Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Abzug eines steuerbegünstigten Sparbetrages als Sonderausgabe setzt voraus, daß die eingegangene Einzahlungs-Verpflichtung in dem Veranlagungszeitraum, für den die Vergünstigung in Anspruch genommen wird, tatsächlich vollzogen ist.

 

Normenkette

EStG § 10/1/2/d; EStDV §§ 18-19

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein rechtsgültiger Kapitalansammlungsvertrag über 8.000 DM im Steuerabschnitt 1953 vollzogen und eine Berücksichtigung der 8.000 DM als Sonderausgaben in diesem Jahr möglich war.

Der Beschwerdeführer (Bf.) unterhielt bei der Stadtsparkasse ein betriebliches Kontokorrentkonto, das laufend einen sehr hohen Habenbestand auswies. Durch schriftlichen Vertrag vom 1. Oktober 1953 ließ der Bf. zur Erzielung eines höheren Zinssatzes einen Betrag von 20.000 DM festlegen und zwar 10.000 DM auf ein halbes Jahr und 10.000 DM auf ein volles Jahr. Der Betrag von 20.000 DM wurde auf ein Sonderkonto überführt. Der Bf. nahm dieses Sonderkonto ebenso wie sein Kontokorrentkonto in die Bilanz auf.

Am 28. Dezember 1953 schloß der Bf. mit der Stadtsparkasse X einen steuerbegünstigten allgemeinen Sparvertrag über eine Summe von 8.000 DM ab. Die Stadtsparkasse stellte dem Bf. darüber eine Bescheinigung in doppelter Ausfertigung (eine für den Bf. selbst, eine zur Einreichung an das Finanzamt) aus, derzufolge für den Bf. das Sparkonto 5400 im Betrage von 8.000 DM als steuerbegünstigtes Sparkonto geführt werde. Die Sparkasse bestätigte in der Bescheinigung ferner, daß der eingezahlte Betrag für die Dauer von drei Jahren festgelegt sei und seitens des Bf. sowie der Sparkasse auf eine vorzeitige Aufhebung des Sparvertrages verzichtet worden sei.

In den Büchern der Stadtsparkasse wurde der Abschluß des Sparvertrages derart zum Ausdruck gebracht, daß der am 1. Oktober 1953 für ein Jahr festgelegte Teil des Guthabens auf dem Sonderkonto mit folgendem Vermerk versehen wurde:

Gemäß Sparvertrag vom 28. Dezember 1953 ... 8.000 DM gesperrt; Umbuchung am 1. Oktober 1954 auf Sparkonto 5400.

Die tatsächliche Umbuchung auf das Konto 5400 erfolgte am 5. November 1954. Der Bf. buchte in seinen Geschäftsbüchern den Betrag von 8.000 DM am 31. Dezember 1953 als Privatentnahme.

Im Berichtigungsbescheid für 1953 lehnte das Finanzamt die Berücksichtigung der 8.000 DM als Sonderausgabe ab, weil es der Auffassung war, daß der Bf. erst im Jahre 1954, nicht schon 1953 einen Beitrag auf Grund eines Kapitalansammlungsvertrages geleistet habe.

Einspruch und Berufung blieben erfolglos. Auch das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, daß der Bf. zwar noch im Jahre 1953 eine Einzahlungsverpflichtung begründet habe, jedoch die Einzahlung selbst erst im Jahre 1954 vollzogen habe. Zur Berücksichtigung als Sonderausgabe genüge es aber nicht, daß eine Einzahlungsverpflichtung eingegangen werde, vielmehr müsse auch die Einzahlung selbst in dem Jahre erfolgen, für das der Abzug als Sonderausgabe begehrt werde.

Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird Verstoß gegen § 10 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1953 bzw. §§ 17 ff der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) 1953 gerügt und Anerkennung der 8.000 DM als Sonderausgabe im Rahmen der Höchstbeträge beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist begründet.

Das Finanzgericht hat die Anerkennung als Sonderausgabe versagt, weil es der Auffassung ist, daß der Bf. im hier streitigen Veranlagungszeitraum 1953 lediglich die Verpflichtung zur Einzahlung des Betrages von 8.000 DM übernommen, diese Verpflichtung aber erst im Jahre 1954 erfüllt habe.

