Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsrecht
Leitsatz (amtlich)
Eine Wiederbestellung nach § 15 des Steuerberatungsgesetzes ist nur bei Personen zulässig, die nach dem Inkrafttreten des Steuerberatungsgesetzes zum Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten bestellt oder wegen der Ausübung eines derartigen steuerberatenden Berufs zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes nach § 109 des Steuerberatungsgesetzes ohne nochmalige Bestellung Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter geworden waren.
Normenkette
StBerG §§ 15, 109; DVStBerG § 32
Tatbestand
I.
Die Bgin. wurde am 28. November 1946 durch das Landratsamt X. - Finanzamt - und am 8. September 1947 durch das Steueramt Y. - beide in der Sowjetzone - allgemein zur Hilfeleistung in Steuersachen für die Bezirke dieser ämter zugelassen. Sie hat auf Grund dieser Zulassung geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen geleistet, bis sie im Juli 1953 aus der sowjetisch besetzten Zone in die Bundesrepublik übergesiedelt ist. Seit jener Zeit war sie nicht mehr freiberuflich, sondern als Angestellte tätig.
Auf Grund ihrer Tätigkeit als Helferin in Steuersachen in den Jahren 1946 bis 1953 beantragte sie ihre Wiederbestellung nach § 109 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten vom 16. August 1961 - Steuerberatungsgesetz - (BGBl 1961 I S. 1301). Der Antrag wurde vom Zulassungsausschuß bei der Oberfinanzdirektion abgelehnt, die Beschwerde blieb ohne Erfolg.
Der Berufung der Bgin. gab das Finanzgericht statt und entschied, daß die Bgin. als Steuerbevollmächtigte wiederzubestellen sei.
Ihre für das Finanzministerium sowie den Zulassungsausschuß eingelegte Rb. begründet die Oberfinanzdirektion wie folgt:
Nach § 15 des Steuerberatungsgesetzes könnten ehemalige Steuerbevollmächtigte wiederbestellt werden, wenn 1. die Bestellung nach § 13 Abs. 3 des Steuerberatungsgesetzes erloschen sei, 2. die Bestellung nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 14 Abs. 2 des Steuerberatungsgesetzes zurückgenommen worden sei. Die Bezugnahme auf die genannten gesetzlichen Bestimmungen lasse darauf schließen, daß der Gesetzgeber offensichtlich eine Wiederbestellung im Sinne von § 15 des Steuerberatungsgesetzes nur dann als zulässig ansehe, wenn die Bestellung nach dem Inkrafttreten des Steuerberatungsgesetzes (1. November 1961) erloschen oder zurückgenommen worden sei. Demzufolge könnten nur ehemalige Steuerbevollmächtigte, die nach den §§ 9 und 10 oder nach § 109 Abs. 1 des Steuerberatungsgesetzes zugelassen gewesen seien, wiederbestellt werden (vgl. Bühring, Steuerberatungsgesetz, Anm. 1 zu § 15). Mit dem Wortlaut des § 15 des Steuerberatungsgesetzes sei die von der Vorinstanz vorgenommene weite Auslegung, wonach auch diejenigen, die die Eigenschaft als Helfer in Steuersachen vor dem Inkrafttreten des Steuerberatungsgesetzes oder später nach § 109 Abs. 3 des Steuerberatungsgesetzes verloren hätten, wiederbestellt werden könnten, nicht vereinbar.
Die Bgin. erwidert darauf folgendes: Das Berufsbild des früheren Helfers in Steuersachen sei das gleiche wie das des jetzigen Steuerbevollmächtigten. Die Erweiterung seiner Befugnisse, insbesondere in örtlicher Hinsicht, sei unerheblich. § 109 Abs. 1 des Steuerberatungsgesetzes bestätige, daß auch der Gesetzgeber von dieser Anschauung ausgegangen sei. Deshalb sei es durchaus möglich, mit dem Finanzgericht § 15 des Steuerberatungsgesetzes dahin auszulegen, daß er nicht nur frühere Steuerbevollmächtigte, sondern auch frühere Helfer in Steuersachen, die nicht nach § 109 Abs. 1 des Steuerberatungsgesetzes Steuerbevollmächtigte geworden seien, begünstige. Eine andere Behandlung früherer Helfer in Steuersachen würde gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG) verstoßen. Es dürfe auch kein Unterschied gemacht werden, ob der Helfer in Steuersachen von einem westdeutschen Finanzamt oder einer entsprechenden Behörde der Sowjetzone zugelassen gewesen sei. Solange nicht der Gesetzgeber anordne, daß Prüfungen in der Sowjetzone als nicht gleichwertig anzusehen seien, dürfe kein Unterschied gemacht werden. Es komme auch nicht darauf an zu entscheiden, von wann ab auf dem Gebiete des Steuerrechts oder des Rechts der Zulassung als Helfer in Steuersachen eine Entwicklung eingetreten sei, die eine Anerkennung von Prüfungen oder Befähigungsnachweisen verbiete. Zu der Zeit, da die Bgin. ihre Prüfung abgelegt und ihren Befähigungsnachweis erhalten habe, sei das Steuerrecht der Zone noch im wesentlichen das gleiche wie in den Westzonen gewesen, nämlich das vormalige Reichsrecht in der Abänderung durch die Kontrollratsgesetze. Aus § 32 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des Steuerberatungsgesetzes lasse sich der einschränkende Schluß, daß nach § 15 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes nur zugelassen werden könne, wer bei Inkrafttreten des Steuerberatungsgesetzes Helfer in Steuersachen gewesen sei, nicht ziehen.
