Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Ist die Nachversteuerung gemäß § 10 a Abs. 2 EStG 1950 im ersten Mehrentnahmejahr unterblieben, so kann sie in einem der folgenden Mehrentnahmejahre solange und insoweit vorgenommen werden, als ein besonders festgestellter Betrag im Sinne von § 10 a Abs. 1 letzter Satz EStG 1950 noch vorhanden ist.
Normenkette
EStG § 10a; EStDV §§ 30c, 31 Abs. 1, § 32a/5, § 45/3, § 32a/6, § 46/1, § 32b/1, § 46/2
Tatbestand
Der Steuerpflichtige (Stpfl.) hat für 1950 die Vergünstigung des nicht entnommenen Gewinnes im Betrage von 2.250 DM in Anspruch genommen, dessen besondere Feststellung (§ 10 a Abs. 1 letzter Satz des Einkommensteuergesetzes - EStG - 1950) in dem Steuerbescheid unterblieben ist.
Die Zulässigkeit der im Veranlagungszeitraum 1952 vorgenommenen Nachversteuerung von 2.040 DM hat der Stpfl. mit dem - in der Rechtsbeschwerde (Rb.) nicht mehr aufrechterhaltenen - Einwand bestritten, er sei berechtigt gewesen, den Teil des nicht entnommenen Gewinnes aus II/ 1948 zu entnehmen, der nicht steuerbegünstigt gewesen sei.
Die Gegenüberstellung der Gewinne, Entnahmen und der nicht entnommenen Gewinne der Veranlagungszeiträume II/ 1948 bis 1952, ergibt folgendes Bild:
----------------------- II/1948 ----- 1949 Gewinn: --------------- 7.800 DM ---- 15.600 DM Entnahmen: ------------ 3.794 DM ----- 7.588 DM Nicht entnommener Gewinn: --------------- 4.006 DM ----- 8.012 DM 50 %: ----------------- 2.003 DM ----- 4.006 DM In Anspruch genommene Vergünstigung: ---------- 780 DM ----- 2.340 DM Mehrentnahmen: ------------ 0 DM --------- 0 DM ----------------------- 1950 -------- 1951 ------- 1952 Gewinn: --------------- 15.005 DM --- 4.306 DM --- 2.212 DM Entnahmen: ------------- 9.293 DM --- 8.145 DM --- 4.252 DM Nicht entnommener Gewinn: ---------------- 5.712 DM ------- 0 DM ------- 0 DM 50 %: ------------------ 2.856 DM ------- 0 DM ------- 0 DM In Anspruch genommene Vergünstigung: --------- 2.250 DM ------- 0 DM ------- 0 DM Mehrentnahmen: ------------- 0 DM --- 3.839 DM --- 2.040 DM Besonders festgestellter Betrag (§ 10a Abs. 1 letzter Satz EStG 1950): 2.250 DM --- 2.250 DM ----- 210 DM.Der Betrag von 2.250 DM wurde zunächst in der Veranlagung für 1951 vom 5. November 1952 für eine Nachversteuerung vorgesehen. Am 2. Dezember 1952 erließ das Finanzamt ohne Zustimmung und Antrag des Stpfl. einen gemäß § 94 der Reichsabgabenordnung (AO) berichtigten Bescheid für 1951, in dem es von der Nachversteuerung absah, offenbar infolge der irrigen Auffassung, daß eine Nachversteuerung zu unterbleiben habe, weil Gewinn und Entnahmen des Jahres 1952 unter 10.000 DM lagen. Der ursprüngliche sowie der nach § 94 AO berichtigte Steuerbescheid für 1951 enthalten aber die besondere Feststellung im Sinne des § 10 a Abs. 1 letzter Satz EStG 1950 über den als steuerfrei in Anspruch genommenen Teil des Gewinnes aus 1950 und über den für die Nachversteuerung ab 1952 verbleibenden Betrag von 2.250 DM; dieser Bescheid ist rechtskräftig. Die Nachversteuerung dieses Betrages für den Veranlagungszeitraum 1952 fand zunächst durch den Bescheid vom 17. März 1954 statt. über den hiergegen eingelegten Einspruch vom 31. März 1954 hat das Finanzamt nicht entschieden; es erließ vielmehr am 9. Juli 1954 einen gemäß § 94 AO berichtigten Bescheid, in dem es auf Grund der inzwischen anderweit festgestellten Höhe der Entnahmen einen nachzuversteuernden Betrag von 2.040 DM zugrunde legte. Der verbleibende Betrag von 210 DM (2.250 DM - 2.040 DM) wurde für die Nachversteuerung ab 1953 im Sinne von § 10 a Abs. 1 letzter Satz EStG besonders festgehalten. Der Stpfl. hat gegen den berichtigten Bescheid ebenfalls Einspruch eingelegt und diesen ebenso wie den Einspruch gegen den ursprünglichen Bescheid vom 27. März 1954 damit begründet, er habe im Jahre 1952 den Teil des nicht entnommenen Gewinnes aus II / 1948 entnommen, der nicht steuerbegünstigt gewesen sei; es ergebe sich dann für 1952 keine Mehrentnahme.
