Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskosten in erbrechtlichen Streitigkeiten keine Betriebsausgaben; Ablehnung einer Terminsverlegung wegen Verhinderung des vertretenen Klägers; Ablehnung einer nicht innerhalb der Ausschlussfrist nach § 79b Abs. 2 FGO beantragten Beteiligtenvernehmung
Leitsatz (NV)
- Aufwendungen zur Abwehr erbrechtlicher Ansprüche sind der Privatsphäre zuzuordnen und deshalb nicht als Betriebsausgaben abziehbar, auch wenn Gegenstand des Erbanspruchs ein betrieblich genutzter Gebäudeteil ist.
- Grundsätzlich hat auch ein Kläger, der durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist, Anspruch darauf, in der mündlichen Verhandlung persönlich gehört zu werden. Beantragt er, den anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung wegen persönlicher Verhinderung zu verlegen, muss er aber substantiiert darlegen, warum seine persönliche Anwesenheit im Termin erforderlich ist.
- Regt der Prozessbevollmächtigte innerhalb der gemäß § 79b Abs. 2 FGO gesetzten Frist zur Angabe von Tatsachen und zur Bezeichnung von Beweismitteln nur an, einen Erörterungstermin unter Beteiligung des Klägers anzuberaumen, kann das FG den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Beteiligtenvernehmung unter den Voraussetzungen des § 79b Abs. 3 FGO ohne weitere Ermittlungen zurückweisen.
- Die Beteiligtenvernehmung kommt als subsidiäres Beweismittel nur ausnahmsweise, nach Ausschöpfen aller anderen Beweise, in Betracht.
Normenkette
AO 1977 §§ 90, 97 Abs. 1; FGO § 76 Abs. 1, § 77 Abs. 2, § 79 Abs. 1, § 79b Abs. 2-3, § 96 Abs. 2, § 155; GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 227; EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden in den Streitjahren als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt aus dem Betrieb eines Fotoateliers gewerbliche Einkünfte. Der Gewinn wird durch Bestandsvergleich nach §§ 4 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt. Das Atelier befindet sich in einem Anbau am Wohnhaus der Kläger. Miteigentümer des Grundstücks waren ursprünglich Kläger und Klägerin zu je einem Viertel und eine dritte Person zur Hälfte. Nach deren Tod im Januar 1985 wurde sie von den Klägern beerbt. Die Klägerin erzielt als Angestellte im Betrieb des Klägers Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1985 bis 1987 sowie die Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1985 bis 1987 ergingen zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung ―AO 1977―). Eine vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ―FA―) durchgeführte Betriebsprüfung führte zur Erhöhung der Betriebseinnahmen um ungeklärte Geldzuflüsse und zur Kürzung von geltend gemachten Betriebsausgaben. Nicht anerkannt wurden u.a. die hälftigen Anschaffungskosten von Gegenständen des täglichen Lebens ―nach Angaben der Kläger wurden sie für Fotoaufnahmen benötigt―, da nach der Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass zumindest einige dieser Artikel (Kleidung und Haushaltsgegenstände) nach der Nutzung für Fotoaufnahmen ins Privatvermögen entnommen worden seien. Die Betriebsausgaben wurden ferner gekürzt um die Lohnzahlungen an die Söhne der Kläger und an die Putzfrau, mit der Begründung, die bar erfolgten Zahlungen seien nicht quittiert worden und mit den Kindern seien keine schriftlichen Arbeitsverträge geschlossen worden. Ferner wurden die Rechtsanwaltskosten im Zusammenhang mit der Erbstreitigkeit nach dem Tod der früheren Miteigentümerin des klägerischen Grundstücks, das zu 35 v.H. betrieblich genutzt wird, einem Vermögenserwerb im privaten Bereich zugeordnet. Der Einspruch gegen die geänderten Steuerfestsetzungen blieb erfolglos.
Zur Begründung der mit Schriftsatz vom 20. August 1993 erhobenen Klage wurde im Wesentlichen auf den mit dem FA geführten Schriftverkehr verwiesen. Das Finanzgericht (FG) gab durch Vorsitzenden-Verfügung vom 19. Januar 1994 den Klägern gemäß § 79b Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf, bis zum 31. März 1994 die Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren sie sich beschwert fühlten.
