Entscheidungsstichwort (Thema)
Umrechnung eines einheitlichen Steuermeßbetrages
Leitsatz (NV)
Aus der Beteiligung meherer Personen als (Mit-)Unternehmer eines einheitlichen Gewerbebetriebs ergibt sich, daß bei Änderung der Unternehmensform die Unternehmeridentität jedenfalls teilsweise erhalten bleibt, solange mindestens einer der bisherigen Unternehmer den Betrieb fortführt. Das Fortbestehen der Unternehmereigenschaft nur eines von mehreren Mitunternehmern schließt die Anwendung des § 2 Abs. 5 GewStG 1968 aus.
Normenkette
GewStG 1968 § 2 Abs. 5, § 5 Abs. 1-2, § 11 Abs. 5, § 13 Abs. 4
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war bis zum 31. Mai 1973 persönlich haftender Gesellschafter der Kommanditgesellschaft A & Co. (im folgenden KG). Kommanditist war die Kommanditgesellschaft B. Diese schied zum 31. Mai 1973 aus. Seitdem führt der Kläger den Betrieb als Einzelunternehmen fort.
Aus Anlaß des Ausscheidens des einzigen Kommanditisten bildete die KG für den Zeitraum vom 1. Januar 1973 bis zum 31. Mai 1973 ein Rumpfwirtschaftsjahr. Das Wirtschaftsjahr des Einzelunternehmens des Klägers läuft im Einvernehmen mit dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) vom 1. Juni bis zum 31. Mai eines jeden Jahres.
Das FA ging für die Ermittlung des Gewerbesteuermeßbetrags davon aus, daß trotz Ausscheidens des Kommanditisten die Gewerbesteuerpflicht für den Gewerbebetrieb während des ganzen Erhebungszeitraums 1973 fortbestanden habe. Es rechnete den maßgebenden Gewerbeertrag von X DM (unstreitiger Steuerbilanzgewinn nach Betriebsprüfung für das Rumpfwirtschaftsjahr 1. Januar bis 31. Mai 1973) nach § 10 Abs. 3 des Gewerbesteuergesetzes 1968 (GewStG) auf einen Jahresbetrag von Y DM um (12/5 aus X DM), weil das Rumpfwirtschaftsjahr weniger als 12 Monate umfaßt hatte. Die vom Kläger begehrte Ermäßigung der Gewerbesteuermeßbeträge nach dem Gewerbeertrag sowie nach dem Gewerbekapital (§ 11 Abs. 5, § 13 Abs. 4 GewStG) nahm das FA nicht vor und richtete am 29. Juni 1979 einen entsprechenden Bescheid über Gewerbesteuermeßbetrag und Gewerbesteuer für 1973 an den Kläger als Gesamtrechtsnachfolger der KG.
Die hiergegen erhobene Sprungklage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab. Es sah die Gewerbesteuerpflicht für den Gewerbebetrieb trotz des Ausscheidens des Kommanditisten und der damit verbundenen Umwandlung in ein Einzelunternehmen für das Streitjahr als unverändert fortbestehend an. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 GewStG erachtete es nicht als gegeben und hielt deshalb die Regelungen zur Umrechnung der Gewerbesteuermeßbeträge im Streitfall für nicht anwendbar.Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 2 Abs. 5 GewStG. Er sieht in dem Ausscheiden des einzigen Mitgesellschafters einen Übergang des Gewerbebetriebs auf einen anderen Unternehmer.
Das GewStG 1936 habe einen Wechsel in der Person des Unternehmers für die Steuerpflicht eines Gewerbebetriebs zunächst als unerheblich angesehen. Dieser Grundsatz sei mit § 1 der Zweiten Verordnung über die Erhebung der Gewerbesteuer in vereinfachter Form vom 16. November 1943 aufgegeben worden. Damit sollten schwierige Feststellungen zu der Frage vermieden werden, ob grundlegende Veränderungen in den Betriebsverhältnissen aufgrund eines Unternehmerwechsels eingetreten seien. In der Folgezeit sei diese Regelung - zunächst als § 5 Abs. 2, später als § 2 Abs. 5 GewStG - in das GewStG aufgenommen worden.
