Entscheidungsstichwort (Thema)
Landwirtschaftliche Buchführungspflicht
Leitsatz (NV)
1. Land- und Forstwirte, die selbstbewirtschaftete land- und forstwirtschaftliche Flächen mit einem Wirtschaftswert von mehr als 40 000 DM haben, sind verpflichtet, für diese Betriebe Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen.
2. Die Buchführungspflicht ist jedoch erst vom Beginn des Wirtschaftsjahres an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung folgt, durch die die Finanzbehörde auf den Beginn der Buchführungspflicht hingewiesen hat. Die Mitteilung ist ein Verwaltungsakt, der zu seiner Wirksamkeit einen gewissen Mindestinhalt aufweisen muß.
Normenkette
AO § 141 Abs. 1, 2 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie pachteten zum 1. Juli 1978 einen ca. 40 ha großen landwirtschaftlichen Betrieb. Die steuerlich beratenen Kläger ermittelten in der Folge ihren Gewinn nicht durch Vermögensvergleich, sondern machten lediglich Angaben zur Gewinnermittlung nach § 13 a des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ermittelte im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen 1978 bis 1980 die Gewinne jedoch durch Schätzung nach den Grundsätzen des Vermögensvergleichs; in den Einkommensteuerbescheiden wurde darauf hingewiesen, daß der Buchführungspflicht nicht genügt worden sei. Im Bescheid über die Festsetzung der Einkommensteuervorauszahlung 1980 vom 4. Dezember 1980 führte das FA aus: ,,Ich weise darauf hin, daß die Pflicht zur Führung von Büchern weiterhin bestehen bleibt, da bei Übernahme eines Betriebs im ganzen (auch bei Pachtung) die Buchführungspflicht übergeht." In der Anlage zu dem an beide Kläger gerichteten Einkommensteuerbescheid 1980 teilte das FA mit: ,,Ich weise darauf hin, daß Sie auch weiterhin zur Führung von Büchern verpflichtet sind, da der Wirtschaftswert mehr als 40 000 DM beträgt (. . . ha x . . . ha-Wert = . . . DM). Hinweis auf § 141 Abs. 1 Ziff. 3 AO". Der Einkommensteuerbescheid erging am 19. November 1982.
Auf den Einspruch der Kläger hob das Finanzamt die Einkommensteuerbescheide 1978 bis 1980 auf und ermittelte den Gewinn nunmehr nach § 13 a EStG; so verfuhr es auch für die Jahre 1981 und 1982. Für die Veranlagung 1983 schätzte das Finanzamt dagegen den Gewinn des Wirtschaftsjahres 1983/84 nach den Grundsätzen des Vermögensvergleichs; es ging davon aus, daß die Buchführungspflicht durch die Mitteilung in der Anlage zum Einkommensteuerbescheid 1980 vom 19. November 1982 begründet worden sei. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.
Hiergegen richtet sich die vom Finanzgericht (FG) zugelassene Revision der Kläger, mit der die Verletzung von Vorschriften der Abgabenordnung (AO 1977) gerügt wird.
Die Kläger beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Einkommensteuer 1983 auf . . . DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Wie die Kläger nicht verkennen, sind sie der Sache nach verpflichtet, für ihren Betrieb Bücher zu führen. Die Verpflichtung bestand zwar nicht schon deswegen, weil der Verpächter des landwirtschaftlichen Betriebs seinerseits buchführungspflichtig war. Gemäß § 141 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 in der bei Beginn der Pachtung im Jahre 1978 geltenden Fassung wäre die Buchführungspflicht des Verpächters nicht auf den Pächter übergegangen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. April 1983 IV R 80/80, BFHE 138, 320, BStBl II 1983, 617). Erst durch Gesetz vom 25. Juni 1980 (BGBl I, 732, BStBl I, 400) ist vorgesehen worden, daß die Verpflichtung auch auf einen Steuerpflichtigen übergeht, der den Betrieb als Nutzungsberechtigter übernimmt. Die Kläger waren jedoch in eigener Person buchführungspflichtig, weil der Wirtschaftswert der von ihnen selbst bewirtschafteten landwirtschaftlichen Fläche unstreitig mehr als 40 000 DM ausmachte (§ 141 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977).
