Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindung des FA an die Kaufpreisaufteilung der Vertragsparteien bei teilentgeltlicher Übertragung mehrerer Wirtschaftsgüter
Leitsatz (NV)
1. Wird landwirtschaftliches Betriebsvermögen zusammen mit einem zum Privatvermögen gehörenden Wohnhaus übertragen, ist ein einheitlich gezahlter Kaufpreis auf die unterschiedlichen Wirtschaftsgüter aufzuteilen (Anschluss an BFH-Urteile vom 9. Juli 2002 IX R 65/00, BFHE 199, 430, BStBl II 2003, 389, und IX R 40/01, BFH/NV 2003, 23).
2. Dabei ist eine von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung des Kaufpreises auf einzelne Wirtschaftsgüter grundsätzlich der Besteuerung zugrunde zu legen (Anschluss an BFH-Urteil vom 10. Oktober 2000 IX R 86/97, BFHE 193, 326, BStBl II 2001, 183), wenn die Voraussetzungen für die Annahme einer Scheinvereinbarung oder eines Gestaltungsmissbrauchs nicht gegeben sind.
3. Der Bindung an die vereinbarte Aufteilung des Kaufpreises steht die Rechtsprechung zu Ausgleichszahlungen im Rahmen von Erbauseinandersetzungen nicht entgegen; sie betrifft nämlich nicht ‐ wie die Kaufpreisaufteilung ‐ einzelne Wirtschaftsgüter, sondern die überquotale Beteiligung eines Miterben am Nachlass (vgl. BFH-Urteile vom 14. März 1996 IV R 9/95, BFHE 180, 142, BStBl II 1996, 310; vom 29. Oktober 1991 VIII R 51/84, BFHE 166, 431, BStBl II 1992, 512).
Normenkette
AO 1977 §§ 41-42; EigZulG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb im August 1998 im Wege vorweggenommener Erbfolge den landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters gegen Gewährung eines lebenslänglichen Altenteils, zu dem eine monatliche Zahlung von 1 000 DM als Baraltenteil zählt. Für die Übereignung des auf dem Hofgelände befindlichen und zum Privatvermögen des Vaters gehörenden Wohnhauses zahlte der Kläger einen Kaufpreis von 100 000 DM.
Im November 1998 beantragte er für den Zeitraum ab 1998 Eigenheimzulage sowie die Kinderzulage für zwei Kinder; die Anschaffungskosten des Wohnhauses bezifferte er unter Bezugnahme auf die Vereinbarung im Hofübergabebetrag mit 100 000 DM.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) lehnte die Gewährung von Eigenheimzulage ab. Auf den dagegen erhobenen Einspruch bewilligte er Eigenheimzulage, indem er den Verkehrswert des übertragenen Betriebsvermögens auf … DM sowie den Verkehrswert des (im Privatvermögen gehaltenen) Wohnhauses auf … DM schätzte und danach für die Eigenheimzulage lediglich eine anteilige Bemessungsgrundlage von 15 000 DM zugrunde legte.
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) verpflichtete das FA, ab dem Jahr 1998 eine Eigenheimzulage von jährlich 5 500 DM (einschließlich 3 000 DM Kinderzulage für zwei Kinder) festzusetzen.
Dagegen richtet sich die Revision des FA, mit der es die Verletzung des § 9 Abs. 2 Satz 2 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) i.V.m. § 8 Satz 1 EigZulG rügt.
Das Einkommensteuer- und Eigenheimzulagenrecht könne einer zivilrechtlich gewillkürten Widmung eines Teil-Entgelts zu einem Einzelwirtschaftsgut im Rahmen einer Eigentumsübertragung an einer Wirtschaftsgütergesamtheit in Gestalt von Mischvermögen nicht folgen. Soweit der Bundesfinanzhof (BFH) eine solche gewillkürte Zurechnung mit Urteil vom 27. Juli 2004 IX R 54/02 (BFH/NV 2004, 1645) anerkannt habe, betreffe sie lediglich die Übertragung mehrerer teils zum Privat-, teils zum Betriebsvermögen gehörender Wirtschaftsgüter, ohne dass diese --anders als im Streitfall-- im Rahmen einer Erbfolgeregelung erfolgt seien. Für die Übertragung von Wirtschaftsgütern im Rahmen der Erbauseinandersetzung sei nach den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung eine Aufteilung der Gesamtentgelte nach den Verkehrs- oder Teilwerten der übertragenen Wirtschaftsgüter vorzunehmen.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Eigenheimzulage für die Jahre 1998 bis 2002 auf 1 796,17 € (3 513 DM) sowie auf 1 500,64 € (2 935 DM) für das Jahr 2003 festzusetzen.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Zu Recht hat das FG die Vereinbarung des Klägers mit seinem Vater über einen Kaufpreis für das übertragene Wohnhaus in Höhe von 100 000 DM bei der Festsetzung der Eigenheimzulage nach Maßgabe des § 9 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 8 Satz 1 EigZulG zugrunde gelegt.
