Leitsatz (amtlich)
Läßt das Urteil des FG eine Überprüfung der im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Würdigung mangels hierfür geeigneter tatsächlicher Feststellungen nicht zu, so liegt hierin ein Fehler der Urteilsfindung, der auch ohne Verfahrensrüge zur Aufhebung der Vorentscheidung führt.
Normenkette
FGO § 118 Abs. 1-2
Tatbestand
Streitig ist für die Veranlagungszeiträume 1953 bis 1957 die Gerwebesteuerpflicht des Revisionsklägers (Steuerpflichtiger) und, sofern diese zu bejahen ist, die Höhe der Schätzung der gewerblichen Gewinne.
Der Steuerpflichtige bezeichnete sich in seinen Steuererklärungen für die Jahre 1953 bis 1955 als Journalist. Seine Einkünfte sah er als solche aus freier Berufstätigkeit an. Nach den Feststellungen einer im Jahr 1958 durchgeführten Betriebsprüfung beruhte die Tätigkeit des Steuerpflichtigen auf Verträgen, die er mit zahlreichen italienischen Fotografen und Fotoagenturen abgeschlossen hatte. Nach diesen Verträgen wurde an den Steuerpflichtigen die ausschließliche Vervielfältigungsbefugnis für die von den Fotografen gefertigten Bilder und Bildreportagen übertragen. Der Steuerpflichtige konnte diese Bilder auch verkaufen. Für jeden Verkauf hatte der Steuerpflichtige an den Fotografen oder die Fotoagenturen einen prozentual festgelegten Anteil des Bilderlöses abzuführen. Auf Grund dieser Befugnisse verkaufte der Steuerpflichtige in den Jahren 1953 bis 1957 bilder mit und ohne Reportagen an verschiedene Verlage. Das FA sah hierin eine gewerbliche Betätigung des Steuerpflichtigen. Es zog ihn damit für die Jahre 1953 bis 1957 zur Einkommensteuer und Gewerbesteuer, und zwar mangels ordnungsmäßiger Aufzeichnungen der Einnahmen und Ausgaben mit geschätzten Gewinnen aus Gewerbebetrieb heran.
Gegen die auch in der Einspruchsentscheidung des FA bejahte Gewerbesteuerpflicht sowie gegen die Höhe der Gewinne aus Gewerbebetrieb wandte sich der Steuerpflichtige u. a. in der Gewerbesteuermeßbetragssache 1953 bis 1957 mit der Berufung (Klage). Mit dieser machte er geltend, von Beruf sei er Journalist, er sei Mitglied des römischen Journalistenverbandes und des X-Vereins auswärtiger Presse. Er habe durch die Zusammenstellung und Bearbeitung von Bildthemen und bebilderten Berichten keine gewerbliche, sondern eine freiberufliche Tätigkeit ausgeübt. Die zu den Fotos gelieferten Texte seien seine eigene Arbeit. Aus Zeitungsabschnitten, die er dem Gericht vorgelegt habe, gehe dies hervor. Als freier Journalist könne er nicht zur Gewerbesteuer herangezogen werden.
