Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansatz des Geschäftswerts in der Umwandlungsbilanz
Leitsatz (NV)
Zahlt eine Kapitalgesellschaft einem ausscheidenden atypisch stillen Gesellschafter eine Abfindung, die auch den selbst geschaffenen, bisher nicht bilanzierten Geschäftswert abgilt, hat sie den darauf entfallenden Anteil der Abfindung als derivativen Geschäftswert zu aktivieren. Nur dieser derivative Anteil am Geschäftswert ist bei einer anschließenden Umwandlung der Kapitalgesellschaft auf den Alleingesellschafter nach § 3 Satz 1 UmwStG 1977 in der Schlussbilanz (Umwandlungsbilanz) der Kapitalgesellschaft anzusetzen und von dem das Unternehmen weiterführenden Alleingesellschafter in die Eröffnungsbilanz zu übernehmen.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 2; UmwStG 1977 §§ 3, 5, 11
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (EFG 1999, 121) |
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr 1989 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger war im Jahr 1988 zusammen mit den Eheleuten A Gesellschafter der Z-GmbH, an der seine Tochter mit 10 000 DM und deren Ehemann mit 30 000 DM atypisch still beteiligt waren. Durch Verträge vom 30. Dezember 1988 wurden die stillen Gesellschaften mit Wirkung zum 1. Januar 1989 aufgehoben und den stillen Gesellschaftern unter Verzicht auf die Errechnung ihres Abfindungsguthabens neben ihren Einlagen von 40 000 DM eine Abfindung für ihre Beteiligung an den stillen Reserven des Unternehmens von insgesamt 110 000 DM gewährt.
Mit notarieller Urkunde vom 13. Februar 1989 traten die Eheleute A ihre Anteile an der Z-GmbH (insgesamt 25 % des Stammkapitals von 130 000 DM) mit Wirkung zum 1. Januar 1989 zu einem Preis in Höhe von 260 000 DM an den Kläger ab, der dadurch Alleingesellschafter der Z-GmbH wurde. Durch Gesellschafterbeschluss vom 13. Februar 1989 wurde die Z-GmbH rückwirkend zum 2. Januar 1989 nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes (UmwG 1969) in der Weise umgewandelt, dass das Vermögen der Z-GmbH unter Ausschluss der Abwicklung auf den Kläger überging, der den Betrieb als Einzelunternehmen fortführte.
Durch notariellen Vertrag vom 13. Februar 1989 errichteten der Kläger und die Eheleute A eine neue GmbH, an die der Kläger sein aus der Umwandlung der Z-GmbH hervorgegangenes Einzelunternehmen durch Unternehmenskaufvertrag vom 1. Juni 1989 mit Wirkung zum 1. Juli 1989 verkaufte.
In ihren Bilanzen bis einschließlich der Bilanz zum 31. Dezember 1988 hatte die Z-GmbH keinen Geschäftswert ausgewiesen. Zum 1. Januar 1989 wurden die stillen Reserven der Z-GmbH wie folgt ermittelt:
Stille Reserven des Sachanlagevermögens |
348 983,00 DM |
Geschäftswert |
773 462,61 DM |
Summe der stillen Reserven der Z-GmbH |
1 122 445,61 DM |
Hiervon entfielen die folgenden Beträge auf die atypisch stillen Gesellschaften:
Anteilige stille Reserven des Sachanlagevermögens 20 % von 348 983 DM |
69 797 DM |
Geschäftswert |
40 203 DM |
Summe |
110 000 DM |
In diesem Umfang wurden in der Auseinandersetzungsbilanz der atypisch stillen Gesellschaften zum 1. Januar 1989 die stillen Reserven aufgedeckt und die Buchwerte aufgestockt. Dies hatte zur Folge, dass erstmals ein Geschäftswert in Höhe von 40 203 DM ausgewiesen wurde.
In der Schlussbilanz (Umwandlungsbilanz) der Z-GmbH zum 2. Januar 1989 wurde das Sachanlagevermögen entsprechend § 3 Satz 1 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG 1977) mit dem Teilwert angesetzt, so dass weitere stille Reserven des Sachanlagevermögens in Höhe von 279 186 DM aufgedeckt wurden. Der Geschäftswert wurde dagegen nur mit dem in der Auseinandersetzungsbilanz der atypisch stillen Gesellschaften aufgedeckten Betrag von 40 203 DM ausgewiesen.
Der Kläger übernahm die in der Schlussbilanz (Umwandlungsbilanz) der Z-GmbH angesetzten Werte in die Eröffnungsbilanz seines Einzelunternehmens zum 2. Januar 1989 und ermittelte gemäß § 11 Abs. 1 i.V.m. §§ 3 bis 8 UmwStG 1977 einen Übernahmegewinn in Höhe von 10 824 DM.
Für den Verkauf des Einzelunternehmens durch Vertrag vom 1. Juni 1989 ermittelte der Kläger einen Veräußerungsgewinn in Höhe von … DM, für den er die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beantragte.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) setzte den Übernahmegewinn und den Veräußerungsgewinn im Einkommensteuerbescheid 1989 erklärungsgemäß als gewerbliche Einkünfte an.
Nach einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, der Übernahmegewinn sei zu erhöhen und der steuerbegünstigte Veräußerungsgewinn zu ermäßigen, weil der aus der Schlussbilanz der Z-GmbH übernommene Geschäftswert zu niedrig angesetzt sei. Ein originärer Geschäftswert sei zwar in der Schlussbilanz der GmbH nicht zu aktivieren. Sei jedoch für den Geschäftswert ein auch nur geringer Aktivposten auszuweisen, müsse dieser auf den Teilwert des Geschäftswerts aufgestockt werden. Der Geschäftswert könne nicht in einen entgeltlich erworbenen und einen selbst geschaffenen Teil aufgespalten werden. Ein Unternehmen habe nur einen einheitlichen Geschäftswert (sog. Einheitstheorie). Ein gedachter Erwerber des Betriebs veranschlage den einheitlichen Geschäftswert mit den vom Veräußerer geschaffenen Wertfaktoren.
