Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Im Land Niedersachsen - frühere britische Zone - ist ein Apothekenrealrecht auf den 1. Januar 1953 und auf den 1. Januar 1954 als Gewerbeberechtigung zu bewerten.

 

Normenkette

BewG §§ 21, 100, 58, 66/2; BewDV § 50

 

Tatbestand

Streitig ist die Feststellung des Einheitswerts für eine Apothekengerechtigkeit auf den 1. Januar 1953 und 1. Januar 1954.

Die Bfin. ist seit dem Tod ihres Ehemannes Eigentümerin eines Apothekengrundstückes im Lande Niedersachsen; im Grundbuch (Bestandsverzeichnis) ist eingetragen: "Nach Bescheinigung der Königlichen Regierung in Kassel vom 9. Mai 1877 ruht auf dem Grundstück ... ein vererbliches und veräußerliches Apotheken- Privilegium." Der Bfin. wurde das Apothekenrecht - Gewerbeberechtigung - mit einem Einheitswert zugerechnet; der Einheitswert wurde zum 1. Januar 1946 fortgeschrieben. In zwei Bescheiden vom 21. September 1956 schrieb das Finanzamt den Einheitswert zum 1. Januar 1953 und zum 1. Januar 1954 fort. Auf die Einsprüche gegen beide Bescheide wurden die Einheitswerte herabgesetzt. Den Wertberechnungen wurden auf Vorschlag der Oberfinanzdirektion 40 % des Durchschnittsumsatzes der Apotheke ohne den Drogerieumsatz in den beiden jeweils vorangegangenen Jahren zugrunde gelegt.

Die Bfin. begehrte die ersatzlose Aufhebung der Einheitswertbescheide. Sie vertrat den Standpunkt, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 596/56 vom 11. Juni 1958 (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - BVerfGE - Bd. 7 S. 377) bestehe für Apotheken Gewerbefreiheit. Eine besondere Bewertung der Gewerbeberechtigung sei verfassungswidrig. Die Gewerbeberechtigung stelle auch keinen Firmenwert dar, abgesehen davon, daß in ihrer Ortschaft neue Apotheken zugelassen worden seien.

Die Einsprüche, die verbunden wurden, blieben unter Hinweis auf Abschn. 27 Abs. 7 VStR ohne Erfolg.

Die Berufung wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzgericht bejahte für den 1. Januar 1953 und für den 1. Januar 1954 das Vorhandensein eines bewertbaren Apothekenrechts. Trotz der durch das Grundgesetz (GG) eingeführten Gewerbefreiheit und Niederlassungsfreiheit der Apotheker seien in den Jahren nach 1945 mindestens bis zum Bekanntwerden des oben genannten Urteils des Bundesverfassungsgerichts und des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts I C 221.54 vom 22. November 1956 (Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwGE - Bd. 4 S. 167) für Apothekenrechte erhebliche Kaufpreise bezahlt worden, wie auch das Gutachten der Landesapothekerkammer ergebe. Die objektive Beschränkung der Zulassung sei erst durch den Runderlaß des Niedersächsischen Sozialministers vom 11. Juli 1958 (Niedersächsisches Ministerialblatt 1958 S. 514) endgültig beseitigt worden. An den hier maßgeblichen Stichtagen wäre von einem Käufer nach den getroffenen Ermittlungen und nach Auffassung der beteiligten Fachkreise für das Apothekenbetriebsrecht ein Preis von 30 bis 60 % des Jahresumsatzes gezahlt worden. Wegen der Höhe der festzustellenden Einheitswerte sei von den durch die Oberfinanzdirektion und die Apothekerkammer ermittelten, tatsächlich erzielten Kaufpreisen als Anhaltspunkt auszugehen. Der hier angesetzte Satz halte sich in diesem Rahmen, erscheine angemessen und sei auch von der Bfin. insoweit betragsmäßig nicht angegriffen worden.

Mit der Rb. macht die Bfin. geltend, ein Apothekenrecht habe an den Stichtagen nicht mehr bestanden. Ein etwa zu unterstellender Firmenwert sei im Einheitswertverfahren der Gewerbeberechtigung nicht festzustellen. Zum 1. Januar 1960 seien nach den VStR 1960 die Einheitswerte für Apothekenrechte auf 0 DM fortzuschreiben.

Der Vorsteher des Finanzamts weist auf den bis dahin unveränderten Wortlaut des § 58 BewG hin.