In Bestätigung dieser Rechtsentwicklung habe der Bundesfinanzhof (BFH) im Urteil vom 4. Mai 1955 IV 425/53 U (BFHE 60, 484, BStBl III 1955, 185) unbeschadet des § 738 BGB im Fall des Ausscheidens eines Kommanditisten und der Fortführung des Gewerbebetriebs durch den persönlich haftenden Gesellschafter § 5 Abs. 2 GewStG angewendet. Es sei nicht erkennbar, daß die Rechtsprechung diese Grundsätze aufgegeben hätte. Entsprechendes lasse sich auch nicht aus der zu einem Fall der ehelichen Gütergemeinschaft ergangenen Entscheidung vom 18. Mai 1972 I R 153/70 (BFHE 106, 225, BStBl II 1972, 775) entnehmen. Das BFH-Urteil vom 24. Oktober 1972 VIII R 32/67 (BFHE 108, 39, BStBl II 1973, 233) bestätige ausdrücklich die Anwendung des § 2 Abs. 5 GewStG für den Fall der Umwandlung einer Einzelfirma in eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR).
Der Kläger beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Zutreffend hat das FG eine Ermäßigung der Meßbeträge für die Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag und nach dem Gewerbekapital aufgrund von § 11 Abs. 5 und § 13 Abs. 4 GewStG abgelehnt.
1. Besteht die Gewerbesteuerpflicht nicht während des ganzen Erhebungszeitraums, ermäßigt sich der Steuermeßbetrag nach dem Gewerbeertrag gemäß § 11 Abs. 5 GewStG auf so viele Zwölftel, wie die Steuerpflicht volle oder angefangene Kalenderjahre im Erhebungszeitraum besteht. Entsprechendes gilt gemäß § 13 Abs. 4 GewStG für den Steuermeßbetrag nach dem Gewerbekapital.
Zu Recht sieht zwar der Kläger in einem Unternehmerwechsel i. S. von § 2 Abs. 5 GewStG einen Umstand, der zur Anwendung von § 11 Abs. 5 GewStG und § 13 Abs. 4 GewStG führt. Entgegen seiner Auffassung hat das FG aber die Anwendung des § 2 Abs. 5 GewStG im Streitfall rechtsfehlerfrei verneint.
2. Nach § 2 Abs. 5 GewStG gilt der Gewerbebetrieb als durch den bisherigen Unternehmer eingestellt, wenn er im ganzen auf einen anderen Unternehmer übergeht. Der Gewerbebetrieb gilt als durch den anderen Unternehmer neu gegründet, wenn er nicht mit einem bereits bestehenden Gewerbebetrieb vereinigt wird.