Das FG bejahte die Gewerbesteuerpflicht. Es führte hierzu aus: Die jahrelange entgeltliche Überlassung von Verwertungsrechten, die dem Steuerpflichtigen von Fotografen und Fotoagenturen im Lizenzweg übertragen worden seien, spreche schon für eine gewerbliche Betätigung des Steuerpflichtigen. Das Halten eines Fotoarchivs spreche ebenso hierfür wie auch die Auswahl der Fotos und das Zusammenstellen zu Auswahlsendungen. Daß er darüber hinaus vorgegebene Fototexte in die deutsche Sprache übersetzt oder zu den Fotos eigene Erläuterungen verfaßt oder dazu kurze Artikel geschrieben habe, könne an seiner eindeutigen wirtschaftlichen Zielsetzung, die Rechte an den Fotos an deutsche Verlage zu verkaufen, nichts ändern. An sich sei die Abfassung von Texten zu aktuellen Bildern eine journalistische und damit freiberufliche Tätigkeit. Im Streitfall sei aber der sachliche und wirtschaftliche Zusammenhang der vom Steuerpflichtigen erbrachten Leistung (Überlassung von Bildern, die mit Text versehen seien) so eng, daß schon deshalb eine Trennung der Tätigkeit in einen freiberuflichen und einen gewerblichen Teil nicht möglich sei.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision des Steuerpflichtigen führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Streitsache an das FG, soweit diese die Gewerbesteuermeßbeträge 1953 bis 1957 betrifft. Die Gewerbesteuerpflicht des Steuerpflichtigen hängt entscheidend davon ab, ob sich seine Tätigkeit in einen freiberuflichen und einen gewerblichen Teil (Verwertung der Bilder) trennen läßt oder ob diese Tätigkeit insgesamt gesehen freiberuflicher oder gewerblicher Natur ist. In Fällen gemischter Tätigkeiten hält der BFH in ständiger Rechtsprechung die getrennte steuerliche Behandlung dann für möglich, wenn sich die an sich freiberufliche Tätigkeit nicht lediglich als Ausfluß einer gewerblichen Betätigung darstellt. Er geht hierbei davon aus, daß es zu gerechteren steuerlichen Ergebnissen führt, wenn die gesonderte Behandlung der einzelnen Tätigkeiten soweit als irgend möglich durchgeführt wird. Nur wenn sich die vom Steuerpflichtigen ausgeübten Tätigkeiten in voneinander verschiedenen Sachbereichen unlösbar bedingen und miteinander verflochten sind, muß der gesamte Betrieb als einheitlich gewerblicher oder freiberuflicher angesehen werden (vgl. BFH-Urteile IV 390/55 U vom 28. März 1957, BFH 64, 490, BStBl III 1957, 182; I 116/55 U vom 23. Oktober 1956, BFH 64, 46, BStBl III 1957, 17, und IV 308/58 vom 2. März 1961, HFR 1961, 130).
Ob im Streitfall die Voraussetzungen für die eine oder andere Möglichkeit erfüllt sind, vermag der Senat anhand des bisher festgestellten Sachverhalts nicht zu überprüfen. Die Vorinstanz geht selbst davon aus, daß die Abfassung von Texten zu aktuellen Bildern eine journalistische und damit freiberufliche Tätigkeit darstelle. Der bisher von ihr festgestellte Sachverhalt bietet aber keine ausreichende Grundlage für oder gegen eine solche Würdigung im Fall des Steuerpflichtigen. In der Vorentscheidung ist insoweit lediglich davon die Rede, daß der Steuerpflichtige die ihm von Fotoreportern aus Italien und gelegentlich auch aus anderen Ländern gegen Entgelt zur Verfügung gestellten Fotos zumindest zum Teil mit Texten versehen an deutsche Verlage gegen Entgelt weitergegeben habe. Insbesondere ist es aber nicht möglich, die im wesentlichen auf dem Gebiet der Tatsachenwürdigung liegende Schlußfolgerung der Vorinstanz, der Schwerpunkt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen liege im Verkauf der Bilder, der Betrieb des Steuerpflichtigen sei deshalb einheitlich als gewerblicher anzusehen, auf ihr fehlerfreies Zustandekommen zu überprüfen.
Dem Senat fehlen zur rechtlichen Überprüfung die notwendigen Feststellungen tatsächlicher Art über die Art und Weise sowie Umfang der journalistischen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, insbesondere Proben über die vom Steuerpflichtigen verfaßten Texte. Ohne diese Feststellungen tatsächlicher Art ist der Senat nicht in der Lage, in eine Prüfung der Frage einzutreten, ob der Steuerpflichtige mit der Textierung der von ihm von dritter Seite erworbenen Fotos journalistisch, d. h. freiberuflich, tätig war, ferner ob das Gesamtbild des Steuerpflichtigen gewerblicher oder freiberuflicher Natur ist oder ob sich die Tätigkeit des Steuerpflichtigen steuerlich gesehen in einen freiberuflichen bzw. gewerblichen Teil trennen läßt. Läßt die Vorentscheidung aber eine Prüfung der im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Würdigung mangels hierfür geeigneter tatsächlicher Feststellungen nicht zu, so liegt hierin ein ohne Rüge zur Aufhebung der Vorentscheidung führender Fehler der Urteilsfindung.
Die Vorentscheidung muß daher aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das FG zurückverwiesen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 413047 |
BStBl II 1972, 349 |
BFHE 1972, 277 |