Der Ablauf der Tatsachen zeigt jedoch ein anderes Bild. Der Bf. hatte mit der Bank am 28. Dezember 1953 den Kapitalansammlungsvertrag ordnungsmäßig abgeschlossen. Die Abmachung enthielt alle Voraussetzungen, die nach § 18 EStDV erforderlich sind, um einen nach § 10 EStG anzuerkennenden Kapitalansammlungsvertrag zu begründen. Insbesondere war zwischen der Bank und dem Bf. eine Festlegung des Betrages von 8.000 DM auf drei Jahre vereinbart. Beide Parteien hatten auf eine vorzeitige Aufhebung des Sparvertrages verzichtet. Daß diese Abmachungen vorgelegen haben, hat die Bank dem Bf. sowohl wie dem Finanzamt mit ihrer Erklärung vom 28. Dezember 1953 ausdrücklich bestätigt. Der zur Erfüllung dieser Abmachung zu leistende Betrag von 8.000 DM war bereits vom Bf. auf dem Sonderkonto bereitgestellt; er war also schon eingezahlt. Es war auch ein Sparkonto Nr. 5400 gebildet, wie sich ebenfalls aus der Bestätigung der Bank vom 28. Dezember 1953 ergibt. Wenn die Bank nicht sofort die technische übertragung der 8.000 DM von dem Sonderkonto auf das Sparkonto 5400 vornahm, sondern sich damit begnügte, auf dem Sonderkonto den oben genannten Vermerk anzubringen, so steht dieses Verfahren der Erfüllung der Einzahlungsverpflichtung gleich. Die Sperrung der 8.000 DM unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Sparvertragsvereinbarung vom 28. Dezember 1953 besagte nichts anderes als die vollzogene Festlegung dieser Summe auf drei Jahre unter Verzicht auf Aufhebung des Vertrages.

Daß das Sonderkonto nach der Abmachung des Bf. mit der Bank vom 1. Oktober 1953 auf ein halbes bzw. auf ein Jahr festgelegt war, stand dem Abschluß eines Sparvertrages über einen Teil dieses Sonderkontos in keiner Weise entgegen. Den beiden Vertragspartnern vom 1. Oktober 1953 stand es jederzeit frei, die Vereinbarungen vom 1. Oktober 1953 durch andere zu ersetzen. Im gegebenen Falle wurde die auf ein halbes bzw. ein Jahr lautende Festlegung hinsichtlich der 8.000 DM auf drei Jahre erweitert und damit den Voraussetzungen entsprochen, die nach § 10 Abs. 1 Ziff. 2 d EStG in Verbindung mit den §§ 17 bis 19 EStDV an einen Kapitalansammlungsvertrag gestellt werden.

Auch der Bf. hat in seiner Buchführung die richtigen Folgen aus der Sparvertragsabmachung gezogen. Er hat den Betrag von 8.000 DM, der bis zum 28. Dezember 1953 Bestandteil des betrieblichen Sonderkontos war, also Betriebsvermögen bildete, als Privatentnahme gebucht. Damit hat er hinreichend deutlich noch im Jahre 1953 zum Ausdruck gebracht, daß die Sparvertragsvereinbarung vollzogen wurde.

Somit sind alle Voraussetzungen zur Anerkennung des vom Bf. geleisteten Beitrages auf Grund des Kapitalansammlungsvertrages von 8.000 DM im Jahre 1953 gegeben und der Anerkennung als Sonderausgaben steht kein rechtliches Hindernis entgegen, zumal unbestritten feststeht, daß der Bf. die Mittel zur Erfüllung des Kapitalansammlungsvertrages aus eigenen Beständen aufgewandt hat.

Es ist allerdings nicht zu leugnen, daß das von der Sparkasse eingeschlagene Verfahren nicht den Vorschriften des Gesetzes über das Kreditwesen vom 25. September 1939 (Reichsgesetzblatt 1939 I S. 1955 ff) entsprach; insbesondere ist § 22 dieses Gesetzes verletzt. Danach ist die Ausgabe von Sparbüchern ohne entsprechenden Einlagen unzulässig. Gleichwohl hat sich die Sparkasse damit begnügt, auf dem Sonderkonto einen Sperrvermerk einzutragen, statt sofort die 8.000 DM auf das neu eingerichtete Sparkonto 5400 zu übertragen. Durch ein solches Verfahren bringt die Sparkasse ihren Kunden zumindest in die Gefahr von Mißdeutungen und bürdet ihnen - wie im vorliegenden Fall - die Notwendigkeit eines langwierigen Rechtsmittelverfahrens auf.

Die angefochtene Entscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 20. September 1955, die die Vollziehung des Sparvertrages zu Unrecht bestreiten, sind deshalb aufzuheben. Der Steuerbescheid ist für 1953 dahin zu ändern, daß dem Bf. die 8.000 DM im Rahmen der Höchstbeträge nach § 10 EStG 1953 als Sonderausgaben vom Gesamtbetrag seiner Einkünfte abzusetzen sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408773

BStBl III 1957, 236

BFHE 1958, 8

BFHE 65, 8

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge