Leitsatz (amtlich)

Zur Bedeutung eines Aufschubs der Arrestvollziehung bis zum Vollstreckbarwerden der Steuerforderungen.

 

Normenkette

AO § 378; FGO § 138 Abs. 2 S. 1

 

Tatbestand

Der Kläger, ein ausländischer Blumengroßhändler in S. und Besitzer einer ausländischen Blumenkultur, verkürzte nach den Ermittlungen der Zollfahndung in der Zeit vom 14. Juli 1960 bis 19. Mai 1961 über 18 400 DM Zoll und über 730 DM Umsatzausgleichsteuer. Durch Verfügung vom 26. Juli 1962, zugestellt am 31. Juli 1962, erließ das Hauptzollamt (HZA) S. gegen ihn einen Arrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen gemäß § 378 AO. Am 31. Juli 1962 pfändete das HZA auch (erfolglos) Bankforderungen des Klägers. Der Kläger legte mit Schriftsatz vom 31. Juli 1962, beim FG eingegangen am 1. August 1962, gegen die Arrestanordnung Berufung ein. Auf das Ersuchen um Stellungnahme schrieb das HZA am 7. August 1962 an das FG:

"Ich habe die Vollziehung des Arrestes bis zum Erlaß eines vollstreckbaren Steuerbescheides aufgeschoben. Der Steuerbescheid wird in kürzester Frist erlassen werden. Es ist beabsichtigt, zu diesem Zeitpunkt den Arrest aufzuheben. Nach Rücksprache mit Herrn ... beabsichtigt er, alsdann seine Berufungsschrift vom 31. Juli 1962 zurückzuziehen."

Mit Schreiben vom 28. August 1962 teilte der Vertreter des Klägers dem FG mit, das HZA habe durch Steuerbescheid vom 14. August 1962, dem Kläger zugegangen am 23. August 1962, die Steuerforderungen festgesetzt. Dadurch sei die Arrestanordnung vom 26. Juli 1962 "hinfällig geworden"; das FG möge das HZA zur formellen Zurücknahme der Arrestverfügung veranlassen. Das HZA erwiderte mit Schreiben vom 11. September 1962 an das FG, durch die Aufschiebung der Vollziehung des Arrestes "bis zum Erlaß eines vollstreckbaren Steuerbescheids" sei dem einmal angeordneten Arrest der Boden nicht entzogen worden. Der Arrest sei zwar inzwischen sachlich erledigt; aus Kostengründen wolle ihn das HZA jedoch nicht formell zurücknehmen. Das FG sprach im Urteil vom 25. Juni 1964 aus, der Rechtsstreit sei infolge des Ergehens des Steuerbescheids in der Hauptsache erledigt; es erlegte die Kosten des Verfahrens dem Kläger auf, weil die Anordnung des Arrestes durch das HZA gerechtfertigt gewesen sei.

Die Rb. des Klägers ist nunmehr als Revision zu behandeln.

Der Kläger führt aus, in der Nichteinhaltung der "Zusage" des HZA, die angefochtene Arrestverfügung nach baldigem Erlaß des Steuerbescheids aufzuheben, liege eine Verletzung des § 2 Abs. 2 StAnpG und des Grundsatzes von Treu und Glauben.

Das HZA hält die Einwendungen des Klägers gegen die Vorentscheidung für unberechtigt und begehrt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt hinsichtlich der Kostenentscheidung des FG zum Erfolg. Die Vorentscheidung ist hinsichtlich ihres Absatzes 2 (Kostenentscheidung) aufzuheben.

Mit Recht hat das FG im Jahre 1964 ausgesprochen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Jedoch ist er nicht erst "durch den Erlaß des Steuerbescheides" von Mitte August 1962 erledigt worden, wie die Vorinstanz annimmt (genauer: durch das Vollstreckbarwerden der zu sichernden Steueransprüche), sondern bereits dadurch, daß das HZA auf den Antrag des Rechtsvertreters des Klägers vom 1. August 1962, insbesondere aus Rechtsgründen (§ 251 AO a. F.) die Vollziehung des Arrestes "bis zur rechtskräftigen Erledigung des anhängigen Rechtsmittelverfahrens mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Arrestes ohne Sicherheitsleistung auszusetzen", mit Verfügung vom 7. August 1962 die Arrestvollziehung "bis zum Erlaß eines vollstreckbaren Steuerbescheides aufgeschoben" hat. Da die Sicherung künftiger Beitreibung durch den Arrest nicht schon durch die Arrestanordnung, sondern erst durch die Vollziehung des Arrestes geschieht, verliert die Arrestanordnung ihren Sinn, wenn sich die Finanzverwaltung der aus der Arrestanordnung folgenden Möglichkeit der Sicherung durch Arrestvollziehung begibt, indem sie die Vollziehung des Arrestes bis zum Vollstreckbarwerden der zu sichernden Steueransprüche (unwiderruflich) aufschiebt; die Arrestanordnung büßt ihre innere Berechtigung ein, wenn die sich aus ihr ergebende Möglichkeit der Sicherung künftiger Beitreibung durch Arrestvollziehung dadurch verhindert wird, daß diese Vollziehung bis zur Beitreibbarkeit der zu sichernden Steueransprüche "aufgeschoben", die Vollziehbarkeit, die Sicherungsmöglichkeit mithin rechtlich beseitigt wird. In der Verfügung des HZA vom 7. August 1962 lag eine Abänderung der Arrestanordnung, die praktisch deren Aufhebung gleichkam. Demgemäß hat auch das HZA mit Verfügungen vom 7. August 1962 die Pfändungen der Bankforderungen des Klägers aufgehoben. Die (die Arrestvollziehung aufschiebende) Verfügung des HZA vom 7. August 1962 hat gemäß § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO zur Folge, daß das HZA die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; auf den Einwand der Verletzung von Treu und Glauben braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden. Dadurch, daß das HZA dem Antrag des Klägers nur durch entsprechende Änderung, nicht durch formelle Aufhebung der Arrestverfügung vom 26. Juli 1962 entsprach, konnte es der Auferlegung der Kosten des Rechtsstreits nicht entgehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68039

BStBl II 1968, 501

BFHE 1968, 159

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