Leitsatz (amtlich)
Die Kosten für den Ausbau und die Erweiterung bestehender Gebäude sind nur dann nach § 32 Kohlegesetz prämienbegünstigt, wenn sie Herstellungskosten eines im Begünstigungszeitraum hergestellten Wirtschaftsgutes (z. B. Ladenumbau) sind. Aktivierungspflichtige nachträgliche Herstellungskosten eines vor Beginn des Begünstigungszeitraums fertiggestellten Gebäudes sind nicht prämienbegünstigt.
Normenkette
Kohlegesetz § 32
Tatbestand
Streitig ist im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung 1969, ob für die durch die Erweiterung eines Kaufhausgebäudes entstandenen Unkosten die Investitionsprämie nach § 32 des Gesetzes zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlenbergbaus und der deutschen Steinkohlenbergbaugebiete vom 15. Mai 1968 - KohleG - (BGBl I 1968, 365, BStBl I 1968, 939) zu gewähren ist.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, ist Inhaberin eines gewerblichen Unternehmens, das den Betrieb von Kaufhäusern zum Gegenstand hat. Im Jahr 1969 gestaltete die Klägerin den gesamten Innenausbau ihres Kaufhausgebäudes in X neu (Fertigstellung September 1969). Dabei vergrößerte sie die Verkaufsfläche von bisher rd. 1 000 qm auf rd. 1 300 qm. Im wesentlichen nahm die Klägerin folgende bauliche Veränderungen vor:
a) Abbruch des bisherigen Betriebs- und Privattreppenhauses und Einbau eines neugestalteten Betriebstreppenhauses,
b) Verlegung der Heizungsanlage in den freigewordenen Raum des Privattreppenhauses,
c) Einbau eines kombinierten Personen- und Lastenaufzuges,
d) Verlegung und Neugestaltung von WC- und Waschanlagen,
e) Abbruch der vorhandenen Mieterkeller und Ausbau zu Verkaufsflächen,
f) Drehung der Rolltreppe um 180 Grad und
g) Verlegung der Personal- und Büroräume vom I. Obergeschoß in das II. Obergeschoß und Umgestaltung des gesamten I. Obergeschosses in Verkaufsflächen.
Die Baukosten betrugen insgesamt 526 713 DM. Davon aktivierte die Klägerin 55 018 DM als Herstellungskosten der Aufzugsanlage und 1 443 DM als Herstellungskosten der Fernsprechanlage; die übrigen Baukosten behandelte sie bei der Ermittlung des Gewinns für 1969 als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) stellte mit einheitlichem Gewinnfeststellungsbescheid 1969 vom 8. Februar 1972 erklärungsgemäß einen Verlust von 186 146 DM fest. Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein mit der Begründung, sie beantrage für 1969 eine Investitionsprämie nach dem Kohlegesetz. Während des Einspruchsverfahrens fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung statt. Der Prüfer war der Auffassung, daß von den Kosten für die Neugestaltung des Innenausbaus des Kaufhausgebäudes über die bereits aktivierten Beträge hinaus ein weiterer Betrag von 400 000 DM aktivierungspflichtig sei, und zwar in der Weise, daß ein Betrag von 150 000 DM als Herstellungskosten beim Gebäude zu aktivieren und innerhalb der Restnutzungsdauer (20 Jahre) abzuschreiben sei, und daß ein Betrag von 250 000 DM als Modernisierungsumbau im Sinne von Abschn. 42 a Abs. 4 EStR zu aktivieren und mit einem Jahres-AfA-Satz von 15 v. H. abzuschreiben sei.
Die Klägerin beantragte nunmehr im Einspruchsverfahren gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 1969 eine Investitionsprämie nach § 32 KohleG in Höhe von 61 891 DM (=10 v. H. aus 618 911 DM) für folgende Investitionen zu gewähren:
Allgemeiner Umbau 150 000,- DM
Modernisierungsumbau 250 000,- DM
Fahrstuhlanlage 55 018,05 DM
Fernsprechanlage 1 443,- DM
Ladeneinrichtung 162 450,69 DM
618 911,74 DM
Die Klägerin legte eine Bescheinigung des Bundesbeauftragten für den Steinkohlenbergbau und die Steinkohlenbergbaugebiete vor, derzufolge die Erweiterung der Betriebstätte der Klägerin den Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 KohleG genügt.
