE 108, 370, BStBl II 1973, 412 betrafen schlichte Lizenzverträge, die nicht mit einer mietvertraglichen Regelung gekoppelt waren. Der Senat weicht mit seiner Auffassung daher auch nicht von der in BFHE 81, 641, 645, BStBl III 1965, 230, 232 vertretenen Ansicht ab, nach der es nicht zulässig sei, einen Lizenzvertrag in seine einzelnen Bestandteile zu zerlegen; denn im Unterschied zu diesem Fall, in dem ein einheitlicher Lizenzvertrag zu beurteilen war, zeichnet sich der vorliegende Fall dadurch aus, daß er einen Vertrag betrifft, der sich aus einem know-how-Vertrag und einem Mietvertrag zusammensetzt.
Die Trennbarkeit beider Hauptpflichten erlaubt, diese getrennt zu erfassen und gesondert zu behandeln. Demgemäß kann das Entgelt für die Überlassung des know-how nicht dem Gewerbeertrag hinzugerechnet werden; die Hinzurechnung der Hälfte der "Mietgebühren" ist dagegen durch § 8 Nr. 7 Satz 1 GewStG gedeckt.
b) Die Hinzurechnung kann nicht gemäß § 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG unterbleiben, da diese Regelung nicht anwendbar ist, wenn die Miet- und Pachtzinsen einem ausländischen Empfänger zufließen (vgl. BFH-Urteile vom 4. September 1962 I 83/61 S, BFHE 75, 679, BStBl III 1962, 514, und vom 6. Dezember 1955 I 128/54, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gewerbesteuergesetz, § 8 Nrn. 2 bis 9, Rechtsspruch 18; Urteil des Reichsfinanzhofs vom 1. Oktober 1940 I 53/40, RFHE 49, 236, RStBl 1940, 1063, und Lenski/Steinberg/Stäuber, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, 5. Aufl., § 8 Nr. 7 Rdnr. 21). § 8 Nr. 7 Satz 2 und die entsprechende Vorschrift des § 9 Nr. 4 GewStG haben den Zweck, die doppelte Erfassung von Miet- und Pachtzinsen beim Mieter und Pächter einerseits und beim Eigentümer andererseits zu verhindern. Scheidet die Möglichkeit, die Miet- oder Pachtzinsen bei dem Vermieter oder Verpächter zur - inländischen - Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen, aus, weil der Vermieter oder Verpächter von der Gewerbesteuer befreit ist oder weil die Entgelte in einem ausländischen Gewerbebetrieb anfallen, so müssen die Miet- oder Pachtzinsen der Gesetzessystematik entsprechend beim Mieter oder Pächter erfaßt werden.
2. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG sind die Werte der - wie ausgeführt - der Klägerin aufgrund mietvertraglicher Regelung überlassenen Spezialmaschinen dem Einheitswert des gewerblichen Betriebs hinzuzurechnen (vgl. BFHE 81, 641, BStBl III 1965, 230).
Fundstellen
Haufe-Index 74823 |
BStBl II 1984, 17 |
BFHE 1984, 286 |