Der Bundesminister der Finanzen ist auf Ersuchen des Senats dem Verfahren nach § 287 AO beigetreten. Er nahm zu der strittigen Frage folgende Stellungnahme ein: Durch die Einführung der Niederlassungsfreiheit seien die Apothekenrechte in ihrem Bestand nicht angetastet worden, wie sich aus §§ 26, 27 des Gesetzes über das Apothekenwesen (ApoG) vom 20. August 1960 (BGBl 1960 I S. 697) ergebe. Personalkonzessionen, Realkonzessionen und sonstige persönliche Betriebserlaubnisse aus der Zeit vor dem ApoG hätten als Erlaubnis im Sinne des § 1 ApoG weiter Gültigkeit. Die dinglichen Apothekenrechte wären durch das ApoG bestätigt worden und beständen dem Grunde nach auch heute noch, seien also für die hier streitigen Jahre zu bejahen. Die Vorzugsstellung, die den Inhabern eines dinglichen Apothekenrechts in Abweichung von den sonstigen Grundsätzen des ApoG gewährt sei, werde in § 27 Abs. 2 ApoG ausdrücklich festgestellt. Auf der genannten Vorzugsstellung beruhe der Wert dieser Rechte. Das dingliche Betriebsrecht, das durch Laien habe verpachtet werden dürfen, dürfe auch nach dem Inkrafttreten des ApoG in gleicher Weise verpachtet werden. § 27 Abs. 2 ApoG wolle dem dinglichen Betriebsrecht als solchem einen bestimmten Wert erhalten und nicht nur den bisherigen Nutznießern den augenblicklichen Besitzstand bewahren (Hinweis auf Hoffmann, Kommentar zum Gesetz über das Apothekenwesen, 1961, § 27, insbesondere Anm. II). In den Ländern der früheren britischen Zone sei der größte Wertverlust erst nach Ergehen der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. November 1956 (a. a. O.) und des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 1958 (a. a. O.) eingetreten. Deshalb habe die Finanzverwaltung vom 1. Januar 1957 an den Wertverlust mit einem geringeren Wertansatz berücksichtigt. In Niedersachsen seien in den Jahren 1949 bis 1956 10 % aller bewerteten Apothekenrechte veräußert worden. Der erzielte Kaufpreis habe im Durchschnitt 50 bis 60 % des jeweiligen (bereinigten) Vorjahresumsatzes ausgemacht. Gegen die im vorliegenden Fall zum 1. Januar 1953 und zum 1. Januar 1954 als Wert des Apothekenrechts angesetzten 40 % des Durchschnittsumsatzes beständen daher keine Bedenken.