Das FA stellte mit Einspruchsentscheidung vom 10. Juli 1973 auf der Grundlage des Ergebnisses der Betriebsprüfung einen Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb für 1969 in Höhe von 116 718 DM und eine Investitionsprämie für 1969 in Höhe von 10 994 DM fest. Das FA war der Auffassung, daß nur für folgende Investitionen die Investitionsprämie gewährt werden könne:
Fahrstuhlanlage 55 018 DM
Fernsprechanlage 1 443 DM
Ladeneinrichtung
a) Abt. Textil- und Hartwaren 23 480 DM
b) GWA 51 429 DM (anteilig 60 v. H.) 30 000 DM
109 941 DM.
Hingegen seien die aktivierungspflichtigen Umbaukosten von 400 000 DM nicht begünstigt, denn nach dem Schreiben des BdF vom 18. Mai 1971 F/IV B 2 - S 1987 - 2/71 (BStBl I 1971, 307) umfasse der Begriff des unbeweglichen Wirtschaftsgutes bzw. des Gebäudes im Sinne von § 32 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 KohleG nicht Ausbauten und Erweiterungen, weil durch diese Baumaßnahmen nicht selbständige Wirtschaftsgüter geschaffen, sondern lediglich vorhandene Wirtschaftsgüter verbessert oder erweitert worden seien.
Mit der Klage beantragte die Klägerin, die im Feststellungsbescheid 1969 anerkannte Investitionsprämie von 10 994 DM um 10 v. H. von 320 000 DM, also um 32 000 DM zu erhöhen. Sie machte geltend, es sei zwar einzuräumen, daß im Zuge der Erweiterung der Betriebstätte in gewissem Umfange auch die bereits vorhandenen Räumlichkeiten umgestaltet worden seien. Insoweit handle es sich nicht um Investitionen für die Erweiterung der Betriebstätte. Von den gesamten Umbaukosten von 400 000 DM entfielen aber 80 v. H. = 320 000 DM auf die Erweiterung der Betriebstätte. Diese Aufwendungen seien bei nicht zu enger Auslegung des Begriffes Wirtschaftsgut begünstigt.
Das FG wies die Klage ab. Das FG, dessen Entscheidung vom 12. März 1974 VII - II 1197/73 F in den EFG 1974, 339, veröffentlicht ist, war der Auffassung, daß die Umbaukosten als Bemessungsgrundlage für die Gewährung der Investitionsprämie nicht berücksichtigungsfähig seien, da hiermit kein Wirtschaftsgut hergestellt oder angeschafft worden sei.
Mit der Revision beantragt die Klägerin, das angefochtene Urteil aufzuheben und die gewährte Investitionsprämie um 10 v. H. von 320 000 DM = 32 000 DM zu erhöhen. Die Revision rügt falsche Anwendung des Begriffes "unbewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens" im Sinne des § 32 KohleG.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zum Teil begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Der Senat pflichtet der Vorentscheidung zwar darin bei, daß die Kosten für den Ausbau und die Erweiterung bestehender Gebäude nach § 32 KohleG nur dann begünstigt sind, wenn sie ausnahmsweise als Herstellungskosten für ein im Begünstigungszeitraum fertiggestelltes unbewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens zu qualifizieren sind, und daß dies im Streitfall für die sogenannten allgemeinen Gebäudeumbaukosten von 150 000 DM nicht zutrifft. Hingegen ist für den sogenannten Modernisierungsumbau im Gegensatz zur Vorentscheidung nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend zu beurteilen, ob dessen Herstellungskosten von 250 000 DM prämienbegünstigt sind.
1. Die Klage war zulässig, und zwar entgegen der Ansicht des FG nicht als Verpflichtungsklage, sondern als Anfechtungsklage (vgl. Urteile des BFH vom 13. Februar 1974 I R 114/72, BFHE 111, 420, BStBl II 1974, 317; vom 21. August 1974 I R 251/73, BFHE 114, 140, BStBl II 1975, 219).
2. Steuerpflichtige, die den Gewinn aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung nach § 5 EStG ermitteln und in einem Steinkohlenbergbaugebiet eine Betriebstätte errichten oder erweitern, können für die im sogenannten Begünstigungszeitraum (30. April 1967 bis 31. Dezember 1971) im Zusammenhang mit der Errichtung oder Erweiterung der Betriebstätte "angeschafften oder hergestellten absetzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens" einen Abzug von der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer bis zur Höhe von 10 v. H. der Anschaffungsoder Herstellungskosten vornehmen (§ 32 Abs. 1 Satz 1 KohleG). Bei der Bemessung des von der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer abzugsfähigen Betrags dürfen u. a. nur berücksichtigt werden "die Herstellungskosten von unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Begünstigungszeitraum in einem Steinkohlenbergbaugebiet fertiggestellt worden sind" (§ 32 Abs. 3 Nr. 2 KohleG).
