Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkursantrag des FA - Feststellungsklage
Leitsatz (NV)
1. Gegen einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens des FA ist der Finanzrechtsweg gegeben.
2. Zur Zulässigkeit einer Feststellungsklage bzw. Fortsetzungsfeststellungsklage betreffend den Konkursantrag, wenn das Konkursgericht den Eröffnungsantrag mangels Masse abgelehnt hat.
3. Soll die Feststellungsklage der erleichterten Verfolgung von Schadensersatzansprüchen vor den Zivilgerichten (Amtshaftung) dienen, so fehlt ihr das Feststellungsinteresse, wenn der Anspruch aus der Amtspflichtverletzung verjährt ist.
Normenkette
FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, § 41 Abs. 1, § 100 Abs. 1 S. 4; BGB §§ 839, 852 Abs. 1
Tatbestand
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) beantragte beim Amtsgericht die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, weil diese ihren steuerlichen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachgekommen und die Vollstreckung erfolglos geblieben war. Diesen Antrag lehnte das Amtsgericht ab, da keine den Kosten des Verfahrens entsprechende Masse vorhanden und ein zur Kostendeckung entsprechender Betrag nicht vorgeschossen war. Die von der Klägerin gegen diese Entscheidung beim Landgericht eingelegte sofortige Beschwerde blieb erfolglos. Am . . . wies das Oberlandesgericht (OLG) auch die weitere sofortige Beschwerde der Klägerin zurück, womit die Ablehnung der Konkurseröffnung mangels Masse in Rechtskraft erwuchs. Die Klägerin befindet sich seitdem in Liquidation (§ 1 des Gesetzes über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften - LöschG - vom 9. Oktober 1934, RGBl I, 914).
Neben diesem Rechtsmittel legte die Klägerin beim FA Beschwerde gegen dessen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens ein, die die Oberfinanzdirektion (OFD) als unzulässig verwarf. Mit der beim Finanzgericht (FG) erhobenen Klage beantragte die Klägerin festzustellen, daß der Antrag des FA an das Amtsgericht auf Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen rechtswidrig war, und die Beschwerdeentscheidung aufzuheben.
Das FG wies die Klage mangels Feststellungsinteresses als unzulässig ab. Sein Urteil ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1989, 237 veröffentlicht.
Mit der vom FG zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, das FG habe zu Unrecht den Konkursantrag des FA als schlichtes Verwaltungshandeln und nicht als Verwaltungsakt beurteilt. Die Eigenschaft des Konkursantrags als Verwaltungsakt gemäß § 118 der Abgabenordnung (AO 1977) folge daraus, daß dieser die Feststellung beinhalte, die Voraussetzungen für die Eröffnung des Konkursverfahrens lägen vor. Ferner handele es sich um eine Ermessensentscheidung, deren Regelungswirkung nach außen sich im Streitfall daraus ergebe, daß das FA unter sachfremden Erwägungen mit dem Konkursantrag die wirtschaftliche Existenz der Klägerin und ihres ehemaligen Geschäftsführers habe vernichten sowie strafrechtliche und berufsrechtliche Maßnahmen gegen den Geschäftsführer habe in die Wege leiten wollen. Das FG habe auch nicht beachtet, daß der Konkursantrag wegen der Ermittlungsbefugnisse des Konkursgerichts nach § 75 der Konkursordnung (KO), der nach § 106 KO möglichen Sicherungsmaßnahmen, der Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis bei Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse (§ 107 Abs. 2 Satz 1 KO) und der Auflösung einer Gesellschaft als Rechtsfolge eines solchen rechtskräftigen Beschlusses (§ 1 LöschG) unmittelbare Außenwirkungen gegenüber dem Schuldner entfalte. Als Verwaltungsakt sei der Konkursantrag aber unwirksam, da er ihr, der Schuldnerin, nicht bekanntgegeben worden sei.
