Entscheidungsstichwort (Thema)
(Gewerblicher Grundstückshandel bei Veräußerung von Miteigentumsanteilen an einem Grundstück)
Leitsatz (amtlich)
Gewerblicher Grundstückshandel und keine private Vermögensverwaltung liegt vor, wenn Miteigentumsanteile an einem Grundstück unter der Bedingung veräußert werden, daß die Käufer gemeinschaftlich ein Gebäude mit Eigentumswohnungen nach Plänen des Veräußerers zu errichten haben.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1; GewStDV § 1 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr als Gastwirt, die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), seine Ehefrau, als Hausfrau tätig. Die Kläger erwarben mit Kaufvertrag vom 7.August 1979 das bebaute Grundstück B-Straße zu je 1/2 als Miteigentümer. Das Grundstück hat eine Größe von 2 756 qm. Der Kaufpreis betrug 500 000 DM.
Schon vor Erwerb des Grundstücks fragten die Kläger am 1.August 1979 durch ihren Architekten beim Bauordnungsamt an, ob eine Bebauung des Grundstücks mit sieben Häusern, einer Gaststätte, sowie mit zwei Tennisplätzen genehmigt werden würde. Die Bauvoranfrage stieß wegen der örtlichen Gegebenheiten auf Vorbehalte der Stadtverwaltung.
Am 4.Oktober 1979 reichte der Architekt im Namen der Kläger eine weitere Bauvoranfrage ein. Nach diesem Entwurf sollte die Bausubstanz auf dem Grundstück mit der vorhandenen Gaststätte erhalten bleiben. Das gesamte Bauvolumen sollte als "ausflugsorientiertes" Restaurant mit Tagungsräumen und Übernachtungsmöglichkeiten genutzt werden. Diese Planung wurde von der Stadtverwaltung positiv verbeschieden. Sie kam jedoch wegen fehlender Finanzierungsmöglichkeiten durch die Kläger nicht zur Durchführung.
Nachdem die Kläger das Grundstück zunächst an ein Bauträgerunternehmen veräußern wollten, entschlossen sie sich später, Miteigentumsanteile an dem Grundstück an Interessenten für Eigentumswohnungen zu verkaufen. Die Kläger veräußerten daraufhin unter Einschaltung eines Maklers in der Zeit von Januar 1980 bis Juni 1980 2 315,65/2 756 Miteigentumsanteile an 11 verschiedene Käufer zum Kaufpreis von X DM. Einen 12.Miteigentumsanteil sowie einen weiteren für ein geplantes Restaurant behielten die Kläger für sich. Die Käufer der Miteigentumsanteile gingen mit dem Kaufvertrag gleichzeitig gegenüber den Klägern die Verpflichtung ein, das bisher auf dem Grundstück befindliche Gebäude abzureißen und im Rahmen einer Bauherrengemeinschaft mit 12 Wohnungen, einer Gaststätte und 13 Garagen zu bebauen, an denen Wohnungs- und Teileigentum gebildet werden sollte. Für die Errichtung der Wohnungen, der Gaststätte und der Garagen waren mit der Kaufvertragsurkunde verbundene Grundrißzeichnungen nebst Baubeschreibung maßgebend. Die Käufer der Miteigentumsanteile waren verpflichtet, die erforderlichen finanziellen Mittel zur Realisierung des Projekts zur Verfügung zu stellen. Die Kläger hatten sich im Vertrag ein Rücktrittsrecht für den Fall vorbehalten, daß ein Käufer seinen Verpflichtungen nicht nachkam.
Die Kläger ordneten die vorstehenden Grundstücksgeschäfte ihrer privaten Vermögensverwaltung zu. Aufgrund einer bei den Klägern im Mai 1981 durchgeführten Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, daß es sich bei den Grundstücksgeschäften der Kläger um eine gewerbliche Tätigkeit handle. Der Prüfer ermittelte für die Veräußerung der 11 Miteigentumsanteile einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von 163 170 DM, der in der Höhe unstreitig ist.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) folgte dem Prüfer und erließ am 28.Juni 1982 einen erstmaligen Gewerbesteuermeßbescheid 1980, mit welchem der einheitliche Steuermeßbetrag auf 6 320 DM festgesetzt wurde.
Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Es war der Auffassung, daß die Kläger den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten haben.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Klageabweisung (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Die Auffassung des FG, im Streitfall sei die Grenze der Vermögensverwaltung nicht überschritten, ist mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht vereinbar. Die Kläger haben durch die Veräußerung der 11 Miteigentumsanteile alle Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels erfüllt.
2. Nach § 2 Abs.1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m. § 1 Abs.1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) in der Fassung des Streitjahres ist ein Gewerbebetrieb gegeben, wenn eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Es darf sich aber weder um Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch um Ausübung eines freien Berufes noch um eine andere selbständige Arbeit i.S. des Einkommensteuerrechts handeln (vgl. § 1 Abs.1 GewStDV, § 15 Abs.2 des Einkommensteuergesetzes ―EStG― ab 1984). Außerdem muß die Betätigung nach ständiger Rechtsprechung des BFH den Rahmen privater Vermögensverwaltung überschreiten (z.B. Beschluß vom 25.Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 unter C III 3 b, aa). Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG sind diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt.
a) Die Kläger haben eine selbständige Tätigkeit ausgeübt, denn sie haben auf eigene Rechnung und Verantwortung das Grundstück gekauft und in Form von 11 Miteigentumsanteilen an Bauherren von Eigentumswohnungen im Rahmen einer Bauherrengemeinschaft verkauft (BFH-Urteil vom 8.August 1979 I R 186/78, BFHE 129, 177, BStBl II 1980, 106).
b) Die Kläger haben auch nachhaltig gehandelt. Nachhaltig ist eine auf Wiederholung angelegte Tätigkeit. Der BFH hat dieses Merkmal grundsätzlich bei dem Verkauf von mehr als drei Objekten bejaht (BFH-Urteile vom 9.Dezember 1986 VIII R 317/82, BFHE 148, 480, BStBl II 1988, 244; vom 11.April 1989 VIII R 266/84, BFHE 156, 476, BStBl II 1989, 621). Hier wurden 11 Objekte an verschiedene Erwerber verkauft. Objekt war der einzelne Miteigentumsanteil und nicht das gesamte Grundstück. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Auffassung der Kläger kann Objekt in diesem Sinne sein, was auch Gegenstand eines Grundstückskaufvertrages sein kann. Unerheblich ist, daß die Kläger nur ein Grundstück erworben haben. Beim Grundstückshandel kommt es nicht entscheidend auf die Zahl der Ankäufe, sondern vielmehr auf die Zahl der Verkäufe an.
c) Die Tätigkeit der Kläger wurde auch mit Gewinnabsicht unternommen. Diese liegt vor, weil die Steuerpflichtigen gezielt Maßnahmen zur Erzielung eines möglichst günstigen Ergebnisses ergriffen.
Die Gewinnabsicht wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ―wie die Kläger vorgetragen haben― der Verkauf der Miteigentumsanteile an Interessenten von Eigentumswohnungen nur deshalb erfolgt sei, weil sich das zwischenzeitlich geplante "ausflugsorientierte" Restaurant mit Tagungsräumen und Übernachtungsmöglichkeiten wegen Finanzierungsschwierigkeiten nicht realisieren ließ (vgl. BFH-Urteile vom 15.Dezember 1971 I R 179/68, BFHE 104, 77, BStBl II 1972, 279; in BFHE 129, 177, BStBl II 1980, 106). Das Motiv, das zum Anstreben von Gewinnen führt, ist unerheblich, ebenso sind es die Gründe, die einen Steuerpflichtigen bewogen haben, ein Grundstück in der von ihm gewählten Weise zu verwerten (BFH-Urteil vom 15.Juni 1965 I 417/61, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ―HFR― 1965, 510).
d) Die Kläger haben auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen, indem sie sich über einen Makler mit ihren Verkaufsabsichten an den Grundstücksmarkt gewandt haben (vgl. BFH- Urteil in BFHE 129, 177, BStBl II 1980, 106). Durch dessen Vermittlung wurde der Kontakt zu einer Vielzahl von Interessenten hergestellt, die zum Verkauf der 11 Miteigentumsanteile führte. Die Kläger müssen sich dessen werbende Tätigkeit zurechnen lassen (vgl. BFH-Urteil vom 14.November 1972 VIII R 71/72, BFHE 107, 501, BStBl II 1973, 239).
e) Die Grundstücksgeschäfte haben den Rahmen privater Vermögensverwaltung überschritten.