Dem Antrag der Kläger, die gesetzte Ausschlussfrist bis 20. Mai 1994 zu verlängern, weil sie wegen ihrer beruflichen Belastung derzeit nicht in der Lage seien, die zur Begründung der Klage erforderlichen Belege zusammenzustellen, wurde entsprochen. In der Klagebegründung vom 19. Mai 1994 bezogen sich die Kläger hinsichtlich der ungeklärten Vermögenszuflüsse und der Lohnzahlungen an die frühere Putzfrau auf Unterlagen, die dem FA zwischenzeitlich vorgelegt worden seien. Im weiteren Schriftsatz vom 6. Juni 1994 erklärten sie sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht einverstanden, weil die vorgetragenen Einwände gegen die Veranlagungen einer mündlichen Verhandlung bedürften.
Mit Verfügung vom 7. Juli 1995 ordnete die Berichterstatterin des FG gemäß § 79b Abs. 2 FGO an, bis zum 5. September 1995 die Rechnungen der für Fotoaufnahmen benötigten Gegenstände des täglichen Lebens sowie die Unterlagen über die damit zusammenhängenden Aufträge vorzulegen. Ferner sollten die Kläger mitteilen, wie die Gegenstände nach Abschluss der Fotoarbeiten verwendet worden seien. Auch sollten sie Angaben zu den Arbeitsverhältnissen mit den Söhnen und der Putzfrau machen und deren ladungsfähige Anschrift mitteilen. Hinsichtlich der ungeklärten Geldzuflüsse wurden Nachweise angefordert.
Innerhalb der antragsgemäß verlängerten Ausschlussfrist teilten die Kläger mit, dass die angeforderten Unterlagen seit Jahren beim FA lägen und die derzeitige Anschrift der früheren Putzfrau nicht bekannt sei. Für Fotoaufnahmen benötigte Kleidung würde den Modells übergeben, die deshalb ein geringeres Honorar berechneten; Haushaltsgegenstände gingen in den Fundus und würden wiederholt zu Dekorationszwecken verwendet. Esswaren müssten entsorgt werden. In einem weiteren Schriftsatz baten die Kläger innerhalb der Ausschlussfrist, einen Erörterungstermin anzuberaumen.
Das FA wies darauf hin, dass entgegen der Darstellung der Kläger dort keine Unterlagen vorlägen. Diese Feststellung blieb unbeachtet.
Den Antrag der Kläger vom 14. Mai 1996, den auf den 21. Mai 1996 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen, da eine persönliche Teilnahme der Klägerin notwendig, aber terminlich nicht möglich sei, lehnte der Senatsvorsitzende ab. Das persönliche Erscheinen der Kläger sei weder angeordnet noch erforderlich. Auch habe sich die Klägerin zu den Fragen des Gerichts bereits schriftlich geäußert.
In der mündlichen Verhandlung beantragte der Prozessbevollmächtigte der Kläger ―nach Ablehnung seines Befangenheitsantrags―, die Vernehmung der Klägerin wie folgt:
"Die Klägerin soll vernommen werden zur tatsächlichen Verwendung der Gegenstände, zu den Arbeitsverhältnissen der Söhne A und B ―und zwar zur Art und Weise der Tätigkeiten―, zur Art und Tätigkeit der Putzfrau und zur Herkunft der ungewissen Geldbeträge. Ferner soll die Klägerin bekunden, wie es zum Verlust der Unterlagen beim FA gekommen ist."