Entscheidungsgründe
II. -
Die vom Zulassungsausschuß bei der Oberfinanzdirektion eingelegte Rb. ist nicht zulässig. Nach § 285 Abs. 1 AO kann gegen das Urteil des Finanzgerichts auch der Vorsteher des Finanzamts, das die im Berufungsverfahren angefochtene Entscheidung erlassen hat, Rb. einlegen. Diese Vorschrift wird zwar entsprechend auch auf andere Behörden anzuwenden sein, gegen deren Entscheidung sich die Berufung richtete, so daß bei einem vorangegangenen Beschwerdeverfahren nach § 237 AO diejenige Behörde, deren Beschwerdeentscheidung mit der Berufung angefochten war, als zur Einlegung der Rb. befugt angesehen werden kann. Dagegen läßt sich aus dem Gesetz nicht herleiten, daß das Recht zur Einlegung der Rb. auch derjenigen Stelle zusteht, deren Entscheidung bereits mit der Beschwerde - d. h. einem Rechtsmittel, über das eine übergeordnete Verwaltungsbehörde entschied - angefochten war, wie es im Streitfalle hinsichtlich der Entscheidung des Zulassungsausschusses bei der Oberfinanzdirektion der Fall war.
Die Rb. des Finanzministeriums dagegen ist sowohl zulässig als auch begründet.
Nach § 15 des Steuerberatungsgesetzes können ehemalige Steuerberater und Steuerbevollmächtigte wiederbestellt werden, 1. wenn die Bestellung nach § 13 Abs. 2 erloschen ist, 2. wenn die Bestellung nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 14 Abs. 2 zurückgenommen ist. Nach diesem Wortlaut handelt es sich um eine nach pflichtgemäßem Ermessen zu handhabende Kannvorschrift. Eine auf Grund dieser Vorschrift getroffene ablehnende Entscheidung, wie sie im Streitfalle vorliegt, kann einen Ermessensverstoß nur darstellen, wenn eine positive Entscheidung, wie hier z. B. die Vornahme der beantragten Wiederbestellung der Bgin., rechtlich überhaupt zulässig ist. Letzteres hat die Vorinstanz zu Unrecht bejaht.
§ 15 des Steuerberatungsgesetzes spricht von der Wiederbestellung ehemaliger Steuerberater und Steuerbevollmächtigter, und zwar macht er zur Voraussetzung ein Erlöschen oder eine Zurücknahme ihrer Bestellung nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes. Schon dieser Wortlaut spricht eindeutig dafür, daß eine Wiederbestellung nur solcher Personen zulässig ist, die zu Steuerberatern oder Steuerbevollmächtigten auf Grund dieses Gesetzes bestellt waren, nicht aber von Steuerberatern und Helfern in Steuersachen, die nach früherem Recht zugelassen waren und deren Zulassung durch Aufgabe des Berufes oder aus einem sonstigen Grunde weggefallen war.
