Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwand eines Polizeikommissaranwärters
Leitsatz (NV)
Ein Polizeikommissaranwärter, der verschiedene Ausbildungsabschnitte außerhalb seines Wohnorts absolviert, kann für die Kosten der mit dem eigenen Kraftfahrzeug zurückgelegten Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle sowie für Verpflegungsmehraufwendungen nicht die entsprechenden Pauschbeträge der Lohnsteuerrichtlinien für Arbeitnehmer mit ständig wechselnden Einsatzstellen in Anspruch nehmen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Der verheiratete Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Polizeibeamter. Im Streitjahr hatte er in A gewohnt. Seine Stammdienststelle war die Bereitschaftspolizeibehörde in B. Ab 2. Januar wurde er als Kommissaranwärter zugelassen. Danach wurde er im Wege der Abordnung zu verschiedenen Polizeidienststellen zur Vorbereitung für die Kommissarlaufbahn ausgebildet. Drei seiner Ausbildungsabschnitte verbrachte er bei den Dienststellen in C, D und E, die er jeweils von seinem Wohnort aus mit einem eigenen PKW aufgesucht hatte.
In seinem Lohnsteuer-Jahresausgleichsantrag für das Streitjahr hatte er hierfür Kosten in Höhe von insgesamt 3 650,40 DM für die Fahrten zwischen der Wohnung und seiner jeweiligen Dienststelle zu je 0,36 DM pro km sowie Mehraufwendungen für Verpflegung in Höhe von 3 025,60 DM zum Tagespauschsatz der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) von jeweils 24,80 DM für eine mehr als zehnstündige häusliche Abwesenheit als Wer
bungskosten geltend gemacht. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte hiervon jedoch in dem Bescheid über den Lohnsteuer- und Kirchensteuer-Jahresausgleich lediglich Fahrtkosten zu 0,36 DM pro Doppelkilometer.
Mit seiner hiergegen nach erfolglosem Einspruch vor dem Finanzgericht (FG) erhobenen Klage hatte der Kläger jedoch zum überwiegenden Teil Erfolg. Zwar sah das FG in den Fahrten des Klägers vom Wohnort zu den einzelnen Polizeidienststellen keine Dienstreisen, es beurteilte diese Fahrten jedoch als solche zu wechselnden Einsatzstellen. Die Aufwendungen des Klägers hierfür müßten deshalb in erweiterter Auslegung des Werbungskostenbegriffs des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1980 steuerlich berücksichtigt werden. Das FG setzte daher die Fahrtkosten pauschal mit 0,36 DM pro km an und anerkannte darüber hinaus den Aufwand für die Verpflegung, soweit der Kläger jeweils mehr als 10 Stunden von seinem Wohnort abwesend gewesen war, mit je 5 DM pro Tag als Werbungskosten.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 9 EStG. Es trägt hierzu im einzelnen vor: Das FG habe in dem angegriffenen Urteil zu Unrecht die Fahrten, die der Kläger während der Kommissaranwärter-Ausbildung zu den jeweiligen Ausbildungsstätten ausgeführt habe, als Fahrten zu wechselnden Einsatzstellen qualifiziert. Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte seien indes nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG nur mit den dort vorgesehenen Pauschbeträgen als Werbungskosten zu berücksichtigen. Fahrten zu wechselnden Einsatzstellen könnten im Streitfalle nicht angenommen werden.
Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des FG die Klage als unbegründet abzuweisen sowie die Kosten des Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage.
Der Senat hat stets dann einen über die Pauschbetragsregelung des § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG hinausgehenden Werbungskostenabzug i. S. des § 9 Abs. 1 EStG abgelehnt, wenn es sich bei dem jeweiligen Arbeitsverhältnis um ein solches zur Ausbildung des Betreffenden gehandelt hat. So hat der Senat in seinem nach dem Ergehen der Vorentscheidung veröffentlichten Urteil vom 12. August 1983 VI R 155/80 (BFHE 139, 190, BStBl II 1983, 718) entschieden, daß die Fahrten eines Rechts- (Gerichts-) Referendars zwischen seiner Wohnung und der jeweiligen Ausbildungsstation Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und nicht Fahrten zu ständig wechselnden Einsatzstellen sind. In demselben Sinne hat sich der Senat erst kürzlich in seinem nicht zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 27. Juni 1986 VI R 170/83 (BFH/NV 1986, 662) hinsichtlich eines Steuerpflichtigen geäußert, der sich als Rechtspraktikant in der einstufigen Juristenausbildung befunden hatte. Etwas anderes kann auch nicht für einen Polizeibeamten gelten, der aus einer großen Zahl von Mitbewerbern ausgewählt worden ist, den Vorbereitungsdienst für eine höhere Dienststellung zu durchlaufen. Denn sowohl dem Referendar als auch demjenigen, der eine einstufige Juristenausbildung absolviert, als auch dem Kommissaranwärter - wie dem Kläger - ist gemeinsam, daß sie für ihre Tätigkeit ein steuerpflichtiges Gehalt beziehen, gleichwohl aber sich zur eigenen Vervollkommnung in einer Ausbildungsstufe befinden. Da in derartigen Fällen die jeweilige Einsatzstelle als regelmäßige Arbeitsstätte zudem häufig schon vorher festgelegt worden ist, können diese Personen nicht einem Arbeitnehmer gleichgeachtet werden, bei dem der Wechsel berufstypisch ist, der also unversehens wechselnde Arbeitsstätten aufsuchen muß. Insbesondere kommt bei einem derartigen Arbeitnehmer hinzu, daß er seine Arbeitsstätte ,,im ausschließlichen Interesse des Betriebes" wiederholt wechseln muß. Diese Grundsätze können auf den Kommissaranwärter ebensowenig wie auf den Referendar oder den Absolventen einer einstufigen Juristenausbildung übertragen werden.
Da das FG hier von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war seine Entscheidung aufzuheben und die Klage mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 414757 |
BFH/NV 1987, 235 |