Die Frage, ob für Ausbauten und Erweiterungen an zum Anlagevermögen gehörenden Gebäuden, die ihrerseits bereits vor Beginn des Begünstigungszeitraums fertiggestellt worden sind, nach diesen Vorschriften Investitionsprämie gewährt werden kann, ist umstritten. Während die Finanzverwaltung die Frage verneint (vgl. BdF-Schreiben vom 18.Mai 1971, a. a. O.), herrscht im Schrifttum offensichtlich die Meinung vor, daß die Frage zu bejahen ist (vgl. Bock, DB 1971, 2183; Weber, DB 1971, 1643; Hauskeller im "Handbuch der regionalen Wirtschaftsförderung" von Eberstein VI B S. 15).
Der erkennende Senat hält in Übereinstimmung mit der Vorentscheidung die von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung für zutreffend. Der Senat stützt seine Entscheidung auf folgende Überlegung:
a) Der Wortsinn des Gesetzes, so wie er sich aus dem einkommensteuerrechtlichen Sprachgebrauch erschließt, spricht für die Auffassung der Finanzverwaltung. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes sind nur solche Aufwendungen prämienbegünstigt, die sich als Herstellungskosten eines unbeweglichen Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens qualifizieren lassen, das im Begünstigungszeitraum fertiggestellt worden ist.
aa) Zu Recht meint die Vorentscheidung, daß der Begriff "Wirtschaftsgut" dem Einkommensteuergesetz entnommen ist und deshalb, sofern aus der Entstehungsgeschichte und dem erkennbaren Zweck des Kohlegesetzes nicht zwingend etwas Gegenteiliges zu folgern ist (siehe dazu unten zu b) und c) ), auch im einkommensteuerrechtlichen Sinne verstanden werden muß. Einkommensteuerrechtlich ist ein Wirtschaftsgut jedes nach der Verkehrsanschauung im Wirtschaftsleben selbständig bewertbare Gut, das in seiner Einzelheit von Bedeutung und bei einer Veräußerung greifbar ist (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 19. Februar 1974 VIII R 65/72, BFHE 111, 496, BStBl II 1974, 337, mit Nachweisen). Im Sinne dieser Definition ist ein Gebäude in aller Regel (Ausnahme siehe zu d)) ein einheitliches Wirtschaftsgut, weil es nach der Verkehrsanschauung nur als Einheit selbständig bewertbar ist. Gebäudeteile sind nur dann selbständige Wirtschaftsgüter, wenn sie in einem besonderen von der Gebäudenutzung verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen und deshalb nach der Verkehrsanschauung selbständig bewertbar sind (BFH-Beschluß vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, 251, BStBl II 1974, 132). Ausbauten und Erweiterungen an bestehenden Gebäuden sind demnach nur dann (selbständige) Wirtschaftsgüter, wenn sie entweder bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht nur als Teile eines schon vorhandenen Gebäudes erscheinen, sondern, wie dies z. B. bei bestimmten Anbauten der Fall sein kann, als ein Neubau, der neben den bestehehengebliebenen Altbau tritt und von diesem abgrenzbar ist, oder wenn das vorhandene Gebäude so tiefgreifend umgestaltet wird, daß ein neues Wirtschaftsgut unter Einbeziehung des bisher vorhanden gewesenen Wirtschaftsgutes geschaffen wird (vgl. auch zu § 30 UStG insbesondere die BFH-Urteile vom 19. August 1971 V R 18/71, BFHE 103, 282, BStBl II 1972, 75; vom 13. April 1972 V R 151/71, BFHE 105, 198, BStBl II 1972, 654; vom 23. März 1972 V R 104/71, BFHE 105, 409, BStBl II 1972, 681; vom 9. August 1973 V R 37/73, BFHE 110, 150, BStBl II 1973, 834; vom 9. August 1973 V R 41/73, BFHE 110, 152, BStBl II 1973, 874).
