Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerung von Schachtelbeteiligungen auf das Ende eines Wirtschaftsjahres
Leitsatz (NV)
Wurde eine Schachtelbeteiligung auf das Ende eines Wirtschaftsjahres veräußert und war der Kaufpreis vor dem Ende des Wirtschaftsjahres auf einem Konto des Veräußerers eingegangen, war der Kontostand in der Vermögensaufstellung für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens des Veräußerers auf den Beginn des nächsten Kalenderjahres nicht um den Kaufpreis zu vermindern.
Normenkette
BewG §§ 95, 106, 109, 109a
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Zwischen der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die während des gerichtlichen Verfahrens durch Formwechsel von einer AG in eine GmbH umgewandelt wurde, und der A bestand bis 30. September 1995 ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der A als herrschender Gesellschaft. Danach hatte die Klägerin von bestimmten Ausnahmen abgesehen jeweils den gesamten Gewinn an die A abzuführen.
Durch einen im August 1995 getroffenen Gesellschafterbeschluss wurde das Wirtschaftsjahr der Klägerin vom Kalenderjahr auf den Zeitraum 1. Oktober bis 30. September umgestellt. Für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 1995 wurde ein Rumpfwirtschaftsjahr gebildet.
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 1. September 1995 verkaufte die Klägerin ihre Beteiligungen an Gesellschaften mit Sitz im Ausland zum 30. September 1995 und ihren inländischen Geschäftsbetrieb sowie die inländischen Tochtergesellschaften zum 1. Oktober 1995 an einen Dritten.
In der Vermögensaufstellung zur Ermittlung des Einheitswerts ihres Gewerbebetriebs auf den 1. Januar 1996 ging die Klägerin gemäß § 106 Abs. 3 Satz 1 des Bewertungsgesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung (BewG) von der auf den 30. September 1995 aufgestellten Steuerbilanz aus. Die Auslandsbeteiligungen setzte sie ebenso wie in der Bilanz nicht an, allerdings nicht wegen der zum 30. September 1995 erfolgten Veräußerung, sondern unter Berufung auf das Schachtelprivileg nach § 102 BewG. Die Klägerin nahm dabei an, dass ihr die Auslandsbeteiligungen bewertungsrechtlich nach Abschn. 40 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abschn. 39 Abs. 2 Satz 8 der Vermögensteuer-Richtlinien (VStR) 1995 noch zum Ende des vom 1. Januar bis 30. September 1995 dauernden Rumpfwirtschaftsjahrs zuzurechnen gewesen seien. Den ihr bereits zugeflossenen und in der Bilanzposition "Guthaben bei Kreditinstituten" erfassten Kaufpreis für die Auslandsbeteiligungen in Höhe von 420 Mio. DM setzte sie demgemäß nicht an. Den Gewinn aus der Veräußerung der Auslandsbeteiligungen in Höhe von 326 589 394 DM berücksichtigte sie wie auch in der Bilanz als Verbindlichkeit im Rahmen der gegenüber der A bestehenden Verpflichtung zur Gewinnabführung.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) stellte den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1996 nach einer Außenprüfung durch Bescheid vom 13. Dezember 2001 auf 115 142 000 DM fest. Er folgte dabei zwar der Ansicht der Klägerin zur Zurechnung der Auslandsbeteiligungen und zum Nichtansatz des bereits zugeflossenen Kaufpreises, war aber der Meinung, die auf der Veräußerung der Auslandsbeteiligungen beruhende Gewinnabführungsverpflichtung könne nicht als Verbindlichkeit berücksichtigt werden. Der Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab dem Antrag, den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1996 auf ./. 215 369 000 DM festzustellen, nur insoweit statt, als es den Einheitswert wegen bestimmter Rückstellungen auf 111 220 000 DM herabsetzte. Im Übrigen folgte es der Auffassung des FA.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 103 Abs. 1 BewG. Die Gewinnabführungsverpflichtung gegenüber der A sei bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1996 in der vollen zum 30. September 1995 bilanzierten Höhe als Schuldposten abzuziehen.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Bescheids vom 13. Dezember 2001 in Gestalt der Vorentscheidung bei der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1996 die Gewinnabführungsverpflichtung in Höhe von 326 589 394 DM als Verbindlichkeit zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist im Ergebnis unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Ansicht des FG sind die Bilanzansätze für Guthaben bei Kreditinstituten und für die Gewinnabführungsverpflichtung der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1996 unverändert zu Grunde zu legen. Abschn. 40 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abschn. 39 Abs. 2 Satz 8 VStR 1995 vermag daran nichts zu ändern. Der vom FG festgestellte Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin ist danach zu niedrig. Da aber nur die Klägerin Revision eingelegt hat, hat die Vorentscheidung Bestand.
1. Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BewG umfasst das Betriebsvermögen bewertungsrechtlich alle Teile eines Gewerbebetriebs i.S. des § 15 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören; § 92 Abs. 5 und § 99 BewG bleiben unberührt. Danach richtet sich der Umfang des Betriebsvermögens für Zwecke der Einheitsbewertung für die Stichtage vom 1. Januar 1993 bis 1. Januar 1997 weitgehend danach, was ertragsteuerrechtlich dem Betriebsvermögen zugerechnet wird.
Bei bilanzierenden Gewerbetreibenden sind für den Ansatz der aktiven und passiven Wirtschaftsgüter in der Vermögensaufstellung die Steuerbilanzansätze, die der Ertragsbesteuerung zu Grunde gelegt wurden, dem Grunde und der Höhe nach maßgebend (§ 109 Abs. 1, § 109a BewG). Soweit das Gesetz nicht etwas anderes vorsieht, besteht Bestands- und Wertidentität zwischen der Steuerbilanz und der Vermögensaufstellung. Diese --speziell für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens bestehende-- Bindung der Vermögensaufstellung an die Steuerbilanz ergibt sich aus der --zum 1. Januar 1998 aufgehobenen-- Vorschrift des § 109a BewG (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Oktober 2000 II R 58/98, BFHE 194, 238, BStBl II 2001, 92; vom 31. März 2004 II R 67/01, BFH/NV 2004, 1074; vom 27. Juli 2005 II R 35/04, BFH/NV 2006, 18, und vom 11. März 2008 II R 84/05, BFH/NV 2008, 1454). Bloße Verwaltungsvorschriften können wegen der Gesetzesbindung der Steuerverwaltung (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) an der Bindung der Vermögensaufstellung an die Steuerbilanz nichts ändern.
Für Betriebe, die regelmäßig jährliche Abschlüsse auf einen anderen Tag als den Schluss des Kalenderjahres machen, kann nach § 106 Abs. 3 Satz 1 BewG auf Antrag zugelassen werden, dass der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der Schluss des Wirtschaftsjahrs zu Grunde gelegt wird, das dem Feststellungszeitpunkt vorangeht. Der auf diesen Abschlusszeitpunkt ermittelte Einheitswert gilt nach § 106 Abs. 4 BewG als Einheitswert vom Feststellungszeitpunkt.
2. Bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 1. Januar 1996 sind danach die der Ertragsbesteuerung zu Grunde gelegten Ansätze in der Bilanz zum 30. September 1995 für Guthaben bei Kreditinstituten und für die Gewinnabführungsverpflichtung zu übernehmen. Abschn. 40 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abschn. 39 Abs. 2 Satz 8 VStR 1995 können als bloße Verwaltungsvorschriften daran nichts ändern. Die Auslandsbeteiligungen sind ebenso wie in der Steuerbilanz nicht anzusetzen.
Der vom FG festgestellte Einheitswert des Betriebsvermögens ist demnach um den Unterschiedsbetrag zwischen dem bereits bis zum 30. September 1995 eingegangenen Kaufpreis von 420 Mio. DM für die Auslandsbeteiligungen und der auf der Veräußerung dieser Beteiligungen beruhenden Gewinnabführungsverpflichtung von 326 589 394 DM zu niedrig. Dies führt aber nicht zu einer Aufhebung der Vorentscheidung. Eine Erhöhung des vom FG festgestellten Einheitswerts scheidet aufgrund der Bindung des BFH an die im Revisionsverfahren gestellten Anträge (§ 121 Satz 1 i.V.m § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO, § 155 FGO i.V.m. § 557 Abs. 1 der Zivilprozessordnung) aus, weil das FA keine Revision eingelegt hat. Eine Erhöhung des vom FA festgestellten Einheitswerts hätte auch das FG wegen des im finanzgerichtlichen Verfahren geltenden Verböserungsverbots nicht vornehmen können (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22. September 1999 XI R 98/97, BFHE 190, 13, BStBl II 2000, 115, unter II.2., und vom 17. Dezember 2008 XI R 23/08, BFH/NV 2009, 1041, unter II.2.).
Fundstellen
Haufe-Index 2219412 |
BFH/NV 2009, 1786 |