Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer Ausfuhrlieferung über einen steuerlich zugelassenen inländischen Beauftragten des ausländischen Abnehmers ist der Ausfuhrnachweis dann erbracht, wenn die (weiße, grüne, rote) Ausfuhrbescheinigung die darin vorgesehenen Angaben enthält.
2. Gegenstand der Ausfuhrlieferung ist bei Bearbeitung durch einen steuerlich zugelassenen inländischen Beauftragten des ausländischen Abnehmers der dem Beauftragten übergebene und nicht der von diesem bearbeitete und ausgeführte Gegenstand. Infolgedessen kann in einem solchen Falle das Entgelt nicht um den im Inland verbleibenden, bei der Bearbeitung anfallenden Abfall, z. B. Blechschrott, gekürzt werden.
Normenkette
UStDB 1951 § 23 Nr. 2, §§ 25, 73 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Antragstellerin) verkaufte an einen ausländischen Abnehmer Stahlbleche. Sie übergab die Stahlbleche im Auftrag des ausländischen Abnehmers an eine inländische Unternehmerin. Diese stellte im Auftrag des ausländischen Abnehmers daraus Karosserieteile her, führte sie und den noch als Nutzblech zu verwendenden Abfall aus. Den restlichen Teil des Bleches (48 % des Einsatzgewichtes) veräußerte sie als Schrott und verrechnete den Erlös mit den Lohnwalzkosten. Die inländische Unternehmerin war umsatzsteuerlich als Beauftragte des ausländischen Abnehmers zugelassen (§ 23 Nr. 2 b UStDB 1951).
Die Antragstellerin beantragte und erhielt für die Ausfuhr der Bleche Ausfuhrvergütung auf das volle, von ihr für die Lieferung der Bleche erzielte Entgelt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt – FA –) hielt den als Schrott im Inland verbliebenen Teil des Bleches nicht für vergütungsfähig. Das FA setze demgemäß in dem Rückforderungsbescheid die Bemessungsgrundlage von ursprünglich … DM um 48 % auf … DM herab und forderte 3 % davon = … DM Ausfuhrvergütung zurück. Davon sind im vorliegenden Verfahren … DM streitig.
Die Sprungberufung (Sprungklage) hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hielt den Ausfuhrnachweis für den im Inland verbliebenen Schrott nicht für erbracht. Nach dem Muster der roten Ausfuhrbescheinigung (§ 25 Abs. 2 Nr. 2 c, Anlage 2 c, UStDB 1951) habe der inländische Beauftragte sowohl den empfangenen Gegenstand als auch den ausgeführten Gegenstand jeweils nach seiner handelsüblichen Bezeichnung und Menge angeben müssen. Die Ausfuhrbescheinigung habe lediglich auf eine entsprechende Gewichtsmenge an Karosserieteilen und Stückblechen gelautet. Im übrigen habe das FA von der Bemessungsgrundlage Kosten für nicht nachweislich von der Antragstellerin ausgeführte Stoffe absetzen dürfen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 73 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStDB 1951), wobei das FG unter „Stoffe” i. S. dieser Bestimmung auch den gewichtsmäßigen Anteil an Schrott der an die ausländischen Abnehmer gelieferten Flachbleche verstand.
Mit der Revision begehrt die Antragstellerin Aufhebung der Vorentscheidung und des Rückforderungsbescheides, hilfsweise, die Bemessungsgrundlage der Vergütung lediglich um den Wert des im Inland verbliebenen Schrotts zu kürzen. Zur Begründung trägt sie vor, es könne nicht möglich sein, daß ein und dieselbe Lieferung teilweise eine Ausfuhrlieferung, teilweise aber eine andere nicht benannte Lieferung sein solle. Der vorliegende Sachverhalt stelle eine Kombination zwischen einer Lieferung in das Ausland und einer Lohnveredelung dar. Die Lohnveredelung unterscheide sich hier vom Normalfall einer solchen dadurch, daß der Gegenstand nicht nach der Einfuhr, sondern nach dem Erwerb durch den ausländischen Abnehmer verarbeitet werde. Bei der Ausfuhr der Bleche und anschließender Wiedereinfuhr zur Veredelung könne kein Zweifel bestehen, daß der Antragstellerin auch bei Verbleib von Schrott im Inland die volle Vergütung zustehe.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
1. Die Vorentscheidung geht davon aus, daß durch die rote Ausfuhrbescheinigung (§ 25 Abs. 2 Nr. 2 UStDB 1951) ein Ausfuhrnachweis nur im Umfang der vom zugelassenen Beauftragten nach Bearbeitung ausgeführten Gegenstände erbracht sei.