Das FG wies die Klage im Wesentlichen ab. Den Antrag auf Beteiligtenvernehmung lehnte es mit dem Hinweis ab, die Klägerin hätte im Hinblick auf die Vielzahl der angeschafften Gegenstände, die ihrer Angabe zufolge nach Abschluss der Fotoaufnahmen ganz unterschiedlich verwendet worden seien, und der fehlenden Aufzeichnungen hierüber keine konkreteren Angaben machen können, als dies bereits schriftlich geschehen sei. Die persönliche Einvernahme der Klägerin lasse daher keine weitere Sachverhaltsaufklärung in diesem Punkt erwarten. Die Vernehmung der Klägerin hätte auch nichts daran ändern können, dass die Arbeitsverhältnisse mit den Söhnen dem erforderlichen Fremdvergleich nicht standhielten. Auch sei nicht ersichtlich, inwieweit die Klägerin Aussagen zum Verbleib der angeblich beim FA eingereichten Bescheinigung der Putzfrau und den Nachweisen über die Herkunft der ungeklärten Geldbeträge machen könne. Das FA habe bereits im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren das Fehlen dieser Belege beanstandet. Es sei deshalb den Klägern zumutbar gewesen, diese nach der Aufforderung des Gerichts unter Fristsetzung nach § 79b Abs. 2 FGO erneut zu beschaffen, sofern ihnen keine Kopien vorlagen. Die Kläger seien somit der ihnen nach § 76 Abs. 1 Sätze 2 und 3 FGO auch im finanzgerichtlichen Verfahren obliegenden Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 1 AO 1977 nicht nachgekommen. Der erstmals in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag auf Vernehmung der Klägerin zu diesen Punkten sei gemäß § 79b Abs. 3 FGO als verspätet zurückzuweisen.
Mit der Revision rügen die Kläger eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör. Streitig seien nur höchstpersönlich darlegbare und erläuterbare Vorgänge gewesen. Hierbei wäre es in besonderem Maße auf die Glaubwürdigkeit der Klägerin angekommen. Ihrem persönlichen Erscheinen in der mündlichen Verhandlung wäre deshalb hohe Bedeutung zugekommen. Die schriftliche Stellungnahme sei im Streitfall nicht ausreichend gewesen. Die Kläger seien davon ausgegangen, dass zumindest die Klägerin zusammen mit dem Prozessbevollmächtigten am Termin beim FG und damit aktiv am Verfahren teilnehmen könne. Obwohl sich dies aus terminlichen und existenziellen Gründen nicht habe verwirklichen lassen, habe das FG dem Terminverlegungsantrag nicht entsprochen. Auch den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Parteieinvernahme habe das FG unter Hinweis auf §§ 79b und 76 FGO sowie § 90 AO 1977 nicht entsprochen. Der Hinweis des Gerichts, dass die Klägerin zum Verbleib der eingereichten Unterlagen innerhalb des FA keine Aussagen hätte machen können, gehe fehl. Aus klägerischer Sicht wäre es besonders darauf angekommen darzulegen, dass die Klägerin die Unterlagen persönlich in den Briefkasten des FA geworfen habe. Die Entscheidung des Rechtsstreits hänge außerdem von der Rechtsfrage ab, ob das FG die erst nach Ablehnung des Terminverlegungsantrags beantragte Beteiligtenvernehmung unter Hinweis auf die gesetzte Ausschlussfrist habe ablehnen dürfen.
Die Klägerin selbst hätte zu den streitigen Rechtsfragen ―Entnahme diverser Gegenstände in das Privatvermögen, die Arbeitsverhältnisse mit den Söhnen, die Zahlungen an die Putzfrau und ungeklärte Geldzuflüsse― detaillierte Angaben machen können. Bis zur Ladung habe sie davon ausgehen können, dass sie entweder selbst vorgeladen werde oder mit ihrem Prozessbevollmächtigten an der mündlichen Verhandlung teilnehmen könne und so ein persönlicher Vortrag, sei es in ihrer Eigenschaft als Klägerin oder durch Parteieinvernahme, möglich sei. Die Gelegenheit zu schriftlichen Äußerungen biete in Fällen, in denen es nach Meinung der Kläger in erheblichem Maße auf die persönlichen detaillierten Ausführungen ankomme, kein ausreichendes rechtliches Gehör. Das FG hätte daher dem Terminverlegungsantrag stattgeben oder das persönliche Erscheinen der Klägerin anordnen müssen. Die Bitte um Terminverlegung sei keinesfalls als prozessverzögernd zu werten, da zwischen Klageerhebung und Terminierung nahezu drei Jahre vergangen seien und die Klägerin selbst einen nicht allzu fernen neuen Termin vorgeschlagen habe.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalles ergebe, dass das Gericht das Vorbringen eines Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht ausreichend in Erwägung gezogen habe. Das FG habe die Entscheidung nach Ablehnung des Terminverlegungsantrags und ohne Stattgabe des Antrags auf Parteieinvernahme getroffen. Hätte das FG der Klägerin die persönliche Teilnahme an der mündlichen Verhandlung ermöglicht, hätte es aufgrund des Vortrags der Klägerin erkannt, dass die strittigen Kürzungen der Betriebsausgaben zumindest zu erheblichen Teilen nicht gerechtfertigt gewesen seien.