Es ist nach Maßgabe der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Beschlüsse vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132, unter C. II. 2.; vom 30. Januar 1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281, unter C. II.) zutreffend davon ausgegangen, dass das im Streitfall übertragene Vermögen aus unterschiedlichen Wirtschaftsgütern, nämlich dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen einerseits und dem zum Privatvermögen gehörenden Wohnhaus (und dem ihm zuzurechnenden Grund und Boden als weiterem Wirtschaftsgut) andererseits besteht.
Bei einer derartigen Zusammensetzung des übertragenen Vermögens ist ein gezahlter Gesamtkaufpreis auf die unterschiedlichen Wirtschaftsgüter aufzuteilen (vgl. BFH-Urteile vom 9. Juli 2002 IX R 65/00, BFHE 199, 430, BStBl II 2003, 389, und IX R 40/01, BFH/NV 2003, 23; s.a. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 16. April 2004, BStBl I 2004, 464, unter 1. a). Dabei ist eine von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung des Kaufpreises auf einzelne Wirtschaftsgüter grundsätzlich der Besteuerung zugrunde zu legen (vgl. BFH-Urteil vom 10. Oktober 2000 IX R 86/97, BFHE 193, 326, BStBl II 2001, 183; Beschluss vom 9. Juli 2002 IV B 160/01, BFH/NV 2002, 1563).
Dies gilt auch in Fällen der gemischten Schenkung (vgl. BFH-Urteil vom 31. Mai 2000 IX R 50, 51/97, BFHE 191, 563, BStBl II 2001, 594). Dementsprechend geht die Rechtsprechung von einer Bindung an die Vereinbarung der Vertragsparteien über Einzelpreise für Einzelwirtschaftsgüter oder bestimmte Leistungen aus, solange keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kaufpreis nur zum Schein getroffen wurde oder die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs i.S. des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) gegeben sind. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass auch Angehörige ihre Rechtsverhältnisse untereinander steuerlich möglichst günstig gestalten dürfen und das Motiv, Steuern zu sparen, eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen i.S. des § 42 AO 1977 macht (vgl. BFH-Urteile vom 17. Dezember 2002 IX R 35/99, BFH/NV 2003, 611; vom 19. Oktober 1999 IX R 39/99, BFHE 190, 173, BStBl II 2000, 224, m.w.N.).
Insbesondere steht es dem Eigentümer eines Immobilienobjekts --wie hier dem Vater des Klägers-- frei, dieses ohne jede Auflage oder Einschränkung entgeltlich, teilentgeltlich oder unentgeltlich zu übertragen (vgl. BFH-Urteile vom 10. Dezember 2003 IX R 12/01, BFHE 205, 62, BStBl II 2004, 643; vom 17. Dezember 2003 IX R 60/98, BFHE 204, 485, BStBl II 2004, 646, jeweils m.w.N.) und entsprechend Preise für die Übertragung insgesamt oder für steuerrechtlich eigenständige Gebäudeteile (Wirtschaftsgüter) in Übereinstimmung mit dem Erwerber (hier: dem Kläger) festzulegen (BFH-Urteil vom 27. Juli 2004 IX R 54/02, BFHE 210, 233, BStBl II 2006, 9).
2. Auf der Grundlage dieser vom FG ausdrücklich in Bezug genommenen BFH-Rechtsprechung ist die angefochtene Entscheidung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Insbesondere widersprechen weder das angefochtene Urteil noch die von ihm in Bezug genommene BFH-Rechtsprechung zur grundsätzlich hinzunehmenden Kaufpreisaufteilung bei (Einzel-)Übertragung gemischt genutzter Wirtschaftsgüter der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Ausgleichszahlungen im Rahmen von Erbauseinandersetzungen. Denn solche Zahlungen sind ihrer Natur nach nicht auf einzelne Wirtschaftsgüter, sondern anders als die streitige Kaufpreiszahlung auf die überquotale Beteiligung eines Miterben am Nachlass bezogen (vgl. BFH-Urteile vom 14. März 1996 IV R 9/95, BFHE 180, 142, BStBl II 1996, 310; vom 29. Oktober 1991 VIII R 51/84, BFHE 166, 431, BStBl II 1992, 512).
Fundstellen
Haufe-Index 1552110 |
BFH/NV 2006, 1634 |
HFR 2006, 1204 |