Leitsatz (amtlich)
Nachholung einer unterbliebenen Hauptfeststellung.
Normenkette
AO § 225a; BewG i.d.F. vor dem BewG 1965 § 21; BewG i.d.F. vor dem BewG 1965 § 22; BewG i.d.F. vor dem BewG 1965 § 23
Tatbestand
Die Klägerin, eine KG, übt seit vielen Jahren das Recht aus, eine auf der Gemarkung der Stadt liegende Quelle zu nutzen. Das FA hat diese Quelle früher nicht als Gewerbeberechtigung angesehen. Für sie wurde auf den Hauptfeststellungszeitpunkt vom 1. Januar 1935 kein Einheitswert festgestellt. Auf den 1. Januar 1960 stellte das FA im Wege der Nachfeststellung durch Bescheid vom 27. Juni 1963 für die Quelle einen Einheitswert von 28 000 DM fest.
Der Einspruch, mit dem die Klägerin einen Abschlag vom Einheitswert beantragte, weil die Quelle nur mineralarmes Wasser führe, blieb ohne Erfolg. Dagegen hatte die Berufung, mit dem die Klägerin die Aufhebung des Einheitswertes erstrebte, Erfolg. Das FG hob die Einspruchsentscheidung und den Nachfeststellungsbescheid auf. Es ist der Auffassung, daß die Voraussetzungen für eine Nachfeststellung nicht vorgelegen hätten und der Nachfeststellungsbescheid auch nicht in einen Bescheid über die Nachholung der unterbliebenen Hauptfeststellung umgedeutet werden könne.
Mit der vom FG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache zugelassenen Rechtsbeschwerde, die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, rügt das FA unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Es führt im wesentlichen aus: Ebenso wie es nach der Rechtsprechung zulässig sei, fehlerhafte Einheitswert-Feststellungen durch Fortschreibungen zu berichtigen, müsse es auch möglich sein, eine fälschlich unterlassene Hauptfeststellung durch eine Nachfeststellung nachzuholen. Folge man dieser Auffassung nicht, so sei der Bescheid als eine fehlerberichtigende Wertfortschreibung anzusehen. Das FG berufe sich auch zu Unrecht auf die Rechtsungültigkeit des § 1 Abs. 2 BewDV.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
Es ist dem FG darin zuzustimmen, daß die Voraussetzungen für die Vornahme einer Nachfeststellung nach § 23 BewG in der Fassung vor dem BewG 1965 im Streitfall nicht gegeben sind. Es ist weder eine wirtschaftliche Einheit oder Untereinheit neu gegründet worden, noch ist für eine bereits bestehende wirtschaftliche Einheit oder Untereinheit der Grund für eine Steuerbefreiung weggefallen. Es handelt sich vielmehr, wie das FG richtig erkannt hat und was auch vom FA nicht bestritten wird, um die Nachholung einer bisher unterlassenen Hauptfeststellung. Eine solche Nachholung ist zwar grundsätzlich möglich, solange nicht alle auf dem Einheitswert beruhenden Steuern verjährt sind. Es ist jedoch nicht möglich, die auf den 1. Januar 1960 durchgeführte Nachfeststellung in eine nachgeholte Hauptfeststellung umzudeuten. Das scheitert schon daran, daß für die Gewerbeberechtigungen bei Nachfeststellungen die tatsächlichen Verhältnisse und die Wertverhältnisse vom Nachfeststellungszeitpunkt zugrunde zu legen sind (vgl. Urteil des BFH III 301/59 S vom 13. Januar 1961, BFH 72, 323, BStBl III 1961, 122), wie es das FA auch im Streitfall getan hat. Es ist dem BFH verwehrt, in diesem Verfahren, das nur den zum 1. Januar 1960 ergangenen Einheitswert-Bescheid betrifft, zu prüfen, ob auf einen anderen Stichtag eine Hauptfeststellung nachgeholt werden kann. Auch eine Umdeutung des angefochtenen Bescheids in einen Bescheid über eine Wertfortschreibung zum Zwecke der Fehlerberichtigung ist nicht möglich. Abgesehen davon, daß eine Fortschreibung schon rein begrifflich einen bereits vorhandenen Bescheid voraussetzt, der durch den Fortschreibungsbescheid geändert werden soll, würde es sich hier um einen nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BFH-Urteil III 116/50 S vom 7. Mai 1951, BFH 55, 301, BStBl III 1951, 116) unzulässige sogenannte Kollektivfortschreibung handeln, weil sie für alle im Bereich der Oberfinanzdirektion liegenden Quellen in Betracht käme, die nach der früheren Auffassung nicht als Gewerbeberechtigungen angesehen wurden.
Das FG hat also im Ergebnis zutreffend die Einspruchsentscheidung und den angefochtenen Einheitswert-Bescheid aufgehoben. Es ist deshalb unerheblich, daß es in der Begründung des Urteils von der Rechtsungültigkeit des § 1 Abs. 2 BewDV ausgeht, während nach dem Urteil des Senats III 97/65 vom 29. April 1966 (BFH 86, 4, BStBl III 1966, 360) diese Bestimmung rechtsgültig ist.
Fundstellen
Haufe-Index 68354 |
BStBl II 1969, 63 |
BFHE 1969, 142 |