Die Kläger beantragen, das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, das finanzgerichtliche Urteil hinsichtlich der Aufwendungen für die Putzfrau aufzuheben und an das FG zurückzuverweisen, im Übrigen die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
1. Das finanzgerichtliche Urteil weicht entgegen dem Vorbringen der Kläger nicht von der Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. Juli 1990 GrS 2/89 (BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837) ab.
Prozesskosten teilen als Folgekosten das steuerliche Schicksal des Streitgegenstandes des Rechtsstreits. Ist Gegenstand des Rechtsstreits ein Vorgang in der Privatsphäre, sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch die Prozesskosten nicht als Betriebsausgaben abziehbar (BFH-Urteile vom 1. Dezember 1993 I R 61/93, BFHE 173, 124, BStBl II 1994, 323; vom 17. Juni 1999 III R 37/98, BFHE 189, 123, BStBl II 1999, 600, jeweils m.w.N.).
Streitigkeiten um einen Erbanspruch gehören nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich zur Privatsphäre, auch wenn Gegenstand des Erbanspruchs ein Betrieb oder ―wie im Streitfall― ein betrieblich genutzter Gebäudeteil ist (BFH-Urteil vom 31. Juli 1985 VIII R 345/82, BFHE 145, 139, BStBl II 1986, 139, m.w.N.). Hieran hat sich durch die Entscheidung des Großen Senats in BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837 nichts geändert (BFH-Urteil vom 2. März 1993 VIII R 47/90, BFHE 170, 566, BStBl II 1994, 619, 622, rechte Spalte): Erbfall und Erbauseinandersetzung sind wie im Zivilrecht nunmehr auch einkommensteuerrechtlich selbständige Rechtsvorgänge und als solche völlig getrennt voneinander zu beurteilen. Der Erbfall selbst stellt auch weiterhin einen einkommensteuerrechtlich irrelevanten privaten Vorgang dar mit der Folge, dass die Aufwendungen für die Verfolgung eigener Rechte in einem Streit über das Erbrecht ebenfalls der Privatvermögenssphäre zuzuordnen sind (BFH-Urteil in 189, 123, BStBl II 1999, 600, mit Nachweisen des Schrifttums). Aufwendungen zur Abwehr erbrechtlicher Ansprüche gegen den Betriebsinhaber sind daher nicht betrieblich veranlasst. Erwerbssichernde Aufwendungen (Betriebsausgaben/Werbungskosten) können nach dem BFH-Urteil in BFHE 170, 566, BStBl II 1994, 619 abziehbar sein, wenn es um eine entgeltliche Erbauseinandersetzung geht oder die Inhaberschaft eines Unternehmens bzw. einer Mitunternehmerstellung in Frage gestellt wird; dass solches im Streitfall in Betracht käme, ist weder vorgetragen worden noch anderweitig ersichtlich.
2. Entgegen der Auffassung der Kläger ist dem FG kein Verfahrensfehler unterlaufen. Weder die Durchführung der mündlichen Verhandlung trotz des Vertagungsantrags noch das angegriffene Urteil, das aufgrund dieser mündlichen Verhandlung ergangen ist, haben die Kläger in ihrem verfassungsrechtlich verankerten Anspruch (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes ―GG―, § 96 Abs. 2 FGO) auf rechtliches Gehör verletzt. Das FG war im Streitfall zu einer Aufhebung oder Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung nicht verpflichtet.
a) Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 und Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) kann das Gericht "aus erheblichen Gründen" auf Antrag oder von Amts wegen einen Termin aufheben oder verlegen. Liegen erhebliche Gründe i.S. von § 227 ZPO vor, verdichtet sich die in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit zu einer Rechtspflicht. In diesen Fällen muss der Termin zur mündlichen Verhandlung zwecks Gewährleistung des rechtlichen Gehörs verlegt werden, selbst wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält und die Erledigung des Rechtsstreits verzögert wird (BFH-Urteil vom 7. Februar 1995 VIII R 48/92, BFH/NV 1996, 43, m.w.N.). Die Prüfung der Frage, ob erhebliche Gründe in diesem Sinne vorliegen, richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles. Der Prozessstoff und die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten und ihrer Prozessbevollmächtigten sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie der Umstand, dass das FG im steuergerichtlichen Verfahren die einzige Tatsacheninstanz ist und die Beteiligten ein Recht darauf haben, ihre Sache in einer mündlichen Verhandlung vorzutragen (BFH in BFH/NV 1996, 43).
Im Streitfall war die Verhinderung der Klägerin kein erheblicher Grund i.S. des § 227 Abs. 1 ZPO für eine Aufhebung oder Verlegung des Termins für die mündliche Verhandlung. Die Ablehnung eines Antrags auf Terminverlegung kann das rechtliche Gehör eines Beteiligten verletzen, wenn diesem bzw. seinem Prozessbevollmächtigten dadurch die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung unmöglich gemacht wird (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 91 Rz. 8). Sofern bei Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten dieser verhindert ist oder der nicht vertretene Kläger den Termin nicht wahrnehmen kann, hat das Gericht den Termin aufzuheben (Gräber/Koch, a.a.O., Rz. 4). Unabhängig vom Umfang ihres schriftlichen Vortrags haben die Beteiligten das Recht, zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen und mit ihren Ausführungen persönlich gehört zu werden (Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 91 FGO Rz. 135). Auch bei der Verhinderung eines Klägers, dessen persönliches Erscheinen das Gericht angeordnet hat und dessen Anwesenheit für die Klärung des Sachverhalts erforderlich ist (Gräber/Koch, a.a.O., Rz. 8), ist dem Antrag auf Terminverlegung stattzugeben. Im Streitfall jedoch wurden die Rechte der Kläger durch ihren Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung wahrgenommen. Nach der Entscheidung des III. Senats des BFH vom 7. Dezember 1990 III B 102/90 (BFHE 163, 115, BStBl II 1991, 240) muss ein Kläger, der sein persönliches Erscheinen vor Gericht trotz Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten für erforderlich hält, die Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung grundsätzlich unter substantiierter Darlegung der für die Notwendigkeit seiner persönlichen Anwesenheit sprechenden Gründe beantragen (ebenso BFH-Beschluss vom 31. Mai 1995 IV B 167/94, BFH/NV 1995, 1079; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ―BVerwG―- vom 30. August 1982 9 C 1.81, Die öffentliche Verwaltung ―DÖV― 1983, 247; Urteil des Bundessozialgerichts ―BSG― vom 15. Mai 1991 6 BKa 69/90, nicht veröffentlicht ―NV―; Zöller/Stöber, Zivilprozeßordnung, 21. Aufl., § 227 Rz. 6). Solche Darlegungen fehlen hier.
Der bloße Hinweis, dass nur die Klägerin detailliert und aus eigener Kenntnis, Erfahrung und Durchführung der einzelnen Aufgabenstellungen zu den Sachverhalten Stellung beziehen könne, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr gewesen darzulegen, weshalb es ihr nicht möglich war, ihren Prozessvertreter vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung umfassend über die streitigen Punkte zu informieren. Dessen Aufgabe ist es gerade, sich umfassend in den Prozessstoff einzuarbeiten, ihn zu strukturieren und in der mündlichen Verhandlung vorzutragen. Durch die Anordnung des FG gemäß § 79b Abs. 2 FGO war der Klägerin bekannt, welcher Vortrag ―Verwendung der für Fotoaufnahmen beschafften Gegenstände des täglichen Lebens nach Erledigung des Auftrags; Informationen zu den Arbeitsverhältnissen mit ihren Söhnen und der Putzfrau sowie deren ladungsfähige Anschrift― aus Sicht des Gerichts erforderlich war. Sie wusste, welche Belege (Rechnungen der für Fotoaufnahmen benötigten Gegenstände und Unterlagen der damit zusammenhängenden Aufträge; Nachweise hinsichtlich der ungeklärten Geldzuflüsse) vorgelegt werden sollten. Auch war ihr bereits aus dem Einspruchsverfahren und den vorbereitenden Schriftsätzen im finanzgerichtlichen Verfahren bekannt, dass die vom Gericht angeforderten Unterlagen nicht beim FA lagen und dem FG somit nicht zur Verfügung standen. Dass bei dieser Sachlage ihre persönliche Teilnahme an der mündlichen Verhandlung zur Vermittlung von Glaubwürdigkeit der noch ausstehenden Tatsachendarstellung erforderlich war, hat die Klägerin weder in der Begründung des Terminverlegungsantrags dargelegt noch kam es darauf nach den objektiven Umständen an, so dass das FG rechtsferhlerfrei einen "erheblichen Grund" für eine Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung i.S. des § 227 ZPO verneint hat.