Das Finanzgericht hat nach erfolglosen Einspruch die Nachversteuerung mit der Begründung aufgehoben, daß mit Rücksicht auf die Mehrentnahmen des Jahres 1951 in Höhe von 3.839 DM eine Nachversteuerung nur in diesem Jahre hätte stattfinden können und müssen, und zwar in der durch § 31 Abs. 5 der Einkommensteuer- Durchführungsverordnung (EStDV) 1950 vorgesehenen Reihenfolge. Das Gesetz verlangte die Nachversteuerung in dem Jahre, in dem erstmals Mehrentnahmen festgestellt werden; das sei hier für das Jahr 1951 der Fall gewesen.
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts begehrt Wiederherstellung der Einspruchsentscheidung. Der Stpfl. hat sich damit einverstanden erklärt und um Erlaß der Rechtsmittelkosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren gemäß § 319 AO gebeten.
Entscheidungsgründe
Es kann unerörtert bleiben, aus welchen Gründen das Finanzamt von einer Nachversteuerung im Jahre 1951 abgesehen hat. Nach dem Urteil des Senats IV 320/53 U vom 18. Februar 1954, Slg. Bd. 58 S. 585, Bundessteuerblatt (BStBl) 1954 III S. 133, ist die Nachholung der im Jahre 1951 unterbliebenen Nachversteuerung nicht mehr möglich. Hieraus darf aber nicht geschlossen werden, daß eine Nachversteuerung beim Vorliegen von Mehrentnahmen in den folgenden Jahren nicht erfolgen kann. Nach § 10 a Abs. 2 EStG 1950 ist die Nachversteuerung in einem der folgenden Jahre vorzunehmen; die Fassung der Gesetzesvorschrift läßt im Gegensatz zur Ansicht des Finanzgerichts auch die Auffassung zu, daß die Nachversteuerung nicht nur in dem ersten Mehrentnahmejahr vorzunehmen ist, wenn dies auch in der Regel geschehen wird und zu geschehen hat. Durch das Unterlassen der Nachversteuerung in dem zuerst möglichen Jahr - gleichgültig aus welchen Gründen - geht der nachzuversteuernde Betrag nicht unter; er bleibt vielmehr in der besonders festgestellten Höhe bestehen, so daß bei späteren Mehrentnahmen die Nachversteuerung durchgeführt werden kann. Eine Nachversteuerung kommt solange und insoweit in Betracht, als ein besonders festgestellter Betrag im Sinne des § 10 a Abs. 1 letzter Satz EStG 1950 noch vorhanden ist. Die Vorschriften des § 30 c Abs. 2, § 31 Abs. 1 EStDV 1950 sowie der §§ 32 a Abs. 6 und 32 b Abs. 1 EStDV 1952 stellen eine zutreffende Auslegung des Gesetzes dar. Die Unterlassung der Nachversteuerung im Jahre 1951 hindert hiernach das Finanzamt nicht, beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in einem der folgenden Jahre, hier im Jahre 1952, eine Nachversteuerung durchzuführen. Unter diesen Umständen braucht nicht untersucht zu werden, ob die Nachversteuerung überhaupt erstmalig im Jahre 1952 möglich war, nachdem das Finanzamt erst in den Steuerbescheiden für 1951 die besondere Feststellung des nachzuversteuernden Betrages im Sinne des § 10 a Abs. 1 letzter Satz EStG 1950 nachgeholt hat.
Die Vorentscheidung war daher aufzuheben, und die Berufung gegen die Einspruchentscheidung als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 408424 |
BStBl III 1956, 362 |
BFHE 1957, 428 |
BFHE 63, 428 |