Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zahlungen, die der Erwerber einer auf Grund einer sogenannten Personalkonzession betriebenen Apotheke dem Veräußerer dafür leistete, daß dieser auf sein Betriebsrecht verzichtete und damit das Betriebsrecht dem Erwerber gegeben werden konnte, sind als Anschaffungskosten für einen Geschäftswert zu aktivieren, dessen Abschreibung nach allgemeinen steuerlichen Grundsätzen zu beurteilen ist.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Ziff. 2
Tatbestand
Streitig sind bei der Einkommensteuer-Veranlagung des Bf. für 1951 die Behandlung einer bei Betriebsübernahme vereinbarten Leibrente als Kaufpreisrente oder als betriebliche Versorgungsrente und die Abschreibung eines Apothekenbetriebsrechts auf einen niedrigeren Teilwert.
Der Bf. verwaltete seit 1940 eine in gemieteten Räumen betriebene Apotheke, deren Betriebsrecht und Inventar dem Apotheker B. gehörten. Ab 1. Juni 1949 pachtete der Bf. von B. die Apotheke.
Am 10. Dezember 1950 verzichteten die Eheleute B. vor der Landesapothekerkammer auf Betriebsrecht und Witwenrecht an der Apotheke unter der Bedingung, daß das Betriebsrecht dem Bf. verliehen werde. Gleichzeitig verpflichtete sich der Bf., an B. für diesen Verzicht 4.000 DM zu zahlen, das Inventar zum Schätzwert zu übernehmen und B. eine Leibrente in Höhe von monatlich 325 DM zu gewähren; nach dem Ableben des B. sollte die Rente in Höhe von monatlich 200 DM an die Ehefrau B. weiter entrichtet werden. Die Landesregierung erteilte dem Bf. die Konzession zur Fortführung der Apotheke. In der Urkunde heißt es: "Die Konzession ist weder vererblich und veräußerlich noch steht dem Apotheker das Recht zu, einen Geschäftsnachfolger zu präsentieren".
Das Finanzamt behandelte die Rente zunächst als betriebliche Versorgungsrente und erkannte die Rentenzahlungen als Betriebsausgaben an. Die Barabfindung von 4.000 DM für den Verzicht auf das Betriebsrecht wurde unter der Bezeichnung "Konzessionswert" aktiviert.
Auf Grund einer im Jahre 1958 durchgeführten Betriebsprüfung, bei der Buchführungsmängel, besonders Nichtverbuchung von Einnahmen, festgestellt wurden, die zu einer Höherschätzung von Umsatz und Gewinn um je 4.000 DM für das Streitjahr führten, behandelte das Finanzamt die Rente nunmehr als Kaufpreisrente. Die Rentenlast passivierte es in der Bilanz vom 31. Dezember 1951 mit 26.512 DM. Den Bilanzansatz für den Konzessionswert erhöhte das Finanzamt auf 31.752 DM. Der Gewinn erhöhte sich dadurch von 14.770 DM auf 20.010 DM.
Mit der Sprungberufung machte der Bf. vor allem geltend, daß das Finanzamt bei einer Betriebsprüfung im Jahre 1951 eine bindende Zusage über die bilanzmäßige Behandlung der Rentenzahlungen gegeben habe. Gehe man jedoch davon aus, daß eine Kaufpreisrente vorliege, so müsse der aktivierte Konzessionswert wegen der durch das Grundgesetz (GG) eingeführten Gewerbefreiheit auf dem Gebiete des Apothekenwesens auf 0 DM abgeschrieben werden.
Das Finanzgericht gab der Berufung nur in einem Nebenpunkt statt. Zu den Streitpunkten führte es aus, die Rente sei als Veräußerungsrente anzusehen, da sie das Entgelt für den Verzicht des B. auf sein Apothekenbetriebsrecht darstelle. Es handele sich nicht um eine Versorgungsrente, da B. schon seit 1934 nicht mehr in der Apotheke tätig gewesen sei und der Bf., der das Unternehmen saniert habe, keine Veranlassung gehabt habe, B. im Hinblick auf dessen Tätigkeit eine Rente auszusetzen. Die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung auf das Betriebsrecht seien für das Streitjahr nicht gegeben.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Bf. ist unbegründet.
Bei dem vom Bf. 1951 erworbenen Apothekenbetriebsrecht handelte es sich um eine sogenannte Personalkonzession, die unveräußerlich und unvererblich war. Die Apotheke, die vom Vorgänger des Bf. auf Grund einer entsprechenden persönlichen Konzession betrieben worden war, konnte an den Bf. nur veräußert werden, wenn ihm ein persönliches Betriebsrecht verliehen wurde. Das setzte voraus, daß der bisherige Apotheker auf das Betriebsrecht verzichtete. Es ist allgemein anerkannt, daß Personalkonzessionen keine Wirtschaftsgüter im Sinne des § 6 Abs. 1 Ziff. 2 EStG waren. Das schließt jedoch nicht aus, daß auch personalkonzessionierte Apotheken einen Geschäftswert besaßen und besitzen, der mit der Apotheke erworben wird und der somit ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut darstellt (vgl. Urteil des erkennenden Senats IV 372/60 S vom 26. September 1963, BStBl 1963 III S. 565, Slg. Bd. 77 S. 669). Hinsichtlich des Geschäftswertes von Apotheken besteht im Grundsatz kein Unterschied zwischen Apotheken mit Personalkonzession und mit veräußerlichen und vererblichen Betriebsrechten. Wie der Senat in der Entscheidung IV 372/60 S ausführte, ergaben sich im großen Umfang Geschäftswerte für Apotheken während des Bestehens des Konzessionierungssystems daraus, daß die Apotheker ihre Betriebe ohne eine ins Gewicht fallende Konkurrenz führen konnten. Die Apotheken konnten sich infolge der tatsächlich bestehenden Konkurrenzlosigkeit entwickeln und waren, solange ein Abbau des Konzessionierungssystems nicht zu befürchten war, für die Zukunft in ihrer wirtschaftlichen Lage gesichert.