b) Das FG durfte auch die von den Klägern angebotene Beteiligtenvernehmung der Klägerin zurückweisen.
aa) § 79 Abs. 1 Satz 1 FGO verpflichtet die FG zur Beschleunigung und Konzentration des Verfahrens. Um dieser Verpflichtung gerecht werden zu können, sind die Richter auf die Mitwirkung der Beteiligten angewiesen. Nicht jeder Prozessbeteiligte kommt jedoch seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 90 AO 1977 nach, die über § 76 Abs. 1 Sätze 3 und 4 FGO auch im finanzgerichtlichen Verfahren gilt. Kostennachteile für säumige Beteiligte haben sich in der Vergangenheit als unwirksam erwiesen. Mit der Vorschrift des § 79b FGO wollte der Gesetzgeber deshalb die FG in die Lage versetzen, die Beteiligten stärker anzuhalten, ihren Mitwirkungspflichten nachzukommen (Beermann, a.a.O., § 79b FGO Rz. 2). Bei Versäumung der nach § 79b FGO gesetzten Fristen braucht das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen verspätetes Vorbringen bei seiner Entscheidung nicht mehr zu berücksichtigen. § 79b FGO dient somit nicht nur den Interessen des Gerichts, sondern mittelbar auch der Effizienz der Rechtspflege und damit den Rechtsuchenden insgesamt (Beermann, a.a.O.).
Im Streitfall hat das FG nicht nur von der Fristsetzung nach § 79b Abs. 1 FGO Gebrauch gemacht, sondern auch eine Aufforderung mit Fristsetzung nach § 79b Abs. 2 FGO erlassen und die Kläger über die Folgen der Fristversäumnis belehrt. Aus dieser war für die Beteiligten klar erkennbar, welche Vorgänge aus Sicht des Gerichts noch klärungsbedürftig waren. Die Kläger haben innerhalb der vom FG verlängerten Frist zu den aufgeworfenen Fragen Stellung genommen. Die Beweismittel, zu deren Vorlage die Kläger gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 FGO bzw. § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 97 Abs. 1 AO 1977 verpflichtet waren, wurden hingegen nicht vorgelegt. Begründet wurde dies damit, dass die Unterlagen seit einigen Jahren beim FA lägen. Obwohl das FA bereits im Einspruchsverfahren und erneut im finanzgerichtlichen Verfahren darauf hingewiesen hatte, dass die Unterlagen nicht vorlagen, haben sich die Kläger bis zur mündlichen Verhandlung nicht um die Beschaffung der Unterlagen bemüht. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat lediglich innerhalb der gemäß § 79b Abs. 2 FGO gesetzten Frist angeregt, einen Erörterungstermin anzuberaumen, zu dem die Klägerin zwecks Darlegung der Sachlage geladen werden sollte. Ein Erörterungstermin gemäß § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FGO ist aber keine Beteiligtenvernehmung. Die Vernehmung der Klägerin als Beteiligte wurde in der Folgezeit weder vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung, noch nach Ablehnung der Terminverlegung beantragt, sondern erst nach Ablehnung des Befangenheitsantrags in der mündlichen Verhandlung. Nach § 79b Abs. 3 FGO konnte das Gericht die Beteiligtenvernehmung zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, da die Vernehmung der nicht anwesenden Klägerin die Erledigung des Rechtsstreits verzögert hätte. Die Kläger haben die Verspätung auch nicht genügend entschuldigt.
