Leitsatz (amtlich)
Ein zu Unrecht ausgezahlter Ausfuhrerstattungsbetrag ist von demjenigen zurückzuzahlen, der die Erstattung im eigenen Namen beantragt hat und dem daraufhin auf Grund eines an ihn gerichteten Bescheids gezahlt worden ist, auch wenn er nicht erstattungsberechtigt war und der Erstattungsbescheid an den Erstattungsberechtigten hätte gerichtet werden müssen.
Normenkette
EWGV 1041/67 Art. 5; VO AusfErst EWG 1968 § 6 Abs. 2, § 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b; BGB §§ 812 ff.
Tatbestand
Die im Freihafen Hamburg als Schiffsausrüsterin zugelassene Tochterfirma B der Klägerin meldete 1970/71 mit vier Kontrollexemplaren – in zwei Fällen vertreten durch die Klägerin – vier Partien Butter. Käse und Milch als Bezug von Schiffsausrüsterware im Freihafen an. Das Freihafenamt übersandte nach Prüfung der Anmeldungen und Erteilung der Kontrollexemplare jeweils deren Fünftstück an das HZA. Mit Schreiben vom 29. Januar 1970 zeigte B dem HZA an, daß sie ihre gesamten Ansprüche aus Lieferungen von Erstattungswaren für Schiffsbedarf an die Klägerin abtrete und daß diese Erklärung Gültigkeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1970 haben solle. Mit Schreiben vom 18. Januar 1971 zeigte B dem HZA an, daß sie ihre Ansprüche aus Anträgen auf Ausfuhrerstattung für Ausfuhren in Drittländer an die Klägerin abtrete und daß diese Erklärung vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1971 Gültigkeit haben solle. Unter Verwendung des in § 6 Abs. 1 der Verordnung Ausfuhrerstattung EWG vom 21. Januar 1968 – VO AusfErst EWG 1968 – (Bundesanzeiger – BAnz – Nr. 18 vom 26. Januar 1968. Bundeszollblatt 1968 S. 86, 807 – BZBl 1968, 86, 807) i. d. F. vom 21. November 1969 (BAnz Nr. 222 vom 29. November 1969, BZBl 1969, 1401) vorgeschriebenen Antragsformulars (vgl. BZBl 1968, 141) beantragte die Klägerin jeweils die Erstattung, wobei sie in dem dafür vorgesehenen Feld als Antragstellerin angegeben war und der unter 1. darzulegende Antrag auf den formularmäßig vorgedruckten Namen der Klägerin lautete, unter 1 Ziff. 3 (Bestimmungsland/-zone) war B mit dem Zusatz „Schiffsbedarf” oder „Schiffsausrüstung” angeführt. Am Ende des Antragsfeldes 1 war von einem Beamten des HZA bei drei Antrügen vermerkt „Global Abtr.-Erklärg. liegt vor”, heim Antrag vom 10. Dezember 1970 „Globalvollm. liegt vor”. Unter II der Anträge erteilte das HZA jeweils „An Antragsteller” die begehrten Erstattungsbescheide und überwies die festgesetzten Beträge auf die in den Anträgen angegebenen Konten der Klägerin. Zum Teil auf Antrag der Klägerin forderte das HZA Teilbeträge der gewährten Erstattungen zurück, soweit die Ware ihrer Bestimmung nicht zugeführt worden war.
Mit ihren dagegen einelegten Einsprüchen machte die Klägerin gellend, daß nicht sie, sondern B passiv legitimiert sei. B sei in den Kontrollexemplaren gegenüber dem Freihafenamt als Antragstellerin aufgetreten. Der nach § 6 VO AusfErst EWG einzureichende Antrag könne nicht als maßgebende Erklärung angesehen werden (vgl. Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften EGH – vom 6. Juni 1972 Rs. 94/71, EGHE 1972, 307).
Das Finanzgericht (FG) wies nach den erfolglosen Einsprüchen die Klage als unbegründet ab.
Es führte aus, die Klägerin habe die Erstattungsanträge nach dem ausgefüllten Muster im eigenen Namen abgegeben. Es fehle jeder Hinweis auf eine Vollmachtserteilung durch B. Die Klägerin sei auch der richtige Adressat der streitigen Rückforderungsbescheide gewesen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 13. Juli 1971 VII R 101/68, BFHE 103, 377). B habe ihre Erstattungsansprüche an die Klägerin abgetreten. Habe eine Behörde durch Verwaltungsakt einer bestimmten Person ein Recht verliehen, nämlich einen Erstattungsbescheid erteilt, so könne die dadurch begründete Rechtsstellung nur durch einen an dieselbe Person gerichteten Verwaltungsakt wieder beseitigt werden.