Das FG habe ihre Klage zutreffend als Feststellungsklage angesehen. Eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage wäre unzulässig gewesen, da nach Zurückweisung des Konkursantrags gemäß § 107 Abs. 1 KO der Konkursantrag als Verwaltungsakt überholt gewesen sei. Es habe somit für sie nur noch die Möglichkeit bestanden, Feststellungsklage nach § 41 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu erheben. Mit dieser Klage könne die Feststellung der Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit des Konkursantrags begehrt werden. Das besondere Feststellungsinteresse liege entgegen der Auffassung des FG vor.
Sie, die Klägerin, sei im Handelsregister noch nicht gelöscht worden und verfüge noch über erhebliches Vermögen. Daraus ergebe sich die Gefahr, daß das FA seinen Konkursantrag zum Zwecke der Existenzvernichtung wiederholen oder sonstige Vollstreckungsmaßnahmen ergreifen werde. Es bestehe ebenso ein berechtigtes Interesse an der Beseitigung der Folgen eines Konkursantrags, wie es die Rechtsprechung für die Folgen einer aufgehobenen Pfändungsverfügung anerkannt habe. Bei der vorliegenden Feststellungsklage trete ihr Rehabilitierungsinteresse offen zutage. Es folge daraus, daß schon von dem Konkursantrag selbst erhebliche nachteilige Wirkungen auf die wirtschaftliche Situation des Schuldners ausgingen, wie z. B. eine Kreditsperre infolge Rufgefährdung. Ein mangels Masse abgelehnter Antrag auf Konkurseröffnung führe zur Löschung der Gesellschaft, woraus sich ebenfalls ein schutzwürdiges Interesse und ein Folgenbeseitigungsanspruch ergebe. Die Auffassung des FG, daß sich ihr Feststellungsinteresse nicht auf einen noch zu führenden Amtshaftungsprozeß gründen lasse, stehe schließlich im Widerspruch zur herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum. Dabei sei es unerheblich, daß sie nicht von einer Anfechtungsklage zur Fortsetzungsfeststellungsklage übergegangen sei, sondern von Anfang an eine Feststellungsklage erhoben habe.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen aufzuheben, hilfsweise festzustellen, daß dieser Antrag rechtswidrig und wegen fehlender Bekanntgabe gegenüber ihr, der Klägerin, nicht wirksam geworden sei.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Das FG hat für den vorliegenden Rechtsstreit den Finanzrechtsweg zu Recht bejaht.
Die Klägerin wendet sich gegen den beim Amtsgericht gestellten Antrag des FA, das Konkursverfahren über ihr Vermögen zu eröffnen; sie begehrt, die Rechtswidrigkeit des Antrags festzustellen bzw. ihn aufzuheben. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich nach der Rechtsnatur des vorliegenden Klagebegehrens, nach der sich die Frage des Rechtswegs bestimmt (Beschluß des Senats vom 16. Juli 1985 VII B 53/85, BFHE 143, 523, BStBl II 1985, 553), um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit über Abgabenangelegenheiten (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO), zu denen alle mit der Verwaltung der Abgaben zusammenhängenden Angelegenheiten gehören (§ 33 Abs. 2 Satz 1 FGO) und somit auch die streitbefangene Maßnahme der Finanzbehörde, die der Verwirklichung der Abgabenansprüche im Wege der Gesamtvollstreckung dient. Wegen der weiteren Begründung kann insoweit auf die zutreffenden Ausführungen der Vorentscheidung, denen sich der Senat anschließt, und auf die dort zitierten Rechtsprechungshinweise verwiesen werden.
Der erkennende Senat ist bereits bisher in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, daß gegen Konkursanträge des FA gerichtlicher Rechtsschutz auf dem Rechtsweg zu den FG erlangt werden kann (vgl. Beschlüsse vom 1. März 1978 VII B 41/77, BFHE 124, 311, BStBl II 1978, 313; vom 23. Juli 1985 VII B 29/85, BFH/NV 1986, 41; vom 26. April 1988 VII B 176/87, BFH/NV 1988, 762). Das gilt nicht nur - wie in den zitierten Beschlüssen entschieden - für den vorläufigen Rechtsschutz, sondern auch für gerichtliche Hauptverfahren mittels Klage und Revision, denn für den vorläufigen und den endgültigen Rechtsschutz muß derselbe Rechtsweg gegeben sein (Beschluß des Senats vom 12. Oktober 1971 VII B 23/71, BFHE 103, 47, BStBl II 1971, 813).