Das gleiche Ergebnis ist aber auch aus dem im Abschnitt übergangs- und Schlußvorschriften enthaltenen § 109 des Steuerberatungsgesetzes zu entnehmen. Nach Abs. 1 a. a. O. ist, wer beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in seinem Geltungsbereich als Steuerberater oder Helfer in Steuersachen öffentlich bestellt oder endgültig zugelassen ist, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter, ohne nochmals bestellt zu werden. Allerdings haben diese Personen nach Abs. 2 a. a. O. innerhalb von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ihre Eintragung ins Berufsregister zu beantragen. Aus diesen Vorschriften geht hervor, daß das Gesetz hinsichtlich des Zuganges zu den steuerberatenden Berufen die Vergangenheit als abgeschlossen behandelt und einen neuen Weg in der Weise beginnt, daß es die Berufszugehörigkeit grundsätzlich von einer unter bestimmten Voraussetzungen auszusprechenden Bestellung abhängig macht und nur denjenigen, die zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes bereits diesen Berufen angehörten, ohne weiteres Zutritt gewährt. Nur diese Personen sollen der Notwendigkeit einer Bestellung nach neuem Recht enthoben sein.
Wenn demnach diese Gruppe nicht durch eine Bestellung im Sinne des einschlägigen Abschnitts des Gesetzes in den Beruf eines Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten gelangt ist, könnten Zweifel bestehen, ob für die Angehörigen dieser Gruppe eine Wiederbestellung nach § 15 des Steuerberatungsgesetzes in Betracht käme. Diese Zweifel sind jedoch durch § 32 Abs. 2 der auf Grund von § 118 des Steuerberatungsgesetzes erlassenen Verordnung zur Durchführung des Steuerberatungsgesetzes vom 1. August 1962 (BGBl I S. 537) insofern beseitigt worden, als danach unter den Voraussetzungen des § 15 des Steuerberatungsgesetzes auch Personen wiederbestellt werden können, die ohne nochmalige Bestellung die Eigenschaft als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter erlangt hatten. Wenn hiernach die auf Grund der übergangsbestimmung des § 109 des Steuerberatungsgesetzes zu Steuerberatern oder Steuerbevollmächtigten gewordenen Personen - und nur sie - den nach dem Inkrafttreten des Gesetzes bestellten Berufsangehörigen gleichgestellt worden sind, ist daraus zu entnehmen, daß andere, wie z. B. diejenigen, die ihre Eintragung ins Berufsregister versäumt haben (§ 109 Abs. 3 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes), nicht wiederbestellt werden können. Das muß aber erst recht für diejenigen gelten, die zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes die genannten Berufe nicht ausübten und demgemäß nach dem Gesetz gar nicht die Möglichkeit hatten, ohne besondere Bestellung hineinzugelangen. Würde man im Gegensatz dazu auch ihre Wiederbestellung auf Grund des § 15 des Steuerberatungsgesetzes zulassen, würde dieser im Widerspruch mit seiner Stellung im Gesetz als eine über § 109 des Steuerberatungsgesetzes hinausgehende übergangsvorschrift behandelt werden, was aber nicht zulässig ist.
Der Senat sieht daher, obwohl sich bei langjähriger Ausübung des Berufs und seiner Aufgabe kurz vor dem Inkrafttreten des Steuerberatungsgesetzes erhebliche Härten ergeben können, im Hinblick auf den Wortlaut der einschlägigen Vorschriften und ihr Verhältnis zueinander keine Möglichkeit, das Gesetz anders auszulegen als in dem Sinne, daß nur nach dem Inkrafttreten des Gesetzes bestellte oder auf Grund der übergangsregelung in § 109 des Steuerberatungsgesetzes im Beruf gebliebene Personen nach § 15 des Steuerberatungsgesetzes wiederbestellt werden können, daß aber alle anderen den Weg der erstmaligen Bestellung gehen müssen.
Diese gesetzliche Regelung verstößt nach Auffassung des Senats nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, da sie zwar einen Unterschied macht zwischen denjenigen, die zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes im Beruf waren, und denjenigen, die diesen früher aufgegeben hatten oder aus sonstigem Grunde aus dem Beruf ausgeschieden waren, es sich hierbei aber um zwei voneinander wesentlich verschiedene Gruppen handelt.
Da die Bgin. lange Zeit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes ihren Beruf als Helferin in Steuersachen aufgegeben hat, konnte sie ohne Rücksicht darauf, ob sie im Gebiet der Bundesrepublik oder in der Sowjetzone tätig war, nicht nach § 15 des Steuerberatungsgesetzes wiederbestellt werden. Daher haben die Verwaltungsbehörden ohne Rechtsverstoß eine Wiederbestellung abgelehnt. Für eine Ermessensausübung war also kein Raum.
Demgemäß war die Vorentscheidung, die das verkannt hat, aufzuheben und die Berufung der Bgin. gegen die Beschwerdeentscheidung des Finanzministeriums als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 411194 |
BStBl III 1964, 282 |
BFHE 1964, 139 |
BFHE 79, 139 |