bb) Die Aufwendungen für den Ausbau und die Erweiterung von bestehenden Gebäuden sind allerdings, wie die Rechtsprechung stets betont hat, einkommensteuerrechtlich aktivierungspflichtig und nur nach Maßgabe des § 7 EStG absetzbar, wenn sie sogenannter Herstellungsaufwand sind. Diese Aktivierungspflicht für Herstellungsaufwand setzt aber nicht voraus, daß gerade durch die aktivierungspflichtigen Aufwendungen entweder erst ein Wirtschaftsgut geschaffen wird, das neben ein bereits vorhandenes Wirtschaftsgut tritt, oder daß ein bisher erst in der Entstehung begriffenes Wirtschaftsgut fertiggestellt wird. Der Begriff der Herstellungskosten im Sinne der §§ 6, 7 EStG umfaßt nicht nur diejenigen Kosten, die vor der Fertigstellung eines Wirtschaftsguts zum Zwecke seiner Fertigstellung aufgewendet werden, sondern auch nachträgliche, d. h. nach der Fertigstellung eines Wirtschaftsgutes aufgewendete Kosten für Maßnahmen, die das Wirtschaftsgut in seiner Substanz vermehren, in seinem Wesen verändern oder über seinen bisherigen Zustand hinaus erheblich verbessern.
Dabei ist zu berücksichtigen, daß ein Wirtschaftsgut fertiggestellt ist, wenn es seiner Bestimmung gemäß nutzbar ist, d. h. bei einem Gebäude, wenn die wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sind und der Bau soweit gefördert ist, daß das Gebäude für den Betrieb nutzbar ist.
cc) Geht man von diesen Rechtsgrundsätzen aus, so lassen sich die Aufwendungen für den Ausbau und die Erweiterung eines Gebäudes, das bereits vor Beginn des Begünstigungszeitraums fertiggestellt war - abgesehen von den oben erwähnten Sonderfällen der Entstehung eines neuen Wirtschaftsguts - nach dem vom Einkommensteuerrecht geprägten Wortsinn des § 32 Abs. 3 Nr. 2 KohleG dieser Vorschrift nicht subsumieren, denn diese Aufwendungen sind keine Herstellungskosten von "unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Begünstigungszeitraum in einem Steinkohlenbergbaugebiet fertiggestellt worden sind", sondern Herstellungskosten von unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die bereits vor dem Begünstigungszeitraum fertiggestellt worden sind.
b) Die Entstehungsgeschichte und der erkennbare Zweck des Kohlegesetzes können eine vom Wortsinn des § 32 Abs. 3 Nr. 2 KohleG abweichende Auslegung dieser Vorschrift nicht rechtfertigen.
aa) Die Entstehungsgeschichte des Kohlegesetzes ist insoweit unergiebig. Aus den Gesetzesmaterialien (vgl. Bundestagsdrucksachen V/2078 und V/2797) ist lediglich die allgemeine Zielsetzung des Gesetzes ersichtlich, "Arbeitsplätze für die aus dem Bergbau ausscheidenden Arbeitnehmer" zu schaffen (vgl. Bundestagsdrucksache V/2078 S. 18), nicht aber, in welchem Umfange diese Zielsetzung im einzelnen zu Steuerbegünstigungen führen soll, und insbesondere nicht, daß die Steuervergünstigungen auch die Kosten des Ausbaus und der Erweiterung von bereits vor dem Beginn des Begünstigungszeitraums fertiggestellten Gebäuden umfassen soll. Es heißt in der Begründung des Regierungsentwurfs lediglich: "Für bestimmte Investitionen wird eine Prämie in Form eines Abzugs von der Steuer vorgesehen" (vgl. Bundestagsdrucksache V/2078 S. 18).
bb) Der Zweck des Kohlegesetzes ist erkennbar darauf gerichtet, einen steuerlichen Anreiz für bestimmte Investitionen in einem Steinkohlenbergbaugebiet zu bieten, um durch diese Investitionen zusätzliche Arbeitsplätze für die aus dem Bergbau ausscheidenden Arbeitnehmer zu schaffen. Diese Zielsetzung des Gesetzes sagt aber noch nichts darüber aus, in welchem Umfang Investitionen in einem Steinkohlenbergbaugebiet begünstigt sein sollen. So wie es dem gesetzgeberischen Ermessen anheim gegeben ist, ob der Gesetzgeber eine Investitionsprämie in Höhe von 5 v. H. oder von 20 v. H. einer bestimmten Bemessungsgrundlage gewähren will, so kann und muß der Gesetzgeber nach billigem Ermessen auch darüber entscheiden, was im einzelnen Bemessungsgrundlage der Investitionsprämie sein soll, d. h., welche Investitionen in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden sollen. Die Tatsache, daß bestimmte Aufwendungen der allgemeinen Zielsetzung des Gesetzes entgegenkommen, rechtfertigt noch nicht die Annahme, daß der Gesetzgeber entgegen dem Wortsinn des Gesetzesbefehles, so wie sich dieser nach dem allgemeinen oder juristischen Sprachgebrauch erschließt, diese Aufwendungen in die Bemessungsgrundlage für die Investitionsprämie einbezogen wissen wollte. Wäre es anders, so wäre es unverständlich, weshalb die Bemessungsgrundlage im einzelnen definiert ist, und weshalb sich der Gesetzgeber nicht mit der allgemeinen Anordnung begnügte, Aufwendungen, die der Schaffung neuer Arbeitsplätze in einem Steinkohlenbergbaugebiet dienten, seien prämienbegünstigt.