Für die Frage des Rechtsweges kommt es nicht darauf an, ob der Konkursantrag des FA einen Verwaltungsakt darstellt; es ist auch unerheblich, daß gegen den Eröffnungsbeschluß und gegen die Abweisung des Konkursantrags durch das Konkursgericht Rechtsmittel zu den ordentlichen Gerichten gegeben sind (vgl. § 109 KO). Die Stellung des Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines Steuerschuldners steht im Ermessen des FA (vgl. Uhlenbruck, Der Konkursantrag der Finanzbehörden, Betriebs-Berater - BB - 1972, 1266). Die Rechtsfrage, ob das FA im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit unter Berücksichtigung des konkreten Steuerschuldverhältnisses mit der Stellung des Konkursantrags - unabhängig von den Konkursvoraussetzungen - eine fehlerfreie Ermessensentscheidung getroffen hat, gehört jedenfalls in die Zuständigkeit der FG (vgl. Hessisches FG, Beschluß vom 22. Januar 1982 VI B 139/81, EFG 1982, 419; Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 9. November 1977 3 RK 5/76, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1978, 2359).
2. Während der Klageantrag darauf gerichtet war, festzustellen, daß der Konkursantrag des FA rechtswidrig war, begehrt die Klägerin nunmehr mit ihrem im Revisionsverfahren gestellten Hauptantrag, den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens, den sie als Verwaltungsakt ansieht, aufzuheben. Da die Vorinstanz über eine Anfechtungsklage nicht zu entscheiden hatte und es insoweit an einer formellen Beschwer fehlt, könnte das über den Klageantrag hinausgehende Revisionsbegehren im Ergebnis als eine nach § 123 FGO unzulässige Klageänderung gewertet werden (vgl. Gräber / Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 123 Rdnr. 2, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Im Schrifttum wird aber die Auffassung vertreten, daß beim Übergang von der Feststellungsklage zur Anfechtungsklage im Revisionsverfahren keine Klageänderung gegeben ist, wenn das Begehren des Klägers weiterhin ausschließlich zum Ziel hat, den Bescheid mangels ordnungsmäßiger Bekanntgabe für unwirksam zu erklären. Dasselbe soll dann gelten, wenn statt der bisher ausschließlich beantragten Feststellung der Nichtigkeit eines Bescheids zusätzlich dessen Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird (Tipke / Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13. Aufl., § 123 FGO Tz. 3). Auch die Klägerin beruft sich für ihr Feststellungsbegehren wie für ihren Aufhebungsantrag darauf, daß der Konkursantrag des FA als Verwaltungsakt deshalb unwirksam sei, weil er ihr nicht bekanntgegeben worden ist.
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob sich im Streitfall die Erweiterung des Klagebegehrens (Aufhebung des Konkursantrags) innerhalb des Streitgegenstandes bewegt, der bereits mit der Klage zur gerichtlichen Prüfung gestellt worden ist, und ob insoweit bereits eine Entscheidung vorliegt, die zum Gegenstand der revisionsrichterlichen Prüfung gemacht werden kann. Die nunmehr erhobene Anfechtungsklage (§§ 40 Abs. 1, 100 Abs. 1 Satz 1 FGO) kann auch dann keinen Erfolg haben, wenn man mit der Klägerin davon ausgeht, daß der Antrag des FA auf Eröffnung des Konkursverfahrens einen Verwaltungsakt darstellt. Denn mit der Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse (§ 107 Abs. 1 KO) durch das Konkursgericht hat der Konkursantrag des FA seine Erledigung gefunden. Er hätte nur bis zur (rechtskräftigen) Entscheidung des Konkursgerichts zurückgenommen oder - als Verwaltungsakt - aufgehoben werden können (vgl. Beschluß des Senats in BFHE 124, 311, BStBl II 1978, 313; Kilger, Konkursordnung, 15. Aufl., § 103 Anm. 2; Schwarz in Hübschmann / Hepp / Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 251 AO 1977 Anm. 137). Das Amtsgericht hat den Antrag des FA auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Klägerin mit Beschluß vom 24. Juli 1987 abgewiesen; diese Entscheidung ist rechtskräftig geworden (Beschluß des OLG vom 29. Dezember 1987). Da der Konkursantrag damit gegenstandslos geworden ist, fehlt es für eine Anfechtungsklage gegen ihn am Rechtsschutzbedürfnis. Das Revisionsbegehren hinsichtlich des Hauptantrags ist somit unzulässig. Hierzu bedarf es - wie vorstehend ausgeführt - keiner Entscheidung, ob der Konkursantrag des FA einen Verwaltungsakt darstellt.