Die Zurückweisung des verspäteten Vorbringens ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt ermessensfehlerhaft, dass die Verzögerung des Rechtsstreits durch eine rechtzeitige und sachgerechte Vorbereitung der mündlichen Verhandlung hätte vermieden werden können. Zwar ist der Einsatz der gesetzlich vorgesehenen Präklusionsmöglichkeit dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gefahr der Verzögerung in gleicher Weise auf das Verhalten des Gerichts wie auf dasjenige der Kläger zurückgeht. Das ist der Fall, wenn das FG bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Prozessförderungspflicht die verspätet vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel ohne weiteres in der mündlichen Verhandlung hätte berücksichtigen können (BFH-Urteil vom 17. Februar 2000 I R 52-55/99, BFH/NV 2000, 1042). Das FG hatte jedoch ―trotz des schriftlichen Vortrags der Klägerin und der Anregung ihres Prozessbevollmächtigten, einen Erörterungstermin anzuberaumen und die Klägerin hierzu zu laden― keine Veranlassung, das persönliche Erscheinen der Klägerin anzuordnen und im Vorgriff auf die mündliche Verhandlung ihre Vernehmung als Beteiligte zu beschließen.
bb) Die Beteiligtenvernehmung ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur ein letztes Hilfsmittel zur Aufklärung des Sachverhalts. Sie dient nicht dazu, dem Beteiligten Gelegenheit zu geben, seine eigenen Behauptungen zu bestätigen und ggf. zu beeiden. Sie kann unterbleiben, wenn sich das Gericht mit Hilfe anderer Beweismittel eine Überzeugung bilden kann oder wenn keine Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vorbringens spricht (BFH-Beschluss vom 23. November 1994 I B 78/94, BFH/NV 1995, 793, m.w.N.). Sie ist subsidiäres Beweismittel und kommt nur ausnahmsweise, nach Ausschöpfen aller anderen Beweise, in Betracht (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 82 FGO Rz. 80., m.w.N.). Im Streitfall standen den Klägern zur Untermauerung ihres Vortrags andere Beweismittel zur Verfügung. Neben den vom FG in der Anordnung gemäß § 79b FGO angeforderten Unterlagen, die ―soweit sie tatsächlich nicht mehr vorhanden waren― zumindest weitgehend hätten wieder beschafft werden können (z.B. Bestätigung der Putzfrau, Bankbestätigungen der Überweisungen der Mutter/Schwiegermutter), wäre vor allem auch die Zeugenaussage der früheren Putzfrau in Betracht gekommen. Auch wenn kein Kontakt mehr besteht, wäre es den Klägern möglich gewesen, die vom FG geforderte ladungsfähige Anschrift zu ermitteln. Die Kläger haben nicht einmal dargelegt, dass sie dies vergeblich versucht haben.
c) Die Kläger tragen die objektive Beweislast (Feststellungslast) für eine von ihnen behauptete betriebliche Veranlassung der getätigten Aufwendungen (BFH-Urteil vom 24. Juni 1976 IV R 101/75, BFHE 119, 164, BStBl II 1976, 562). Ist bei Ermittlung von als Betriebsausgaben geltend gemachten Kosten zudem eine Abgrenzung betrieblicher Aufwendungen von privaten Aufwendungen erforderlich, trifft den Steuerpflichtigen eine gegenüber der Regelung in § 90 AO 1977 erhöhte Mitwirkungspflicht bei der Bestimmung des betrieblichen Aufwandsanteils (BFH-Beschluss vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 828). Dabei hat er durch die Anführung von Tatsachen den Zusammenhang der Aufwendungen mit dem Betrieb darzutun und auf Verlangen entsprechende Nachweise (Unterlagen) vorzulegen. Da dies hier nicht geschehen ist, sind die Kläger beweisfällig geblieben.
Fundstellen
Haufe-Index 605895 |
BFH/NV 2001, 1262 |