Bei Apotheken mit Personalkonzession konnte sich indessen ein Geschäftswert nur in einem gegenüber den Realrechtsapotheken verminderten Umfange bilden, da das Betriebsrecht nur für die Lebenszeit des Konzessionärs erteilt war und allenfalls ein gewisses Witwenrecht in Betracht kam. Dementsprechend wurden von den Erwerbern solcher Apotheken geringere Abfindungsbeträge für den Verzicht des Veräußerers auf sein Betriebsrecht als etwa für den Erwerb eines Realrechts bezahlt. Gleichwohl stellen diese Zahlungen Aufwendungen für einen allerdings begrenzten Geschäftswert dar. Die Rechtslage ist ähnlich derjenigen bei Zahlungen, die der Erwerber eines Verkehrsunternehmens dem Veräußerer im Hinblick darauf macht, daß ihm die gesetzlich vorgeschriebene Betriebsgenehmigung erteilt wird. Solche Zahlungen sind als Aufwendungen für ein firmenwertähnliches Wirtschaftsgut anzusehen (vgl. Urteil des erkennenden Senats IV 186/60 U vom 10. Juli 1963, BStBl 1963 III S. 501, Slg. Bd. 77 S. 492). Hiernach sind die gesamten Aufwendungen des Bf., die er im Zusammenhang mit der Verleihung des Betriebsrechts machte, als Anschaffungskosten für einen Geschäftswert zu aktivieren (§ 6 Abs. 1 Ziff. 2 Satz 1 EStG).
Zu den Anschaffungskosten gehört auch der Wert der Rentenverpflichtung, die der Bf. dem bisherigen Inhaber und seiner Ehefrau gegenüber eingegangen ist. Die Vorinstanzen nahmen zutreffend an, daß es sich nicht um eine Versorgungsrente, sondern um eine Kaufpreisrente (Veräußerungsrente) handelt, da die Rente einen Teil des Entgelts, nämlich für den Geschäftswert, bildete (vgl. besonders Urteile des Bundesfinanzhofs I 232/54 U vom 12. Juli 1955, BStBl 1955 III S. 302, Slg. Bd. 61 S. 272; IV 217/54 U vom 2. Februar 1956, BStBl 1956 III S. 88, Slg. Bd. 62 S. 235; IV 265/58 U vom 30. Juli 1959, BStBl 1959 III S. 406, Slg. Bd. 69 S. 387). Dagegen wäre eine als Betriebsausgabe abzugsfähige Versorgungsrente nur gegeben, wenn die Rentenzahlungen nicht das Entgelt für ein erworbenes Wirtschaftsgut darstellten, sondern als Gegenleistung für die von dem Rentenberechtigten dem Betriebe erbrachten Leistungen gewährt würden, oder wenn die Rente auf ähnlichen betrieblichen Erwägungen beruhte. Das ist in der Regel der Fall, wenn der Fürsorgegedanke eine wesentliche Rolle spielt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 347/56 U vom 8. Oktober 1957, BStBl 1957 III S. 440, Slg. Bd. 65 S. 535). Solche Renten werden vorwiegend beim Ausscheiden von Gesellschaftern aus Personengesellschaften vereinbart; ausnahmsweise können sie jedoch auch beim Wechsel der Inhaber von Einzelunternehmen in Betracht kommen. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Denn der Umstand, daß eine Leibrente regelmäßig auch der Versorgung des Rentenberechtigten dient, macht die Rente noch nicht zur Versorgungsrente. Entscheidend ist der mit dem Rentenvertrag verfolgte wirtschaftliche Hauptzweck. Der Bf. wollte durch die Sicherstellung der Versorgung des B. erreichen, daß B. ihm den Weg für die Verleihung des Betriebsrechts freimachte. Die vom Bf. hierfür insgesamt aufgewendeten Kosten gehören deshalb zu den Anschaffungskosten der Apotheke.
Die Möglichkeit einer späteren Abschreibung ist nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen, hängt also davon ab, ob ein Erwerber des ganzen Betriebes einen Geschäftswert von 31.752 DM anerkannt hätte. Das kann, wie sich aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs IV 372/60 S vom 26. September 1963 (a. a. O.) ergibt, nicht schon deshalb verneint werden, weil der Gesetzgeber die Niederlassungsfreiheit einführte. Die Akten bieten keinen Anhalt für die Annahme, daß ein Erwerber der Apotheke am 31. Dezember 1951 für den Geschäftswert weniger als der Bf. vor einem Jahr gezahlt hätte.
Fundstellen
Haufe-Index 411313 |
BStBl III 1964, 526 |
BFHE 1965, 143 |
BFHE 80, 143 |