In den weiteren Ausführungen bejaht der Bundesminister der Finanzen auch die Bewertung der Apothekenrealrechte für den Stichtag 1. Januar 1957, allerdings nur noch mit einem Drittel des Einheitswerts zum 21. Juni 1948. Diese Frage behandelte der Bundesminister der Finanzen deshalb in der gleichen Stellungnahme, weil er gleichzeitig dem von der Bfin. geführten Rechtsstreit betreffend den Einheitswert der Apothekengerechtigkeit auf den 1. Januar 1957 beigetreten war. Hierzu ergeht das gesonderte Urteil des Bundesfinanzhofs III 24/61 U vom heutigen Tage (BStBl 1965 III S. 6), so daß im vorliegenden Rechtsstreit eine weitere Erörterung entfällt.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreites ist der Einheitswert des Apothekenbetriebsrechts (Apothekengerechtigkeit), nicht aber etwa ein beim Einheitswert des Betriebsvermögens unter Umständen zu erfassender Geschäftswert (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs III 65/62 U vom 27. Juli 1962, BStBl 1962 III S. 436, Slg. Bd. 75 S. 460). Nach § 21 Abs. 1 Ziff. 1 und § 58 BewG a. F. ist für eine Gewerbeberechtigung ein Einheitswert festzustellen. Als Gewerbeberechtigung gelten die Berechtigungen, deren Ausübung allein schon ein Gewerbe begründen würde, wobei im BewG in der damals gültigen Fassung u. a. als Beispiel die Apothekengerechtigkeit angeführt ist. Für den vorliegenden Rechtsstreit ist entscheidend, ob das früher zutreffend als Gewerbeberechtigung bewertete Apothekenrecht der Bfin. (subjektiv dingliches Recht, § 58 Abs. 2 BewG, § 50 Abs. 1 BewDV) infolge der Auswirkung der Gewerbefreiheit für das Apothekenwesen wertmäßig unterging und deshalb für die Stichtage antragsgemäß auf 0 DM fortzuschreiben ist, wobei es dann für die Folgezeit zu verbleiben hätte. Diese Entwicklung begann mit der Einführung der Gewerbefreiheit durch die amerikanische Militärregierung für die damalige amerikanische Besatzungszone (hier handelt es sich jedoch um die frühere britische Besatzungszone) und beruhte später für das gesamte Bundesgebiet auf dem Grundsatz der Gewerbefreiheit des GG (Art. 12). Der Wegfall des Konzessionsschutzes bei Apotheken wurde allerdings erst durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. November 1956 (a. a. O.) und durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 1958 (a. a. O.) höchstrichterlich herausgestellt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Urteil, und zwar für die damalige britische Zone, entschieden, die Verleihung des Betriebsrechts für eine Apotheke dürfe nicht aus Gründen des Schutzes der bestehenden Apotheken wegen eines fehlenden Bedürfnisses versagt werden und § 54 der Preußischen Gewerbeordnung sowie der Erlaß des früheren Oberpräsidenten der Nordrhein-Provinz über die Verleihung von Apothekenbetriebsrechten vom 8. Februar 1946/3. November 1948 sei mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG nicht vereinbar. Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Urteil vom 11. Juni 1958 über die Betriebserlaubnis und die Niederlassungsfreiheit bei Apothekern in Bayern entschieden. Die Entscheidung gilt aber für das gesamte Bundesgebiet, da sie auf Art. 12 Abs. 1 GG gestützt ist und dahin lautet, auf dem Gebiete des Apothekenrechts entspreche der Verfassungslage gegenwärtig allein die Niederlassungsfreiheit, verstanden als das Fehlen objektiver Beschränkungen der Zulassung. Dieser Grundsatzentscheidung waren noch nach Inkrafttreten des GG folgende gesetzliche Regelungen vorangegangen. Das Erste und Zweite Gesetz über die vorläufige Regelung der Errichtung neuer Apotheken (Apothekenstoppgesetz) vom 13. Januar 1953 und vom 23. Dezember 1955 (BGBl 1953 I S. 9 und BGBl 1955 I S. 840), wonach bis zum Inkrafttreten einer bundesgesetzlichen Regelung des Apothekenwesens die Erlaubnis oder Berechtigung zur Errichtung einer Apotheke nur auf Grund der Bestimmungen erteilt werden durfte, die am 1. Oktober 1945 in den einzelnen Ländern des Bundesgebietes galten. Sie wurden durch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts 1 BvF 3/53 vom 30. Mai 1956 (BGBl 1956 I S. 506) für nichtig erklärt.

Für das hier in Frage stehende Land Niedersachsen erging mit Rücksicht auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. November 1956 der Runderlaß des Niedersächsischen Sozialminister vom 20. März 1957 (Niedersächsisches Ministerialblatt 1957 S. 211), wonach immer noch der Antrag auf Erteilung eines Apothekenbetriebsrechts für eine neu zu errichtende Apotheke auch bei persönlicher Eignung abzulehnen war, wenn in dem beabsichtigten Niederlassungsgebiet bereits Apotheken in hinreichender Zahl vorhanden waren; außerdem sollten bei mehreren Anträgen für eine neu zu errichtende Apotheke in demselben Niederlassungsbereich, denen nicht sämtlich entsprochen werden könnte, eine Auswahl über eine bevorzugte Erteilung des Apothekenbetriebsrechts an einen Bewerber erfolgen. Diese verwaltungsmäßige Bedürfnisprüfung fiel erst durch den oben genannten Erlaß des Niedersächsischen Sozialministers vom 11. Juli 1958.

Den Abschluß bildete das bereits genannte ApoG vom 20. August 1960, wonach die Erlaubnis, eine Apotheke zu betreiben, "auf Antrag zu erteilen" ist, wenn der Antragsteller die (persönlichen) Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 des Gesetzes erfüllt.

Wenn auch diese Regelungen und Urteile im wesentlichen nach den hier in Frage stehenden Stichtagen erfolgten, so ergibt sich doch gerade aus der unübersichtlichen Rechtslage, daß damals allenthalben Unklarheiten über Bestehen oder Nichtbestehen und den Wert von Apothekenkonzessionen jeder Art herrschten.