3. Der Klageantrag der Klägerin festzustellen, daß der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens rechtswidrig war, wird im Revisionsverfahren nur noch als Hilfsantrag gestellt. Darin liegt keine nach § 123 FGO unzulässige Klageänderung (Tipke / Kruse, a. a. O., § 123 FGO Tz. 3, m. w. N.).
a) Das FG hat in diesem Klagebegehren eine Feststellungsklage gemäß § 41 Abs. 1 FGO gesehen. An der zutreffenden Einordnung der Klageart bestehen Zweifel, weil der Klageantrag - jedenfalls seinem Wortlaut nach - nicht auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts gerichtet ist. Die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts kann nicht Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 41 FGO sein (Tipke / Kruse, a. a. O., § 41 FGO Tz. 3). Dagegen kann auch die Unwirksamkeit eines Verwaltungsakts wegen fehlerhafter Bekanntgabe durch Feststellungsklage geltend gemacht werden (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Mai 1976 VIII R 66/74, BFHE 119, 36, BStBl II 1976, 606). Das spricht im Streitfall für die Statthaftigkeit der Feststellungsklage gemäß § 41 Abs. 1 FGO, weil die Klägerin sich darauf beruft, daß der Konkursantrag mangels Bekanntgabe an sie - die Klägerin - als Verwaltungsakt unwirksam sei (vgl. §§ 122 Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 1 AO 1977).
Es liegt auch nahe, die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO anzusehen. Nach dieser Vorschrift kann, wenn sich ein Verwaltungsakt vor der gerichtlichen Entscheidung durch Zurücknahme oder anders erledigt hat, auf Antrag durch Urteil festgestellt werden, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist. Für diese Auslegung des Klagebegehrens spricht im Streitfall, daß die Klägerin ausdrücklich die Rechtswidrigkeit des Konkursantrags festgestellt haben will, daß sie daneben mit der Klage die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung begehrt und daß sie im Revisionsverfahren ausgeführt hat, sie habe deshalb Feststellungsklage erheben müssen, weil eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage nach der Abweisung des Konkursantrags mangels Masse (§ 107 Abs. 1 KO) unzulässig gewesen wäre, da der Konkursantrag (Verwaltungsakt) ,,überholt" war. Entgegen der Auffassung des FG setzt die Statthaftigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage nicht voraus, daß von einer zunächst erhobenen Anfechtungsklage wegen Erledigung des Verwaltungsakts zu ihr ,,übergegangen" wird. Sie ist auch dann zulässig, wenn die Erledigung schon vor Klageerhebung eingetreten ist (vgl. Urteile des Senats vom 7. August 1979 VII R 14/77, BFHE 128, 346, BStBl II 1979, 708, und vom 29. März 1988 VII K 2-4/88, BFH/NV 1989, 67; Gräber / Ruban, a. a. O., § 100 Rdnr. 41, m. w. N.; anderer Ansicht: Tipke / Kruse, a. a. O., § 100 FGO Tz. 19, und BFH-Beschluß vom 27. Juni 1986 VI S 6/86, BFH/NV 1987, 118, 119, dort aber abgestellt auf Fehlen des Feststellungsinteresses).