Für dieses Abgrenzungsmerkmal stellt die Rechtsprechung darauf ab, ob die Grundstücksgeschäfte noch als Nutzung des Grundbesitzes durch Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz angesehen werden können oder ob die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Vermögensumschichtung in den Vordergrund tritt (z.B. Urteile des Senats in BFHE 148, 480, BStBl II 1988, 244; in BFHE 156, 476, BStBl II 1989, 621). Bei der Entscheidung, ob die Ausnutzung der Vermögenswerte im Vordergrund steht, kommt der Anzahl der veräußerten Objekte und dem zeitlichen Abstand zwischen Grundstückserwerb und Veräußerung eine besondere Bedeutung zu (BFH-Urteil vom 23.Oktober 1987 III R 275/83, BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293). Handelt es sich lediglich um den Verkauf von bis zu drei Objekten, scheidet eine gewerbliche Betätigung grundsätzlich aus (siehe oben zu 2. b), obwohl auch hier bereits der Vermögenswert ausgenutzt wird. Gewerblichen Charakter erlangen die Verkäufe erst, wenn es mehr als drei sind und ―jedenfalls beim Verkauf unbebauter Grundstücke― zwischen Grundstückserwerb und Veräußerung ein zeitlicher Zusammenhang besteht. Der zeitliche Zusammenhang ist Anzeichen dafür, daß das Grundstück bereits in der Absicht der Veräußerung erworben wurde und damit auch ein innerer Zusammenhang zwischen Erwerb und Veräußerung besteht. Dabei genügt es, wenn beim Erwerb die Ausnutzung des Vermögenswerts (Veräußerung) selbst nur in Erwägung gezogen wurde, ggf. neben der Absicht, das Grundstück z.B. durch Vermietung zu nutzen (vgl. BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293). Je kürzer der Zeitraum zwischen Erwerb und Veräußerung, um so eher ist davon auszugehen, daß der Erwerb zum Zwecke der Veräußerung erfolgte. Dabei hat der BFH bereits bei einem Verkauf innerhalb von fünf Jahren nach Erwerb einen Zusammenhang zwischen Verkauf und Erwerb angenommen (Urteil in BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293). An die Widerlegung der Vermutung, daß Anschaffung und Veräußerung zusammenhängen, sind bei kurzen Zeitabständen sehr strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 129, 177, BStBl II 1980, 106).
Ausgehend davon ist ein Zusammenhang zwischen Erwerb und Verkauf bei dem Grundstück B-Straße ohne weiteres deshalb anzunehmen, weil zwischen beiden nur ein Zeitraum von weniger als einem Jahr lag (Kaufvertrag vom 7.August 1979 - Verkäufe zwischen Januar und Juni 1980). Bei einem Verkauf innerhalb so kurzer Zeit geht der Senat davon aus, daß neben einer Nutzung durch Fruchtziehung (Vermietung und Verpachtung) von vornherein zumindest auch die Ausnutzung des Vermögenswerts selbst in Erwägung gezogen war; das ist, wie oben dargelegt, für die Bejahung einer gewerblichen Betätigung ausreichend (vgl. auch BFH-Urteil vom 26.Februar 1988 III R 321/84, BFH/NV 1988, 561). Dem steht nicht entgegen, daß nach den tatsächlichen Feststellungen des FG der Grundstückserwerb und die Veräußerung nicht "planmäßig", sondern nur deshalb erfolgte, weil sich das ursprünglich geplante Ausflugsrestaurant wegen Finanzierungsschwierigkeiten der Kläger nicht realisieren ließ. Diese Feststellung enthält keine den Senat bindende Würdigung dahin, daß schon beim Kauf die Kläger das Grundstück nicht auch in bedingter Weiterveräußerungsabsicht erworben haben, falls das ursprünglich geplante Objekt scheitern sollte.
Damit bewegt sich der Senat im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung, die z.B. eine gewerbliche Betätigung angenommen hat, wenn unbebaute Grundstücke "innerhalb eines überschaubaren Zeitraums" in Gewinnabsicht veräußert wurden; der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Erwerb und Veräußerung ist danach ein Beweisanzeichen dafür, daß die Grundstücke bereits in der Absicht der Weiterveräußerung erworben worden sind (BFH-Urteil vom 28.Juni 1984 IV R 156/81, BFHE 141, 513, BStBl II 1984, 798 zu 2. a).
Schließlich ist der Charakter der gewerblichen Betätigung im Streitfall nicht nur durch die Anzahl der Verkäufe innerhalb eines kurzen Zeitraums nach Erwerb begründet. Der gewerbliche Charakter der Betätigung ergibt sich hier auch daraus, daß die Kläger das Grundstück nicht nur aufgeteilt haben, sondern auch eine detaillierte Planung für dessen Bebauung veranlaßten, was sich aus § 9 des Mustervertrags für die Kaufverträge ergibt.
Dem Umstand, daß die Kläger branchenfremd waren, kommt bei dieser Sachlage für die Beurteilung der Frage, ob von einem gewerblichen Grundstückshandel oder von einer privaten Vermögensverwaltung auszugehen ist, keine Bedeutung mehr zu.
Fundstellen
Haufe-Index 63706 |
BFH/NV 1991, 57 |
BStBl II 1991, 844 |
BFHE 164, 347 |
BFHE 1992, 347 |
BB 1991, 1990 |
BB 1991, 1990-1992 (LT) |
DB 1991, 2268-2269 (LT) |
DStR 1991, 1180 (KT) |
StE 1991, 280 (K) |