Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Beurteilung der Frage, ob Umbauaufwendungen für einen Laden Erhaltungsaufwand oder aber Anschaffungs- oder Herstellungsaufwand sind, sind die allgemeinen Grundsätze maßgebend. Insbesondere gelten auch die von der Rechtsprechung für die Beurteilung von Aufwendungen nach Erwerb eines Gebäudes entwickelten Grundsätze.

Abstandszahlungen an den Vormieter eines Ladens sind zu aktivieren und nach den Grundsätzen des § 7 Abs. 1 EStG abzuschreiben.

Eine an den Vormieter des Ladens bezahlte Entschädigung für von diesem aufgewendete Ladenbaukosten ist auch dann zu aktivieren, wenn die Baueinrichtungen im Zuge einer in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ladenerwerb stehenden Modernisierung des Ladens beseitigt werden. In einem solchen Fall finden die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs I 74/58 S. vom 2. Juni 1959 (BStBl 1959 III S. 323, Slg. Bd. 69 S. 162) keine Anwendung.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 6/1/1, § 7 Abs. 1

 

Tatbestand

Im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Reform-Einzelhandelsgeschäftes im März 1954 zahlte die Bfin. an den Vorbesitzer des gemieteten Ladens einen "Abstand" von 1570 DM und weitere 1700 DM als Zuschuß zu den von dem Vorbesitzer für den Ausbau des Ladens aufgewendeten Baukosten. Im gleichen Jahr wendete sie für die "Modernisierung" des Ladens weitere 5615 DM auf. Sie begehrt Anerkennung des sich aus den genannten drei Posten ergebenden Gesamtbetrags von 8885 DM als Betriebsausgaben des Jahres 1954.

Finanzamt und Finanzgericht lehnten das ab, ließen jedoch die Verteilung dieser Aufwendungen nach § 7 Abs. 1 EStG 1953 auf fünf Jahre zu. Das Finanzgericht führte im wesentlichen aus, die Aufwendungen seien aktivierungspflichtig, da sie nicht regelmäßig in kurzen Zeitabständen wiederkehrten und auch nach der Verkehrsauffassung bei einem normalen Ladengeschäft die neue Ladenausstattung nach Aufwendungen in Höhe von rund 5600 DM nicht mehr als dieselbe anzusehen sei wie vorher. Die Aufwendungen für die Ladenmodernisierung seien selbst unter Berücksichtigung der heutigen ungewöhnlichen modischen Schnellebigkeit mit Rücksicht auf ihre Höhe zu aktivieren, jedoch in fünf Jahren abzuschreiben. Es sei nicht vorstellbar, daß schon nach kurzer Zeit wiederum die Aufwendung erheblicher Kosten für diesen Zweck notwendig werden sollte. Der für Ladenmodernisierungsaufwendungen von verschiedenen Finanzgerichten vertretenen gegenteiligen Auffassung vermöge das Gericht sich nicht anzuschließen. Hieran ändere im Streitfall auch nichts, daß der Mietvertrag nur auf ein Jahr abgeschlossen sei. Die Bfin. habe selbst nicht vorgetragen daß der zunächst für die Dauer eines Jahres abgeschlossene Mietvertrag gekündigt worden sei oder in absehbarer Zeit gekündigt werde. Im übrigen sei es üblich und zulässig, bei Aufgabe des Ladens sich vom Nachfolger einen Teil der Aufwendungen ersetzen zu lassen, wie das die Bfin. auch ihrerseits durch ihre Beteiligung an den Bauaufwendungen des Vorbesitzers habe tun müssen. Durch die an den Vorbesitzer gezahlten 3270 DM sei die Bfin. überhaupt erst in den Genuß der Raumnutzung gelangt. Die Aufwendungen für den Erwerb einer solchen Möglichkeit bzw. eines solchen Rechts seien auf die voraussichtliche Dauer der Raumnutzung zu verteilen. Gegen den Ansatz von fünf Jahren durch das Finanzamt sei nichts einzuwenden. Für die Aktivierung des Betrags von 1700 DM, mit dem sich die Bfin. an den Baukosten des Vorbesitzers beteiligt habe, sei es unerheblich, ob die Bfin. die vom Vorbesitzer übernommenen Baulichkeiten weiter benutzt oder, wie sie behauptet hat, aus dem Betrieb ausgeschieden habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Die Rechtsgrundsätze, von denen das Finanzgericht für die Frage der Aktivierungspflicht der Aufwendungen zur Modernisierung des gemieteten Ladens ausgegangen ist, sind im wesentlichen zutreffend. Der Senat schließt sich der im Urteil des Bundesfinanzhofs I 82/56 U vom 14. August 1956 (BStBl 1956 III S. 321, Slg. Bd. 63 S. 322) vertretenen Auffassung über die Behandlung von Ladenumbauaufwendungen an. Die Entscheidung des Finanzgerichts läßt jedoch nicht erkennen, ob diese Grundsätze auf den Streitfall richtig angewendet worden sind. Die Akten enthalten keine Feststellungen darüber, um welche Art von Aufwendungen es sich im einzelnen handelt. Lediglich in der Rb. bringt die Bfin. erstmals vor, es seien Arbeiten an den Wänden, Decken und Fußböden des Ladens durchgeführt worden. Für die Frage, ob Aufwendungen rechtlich als Erhaltungsaufwendungen oder als Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten anzusehen sind, ist aber entscheidend, welcher Art die durchgeführten Arbeiten sind (vgl. hierzu insbesondere Urteile des Bundesfinanzhofs IV 8/53 U vom 9. Juli 1953, BStBl 1953 III S. 245, Slg. Bd. 57 S. 639, und IV 96/58 U vom 14. Januar 1960, BStBl 1960 III S. 136, Slg. Bd. 70 S. 360).