c) Es kann der Revision nicht zugestimmt werden, daß eine Auslegung des Ausdrucks "Wirtschaftsgut" im Sinne der einkommensteuerrechtlichen Begriffsbestimmung zu einer Unbestimmtheit der Anspruchsvoraussetzungen führe, die die Verfassungsmäßigkeit des Kohlegesetzes in Frage stelle. Das Gegenteil ist der Fall. Der Tatbestand wird durch die Verwendung eines vorgegebenen Begriffes konkretisiert.
Der Hinweis auf den Beschluß des FG Düsseldorf vom 12. März 1974 II 191/73 A (EFG 1974, 283) kann nicht weiterhelfen, weil der Senat diesen Beschluß auf die Beschwerde des zuständigen FA aufgehoben hat.
d) Der Grundsatz, daß ein Gebäude ein (einheitliches) Wirtschaftsgut darstellt, erleidet allerdings eine Ausnahme. Wie der Große Senat des BFH in seinem Beschluß GrS 5/71 dargetan hat, ist eine gesonderte AfA auf Gebäudeteile zulässig, wenn die Gebäudeteile "die normalen Merkmale eines selbständigen Wirtschaftsgutes erfüllen"; dies trifft zu, wenn die Gebäudeteile "in einem von der Gebäudenutzung verschiedenen Funktionszusammenhang stehen". Als Gebäudeteile, die in einem von der Gebäudenutzung verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen und die deshalb die Merkmale eines selbständigen Wirtschaftsgutes erfüllen, kommen, wie der Große Senat ausdrücklich unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 29. März 1965 I 411/61 U (BFHE 82, 123, BStBl III 1965, 291) betont, "Ladeneinbauten, Ladenumbauten und Schaufensteranlagen" in Betracht (BFHE 111, 246). Für diese ist nach dem BFH-Urteil I 411/61 U eine gesonderte AfA zuzulassen, "wenn sie von dem Gebäude klar abgrenzbar sind, einen eigenen Rentabilitätsfaktor darstellen und somit nach der Gesamtheit der tatsächlichen Umstände bei wirtschaftlicher Betrachtung ein selbständiges Wirtschaftsgut gegeben ist".
Hieraus folgt, daß derartige Ladeneinbauten und -umbauten auch prämienbegünstigt sein können, wenn sie im Begünstigungszeitraum fertiggestellt wurden und die übrigen Voraussetzungen der Prämienbegünstigung erfüllt sind.
3. Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist der Streitfall wie folgt zu beurteilen:
a) Die Kosten für den sogenannten allgemeinen Gebäudeumbau in Höhe von 150 000 DM sind nicht begünstigt, da es sich um nachträgliche Herstellungskosten für ein bereits vor dem Begünstigungszeitraum fertiggestelltes Gebäude handelt. Es ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar, daß einer der Ausnahmefälle vorliegt, in denen Aufwendungen für den Ausbau und die Erweiterung bestehender Gebäude Herstellungskosten eines (neuen selbständigen) Wirtschaftsgutes sind, das im Begünstigungszeitraum fertiggestellt worden ist.
b) Hingegen läßt sich nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilen, ob und ggf. inwieweit die Kosten für den sogenannten Modernisierungsumbau in Höhe von 250 000 DM begünstigt sind. Zwar ist nach der bisherigen Sachbehandlung durch das FA davon auszugehen, daß insoweit Herstellungskosten für ein oder mehrere Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens "Ladenumbau" oder "Ladenausbau" vorliegen, die im Begünstigungszeitraum fertiggestellt worden sind (vgl. BFH-Urteil I 411/61 U; vgl. auch BFH-Beschluß GrS 5/71). Offen ist aber, ob und inwieweit gerade diese Wirtschaftsgüter "im Zusammenhang mit der Erweiterung der Betriebstätte" hergestellt wurden. Die Klärung dieser Frage bedarf weiterer Ermittlungen.
Fundstellen
Haufe-Index 71386 |
BStBl II 1975, 510 |
BFHE 1975, 335 |