Das Urteil des Bundesfinanzhofs III 211/57 U vom 6. Februar 1959 (BStBl 1959 III S. 167, Slg. Bd. 68 S. 436) gibt für die hier zu treffende Entscheidung keinen Anhalt, da es sich dort um die Fortschreibung des Einheitswerts für ein veräußerliches Apothekenrealrecht auf den 1. Januar 1948 handelt, und der Bundesfinanzhof für diesen Stichtag die im Jahre 1949 für die amerikanische Besatzungszone eingeführte Gewerbefreiheit für Apotheken als noch nicht bestehend angesehen hat. Das gleiche gilt insoweit für das Urteil des Bundesfinanzhofs III 78/55 U vom 17. August 1956 (BStBl 1956 III S. 297, Slg. Bd. 63 S. 256), das die Fortschreibung eines veräußerlichen und vererblichen Apothekenrechts (Apothekenrealrechts) auf den 21. Juni 1948 betrifft. Das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 372/60 S vom 26. September 1963 (BStBl 1963 III S. 565, Slg. Bd. 77 S. 669) behandelt für 1957 die bilanzmäßige Abschreibung bei der gesonderten Gewinnfeststellung und die Berücksichtigung eines in dem Bilanzposten "Betriebsrecht" mitbewerteten Geschäftswerts (bei einer persönlichen Konzession mit Präsentationsrecht). Die Sach- und Rechtslage ist also eine andere als im Streitfall.

Für die Wertfortschreibung von subjektiv-dinglichen Apothekenrechten auf den 1. Januar 1963 schreibt Abschn. 27 Abs. 7 VStR 1953 für die amerikanische Besatzungszone eine Wertfortschreibung auf 0 DM bzw. Nichtansatz eines Einheitswerts, für die britische und französische Besatzungszone eine Aufrechterhaltung der Einheitswerte und zur Wertbemessung eine Fühlungsnahme mit der Oberfinanzdirektion vor, wobei in diesen beiden Zonen die änderung durch die geplante Apothekengesetzgebung vorläufig noch offen blieb. Abschn. 10 der Vermögensteuer- Ergänzungsrichtlinien 1957 teilte (allerdings wohl nur hinsichtlich der früheren britischen und französischen Zone) mit, die Behandlung der Apothekenrechte zum 1. Januar 1957 werde noch besonders geregelt werden. Die Regelung erfolgte dann dahin, daß die Apothekenrealrechte für die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens und für die Vermögensteuer auf den 1. Januar 1957 nur noch mit einem Drittel des Einheitswerts vom 1. Januar 1949, auch bei einer späteren Wertfortschreibung, angesetzt werden sollten (siehe Erlaß der Finanzbehörde Hamburg vom 9. Juni 1959, Finanz-Rundschau 1959 S. 388, der im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen und den Landesfinanzministern (Landesfinanzsenatoren) erging; siehe auch Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 58 BewG, Anm. 13). In Abschn. 23 Abs. 1 VStR 1960 ist bestimmt, für Apothekenrechte keinen Einheitswert mehr anzusetzen und die bestehenden Einheitswerte zum 1. Januar 1960 auf 0 DM fortzuschreiben. Die weiteren Bestimmungen über die anschließende Erfassung eines immateriellen Wirtschaftsgutes bei der Feststellung des Einheitswerts des gewerblichen Betriebes sind hier nicht von Interesse, da der selbständige Einheitswert der Gewerbeberechtigung in Streit befangen ist.

Für die rechtliche Beurteilung kommen zwei unterschiedliche Auffassungen in Frage. Man könnte nämlich der Meinung sein, wenn das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. November 1956 und insbesondere das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 1958 auf Grund des Art. 12 GG eine Niederlassungsfreiheit für Apotheker feststellten, dann bedeute dies, daß seit dem Inkrafttreten des GG eine Apothekengerechtigkeit, auf welcher Grundlage sie auch beruhen möge, nicht mehr als Berechtigung gelte, deren Ausübung allein schon ein Gewerbe begründen würde. Da jeder Apotheker eine Apotheke errichten könne, sei die alte Apothekengerechtigkeit inhaltslos. Einheitswerte für Apothekengerechtigkeiten könnten daher im gesamten Bundesgebiet ab 1. Januar 1950 nicht mehr festgestellt werden. Es liege nicht eine bloße zeitlich fortschreitende Aushöhlung des Werts des subjektiv-dinglichen Apothekenrechts vor, sondern das Recht sei als solches mit dem Inkrafttreten des GG untergegangen. Zeitlich entscheidend sei die seitdem bestehende objektive Rechtslage, nicht erst die spätere Erkenntnis (insbesondere durch die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts) über die Auswirkung des Art. 12 GG.