Der Streitfall bietet die Besonderheit, daß die Bfin. die Modernisierungsarbeiten in engstem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Geschäftserwerb durchgeführt hat. Hier könnte sich die Aktivierungspflicht der Aufwendungen bereits daraus ergeben, daß diese im Verhältnis zu den vom Vorbesitzer übernommenen Baulichkeiten sehr erheblich sind. Das würde auch gelten, wenn die Aufwendungen, für sich betrachtet, Erhaltungsaufwendungen darstellen würden. Es müssen die Grundsätze Anwendung finden, die der Bundesfinanzhof für Aufwendungen entwickelt hat, die in engem wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Erwerb eines Grundstücks durch den Erwerber gemacht werden (Hinweis auf die Urteile des Bundesfinanzhofs I 176/54 U vom 25. Oktober 1955, BStBl 1955 III S. 388, Slg. Bd. 61 S. 489; VI 26/55 U vom 12. Dezember 1956, BStBl 1957 III S. 36, Slg. Bd. 64 S. 92, und VI 74/55 U vom 5. Juli 1957, BStBl 1957 III S. 393, Slg. Bd. 65 S. 419). Für einen Laden gilt das aber nur in Hinsicht auf die vom Vorbesitzer übernommenen baulichen Einrichtungen. Sind die Aufwendungen als Erhaltungsaufwendungen an dem vom Vermieter zur Verfügung gestellten Objekt als solchem erwachsen, z. B. zur Beseitigung von Schäden an Decken und Wänden, die nicht vom Vorbesitzer für den Laden errichtet oder für dessen Zwecke besonders hergerichtet worden sind, so können diese sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden. Das gilt jedoch nur dann, wenn solche Aufwendungen in keinem Zusammenhang mit den Ladenumbauten stehen und daher nicht als durch diese verursacht angesehen werden können.

Da das Urteil des Finanzgerichts hierzu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat und auch nicht ersichtlich ist, von welchem Sachverhalt es ausgegangen ist, war seine Entscheidung in diesem Punkt aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der dargestellten Grundsätze zurückzuverweisen.

Die für den Erwerb des Mietrechts an den Vorbesitzer des Ladens geleisteten Abstandssummen von 1570 DM sind vom Finanzgericht zu Recht als aktivierungspflichtig behandelt worden. Diese Auffassung entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs (Hinweis auf Urteile des Bundesfinanzhofs I 82/56 U, a. a. O., und IV 421/55 U vom 13. Dezember 1956, BStBl 1957 III S. 130, Slg. Bd. 64 S. 343).

Auch hinsichtlich der Aktivierungspflicht der von der Bfin. dem Vorbesitzer erstatteten Ladenausbaukosten ist dem Finanzgericht zu folgen. Wenn die Bfin. behauptet, die vom Vorbesitzer geschaffenen baulichen Einrichtungen, die mit ihren Vorstellungen von einem modernen Reformgeschäft nicht vereinbar gewesen seien, hätten durch die Modernisierung des Ladens ihren Wert verloren, so vermag das ihr Begehren nach Sofortabsetzung des Betrages von 1700 DM als Betriebsausgaben nicht zu rechtfertigen. Es kann bei der Beurteilung dieser Frage nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Bfin. auch diese Aufwendungen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Erwerb des Ladens gemacht hat, der ihr diese Aufwendungen wert war. Deshalb finden die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs I 74/58 S vom 2. Juni 1959 (BStBl 1959 III S. 323, Slg. Bd. 69 S. 162) über die Behandlung des Buchwerts eines zum Zwecke der Modernisierung abgebrochenen Gebäudes keine Anwendung. Demnach ist auch dieser Betrag auf jeden Fall zu aktivieren, und zwar entweder als zusätzliche Abstandszahlung (Ziff. 2) oder aber, falls die Modernisierungsaufwendungen (Ziff. 1) nach nochmaliger Prüfung durch das Finanzgericht zu aktivieren sind, bei diesen Kosten.

Gegen die Bemessung der Absetzungen für Abnutzung durch das Finanzgericht ist nichts einzuwenden. Wenn dieses davon ausgegangen ist, daß trotz des zunächst nur auf ein Jahr abgeschlossenen Mietvertrags die Nutzungsdauer der aktivierten Beträge fünf Jahre beträgt, so liegt diese Würdigung im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet und erscheint dem Senat möglich. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, wenn das Finanzgericht auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse sich über die rechtliche Mietdauer von nur einem Jahr hinweggesetzt hat. Die Bfin. hat weder selbst die Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung behauptet noch ist eine solche Kündigung tatsächlich erfolgt. Die Bfin. hat gegen diese Würdigung des Finanzgerichts in der Rb. auch nichts mehr vorgebracht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409945

BStBl III 1961, 131

BFHE 1961, 350

BFHE 72, 350

DB 1961, 458

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