Leitsatz (amtlich)
Liegt der Abschluß des Gründungsvertrags einer GmbH vor dem Währungsstichtag, die Eintragung der GmbH in das Handelsregister nach diesem Tag, so gilt die GmbH für die Soforthilfeabgabe -- entsprechend der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs zur Vermögensteuer, Einheitswertfeststellung und Aufbringungsumlage -- als am Währungsstichtag bereits entstanden, sofern an diesem Tag keine ernsten Hindernisse für die Eintragung der GmbH in das Handelsregister bestanden und die Eintragung alsbald nachfolgte. Verzögerungen in der Eintragung wegen der Zweifel, die zunächst bei den Registergerichten darüber bestanden, ob RM-Gründungen nach der Währungsumstellung überhaupt noch in das Handelsregister eingetragen werden dürften, stehen der Annahme des steuerlichen Vorhandenseins der GmbH am Währungsstichtag nicht im Wege.
Normenkette
SHG § 2 Abs. 1
Tatbestand
I.
Die beschwerdeführende GmbH betreibt ein Lichtspieltheater. Streitig ist die Heranziehung der Beschwerdeführerin (Bfin.) zur Soforthilfeabgabe. Die GmbH wurde durch notariellen Vertrag vom 18. Juni 1948 errichtet. Ihre Eintragung in das Handelsregister erfolgte erst nach dem Währungsstichtag. In der Rechtsbeschwerde (Rb.) bringt die Bfin. wie in den Vorinstanzen vor, sie könne, da sie am Währungsstichtag rechtlich noch nicht entstanden gewesen sei, auch nicht zur Soforthilfeabgabe herangezogen werden. Wenn auch für die Körperschaftsteuer auf die wirtschaftliche Betätigung der Gesellschaft und nicht auf den Tag der Eintragung in das Handelsregister abgestellt werde, so könne diese wirtschaftliche Betrachtungsweise auf die Heranziehung zur Vermögensbesteuerung und insbesondere zur Soforthilfeabgabe nicht angewandt werden. Eine solche Heranziehung setze voraus, daß die GmbH am Stichtag, für die Soforthilfeabgabe somit am Beginn des Währungsstichtags, zivilrechtlich bestanden habe. Im vorliegenden Fall könnten daher nach § 2 Abs. 1 des Soforthilfegesetzes (SHG) nur die beiden Gesellschafter der Gründergesellschaft, die am Stichtag Eigentümer des eingebrachten Vermögens gewesen seien, der Abgabepflicht unterworfen werden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rb. muß, wenn auch aus anderen als den vorgebrachten Gründen, zur Aufhebung der Vorentscheidung führen.
1. Der Reichsfinanzhof hat nicht nur für die Körperschaftsteuer, sondern auch für die Stichtagssteuern (Vermögensteuer, Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens, Aufbringungsumlage) mehrfach entschieden, daß eine Gründergesellschaft von dem Augenblick an steuerrechtlich als fertige Kapitalgesellschaft zu behandeln sei, in dem Vermögen auf sie übertragen wurde (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs III A 177/37 vom 28. Januar 1938, Slg.Bd. 43 S. 107; III A 43/29 vom 21. Februar 1930, Reichssteuerblatt -- RStBl. -- 1930 S. 373; III A 208/30 vom 1. Oktober 1931, RStBl. 1932 S. 287). Voraussetzung dafür ist allerdings, daß an dem Stichtag keine ernsten Hindernisse für die Eintragung in das Handelsregister bestehen und die Eintragung alsbald nachfolgt. Der erkennende Senat teilt diese Auffassung. Dann muß aber für die persönliche Abgabepflicht zur Soforthilfeabgabe bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise das gleiche gelten, d. h. auch für diese Abgabe ist eine vor dem Währungsstichtag errichtete Kapitalgesellschaft dann im Sinne des § 2 Abs. 1 SHG am Währungsstichtag als bereits bestehend anzusehen, wenn die genannten Voraussetzungen vorliegen. Dabei ist bezüglich des Zeitpunktes der Eintragung einer vor dem 21. Juni 1948 mit einem RM-Stammkapital errichteten GmbH zu beachten, daß die Zulässigkeit einer solchen Eintragung in das Handelsregister nach dem Währungsstichtag zunächst von der Mehrzahl der Registergerichte verneint wurde. Erst nachdem das Justizkollegium der britischen und amerikanischen Zone in Übereinstimmung mit der Auffassung der Bank Deutscher Länder sich für die Zulässigkeit einer solchen Eintragung ausgesprochen hatte (vgl. Deutsche Rechtszeitschrift 1948 S. 436), wurden derartige Eintragungen allgemein vorgenommen; auch die Rechtsprechung hat sich dieser Auffassung angeschlossen (vgl. das abschließende Urteil des Obersten Gerichtshofs Köln vom 10. März 1949, Deutsche Rechtsprechung Bd. II Leitzahl 257 Bl. 20a). Wenn bei dieser Sachlage die Eintragung derartiger Gesellschaften ins Handelsregister in der Regel erst einige Zeit nach dem Währungsstichtag erfolgte, so steht für diese besonders gelagerten Fälle auch eine verspätete Eintragung, sofern keine sonstigen ernstlichen Hindernisse bestanden, der Annahme nicht entgegen, daß die GmbH im steuerrechtlichen Sinn bereits am Währungsstichtag bestand. Die Rb. ist daher in diesem Punkt nicht begründet.