Der Senat kann die Frage der Anwendbarkeit des § 41 Abs. 1 oder des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO auf die vorliegende Feststellungsklage offenlassen. Beide Vorschriften setzen voraus, daß die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat. Das FG hat das Feststellungsinteresse der Klägerin für den Streitfall zu Recht verneint (s. unten 4.).
b) Da bereits aus diesem Grunde die Feststellungsklage abzuweisen war, kann weiter unentschieden bleiben, ob die Feststellungsklage nach den genannten Vorschriften auch deshalb nicht gegeben ist, weil der Konkursantrag des FA - wie das FG meint - kein Verwaltungsakt ist. Der Senat weist insoweit ergänzend zu den Ausführungen des FG darauf hin, daß er - wenngleich ohne nähere Begründung - in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen ist, daß der Antrag des FA auf Konkurseröffnung nicht als Verwaltungsakt anzusehen ist und deshalb als vorläufiger Rechtsschutz gegen ihn der Antrag auf einstweilige Anordnung (§ 114 FGO) und nicht die Aussetzung der Vollziehung (§ 69 FGO) in Betracht kommt (vgl. Beschlüsse des Senats in BFHE 124, 311, BStBl II 1978, 313; BFH/NV 1986, 41; offengelassen in BFH/NV 1988, 762, 763). Die Revision beruft sich für die angeblich gegenteilige Auffassung des Senats zu Unrecht auf den Beschluß vom 20. November 1984 VII B 39/84 (Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Finanzgerichtsordnung, § 69, Rechtsspruch 266). Auch in dieser Entscheidung ist der Senat von der Statthaftigkeit der einstweiligen Anordnung gegen den Konkursantrag des FA ausgegangen. Er hat nur die Auffassung der Vorinstanz für vertretbar erklärt, den Antragsteller auf die im dortigen Verfahren zugleich gegebene Möglichkeit eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung der Steuerbescheide zu verweisen, auf deren Rechtswidrigkeit sich der Antragsteller im Verfahren gegen den Konkursantrag allein berufen hatte. In der Entscheidung wird aber ausgeführt, daß gegen den Konkursantrag selbst der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht gegeben ist.
4. Bei der Feststellungsklage nach den §§ 41 Abs. 1, 100 Abs. 1 Satz 4 FGO genügt als berechtigtes Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeler Art (vgl. Gräber/von Groll, a. a. O., § 41 Rdnr. 29 und § 100 Rdnr. 42, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).
a) Nach den Ausführungen des FG muß davon ausgegangen werden, daß die Klägerin in der Vorinstanz ihr Feststellungsinteresse für die erhobene Klage allein damit begründet hat, daß sie in einem Amtshaftungsprozeß einen Schadensersatzanspruch gegen den Staat wegen des Konkursantrags des FG geltend machen wolle (vgl. § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -, Art. 34 des Grundgesetzes - GG - ). Soll die Feststellungsklage der erleichterten Verfolgung von Schadensersatzansprüchen vor den Zivilgerichten (Amtshaftung) dienen, so verlangt die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) und des BFH für das Feststellungsinteresse, daß
- die Schadensersatzklage anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist,
- die verwaltungsgerichtliche Entscheidung für das zivilgerichtliche Urteil nicht unerheblich ist und
- die Rechtsverfolgung vor dem Zivilgericht nicht offensichtlich aussichtslos ist (Tipke/Kruse, a. a. O., § 100 FGO Tz. 19; Gräber/von Groll, a. a. O., § 100 Rdnr. 43, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).