Bei Mitunternehmergemeinschaften, die ihr Gewerbe in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft betreiben, ist streitig, ob Steuerschuldner die Gesellschaft ist oder ob es die Mitunternehmer sind. Reichsfinanzhof (RFH) und BFH haben die letztgenannte Auffassung vertreten (vgl. BFH-Urteile vom 21. Februar 1980 I R 95/76, BFHE 130, 403, 408, BStBl II 1980, 465, 468, m.w.N.; vom 22. Juni 1983 I R 55/80, BFHE 139, 291, BStBl II 1984, 63). Der erkennende Senat ist dieser Rechtsprechung gefolgt (Urteile vom 12. November 1985 VIII R 364/83, BFHE 145, 408, 418, BStBl II 1986, 311, 316; vom 7. April 1987, VIII R 260/84, BFHE 150, 390, BStBl II 1987, 768). Die Ausführungen des Klägers geben keinen Anlaß, für die Rechtslage des Streitjahres von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
3. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze müssen auch bei der Auslegung von § 2 Abs. 5 GewStG, der an den Unternehmerbegriff anknüpft, berücksichtigt werden. Aus der Beteiligung mehrerer Personen als (Mit-)Unternehmer eines einheitlichen Gewerbebetriebs ergibt sich, daß bei Änderung der Unternehmensform die Unternehmeridentität jedenfalls teilweise erhalten bleibt, solange mindestens einer der bisherigen Unternehmer den Betrieb fortführt. Das Fortbestehen der Unternehmereigenschaft nur eines von mehreren Mitunternehmen schließt die Anwendung des § 2 Abs. 5 GewStG aus. Dabei kommt es nicht darauf an, auf welche Weise (z. B. Anwachsung, Übertragung, Gesamtrechtsnachfolge) die Eigentumsanteile ausscheidender Unternehmer an dem fortgeführten Gewerbebetrieb auf den verbleibenden oder auf neu hinzutretende Unternehmer übergehen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 106, 225, BStBl II 1972, 775). Der erkennende Senat ist dieser Rechtsauffassung in seiner neueren Rechtsprechung gefolgt (vgl. Urteile vom 13. November 1984 VIII R 312/82, BFHE 143, 135, BStBl II 1985, 334; vom 15. Juli 1986 VIII R 269/81, BFH/NV 1986, 696). Auch der IV. Senat des BFH geht von diesen Grundsätzen aus (Urteil vom 19. Februar 1987 IV R 72/83, BFHE 149, 188, 195, BStBl II 1987, 570, 573).
Die vom Senat für zutreffend gehaltene Auffassung wird auch in den Verwaltungsanweisungen (vgl. Abschn. 22 a GewStR) und überwiegend im Schrifttum vertreten (vgl. die Kommentare zum Gewerbesteuergesetz von Lenski/Steinberg, § 2 Anm. 146; Müthling/Fock, § 2 Anm. 17; Wihtol/Bittner, § 2 Anm. 15 A; Glanegger/Güroff, § 2 Anm. 226).
Der Hinweis des Klägers auf das rechtskräftige Urteil des FG München vom 22. September 1982 IX 43/80 G (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1983, 569), das sich weitgehend auf überholte Rechtsprechung bezieht, führt zu keiner anderen Beurteilung. Der Hinweis, mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage sei es verfahrensrechtlich nicht zulässig, einen Einzelunternehmer und eine Personengesellschaft, die denselben Gewerbebetrieb nacheinander betreiben, in einem gemeinsamen Gewerbesteuermeßbescheid zusammenzufassen, geht von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Wird das Gewerbe - wie im Streitfall - zunächst auf Rechnung mehrerer Personen betrieben, und im Erhebungszeitraum in ein Einzelunternehmen umgewandelt, so sind die für den Erhebungszeitraum ermittelten Meßbeträge in vollem Umfang dem den Betrieb fortführenden Unternehmer zuzuordnen. Denn auf seine Rechnung wird das Gewerbe weiter betrieben (§ 5 Abs. 1 Satz 2 GewStG).
4. Danach hat das FG zutreffend in der Fortführung des Gewerbebetriebs durch den Kläger keinen Unternehmerwechsel i. S. des § 2 Abs. 5 GewStG gesehen und die im Urteil in BFHE 106, 225, BStBl II 1972, 775 entwickelten Grundsätze auf den Streitfall angewendet. Dem steht nicht - wie der Kläger meint - entgegen, daß es sich in jenem Urteilsfall um eine eheliche Gütergemeinschaft, im Streitfall dagegen um eine Mitunternehmerschaft in Form einer KG gehandelt hat, welche handelsrechtlich selbständig Träger von Rechten und Pflichten sein kann. Die vom BFH entwickelten Grundsätze sind vielmehr auch unter diesen Voraussetzungen anwendbar.
Fundstellen
Haufe-Index 415894 |
BFH/NV 1989, 320 |