Unter Berücksichtigung des Kaufpreises im Unternehmenskaufvertrag vom 1. Juni 1989 ermittelte der Prüfer für den Geschäftswert einen Teilwert in Höhe von 820 952 DM. Es ergab sich folgender Übernahmegewinn:
Übernahmegewinn bisher |
10 824 DM |
+ Erhöhung Firmenwert (820 952 DM ./. 40 203 DM) |
780 749 DM |
./. Erhöhung Gewerbesteuerrückstellung |
110 183 DM |
Übernahmegewinn lt. Betriebsprüfung |
681 390 DM |
Aufgrund der Erhöhung des Geschäftswerts und eines (unstreitigen) Rückforderungsanspruchs hinsichtlich Gewerbesteuer 1989 erhöhte sich das Betriebsvermögen des Einzelunternehmens zum 30. Juni 1989. Dadurch ermäßigte sich der steuerbegünstigte Veräußerungsgewinn. Infolge der höheren Absetzungen für Abnutzung (AfA) auf den Geschäftswert verringerte sich auch der laufende Gewinn.
Das FA änderte den unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid 1989 entsprechend den Feststellungen des Betriebsprüfers. Der dagegen erhobene Einspruch war im Wesentlichen erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 121 veröffentlichten Urteil ab.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragen, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Einkommensteuerbescheid 1989 in der Fassung der Einspruchsentscheidung dahin gehend zu ändern, dass bei der Ermittlung des Übernahmegewinns der Geschäftswert nicht mit dem Teilwert angesetzt werde.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass auch der selbst geschaffene, bisher bei der Z-GmbH nicht aktivierte Teil des Geschäftswerts in der Schlussbilanz der Z-GmbH auszuweisen und dieser Wert in der Übernahmebilanz des Klägers anzusetzen ist.
1. Wird eine Kapitalgesellschaft (hier die Z-GmbH) nach §§ 1, 15, 24 UmwG 1969 in der Weise umgewandelt, dass ihr Vermögen unter Ausschluss der Abwicklung auf den Alleingesellschafter (hier den Kläger) übertragen wird und in dessen Betriebsvermögen übergeht, sind die Vorschriften der §§ 5 bis 8 Abs. 5 UmwStG 1977 sinngemäß anzuwenden (§ 11 Abs. 1 UmwStG 1977). Danach hat der übernehmende Gesellschafter den Übernahmegewinn zu versteuern. Übernahmegewinn ist der sich infolge des Vermögensübergangs ergebende Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter zu übernehmen sind und dem Buchwert der Anteile an der übertragenen Körperschaft (§ 5 Abs. 5 UmwStG 1977).
Der Gesellschafter hat die auf ihn übergegangenen Wirtschaftsgüter mit dem in der steuerlichen Schlussbilanz (Umwandlungsbilanz) der übertragenden Körperschaft enthaltenen Wert zu übernehmen (Buchwertverknüpfung); mit diesem Wert gelten sie bei ihm als angeschafft (§ 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1977).
Der Buchwert der Anteile an der Kapitalgesellschaft ist der Wert, mit dem die Anteile nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung in einer für den steuerlichen Übertragungsstichtag aufzustellenden Steuerbilanz des übernehmenden Gesellschafters anzusetzen sind oder anzusetzen wären (§ 5 Abs. 5 Satz 2 UmwStG 1977). Gehören die Anteile an der Kapitalgesellschaft am steuerlichen Übertragungsstichtag zum Privatvermögen des übernehmenden Gesellschafters, gelten sie für die Ermittlung des Übernahmegewinns als an diesem Stichtag in das Betriebsvermögen eingelegt (§ 6 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1977). Das bedeutet, der Anteil des übernehmenden Gesellschafters an der Kapitalgesellschaft ist, wenn es sich ―wie im Streitfall― um eine wesentliche Beteiligung i.S. des § 17 EStG handelt, in der Regel mit den Anschaffungskosten für den Anteil anzusetzen, es sei denn, der Teilwert ist niedriger (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b EStG).
2. Das FA hat bei der Ermittlung des Übernahmegewinns durch den Kläger nur den Ansatz des aus der Schlussbilanz (Umwandlungsbilanz) der Z-GmbH übernommenen Geschäftswerts beanstandet. Nach der Entscheidung des Senats vom 16. Mai 2002 III R 45/98 betreffend den Gewerbesteuermessbetrag der Z-GmbH ist der Geschäftswert in der Schlussbilanz (Umwandlungsbilanz) der Z-GmbH zu Recht nur mit einem Betrag von 40 203 DM ausgewiesen worden. Zur Begründung nimmt der Senat auf diese gegen den Kläger als Rechtsnachfolger der GmbH ergangene Entscheidung Bezug. In der Übernahmebilanz des Klägers ist daher der Geschäftswert ebenfalls nur mit diesem Betrag anzusetzen.
3. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der niedrigere Ansatz des Geschäftswerts hat zur Folge, dass der Übernahmegewinn des Klägers aus der Umwandlung der Z-GmbH gemindert wird. Dafür erhöht sich der steuerbegünstigte Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf des Einzelunternehmens. Wegen der geringeren AfA auf den Geschäftswert erhöht sich auch der laufende Gewinn. Die Berechnung des Gewinns und die Neufestsetzung der Einkommensteuer 1989 werden gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.
Fundstellen