Im Streitfall ist das Feststellungsinteresse für die vorliegende Klage im Hinblick auf die Führung eines Amtshaftungsprozesses schon deshalb zu verneinen, weil die Klägerin weder im Klage- noch im Revisionsverfahren vorgetragen hat, daß sie eine Schadensersatzklage erhoben hat oder deren Erhebung kurzfristig bevorsteht. Inzwischen kann die Schadensersatzklage mit Aussicht auf Erfolg nicht mehr erhoben werden, weil für einen etwaigen Anspruch aus Amtspflichtverletzung die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 852 Abs. 1 BGB abgelaufen ist. Die Klägerin muß auch ohne förmliche Bekanntgabe von dem Konkursantrag des FA vom 20. Januar 1986, den sie als schädigendes Ereignis ansieht, im Laufe des Jahres 1986 Kenntnis erlangt haben, da sie nach den Feststellungen des FG gegen diesen bereits am 17. November 1986 Beschwerde eingelegt hat. Für die Führung eines Amtshaftungsprozesses ist die Feststellungsklage somit ohne Bedeutung.
b) Es erscheint zweifelhaft, ob die sonstigen Gründe - Wiederholungsgefahr, Folgenbeseitigung, Rehabilitierung -, auf die die Klägerin nunmehr ihr Feststellungsinteresse stützt, im Revisionsverfahren noch berücksichtigt werden könnnen. Soweit es sich um tatsächliches Vorbringen handelt, ist dies ausgeschlossen, weil entsprechende Tatsachenfeststellungen des FG fehlen und zulässige und begründete Verfahrensrügen nicht erhoben worden sind (§ 118 Abs. 2 FGO). Unabhängig davon reichen die genannten Gründe für die Annahme eines berechtigten Interesses der Klägerin an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Konkursantrags nicht aus.
Die Widerholungsgefahr kann ein Feststellungsinteresse nur dann begründen, wenn sie als hinreichend konkret einzuschätzen ist (Gräber/von Groll, a. a. O., § 100 Rdnr. 42, mit Rechtsprechungshinweisen). Das ist bei einem Konkursantrag des FA, nachdem dieser bereits einmal mangels Masse vom Konkursgericht abgewiesen worden ist, nicht der Fall. Das Vorbringen der Klägerin zu ihren Vermögensverhältnissen und zu der angeblichen Existenzvernichtungsabsicht des FA ist zu wenig substantiiert, um darzutun, daß mit einem erneuten Konkursantrag des FA zu rechnen sei. Das FA hat in der Revisionserwiderung glaubhaft ausgeführt, daß es in absehbarer Zeit keinen erneuten Konkursantrag stellen werde, weil dieser von vornherein zum Scheitern verurteilt wäre. Es weist zutreffend darauf hin, daß die Industrie- und Handelskammer, auf deren Äußerung gegenüber dem Registergericht sich die Klägerin beruft, nicht in der Lage ist, aus eigener Kenntnis Angaben über die Vermögensverhältnisse von Gesellschaften zu machen. Die fortbestehende Möglichkeit einer Einzelzwangsvollstreckung, die die Klägerin ebenfalls anführt, berührt nicht ihr Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Konkursantrags. Mit der Wiederholungsgefahr bei einer Forderungspfändung kann der Fall des bereits einmal abgewiesenen Konkursantrags nicht verglichen werden.
Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit ihrem Interesse an einer Folgenbeseitigung und an einer Rehabilitierung auf die nachteiligen wirtschaftlichen Folgen hinweist, die bereits mit der Stellung des Konkursantrags verbunden sein können, fehlt es ebenfalls an einer Substantiierung im Hinblick auf den vorliegenden Streitfall. Die Klägerin verkennt im übrigen, daß seit der Entscheidung des Konkursgerichts von dem Konkursantrag des FA als solchem keine eigenständigen kreditschädigenden Wirkungen mehr ausgehen. Derartige wirtschaftliche Beeinträchtigungen wären nunmehr auf die Abweisung des Eröffnungsantrags durch das Konkursgericht mangels Masse zurückzuführen, die zu der Eintragung der Klägerin in das Schuldnerverzeichnis gemäß § 107 Abs. 2 KO geführt hat. Die Entscheidung des Konkursgerichts gemäß § 107 Abs. 1 Satz 1 KO und die damit verbundenen Folgen wären auch dann nicht zu beseitigen, wenn antragsgemäß festgestellt würde, daß der Konkursantrag des FA rechtswidrig war. Es fehlt somit an einem berechtigten Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung.
Fundstellen
Haufe-Index 416844 |
BFH/NV 1990, 710 |