Dieser Meinung schließt sich der Senat nicht an. Er vertritt folgende andere Auffassung: Durch das Inkrafttreten des GG ist die reale Apothekengerechtigkeit nicht untergegangen. Es handelt sich vielmehr um das zeitlich immer stärker in Erscheinung tretende Absinken des Werts einer an sich fortbestehenden Berechtigung, die durch die Niederlassungsfreiheit anderer Apotheker nicht erloschen ist. Diese Auffassung stützt sich hier auf die dargestellte tatsächliche und rechtliche Entwicklung, die im übrigen wohl als beispielhaft für die frühere britische Besatzungszone anzusehen ist. Mit Rücksicht auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erging der Runderlaß des Niedersächsischen Sozialministers vom 20. März 1957 (a. a. O.), wonach immer noch der Antrag auf Erteilung eines Apothekenbetriebsrechts für eine neu zu errichtende Apotheke auch bei persönlicher Eignung abzulehnen war, wenn in dem beabsichtigten Niederlassungsgebiet bereits Apotheken in hinreichender Zahl vorhanden waren; außerdem sollten bei mehreren Anträgen für eine neu zu errichtende Apotheke in demselben Niederlassungsbereich, denen nicht sämtlich entsprochen werden könnte, eine Auswahl über eine bevorzugte Erteilung des Apothekenbetriebsrechts an einen Bewerber erfolgen. Die objektive Beschränkung der Zulassung, nämlich die Bedürfnisprüfung, wurde erst durch den Runderlaß des Niedersächsischen Sozialministers vom 11. Juli 1958 (a. a. O.) beseitigt.

Vor allem aber ist zu beachten, daß das Bundesverfassungsgericht (und auch das Bundesverwaltungsgericht) nicht die Aufhebung bestehender Apothekenrechte behandelte, sondern die Freigabe der Gründung neuer Apotheken unter Wegfall objektiver Niederlassungsbeschränkungen feststellte. Die alten Apothekenrechte als solche sind weder durch das GG noch durch Gesetzgebung, Rechtsprechung oder Verwaltungsübung aufgehoben worden. Der Senat trägt somit keine Bedenken, in Anlehnung an die VStR, die Ministerialerlasse und die oben wiedergegebene Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen für die hier in Frage stehenden Fortschreibungszeitpunkte eine Bewertung der Apothekengerechtigkeit zu bejahen, bzw. die begehrte Fortschreibung auf 0 DM abzulehnen. In diesem Zusammenhang ist nochmals darauf hinzuweisen, daß die neue Rechtslage auf Grund des Art. 12 GG erst durch die oben genannten Urteile des Bundesverwaltungsgerichts und insbesondere des Bundesverfassungsgerichts nicht nur dem Publikum, sondern auch den beteiligten Wirtschaftskreisen, den Berufsvertretungen und sogar den Landesverordnungsgebern und Landesgesetzgebern in ihrer Bedeutung klar wurde. Bis zur Zeit dieser Erkenntnis sind in Anwendung des Stichtagsprinzips die Apothekengerechtigkeiten als damals tatsächlich noch bestehende und veräußerbare Gewerbeberechtigungen zu bewerten, nachdem sie auch dementsprechend von den beteiligten Fachkreisen behandelt wurden.

Die Höhe der festgestellten Einheitswerte hat die Bfin. im einzelnen nicht angegriffen, sie vielmehr auch in der Rb. bewußt "unerörtert" gelassen und diese Werte als Firmenwerte bezeichnet. Der Firmenwert ist jedoch, solange das Apothekenrecht als Gewerbeberechtigung anzusetzen ist, als solcher außer acht zu lassen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 78/55 U vom 17. August 1956, a. a. O.).

Bei Nachfeststellung der Einheitswerte für Gewerbeberechtigungen sind die Wertverhältnisse vom Nachfeststellungszeitpunkt zugrunde zu legen; § 3 a BewDV findet bei der Bewertung von Gewerbeberechtigungen keine Anwendung (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 301/59 S vom 13. Januar 1961, BStBl 1961 III S. 122, Slg. Bd. 72 S. 323).

Das Finanzgericht hat zutreffend ausgeführt, daß die Wertberechnungen des Finanzamts in Zusammenarbeit mit der Oberfinanzdirektion und der Apothekenkammer nicht zu beanstanden sind, jedenfalls enthalten diese tatsächlichen Feststellungen weder einen Rechtsirrtum noch einen Verstoß gegen den klaren Akteninhalt oder die Denkgesetze, so daß der Bundesfinanzhof bei der beschränkten Natur der Rb. (§§ 288, 296 AO) an sie gebunden ist, ohne Prüfung, ob die Vorinstanz zu ihnen kommen mußte, es genügt, daß sie zu ihnen kommen konnte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411401

BStBl III 1965, 3

BFHE 1965, 6

BFHE 81, 6

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