Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfungsanordnungen gegen zusammenveranlagte Ehegatten
Leitsatz (NV)
Will das Finanzamt bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten eine Außenprüfung durchführen, kann es die Prüfungsanordnungen gegen die Eheleute in einer Verfügung zusammenfassen, wenn aus der zusammengefaßten Prüfungsanordnung für die Empfänger erkennbar ist, in welchem Umfang jeder von ihnen von der Außenprüfung betroffen ist. Die zusammengefaßten Prüfungsanordnungen können in einer Ausfertigung übersandt werden, wenn die Adressaten eine gemeinsame Anschrift haben und für das Finanzamt auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Bekanntgabezwecks ersichtlich sind (Bestätigung des BFH-Urteils vom 14. März 1990 X R 104/88, BFHE 160, 207, BStBl II 1990, 612).
Normenkette
AO 1977 §§ 193, 196
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute; sie wurden in den Jahren 1978 bis 1980 antragsgemäß zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte neben Einkünften aus Gewerbebetrieb (Einzelhandel mit . . .) Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Klägerin ist nach den Angaben in den Steuererklärungen Handelsvertreterin. Umsätze und Einkünfte aus dieser Tätigkeit erklärte sie jedoch nicht.
Mit Verfügung vom 18. November 1982 ordnete der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) bei den Klägern eine Außenprüfung an, die sich auf Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1975 bis 1980, Vermögensteuer und Feststellung der Einheitswerte des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1976 bis 1. Januar 1981 sowie Lohnsteuer 1980 erstrecken sollte.
Die auf § 193 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützte Prüfungsanordnung wurde an ,,Herrn und Frau A. und B. X, Eh. m. . . ." adressiert und den Klägern in einer Ausfertigung zugesandt.
Auf die Beschwerde der Kläger hob die Oberfinanzdirektion (OFD) die Prüfungsanordnung auf, soweit das FA bei den Klägern für die Jahre 1975 bis 1977 eine Außenprüfung angeordnet hatte. Im übrigen wies die OFD die Beschwerde zurück. Zur Begründung führte sie aus, hinsichtlich der Jahre 1975 bis 1977 lägen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung einer Außenprüfung nicht vor. Zu Recht habe das FA dagegen nach § 193 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 eine Außenprüfung für die Jahre 1978 bis 1980 angeordnet. Rechtsgrundlage für die Prüfung bei der Klägerin sei § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977. Da die Klägerin nach ihren Angaben als Handelsvertreterin tätig sei, aber keine eigenen Einkünfte erklärt habe, sei aufzuklären gewesen, ob sie selbst gewerblich tätig sei, aufgrund eines Arbeitsverhältnisses im Betrieb des Klägers mitarbeite oder eine Mitunternehmerschaft mit dem Kläger bestehe. Wo diese Prüfung durchzuführen sei (an Amtsstelle oder im Rahmen der Außenprüfung beim Kläger), habe das FA nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden.
Das Finanzgericht (FG) hob die Prüfungsanordnung und die Beschwerdeentscheidung auf. Es war der Auffassung, die Prüfungsanordnungen gegen die Kläger hätten nicht zusammengefaßt werden dürfen. Außerdem hätte sowohl dem Kläger als auch der Klägerin je eine Ausfertigung der Prüfungsanordnung bekanntgegeben werden müsen.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung von §§ 122, 155, 196 und 197 AO 1977.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Entgegen der Auffassung des FG war es rechtlich zulässig, die Prüfungsanordnung gegen die Kläger in einer Verfügung zusammenzufassen.
Zwar hat das FA, wenn es bei (zusammenveranlagten) Eheleuten eine Außenprüfung durchführen will, gegen jeden Ehegatten eine Prüfungsanordnung zu erlassen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann das FA aber die Prüfungsanordnungen gegen die Eheleute in einer Verfügung zusammenfassen, wenn aus der zusammengefaßten Prüfungsanordnung für die Empfänger erkennbar ist, in welchem Umfang jeder von ihnen von der Außenprüfung betroffen ist (z. B. Urteil des Senats vom 14. März 1990 X R 104/88, BFHE 160, 207, BStBl II 1990, 612, m. w. N. zur Rechtsprechung des BFH).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Zwar hätte es das Verständnis erleichtert, wenn die - zugleich auf § 193 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 gestützte - Prüfungsanordnung nähere Angaben zum sachlichen Prüfungsumfang enthalten hätte; mögliche Zweifel sind jedoch durch die Erläuterungen in der Beschwerdeentscheidung nachgeholt worden.
2. Die Prüfungsanordnung ist entgegen der Auffassung des FG auch nicht mangels ordnungsmäßiger Bekanntgabe unwirksam.
Nach der Rechtsprechung des Senats können für Ehegatten bestimmte Prüfungsanordnungen in einer Ausfertigung übersandt werden, wenn die Adressaten - wie im Streitfall - eine gemeinsame Anschrift haben und für das FA auch sonst keine Anhaltspunke für eine Gefährdung des Bekanntgabezwecks ersichtlich sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf sein Urteil in BFHE 160, 207, BStBl II 1990, 612 Bezug.
3. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Bei erneuter Verhandlung und Entscheidung wird das FG über die weiteren von den Klägern gegen die Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung vorgebrachten Einwände zu entscheiden haben. Der Senat ist hierzu nicht in der Lage, da das FG - aus seiner Sicht zu Recht - nicht alle für die Entscheidung über die Einwände erforderlichen tatsächlichen Feststellungen - insbesondere zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung und zu einer vorangegangenen Außenprüfung - getroffen hat.
Fundstellen
Haufe-Index 422819 |
BFH/NV 1991, 355 |