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, daß die Abgabe des ausgefüllten Kontrollexemplars als Erstattungsantrag anzusehen sei (vgl. EGH-Urteil vom 22. Januar 1975 Rs. 55/74, EGHE 1975, 9). Danach sei B als Antragstellerin und als passiv legitimiert für die Rückforderungsbescheide anzusehen. Die Erstattungsanträge nach § 6 VO AusfErst EWG seien lediglich Wiederholungen der bereits wirksam gestellten, die Verfahren auslösenden Anträge in der vom innerstaatlichen Recht vorgeschriebenen Form, also keine rechtserheblichen Willenserklärungen. Für sie, die Klägerin, habe als gegenüber B und dem HZA verfahrensfremde Dritte keine Möglichkeit bestanden, sich im Erstattungsverfahren als Antragstellerin zu gerieren. Habe dies das HZA gleichwohl zugelassen, so habe dies nur in der Annahme geschehen können, daß sie diese Angaben als Stellvertreterin von B gemacht habe. In 14 der nationalen Antragsformulare sei auf das Kontrollexemplar Bezug genommen, also auf den Erstattungsantrag von B. Das FG habe daraus allenfalls schließen können, daß es sich bei ihrem im Kopf der Formulare vorgedruckten Namen um eine offensichtlich unrichtige bzw. unvollständige Angabe über den wahren Antragsteller gehandelt habe. Die Formulierung „Wir beantrage(n) Ausfuhrerstattung” in den Formularen gehe über eine bloße Wiederholung nicht hinaus, da § 6 VO AusfErst EWG nach dem EGH-Urteil Rs. 94/71 allenfalls die Bedeutung habe, daß der bereits nach Gemeinschaftsrecht gestellte Antrag in dem Formular zu wiederholen sei. Eine eigenständige Bedeutung komme den nationalen Erstattungsanträgen nicht zu. Da die in den Kontrollexemplaren enthaltenen Erklärungen unbestritten vom richtigen Aussteller stammten, sei ein Widerspruch in der Wiederholungshandlung nicht geeignet gewesen, Zweifel an der Richtigkeit der in den Kontrollexemplaren enthaltenen Erklärungen zu begründen. Vielmehr sei die Wiederholungshandlung offensichtlich unrichtig gewesen.
Wenn auch das Gemeinschaftsrecht kein generelles Abtretungsverbot kenne, so führe doch die Abtretung der Erstattungsansprüche nicht „zwingend” zu einer Änderung in der Person des Antragstellers. Die Abtretung habe sich ungeachtet der in den Abtretungsanzeigen gewählten Formulierungen nicht auf die von bzw. für B gestellten Erstattungsanträge bezogen. Abtretbar seien nur Forderungen und Rechte (§§ 398, 401, 413 BGB), nicht jedoch Willenserklärungen. Ein Antrag sei wie eine Klage nicht abtretbar (vgl. Baumbach-Lauterbach, Zivilprozeßordnung, § 265 Anm. 1). Nach einem allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatz dürfe ein Antragsteller durch Abtretung oder Veräußerung des Verfahrensgegenstandes nicht aus seiner Verfahrensstellung als Antragsteller ausscheiden. Die Worte „An Antragsteller” in den Erstattungsbescheiden seien so auszulegen, daß sie an B als einzigen und wahren Antragsteller gerichtet seien.
Das HZA führt aus, daß das EGH-Urteil Rs. 94/71 genau die Grenzen abgesteckt habe, innerhalb derer es über die im Vorabentscheidungsverfahren gestellten Fragen habe entscheiden wollen. Es habe den Auslegungsantrag nur dahin verstanden, klarzustellen, ob in der Erklärung des Ausführers und damit auch in der Vorlage der Ausgangsbescheinigung nach Art. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 1041/67 – VO (EWG) 1041/67 – (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften – AblEG – Nr. 314/9 vom 23. Dezember 1967) bei der Zollstelle ein ordnungsgemäßer Erstattungsantrag enthalten sei … oder oh dieser Staat den Erstattungsanspruch von der Einreichung eines gesonderten Antrags abhängig machen dürfe, dessen Form und Einzelheiten er regele und bei dessen Nichtvorlage binnen der Sechsmonatsfrist des Art. 10 Abs. 2 der VO (EWG) 1041/67 der Ausführer den Erstattungsanspruch verliere. Andererseits habe der EGH ausdrücklich anerkannt, daß der Vollzug einer EWG-Verordnung grundsätzlich nach den Form- und Verfahrensvorschriften des nationalen Rechts zu geschehen habe, wenn er, wie hier, den nationalen Behörden obliege. Deshalb könnten die Mitgliedstaaten aus Gründen ihres Dienstbetriebs ihrer Verwaltungen die Ausführer verpflichten, auch noch einen Antrag in der vom innerstaatlichen Recht vorgeschriebenen Form einzureichen. Dabei dürfe jedoch die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung nicht mit der Sanktion des Wegfalls des Erstattungsanspruchs belegt werden. Damit habe der EGH gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, daß die Forderungen nach diesem Antrag wie auch die Form- und Verfahrensvorschriften der Antragstellung nach nationalem Recht zu regeln seien. Dies gelte auch hier. Demnach könne die Klägerin aus dem EGH-Urteil nicht herleiten, daß B Antragsteller gewesen sei und Adressat des Rückforderungsbescheids hätte sein müssen.