Diese Auffassung verkennt jedoch die Bedeutung der Vorschriften über den Ausfuhrnachweis.
Der Nachweis der Ausfuhr ist eine sachlich-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung bzw. -vergütung (Entscheidung des Bundesfinanzhofs – BFH – V 73/63 U vom 29. Juli 1965, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 83 S. 356 – BFH 83, 356 –, BStBl III 1965, 628). Der Ausfuhrnachweis ist ein Belegnachweis. Er ist verschieden gestaltet, je nach dem ob der Gegenstand der Lieferung tatsächlich unmittelbar in das Ausland versendet wird (§ 23 Nr. 2 i. V. m. § 25 Abs. 1 UStDB 1961) oder eine Versendung in das Ausland lediglich unterstellt wird, weil der Gegenstand der Lieferung zunächst an einen steuerlich zugelassenen inländischen Beauftragten des ausländischen Abnehmers übergeben und von diesem sodann abschließend oder erst nach weiterer Be- oder Verarbeitung in das Ausland versendet oder befördert wird (§ 23 Nr. 2 a i. V. m. § 25 Nr. 2 a bis c UStDB 1951).
Im Fall der Ausfuhrlieferung durch Einschaltung eines steuerlich zugelassenen inländischen Beauftragten (§ 23 Nr. 2 a, b UStDB 1951) bedient sich das Gesetz einer Fiktion bezüglich der Versendung mit folgenden Worten: „Eine Versendung gilt auch dann … als gegeben …”. Die gesetzliche Fiktion der Versendung ist von zwei Voraussetzungen abhängig: Übergabe oder Versendung des Gegenstandes der Lieferung an den steuerlich zugelassenen inländischen Beauftragten des ausländischen Abnehmers, anschließende Versendung oder Beförderung durch diesen ggf. nach weiterer Be- oder Verarbeitung in das Ausland. Entsprechend diesen zweifachen Anforderungen müssen zwei Vorgänge nachgewiesen sein: Übergabe des Liefergegenstandes an den Bevollmächtigten und Ausfuhr desselben – in bearbeiteter Form – durch den Bevollmächtigten. Dazu dienen die Angaben in der roten Ausfuhrbescheinigung nach § 25 Abs. 2 Nr. 2 c UStDB 1951.
Der Gesetzgeber geht demnach davon aus, daß die Ausfuhr des Liefergegenstandes nachgewiesen ist, wenn die rote Ausfuhrbescheinigung die darin vorgesehenen Angaben über die empfangene, bearbeitete und anschließend ausgeführte Ware enthält. Da Gegenstand der Ausfuhrlieferung der vom Unternehmer an den zugelassenen inländischen Beauftragten versandte oder übergebene Gegenstand ist, ist es ohne Bedeutung, in welcher Form dieser Gegenstand vom zugelassenen inländischen Beauftragten ausgeführt wird; entscheidend ist nur, daß er ausgeführt wird.
Es ist daher offensichtlich, daß bei Be- oder Verarbeitung durch einen zugelassenen inländischen Beauftragten des ausländischen Abnehmers der Gegenstand des Umsatzgeschäftes und der der Lieferung mit dem vom inländischen Beauftragten nach Be- oder Verarbeitung ausgeführten Gegenstand nicht identisch sein kann. Dies zeigt sich im Streitfall: Gegenstand des Umsatzgeschäftes und der Lieferung durch den inländischen Unternehmer sind Stahlbleche, durch den inländischen Beauftragten sind Karosserieteile und Nutzbleche ausgeführt worden.
2. Für dieses Ergebnis spricht auch noch eine andere Überlegung. Nach dem Wortlaut des § 23 Nr. 2 Satz 2 UStDB 1951 wird zwar unter den in § 23 Nr. 2 a und b genannten Voraussetzungen nur eine Versendung fingiert.
