Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsteuer Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Wird der Einheitswert eines Grundstücks fortgeschrieben, so muß im Anschluß an die Feststellung des Einheitswertes der Grundsteuermeßbetrag auf den gleichen Zeitpunkt neu veranlagt werden (Fortschreibungsveranlagung).
Eine Beschränkung der Rechtsfolgen, die sich nach dem GrStG aus der Fortschreibung eines Einheitswertes für die Veranlagung des Grundsteuermeßbetrages ergeben, ist rechtsunwirksam. Auf die gesetzlichen Wirkungen eines Fortschreibungsbescheides für die Grundsteuer kann nicht rechtswirksam verzichtet werden.
Normenkette
GrStG § 14; BewG § 22; AO § 214
Tatbestand
Die Bfin., seit dem Tode ihres Vaters Miterbin und Miteigentümerin, ist seit dem Frühjahr 1955 Alleineigentümerin eines gemischtgenutzten Grundstückes, dessen Einheitswert zum 1. Januar 1935 auf 32.400 RM festgestellt worden war. Eine Wertfortschreibung wegen der Kriegsschäden am Gebäudebestande war zunächst weder beantragt noch von Amts wegen durchgeführt worden.
Am 2. April 1955 stellte die Bfin. im Zusammenhang mit der Vermögensabgabeerklärung den Antrag, für das Grundstück einen Sonderwert nach den Vorschriften der Verordnung über die Behandlung von Grundbesitz in Berlin (West) bei der Lastenausgleichsabgaben (9. AbgabenDV-LA) festzustellen. Das Finanzamt lehnte anfänglich den Antrag als verspätet und auch deshalb ab, weil eine Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1950 als einzig in Betracht kommende Voraussetzung für die Feststellung des Sonderwertes bisher nicht beantragt und auch nicht durchgeführt sei.
Im Laufe des Einspruchsverfahrens zeigte sich das Finanzamt bereit, anhand der vorgelegten Reparaturrechnungen einen Abschlag von 10 v. H. vom bisherigen Einheitswerte vorzunehmen, sofern die Bfin. auf die steuerlichen Auswirkungen des Einheitswertes auf den 1. Januar 1950 verzichte. Dementsprechend gab die Bfin. eine schriftliche Erklärung des Inhalts ab, sie sei mit einem Abschlage von 10 v. H. vom Jahresrohmietwerte einverstanden und "verzichte auf die Auswirkungen des Einheitswertes 1950 für die Grundsteuer und andere Steuerarten". Daraufhin erließ das Finanzamt am 9. Februar 1956 sowohl einen Fortschreibungsbescheid zum 1. Januar 1950, der mit dem Vermerke "nur für Lastenausgleichszwecke" versehen war, als auch den beantragten Bescheid über die Sonderwertfeststellung. Dem Fortschreibungsbescheide zum 1. Januar 1950 fügte es außerdem noch folgenden Zusatz bei: "Dieser Bescheid ergeht nur zur Vorbereitung einer Sonderwertfeststellung und hat keinerlei abgabenrechtliche Auswirkungen".
Das Finanzamt sah demgemäß von einer Fortschreibungsveranlagung des Grundsteuermeßbetrages ab und wies auch einen entsprechenden Antrag der Bfin., die im Zusammenhang damit die von ihr abgegebene Verzichtserklärung ausdrücklich anfocht, zurück. Die Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1950 sei nur erfolgt, um die Voraussetzungen für die Feststellungen eines Sonderwertes zu schaffen, die zunächst nicht vorgelegen hätten. Zu einer Fortschreibung des Einheitswertes auf den 1. Januar 1950 hätte es eines bis zum 30. September 1951 gestellten Antrages bedurft. Die Regelung der 9. AbgabenDV-LA stelle eine Billigkeitsmaßnahme des Gesetzgebers für den Berliner Grundbesitz dar. Die Fortschreibung von Amts wegen auf den vorgenannten Stichtag sei deshalb erfolgt, um im Billigkeitswege nachträglich für die Berechnung der Lastenausgleichsabgaben eine geeignete Berechnungsgrundlage zu schaffen. Berücksichtige man ferner, daß bei dieser Wertfortschreibung die wertmindernden Umstände tatsächlicher Art auf einen bereits fünf Jahre zurückliegenden Zeitpunkt nicht mehr zweifelsfrei zu ermitteln gewesen seien und somit auch der Abschlag wegen baulicher Mängel nur aus Billigkeitsgründen gewährt worden sei, so rechtfertige dies den Ausschluß der Auswirkung der Einheitswertfortschreibung zum 1. Januar 1950 auf die Grundsteuer.
Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen, wobei zusätzlich noch darauf hingewiesen wurde, das frühere Verhalten der Bfin., insbesondere die Abgabe der Verzichtserklärung, stehe zu ihrem derzeitigen Begehren in Widerspruch und verstoße deshalb gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.
Auch der Berufung, in der sich die Bfin. vor allem gegen die unzulässige und rechtswidrige Beschränkung der Wirkungen des Einheitswertbescheides zum 1. Januar 1950 wandte, ist der Erfolg versagt geblieben. Das Verwaltungsgericht hat den Standpunkt vertreten, der Fortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1950 stelle überhaupt keinen Einheitswertbescheid dar, weil diesem das Wesensmerkmal der einheitlichen Geltung für mehrere Steuerarten fehle. Der Inhalt des Bescheides mit seiner Beschränkung auf den Lastenausgleich entspreche aber genau dem Willen der Beteiligten. Auch die Bfin. habe dagegen keine Beanstandungen erhoben. Der Bescheid sei somit kein Fortschreibungsbescheid; es handle sich vielmehr um einen Verwaltungsakt besonderer Art. Ob es sich dabei um eine ordnungsgemäße auf § 131 Abs. 1 AO gestützte Billigkeitsmaßnahme handle, könne unentschieden bleiben, weil dieser Verwaltungsakt zwar nicht nichtig, aber anfechtbar und ein etwa ihm anhaltender Mangel infolge des Nichtgebrauchs von Rechtsmitteln geheilt sei. Selbst wenn es sich aber um einen nichtigen Verwaltungsakt handeln würde, so könne die Bfin. auf der Grundlage dieses Bescheides keine Fortschreibungsveranlagung der Grundsteuer fordern. Eine teilweise Nichtigkeit des Bescheides könne nicht in Betracht kommen, weil ohne den von der Bfin. für rechtswidrig und nichtig gehaltenen Teil des Bescheides der ganze Verwaltungsakt nicht vorgenommen worden wäre. Die Bfin. könne auch nicht unter Berufung auf Treu und Glauben eine Fortschreibung des Grundsteuermeßbetrages fordern, da die von ihr angestrebte Grundsteuererstattung über das vom Bundesfinanzhof in dem Urteil III 317/56 U vom 22. Februar 1957 (BStBl 1957 III S. 158 ff., Slg. Bd. 64 S. 419) anerkannte Ziel einer möglichst gerechten Besteuerungsgrundlage für den Lastenausgleich hinausgehe.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
I. - Die Grundsteuer ist mit der Einheitsbewertung aufs engste verknüpft: Für die Bestimmung des Steuergegenstandes sind die Vorschriften des BewG entscheidend. Besteuerungsgrundlage ist der Einheitswert, der nach den Vorschriften des BewG festgestellt worden ist. Das hat zur Folge, daß sich die Veranlagung der Grundsteuermeßbeträge eng an die Einheitsbewertung anlehnt. Ebenso wie das BewG für die Einheitsbewertung Hauptfeststellung, Fortschreibung und Nachfeststellung unterscheidet, schreibt das GrStG die Hauptveranlagung, die Fortschreibungsveranlagung und die Nachveranlagung der Grundsteuermeßbeträge vor (§§ 13 bis 15 GrStG). Die Regelung im GrStG ist so getroffen, daß die Feststellung des Einheitswertes ohne weiteres die entsprechende Veranlagung des Grundsteuermeßbetrages auslöst (ebenso Schmidt, "Die Grundsteuer", 5. Aufl. 1955, in Bücherei des Steuerrechts, Industrie-Verlag Carlheinz Gehlsen GmbH, vorm. Spaeth und Linde, Bd. 13, Anm. 37). Demgemäß muß im Falle der Fortschreibung eines Einheitswertes auf den gleichen Zeitpunkt von Amts wegen der Grundsteuermeßbetrag neu veranlagt werden (ebenso Gürsching-Stenger, Kommentar zum Grundsteuergesetz, § 14 Anm. 14). Hieraus ergibt sich, daß der Erfolg der Rb. davon abhängt, ob eine rechtsgültige Fortschreibung des Einheitswertes auf den 1. Januar 1950 vorliegt.
II. - Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen eines rechtsgültigen Fortschreibungsbescheides verneint, weil dem fraglichen Fortschreibungsbescheid das Wesensmerkmal der einheitlichen Geltung für mehrere Steuerarten fehle. Wenn diese Forderung der Vorinstanz auch deshalb zu weitgehend ist, weil es genügt, daß der Einheitswertbescheid überhaupt für Steuerzwecke, und sei es auch nur für diejenigen einer einzigen Steuerart, von Bedeutung ist, so ist jedenfalls soviel richtig, daß eine Einheitswertfeststellung dann unterbleiben muß, wenn sie überhaupt für keine Steuer in Betracht kommen würde (vgl. Riewald, Kommentar zur Reichsabgabenordnung, Bem. 2 zu § 214 AO). Der hier erlassene Bescheid ist mit dem Zusatz versehen, er habe "keinerlei abgabenrechtliche Auswirkungen". In Wirklichkeit trifft dies jedoch nicht zu. Der mit diesem Zusatz versehene Fortschreibungsbescheid zum 1. Januar 1950 diente als Grundlage für die Feststellung eines Sonderwertes und hatte damit Auswirkungen auf die Berechnung und Festsetzung der Lastenausgleichsabgaben, die auch von den Beteiligten, insbesondere vom Finanzamt, beim Erlaß des Einheitswertfortschreibungsbescheides durchaus gewollt waren. Dies genügt für die Feststellung eines Einheitswertes; denn wie in der Rb. zutreffend bemerkt wird, stellt auch die Erhebung der Lastenausgleichsabgaben eine, wenn auch mit einigen Besonderheiten ausgestattete Form der Besteuerung dar. Ein Bescheid, der die Grundlagen für die Erhebung dieser Abgaben, wenn auch nur mittelbar über den Sonderwert gemäß der 9. AbgabenDV-LA, gesondert feststellt, ist daher seiner Natur nach ein Einheitswertbescheid, wenn er die sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlaß von Einheitswertbescheiden im Sinne des § 214 AO erfüllt. Dies ist bei dem umstrittenen Bescheide der Fall; denn der Fortschreibungsbescheid zum 1. Januar 1950 enthält neben der Stichtagsangabe die erforderlichen Angaben über den bewerteten Gegenstand, seinen Wert, ferner die Grundstücksart und den Grundstückseigentümer.
Mehr als diese Angaben sind für die Anerkennung eines Einheitswertbescheides bzw. eines Fortschreibungsbescheides nicht erforderlich; insbesondere bedarf es keiner Feststellungen darüber, für welche Steuerarten die getroffene Einheitswertfeststellung im Einzelfalle maßgebend sein soll. Diese Auswirkungen ergeben sich vielmehr unmittelbar aus den gesetzlichen Bestimmungen des BewG und zahlreichen anderen Bestimmungen in den Einzelsteuergesetzen, darunter auch dem § 21 des Lastenausgleichsgesetzes. Die willkürliche Einschränkung der vom Gesetzgeber bestimmten Auswirkungen von Einheitswertbescheiden stellt, sofern nicht der Gesetzgeber selbst eine Beschränkung ausdrücklich anordnet (vgl. Sonderwerte nach der 9. AbgabenDV-LA), eine Gesetzesverletzung dar und ist daher rechtlich ohne Bedeutung. Dies gilt auf jeden Fall für den hier in Rede stehenden Zusatz, durch den die Auswirkungen der Einheitswertfortschreibung zum 1. Januar 1950 auf den Lastenausgleich beschränkt und insbesondere für die Grundsteuer ausgeschlossen werden sollten.
Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat sich dieser Zusatz auf den gesamten Fortschreibungsbescheid bezogen, weil das Finanzamt die Wertfortschreibung ohne den beanstandeten Zusatz nicht durchgeführt haben würde. Mit dieser Rechtsauffassung knüpft die Vorinstanz an den Rechtsgedanken des § 139 BGB an. Es braucht hier jedoch nicht näher erörtert zu werden, ob und in welchem Umfange dieser dem Zivilrecht entlehnte Rechtsgedanke auf das Gebiet des Steuerrechts übertragen werden kann. Denn der fragliche Vermerk, der einen vom Gesetz nicht vorgesehenen Zusatz zu dem im übrigen gesetzmäßigen Inhalt des Fortschreibungsbescheides darstellt, kann als eine überflüssige Nebenbestimmung zum Inhalt des Fortschreibungsbescheides ohne weiteres fortgelassen und als nicht beigefügt behandelt werden (vgl. hierzu Kormann, "System der rechtsgeschäftlichen Staatsakte", Berlin 1910, S. 162).
Liegt danach ein rechtswirksamer Einheitswertfortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1950 vor, so können dessen Auswirkungen auch nicht mit dem Hinweis darauf beschränkt werden, es handle sich bei diesem Bescheid nur um eine Billigkeitsmaßnahme. Diese Auffassung ist allerdings auch in einem Schreiben des Landesfinanzamts Berlin vom 4. Oktober 1956 vertreten worden. Sie ist aber unrichtig. Billigkeitsmaßnahmen können grundsätzlich nur im Rahmen der Erhebung der jeweiligen Einzelsteuern in Betracht kommen und gewährt werden. Die Feststellung des Einheitswertes für ein Grundstück ist aber ihrer Natur nach keine solche Maßnahme, die unmittelbar der Erhebung der Steuer im Einzelfall dient. Sie schafft die Grundlage für die Berechnung und Festsetzung derjenigen Steuern, die nach gesetzlicher Vorschrift von der Höhe des Einheitswertes abhängen. Die Feststellung und insbesondere die Fortschreibung von Einheitswerten ist daher stets, aber auch immer nur dann vorzunehmen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen, bei Fortschreibung insbesondere, wenn die Antragsfristen gewahrt oder die Voraussetzungen für eine Fortschreibung von Amts wegen erfüllt sind. Niemals aber können und dürfen Fortschreibungsbescheide ohne die Erfüllung aller gesetzlichen Voraussetzungen als bloße Billigkeitsmaßnahme erlassen und gleichzeitig für diesen Zweck in ihren gesetzlichen Auswirkungen beschränkt werden. Vielmehr muß, wenn das Finanzamt im Einzelfalle eine Einheitswertfortschreibung durchgeführt hat, davon ausgegangen werden, daß es die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür als erfüllt angesehen und deshalb den Bescheid erlassen hat; dessen gesetzliche Auswirkungen kann es nicht aus eigener Machtvollkommenheit beschränken.
Das Finanzamt war daher gehalten, dem Erlaß des Einheitswertfortschreibungsbescheides zum 1. Januar 1950 eine Grundsteuerfortschreibungsveranlagung auf den gleichen Zeitpunkt folgen zu lassen. Es konnte eine solche auch nicht unter Berufung auf die Grundsätze von Treu und Glauben deshalb ablehnen, weil die Bfin. in einer Erklärung vom 6. Februar 1956 auf die grundsteuerlichen Auswirkungen des Einheitswertes verzichtet hatte. Vereinbarungen solcher Art zwischen den Finanzbehörden und den Steuerpflichtigen, die die Festsetzung und Höhe der Steuer beeinflussen, sind vor allem auf dem Gebiet der Grundsteuer schon deshalb rechtlich nicht wirksam, weil bereits nach dem Rechtszustande zur Zeit des Einführungsgesetzes zu den Realsteuergesetzen vom 1. Dezember 1936 Steuervereinbarungen mit Steuerpflichtigen über die Höhe der Steuern unzulässig waren. § 5 des genannten Gesetzes ließ zwar im Rahmen der Gewerbesteuerveranlagung Vereinbarungen zwischen Steuerfiskus und Steuerpflichtigen in beschränktem Umfange zu. Für die Grundsteuer aber galt dies nicht, vielmehr wurden Vereinbarungen über die Grundsteuer schon zur damaligen Zeit für unzulässig erachtet. Auch nach der Aufhebung der Vorschrift des § 5 des Einführungsgesetzes zu den Realsteuergesetzen hat sich an diesem Rechtszustande nichts geändert, vielmehr ist das Verbot von Steuervereinbarungen gerade für das Gebiet der Realsteuern nach wie vor existent.