2. Nach § 141 Abs. 2 AO 1977 ist die Buchführungspflicht vom Steuerpflichtigen jedoch erst vom Beginn des Wirtschaftsjahres an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung erfolgt, durch die die Finanzbehörde auf den Beginn der Buchführungspflicht hingewiesen hat. Die Mitteilung hat als rechtsgestaltender Verwaltungsakt selbständige Bedeutung (BFH-Urteil vom 2. Dezember 1982 IV R 8/82, BFHE 137, 215, BStBl II 1983, 254).
Ein derartiger Verwaltungsakt kann allerdings in den mit den Einkommensteuerbescheiden verbundenen Erläuterungen nicht gesehen werden, daß die Einkünfte geschätzt worden seien, weil der Buchführungspflicht nicht genügt worden sei. Ob in der Mitteilung vom 4. Dezember 1980, daß die Buchführungspflicht mit der Pachtung übergegangen sei und fortbestehe, ein auf die Erfüllung der Buchführungspflicht gerichteter Verwaltungsakt angesehen werden kann, läßt der Senat offen. Jedenfalls ergibt sich ein derartiger Regelungsinhalt aber eindeutig aus der Mitteilung vom 19. November 1982. Daß auch dieser Mitteilung möglicherweise die Auffassung zugrunde liegt, die Buchführungspflicht sei bereits mit der Pachtung des Betriebs begründet worden, hat keine Bedeutung; in ihr wird jedenfalls geregelt, daß die Kläger buchführungspflichtig seien und dieser Pflicht zu genügen hätten, und gleichzeitig wird auf den in der Person der Kläger erfüllten Tatbestand des § 141 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 hingewiesen.
3. Der Wirksamkeit dieses Verwaltungsakts steht nicht entgegen, daß in ihm für den Beginn der Buchführungspflicht kein Zeitpunkt genannt worden ist. Der Wortlaut des § 141 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 verlangt einen derartigen Hinweis nicht; danach ist vielmehr die Buchführungspflicht von Beginn des Wirtschaftsjahres an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung folgt. Auch aus der Rechtsprechung ergibt sich nicht, daß der Steuerpflichtige stets auf den Zeitpunkt des Beginns der Buchführungspflicht hingewiesen werden müsse. In der Entscheidung vom 17. Oktober 1985 IV R 187/83 (BFHE 144, 400, BStBl II 1986, 39) hat der Senat lediglich zugunsten des Revisionsführers unterstellt, daß die Angabe des Datums, insbesondere aber des Wirtschaftsjahres, von dem ab Bücher zu führen seien, zum erforderlichen Inhalt der Mitteilung gehöre; hierauf kam es im Urteilsfall nicht an, weil dies bereits bei der gebotenen Auslegung der Mitteilung für den Steuerpflichtigen deutlich war.
In seiner weiteren Entscheidung vom 3. Dezember 1987 IV R 4/87 (BFHE 152, 113, BStBl II 1988, 269) hat der Senat Angaben hinsichtlich des Beginns der Buchführungspflicht für erforderlich gehalten, wenn nach den Verhältnissen des Betriebs unterschiedliche Wirtschaftsjahre aufgrund von § 4 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Satz 2 EStG i. V. m. § 8 c Abs. 2 der Einkommensteuer - Durchführungsverordnung (EStDV) in Frage kämen und in diesem Fall zumindest die Festlegung des Wirtschaftsjahres verlangt. Hierauf können sich die Kläger aber nicht berufen, weil der Wirtschaftswert unstreitig allein auf landwirtschaftlich genutzte Flächen zurückging und für die Kläger kein vernünftiger Zweifel bestehen konnte, daß für sie allein das landwirtschaftliche Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis zum 30. Juni in Frage komme.
4. Der Senat tritt auch der Auffassung des FG bei, daß sich die Mitteilung über die Buchführungspflicht an beide Eheleute richtete, daß sie dem Einkommensteuerbescheid 1980 beigefügt war, der beiden Eheleuten bekanntgegeben worden ist. Daß der Verwaltungsakt nur in einer Ausfertigung übersandt worden ist, hindert seine wirksame Bekanntgabe gegenüber den Ehegatten nicht (vgl. BFH-Urteil vom 9. April 1987 IV R 192/85, BFHE 149, 418, BStBl II 1987, 540).
Fundstellen
Haufe-Index 416718 |
BFH/NV 1990, 617 |