Die Revision kann keinen Erfolg haben.
Die Passivlegitimation für die Rückforderung einer zu Unrecht gewährten Ausfuhrerstattung richtet sich mangels besonderer Bestimmungen nach den auch im öffentlichen Recht maßgebenden in §§ 812 ff. BGB zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken der ungerechtfertigten Bereicherung (s. Weber, Der Erstattungsanspruch, 1970, S. 32 ff.; BFH-Urteil vom 20. Januar 1976 VII R 76/73, BFHE 118, 265). Nach dem hierbei geltenden Grundsatz der Unmittelbarkeit darf die Vermögensverschiebung zwischen dem Benachteiligten und dem Bereicherten nicht auf dem Umweg über ein fremdes Vermögen erlangt sein (s. Urteile des Bundesgerichtshofs – BGH – vom 21. Dezember 1961 III ZR 130/60, BGHZ 36, 233, und vom 31. Oktober 1963 VII ZR 285/61, BGHZ 40, 272). Die Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung ist nicht gegeben, wenn der zwischengeschaltete Empfänger der Leistung nur im wirtschaftlichen Interesse des anderen gehandelt und dessen Erwerb vermittelt hat (s. BGH – Entscheidung vom 27. April 1961 VII ZR 4/60, Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, Nr. 47 zu § 812 BGB, Neue Juristische Wochenschrift 1961 S. 1461 – NJW 1961, 1461 –; Palandt-Thomas, Bürgerliches Gesetzbuch, 35. Aufl., § 812 Anm. 5 B b bb). Tritt der tatsächliche Empfänger der Leistung nicht offen als Vertreter für einen anderen auf, so vollzieht sich die Vermögensverschiebung unmittelbar zwischen ihm und dem Benachteiligten mit der Folge, daß der tatsächliche Leistungsempfänger das zu Unrecht Empfangene an den Leistungsgeber herauszugeben hat. Diesen Grundsätzen entspricht es nach dem für das Erstattungsrecht gellenden allgemeinen Verwaltungsrecht, daß ein leistungsgewährender Verwaltungsakt zugunsten eines Antragstellers nur diesem gegenüber ganz oder teilweise zurückgenommen werden kann, wenn die Voraussetzungen, unter denen er ergangen ist, weggefallen sind (s. BFH-Urteil vom 13. Juli 1971 VII R 101/68, BFHE 103, 377). Wer danach einen Ausfuhrerstattungsbetrag im eigenen Namen bei der zuständigen Behörde beantragt und diesen aufgrund eines an ihn gerichteten Erstattungsbescheids erhalten hat, ist zur Rückzahlung des hierbei zu Unrecht empfangenen Betrages verpflichtet (vgl. für die Rückzahlung einer zu Unrecht gezahlten Subvention das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts – BVerwG; – vom 26. Februar 1965 VII C 71/63, BVerwGE 20, 295, NJW 1965, 1344).
Diese Rechtslage wird auch von der Klägerin im Grunde nicht in Frage gestellt. Sie ist jedoch der Auffassung, daß im Streitfall nicht sie selbst, sondern B antragsberechtigt und auch Erstattungsempfängerin gewesen sei. Nach den vorstehenden Ausführungen kommt es aber für die Frage, wer im Falle einer zu Unrecht gezahlten Ausfuhrerstattung zur Rückzahlung verpflichtet ist, nicht darauf an, wer Erstattungs- und Antragsberechtigter ist und ob seine Rechte überhaupt abtretbar sind. Soweit sich das FG mit diesen Fragen befaßt hat und einzelne seiner Ausführungen von der Revision angegriffen sind, braucht deshalb nicht darauf eingegangen zu werden. Entscheidend ist allerdings, wer tatsächlich bereichert ist, den Erstattungsbetrag also zu Unrecht erhalten hat. Daß das die Klägerin war, hat das FG in nicht zu beanstandender Weise und damit für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt (wird ausgeführt).
Fundstellen
Haufe-Index 510418 |
BFHE 1977, 424 |