Die gleiche Auffassung wird auch vom Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung VII C 83.57 vom 5. Juni 1959 (Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Bd. 8 S. 329) vertreten, bei deren Begründung das Bundesverwaltungsgericht vom Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ausgegangen ist. Es führt dann weiterhin aus, eine Steuererhebung nach Maßgabe der Gesetze schließe aus, daß Steuergläubiger und Steuerschuldner über die Höhe der Steuern vom Gesetz abweichende Vereinbarungen treffen könnten, soweit das Gesetz derartige Vereinbarungen nicht ausdrücklich gestatte, sie damit sanktioniere und zu einer Steuererhebung nach Maßgabe der Gesetze mache ... Dieser Grundsatz, daß die Steuererhebung nur nach Maßgabe der Gesetze und nicht abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen auf Grund von Vereinbarungen zwischen Steuergläubiger und Steuerschuldner erfolgen könne, sei für einen Rechtsstaat so fundamental und für jeden rechtlich Denkenden so einleuchtend, daß seine Verletzung als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zu betrachten sei, das Nichtigkeit zur Folge habe. Selbst wenn daher die Parteien eine Vereinbarung über einen Steuererlaß hätten schließen wollen, seien diese Vereinbarungen mindestens insoweit nichtig, als sie die Grundsteuer beträfen. Denn das Grundsteuerrecht enthalte keine Vorschrift, die den Abschluß von Steuervereinbarungen gestatte.
Der Senat hat diese Auffassung auch seinerseits in das Urteil III 326/58 U vom 26. Mai 1961 (BStBl 1961 III S. 380) übernommen und dahingehend ergänzt, daß das Finanzamt Vereinbarungen jedenfalls nur über solche Fragen treffen könne, bei denen der Gesetzgeber ihm einen Entscheidungsspielraum überlassen habe, nicht aber über Fragen, die er im zwingenden öffentlichen Interesse eindeutig geregelt habe. Deshalb gebühre dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung der Vorrang vor dem Grundsatz von Treu und Glauben, jedenfalls dann, wenn bei Abwägung aller Umstände die Belange der Allgemeinheit überwiegen.
Geht man von diesen Rechtsgrundsätzen aus, so erscheint es insbesondere auch ausgeschlossen, daß ein Steuerpflichtiger, sei es durch Vereinbarung, sei es durch einseitige Verzichtserklärung, auf die durch das Gesetz zwingend vorgeschriebenen Wirkungen einer Einheitswertfortschreibung verzichten kann. Zu diesen gehört insbesondere auch die Durchführung einer Grundsteuerfortschreibungsveranlagung auf der Grundlage eines fortgeschriebenen Grundstückseinheitswertes, die durch einseitige Erklärung des Steuerpflichtigen nicht unwirksam gemacht werden kann.
III. - Da die Vorinstanzen die Sach- und Rechtslage insoweit verkannt haben, war die angefochtene Entscheidung ebenso wie die Einspruchsentscheidung und der ablehnende Bescheid des Finanzamts vom 26. Oktober 1956 aufzuheben und die Sache zur Durchführung der Grundsteuerfortschreibungsveranlagung an das Finanzamt zurückzugeben, ohne daß zur Frage einer etwaigen Grundsteuererstattung im Rahmen des jetzt schwebenden Verfahrens noch Stellung genommen werden müßte.
Fundstellen
Haufe-Index 410387 |
BStBl III 1962, 241 |
BFHE 1962, 651 |
BFHE 74, 651 |