2. Die Vorbehörden haben der Berechnung der Soforthilfeabgabe das Anlagevermögen des Lichtspielanternehmens mit 11 203 DM, d. i. mit dem Wert, mit dem es in der Schlußvermögensübersicht zum 20. Juni 1948 angesetzt war, zugrunde gelegt. Sie gingen dabei offenbar davon aus, daß die Bestimmung des § 11 Ziff. 2 Satz 2 SHG (Neugründung eines Betriebes in der Zeit vom 1. Januar 1948 bis zum 20. Juni 1948) anzuwenden sei. Dem kann im vorliegenden Fall nicht beigepflichtet werden. Das Soforthilfegesetz knüpft bei der Bewertung der Gegenstände des Anlagevermögens grundsätzlich an die zuletzt festgestellten Einheitswerte an. Dabei sind nach § 11 Ziff. 2 Satz 1 SHG die übrigen Gegenstände des Anlagevermögens mit den Werten anzusetzen, mit denen sie in dem Einheitswert enthalten sind, der auf den letzten vor dem Währungsstichtag liegenden Feststellungszeitpunkt festgestellt ist. Nur wenn ein solcher Einheitswert für den Betrieb nicht festzustellen war oder eine in der Zeit vom 1. Januar 1948 bis 20. Juni 1948 vorgenommene Neugründung vorliegt, sind die Werte der Schlußvermögensübersicht anzusetzen. Im vorliegenden Fall hat der Gesellschafter C. das von ihm bisher allein betriebene Lichtspieltheater mit allen Aktiven und Passiven, darüber hinaus ebenso wie der Gesellschafter D. einen RM-Betrag in die GmbH eingebracht. Die wirtschaftliche Einheit des Betriebsvermögens der GmbH deckt sich somit, wenn man von den zusätzlichen, für die Soforthilfeabgabe unbeachtlichen RM-Einzahlungen absieht, mit der wirtschaftlichen Einheit des Betriebsvermögens des Lichtspielunternehmens in der Hand des C. Es entspricht dem Sinn und Zweck des Soforthilfegesetzes, in solchen Fällen bezüglich der Bewertung (und damit auch des Bestandes) des Anlagevermögens nach § 11 Ziff. 2 Satz 1 SHG an die Werte anzuknüpfen, die in dem letzten für das Lichtspielunternehmen als wirtschaftliche Einheit festgestellten Einheitswert enthalten sind. Die Sache ist also so zu behandeln, wie wenn lediglich in der Person des Eigentümers ein Wechsel eingetreten wäre, wobei nur die Zurechnung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 SHG für die GmbH vorzunehmen ist. Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben und die nicht spruchreife Sache an das Finanzgericht zurückzuverweisen. Dieses wird nunmehr festzustellen haben, mit welchem Betrag die Gegenstände des Anlagevermögens des Lichtspielunternehmens in dem letzten für den Gesellschafter C., gegebenenfalls für dessen Rechtsvorgänger, festgestellten Einheitswert des Betriebsvermögens dieses Unternehmens enthalten waren. Nur wenn sich bei dieser Nachprüfung herausstellen sollte, daß für diesen Betrieb ein Einheitswert überhaupt nicht festzustellen war, müßte es bei dem von den Vorbehörden zugrunde gelegten Wertansatz verbleiben.
Fundstellen
Haufe-Index 407426 |
BStBl III 1952, 180 |
BFHE 1953, 465 |