§ 23 Nr. 2 Satz 2 UStDB 1951 stellt jedoch eine Ergänzung des § 23 Nr. 2 Satz 1 UStDB 1951 dar, wonach „der Gegenstand” in das Ausland versendet sein muß. Die Fiktion bezieht sich demnach nicht nur auf die Versendung, sondern auch auf den Gegenstand der Versendung, mit anderen Worten; Der Gesetzgeber sieht als den in Erfüllung des Umsatzgeschäftes in das Ausland versandten Gegenstand nicht den bearbeiteten, sondern den ursprünglichen Gegenstand an (vgl. Hartmann-Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, 5. Aufl., § 4 a Erläuterungen 29, 43). Das hat zur Folge, daß es für die Ausfuhrlieferung über einen steuerlich zugelassenen Bevollmächtigten ohne Belang ist, ob bei der Be- oder Verarbeitung der ursprünglichen Liefergegenstände Abfälle anfallen, die im Inland verbleiben oder nicht. Denn es gilt die Fiktion, daß trotz der Bearbeitung Gegenstand der fingierten Versendung in das Ausland der ursprüngliche Liefergegenstand ist.
3. Eine Kürzung der Bemessungsgrundlage ist auch nicht aus dem Grunde statthaft, daß nach § 73 Abs. 1 Satz 1 UStDB 1951 „Kosten für nicht nachweislich vom Antragsteller ausgeführte Stoffe” vom Lieferungsentgelt abzusetzen sind. Es ist schon zunächst zweifelhaft, ob der Wortsinn die Auffassung des FG deckt, daß unter dem Begriff „Stoffe” i. S. dieser Vorschrift der gewichtsmäßige Anteil der an die ausländische Abnehmerin gelieferten Flachbleche zu verstehen ist, der durch die Bearbeitung zu Schrott geworden und im Inland verblieben ist. Legt man den Wortlaut nach dem Sinnzusammenhang aus, so erweist sich die Auffassung des FG als nicht zutreffend.
§ 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDB 1951 behandelt Berichtigungen des vereinbarten Entgeltes, wenn dieses als Bemessungsgrundlage dienen soll. Der Regelung liegt die Vorstellung zugrunde, daß ohne Rücksicht auf vertragliche Vereinbarungen nur das Entgelt frei Deutsche Zollgrenze Bemessungsgrundlage sein soll. Nach § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDB 1951 sind deshalb alle außerhalb der deutschen Zollgrenze entstandenen Kosten abzusetzen. Der hier streitige Wortlaut steht unmittelbar im Zusammenhang mit dem Halbsatz „oder Kosten für im Ausland in Anspruch genommene sonstige Leistungen”. Dieser Sinnzusammenhang deutet darauf hin, daß es sich bei den Kosten für nicht nachweislich ausgeführte Gegenstände zunächst um solche handelt, die im Ausland beschafft und im Entgelt enthalten sind.
Es kann sich aber auch um Kosten für solche Gegenstände handeln, die ein anderer Unternehmer ausgeführt hat. Dieser Schluß läßt sich aus dem gesetzlichen Beispiel „Teilanlagen” ziehen, die häufig von einem Subunternehmer ausgeführt werden. In diesem Sinne wird der Wortlaut auch im gesamten Schrifttum verstanden (vgl. Plückebaum-Malitzky, Umsatzsteuergesetz, 9. Aufl., Tz. 6272; Hartmann-Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, 5. Aufl., § 19, Erläuterung 45; Sölch-Ringleb, Umsatzsteuergesetz, 7. Aufl., § 19, Anm. 14; Lang, Umsatzsteuerliche Begünstigungen der Ein- und Ausfuhr, § 73 Anm. 20).
Im übrigen steht die Auffassung des FG im unauflöslichen Widerspruch zu der Fiktion des § 23 Nr. 2 Satz 2 UStDB 1951, wonach Liefergengenstand auch nach einer Bearbeitung der ursprüngliche Gegenstand bleibt. Es muß deshalb auch das Entgelt für diesen Gegenstand ohne Rücksicht auf die Bearbeitung die maßgebliche Bemessungsgrundlage bleiben und nicht der bearbeitete und tatsächlich ausgeführte Gegenstand.
Die Vorentscheidung, die diese Grundsätze nicht beachtet hat, war unter diesen Umständen aufzuheben und auf die Sprungklage der im Rückforderungsbescheid festgesetzte Rückforderungsbetrag zu ermäßigen.
Fundstellen
Haufe-Index 514900 |
BFHE 1971, 416 |