Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Aufwendungen eines buchführenden Landwirts für die Planierung von bisher anderweitig landwirtschaftlich genutztem Grund und Boden sind als Bodenverbesserungskosten sofort abzugsfähige Betriebsausgaben.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1 S. 5, Abs. 4

 

Tatbestand

Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Bodenbearbeitungskosten (Planierungsaufwendungen) als Betriebsausgaben.

Der Steuerpflichtige ist buchführender Landwirt. Sein landwirtschaftlicher Besitz umfaßte im Wirtschaftsjahr 1955/56 rund 126 ha, wovon rund 41 ha auf landwirtschaftlich genutzte Fläche und rund 85 ha auf ödland und Gewässer entfielen. Im gleichen Wirtschaftsjahr ließ er durch einen Meliorationsverband ca. 6,5 ha ödland, das bisher nur als Schafweide benutzt wurde, planieren. Die Kosten hierfür betrugen 11 369 DM, wovon der Steuerpflichtige 5098 DM zu tragen hatte, während den Rest von 6271 DM staatliche Förderungsstellen und der Meliorationsverband selbst aufbrachten. Der Steuerpflichtige will den Betrag von 5098 DM im Wirtschaftsjahr 1955/56 als Betriebsausgabe abziehen, was im Veranlagungszeitraum 1955 eine Einkommensminderung von 2549 DM zur Folge haben würde.

Das Finanzamt lehnte den Abzug als Betriebsausgabe ab. Es ist der Auffassung, es handle sich bei diesen Kosten um nachträglichen Anschaffungsaufwand auf den Grund und Boden im Sinne des Urteils des Reichsfinanzhofs VI 134/38 vom 2. November 1938 (RStBl 1939 S. 125).

Der Steuerpflichtige dagegen ist der Ansicht, es handle sich um Bodenverbesserungskosten, die nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (Urteil VI 420/39 vom 11. Oktober 1939, RStBl 1940 S. 28) als Betriebsausgaben sofort abzugsfähig seien.

Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht dem Steuerpflichtigen auf dessen Berufung Recht. Es ging davon aus, daß durch die Planierung eine besondere Anlage im oder auf dem Grund und Boden, die nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs als besonderes Wirtschaftsgut zu aktivieren sei, nicht errichtet worden sei. Es liege auch kein Fall der Urbarmachung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Unland vor, wie ihn der Reichsfinanzhof in der Entscheidung VI 420/39 zu beurteilen hatte. Die Kosten seien innerhalb des landwirtschaftlichen Betriebes des Steuerpflichtigen angefallen, wobei keine Rolle spiele, daß der Steuerpflichtige die Arbeiten nicht mit eigenen Arbeitskräften habe ausführen lassen. Von nachträglichen Anschaffungskosten auf den Grund und Boden könne schon deswegen nicht gesprochen werden, weil der Steuerpflichtige seit 1936 selbständiger Landwirt sei und es sich um Kosten handle, die erst nach nahezu 20 Jahren angefallen seien. Der Sachverhalt sei dem vom Urteil des Reichsfinanzhofs VI 183/42 vom 2. Dezember 1942 (RStBl 1943 S. 10) entschiedenen Falle ähnlich, in dem der Reichsfinanzhof die Kosten für die Auflage einer Lehmschicht auf ca. 2,6 ha Sandboden als Bodenverbesserungskosten und damit als Betriebsausgaben anerkannt habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet.

Dem Finanzgericht ist zunächst darin beizutreten, daß die streitigen Aufwendungen nicht der Gewinnung (Anschaffung, Herstellung) des nackten Grund und Bodens (vgl. zu diesem Begriff zuletzt Urteil des Bundesfinanzhofs I 17/60 S vom 14. März 1961, BStBl 1961 III S. 398, Slg. Bd. 73 S. 359) als solchem dienten. Hierbei scheidet der Gedanke des anschaffungsnahen Aufwandes schon deshalb aus, weil die Aufwendungen Teile des Grund und Bodens betreffen, die der Steuerpflichtige schon nahezu 20 Jahre in Bewirtschaftung hat. Aber auch die Annahme, es lägen Aufwendungen zur Urbarmachung des Grund und Bodens (Kultivierungskosten) vor, hat das Finanzgericht mit Recht für den Streitfall abgelehnt. Solche Aufwendungen sind nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs VI 134/38, a. a. O., anzunehmen, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise dem Erwerb oder der Herstellung des Grund und Bodens gleichkommen. Es müssen Aufwendungen sein, die den Landwirt erst in die Lage versetzen, ein für seinen landwirtschaftlichen Betrieb erforderliches notwendiges Wirtschaftsgut zu erzeugen oder bei änderung der Nutzungsart ein Wirtschaftsgut derartig umzugestalten, daß es für den erstmals beabsichtigten landwirtschaftlichen Zweck objektiv geeignet ist. Das wäre z. B. dann der Fall, wenn der Landwirt sogenanntes Unland im Sinne des § 15 BewDV für land- und forstwirtschaftliche Zwecke herrichten läßt. Im Streitfall aber hat die planierte ödlandfläche bisher objektiv einem landwirtschaftlichen Zweck, nämlich der Schafhaltung, gedient. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich um ödland (nunmehr Abbauland im Sinne von § 13 Abs. 2 Ziff. 1 BewDV) oder nur um sogenanntes unwirtschaftliches Grünland oder Geringstland gehandelt hat.

Fraglich könnte hiernach nur noch sein, ob die Aufwendungen sofort als Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG abgezogen werden können oder als Anlagen im oder auf dem Grund und Boden zu aktivieren sind. Mit Recht stützt sich das Finanzgericht für seine Auffassung, es handle sich um sofort abzugsfähige Bodenverbesserungsaufwendungen, auf das Urteil des Reichsfinanzhofs VI 183/42, a. a. O. Aktivierungspflichtige Aufwendungen liegen hiernach nur vor, wenn es sich um die Herstellung beweglichen Anlagekapitals handelt (vgl. auch das Urteil des Reichsfinanzhofs VI 719/38 vom 4. Januar 1939, RStBl 1939 S. 297). Es muß sich um Anlagen handeln, die sich schon rein äußerlich von dem Grund und Boden als solchem abheben. Das ist hier nicht der Fall. Wie in der Entscheidung VI 183/42 besonders betont ist, macht es auch keinen Unterschied, ob durch die Aufwendungen eine geologisch-agronomische oder kulturtechnische Bodenverbesserung eingetreten ist. Der Reichsfinanzhof hat mit Recht ausgeführt, daß eine solche Unterscheidung im Einzelfall sehr schwierig ist und es darauf nicht ankommen kann. Ohne Bedeutung ist auch, daß die Planierungsarbeiten gegebenenfalls zu einer Ertrags- bzw. Werterhöhung des Grund und Bodens geführt haben (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs VI 719/38 vom 4. Januar 1939, a. a. O.), bzw. späteren Jahren zugute kommen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 152/27 vom 11. Mai 1927, RStBl 1927 S. 176, Slg. Bd. 21 S. 163).

Die Rb. war hiernach als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410708

BStBl III 1963, 207

BFHE 1963, 567

BFHE 76, 567

DStR 1962/63, 389

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