Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Sonstiges Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Steuerpflicht der unentgeltlichen übertragung aufstehenden Holzes auf Grund eines notariellen Schenkungsvertrages durch einen nichtbuchführenden Land- und Forstwirt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 1, § 4/1/2, § 6/4, § 13/1/1; VOL § 8 Abs. 2; AO § 284/2
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) bewirtschaftete auf Grund eines erbrechtlichen Verwaltungs- und Nutznießungsrechts bis zum 1. Juli 1954 einen seinem volljährigen Sohn gehörenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit einem Einheitswert von 33 450 DM. Die landwirtschaftlichen Einkünfte des Bf. wurden nach der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft (VOL) vom 2. Juni 1949 ermittelt. Der forstwirtschaftliche Gewinn (anteiliger Einheitswert für 48,5 ha = 9562 DM) ist gemäß § 8 Abs. 2 VOL gesondert berechnet worden, und zwar derart, daß als Gewinn die jeweiligen Einnahmen aus Holzverkauf abzüglich eines geschätzten Betrages für Betriebsausgaben angesetzt worden sind. Ab 1. Juli 1954 wurde der Betrieb zum Teil verpachtet; ausgenommen von der Verpachtung ist die forstwirtschaftlich genutzte Grundstücksfläche.
Am 2. Februar 1953 hat der Bf. durch notariellen Schenkungsvertrag vom gleichen Tage seiner Tochter in Anrechnung auf ihren künftigen Erbteil den gesamten Holzbestand auf einer etwa 4 Morgen großen Holzkoppel geschenkt und ihr gestattet, die vorhandenen Stämme vom Grund und Boden zu trennen. Das Holz ist kurz nach Abschluß des Schenkungsvertrages eingeschlagen worden. Der von der Tochter bei der Veräußerung erzielte Erlös betrug rund 15 000 DM. Diesen Betrag hat das Finanzamt abzüglich eines Betriebsausgabenpauschales von 20 % (= 3.000 DM) als Gewinn des Bf. behandelt und bei diesem bei der Veranlagung für die Jahre 1952 und 1953 mit je 6000 DM neben den anderweitigen land- und forstwirtschaftlichen Einkünften zur Einkommensteuer herangezogen.
Demgegenüber ist der Bf. der Auffassung, daß der Gewinn aus dem Holzeinschlag seiner Tochter weder bei dieser noch bei ihm selbst der Einkommensteuer unterliege. Wohl liege im Hinblick auf den Schenkungsvertrag vom 2. Februar 1953 bei ihm eine Entnahme des Holzes vor. Diese sei aber nicht mit der Einkommensteuer zu erfassen, weil ein Bestandsvergleich für das aufstehende Holz nicht vorgenommen worden sei.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht erkannte durch Zwischenurteil daß der Gewinn aus den Holzeinschlägen auf Grund des Schenkungsvertrages vom 2. Februar 1953 dem Bf. zuzurechnen sei.
Das Finanzgericht ließ sich hierbei im wesentlichen von folgenden Erwägungen leiten: Daß der Gewinn aus dem Holzeinschlag nicht bei der Tochter des Bf. der Einkommensteuer unterliege, ergebe sich aus § 13 Abs. 1 Ziff. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), der den Anfall der Nutzungen im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs voraussetze. Ein solcher Betrieb sei bei der Tochter des Bf. nicht vorhanden. Der Bf. dagegen sei bei Abschluß des Schenkungsvertrages und bei Einschlag des Holzes unstreitig Land- und Forstwirt gewesen und sei dies bei der Verpachtung eines Teiles des Hofes auch geblieben. Sämtliche im Rahmen des Betriebes gezogenen Nutzungen seien daher beim Bf. der Einkommensteuer zu unterwerfen. Eine solche Nutzung sei auch dann gegeben, wenn der Betriebsinhaber auf Grund einer schuldrechtlichen Verpflichtung den Einschlag einem Dritten überlasse und sich auf diese Weise von seiner Schuld befreie. Das Fehlen eines Bestandsvergleiches für das aufstehende Holz schließe das Vorliegen einer Entnahme nicht aus. Eine Unterscheidung zwischen "Entnahmen" und "steuerpflichtigen Entnahmen" sei nach dem geltenden Einkommensteuerrecht nicht möglich.
Gegen dieses Zwischenurteil wendet sich der Bf. mit der Rechtsbeschwerde (Rb.), mit der er nunmehr geltend macht, daß diese Einkünfte seiner Tochter zuzurechnen seien. Mit der Schenkung sei der Tochter die Eigenschaft einer Forstwirtin verliehen. Als solche habe sie die Erlöse aus den Holzverkäufen selbständig erzielt.
Entscheidungsgründe
Die Rb. kann keinen Erfolg haben.
In formeller Hinsicht ist der Erlaß des Zwischenurteils nicht zu beanstanden. Gemäß § 284 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) sind Zwischenentscheidungen über selbständige Streitpunkte mit Zustimmung des Steuerpflichtigen zulässig. Der Bf. hat mit Schriftsatz vom 5. Juni 1957 sein Einverständnis zu diesem Verfahren erklärt.
Aber auch in sachlicher Hinsicht lassen die Ausführungen der Vorinstanz weder einen Rechtsirrtum oder Verfahrensmangel noch einen Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten erkennen. Der Bf. war, wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat, sowohl bei Abschluß des Schenkungsvertrages als auch beim Einschlag des Holzes unstreitig Land- und Forstwirt und ist auch nach der am 1. Juli 1954 erfolgten Verpachtung eines Teils des Hofes Forstwirt geblieben. Es ist auch nicht zu beanstanden, daß die Vorinstanzen den Bf. mit dem gemäß § 8 Abs. 2 VOL gesondert festzustellenden Gewinn aus Forstwirtschaft zur Einkommensteuer herangezogen haben. Sie sind dabei zu Recht davon ausgegangen, daß sämtliche im Rahmen des Betriebes gezogenen Nutzungen beim Bf. der Einkommensteuer unterliegen. Eine solche Nutzung ist auch dann gegeben, wenn der Betriebsinhaber auf Grund einer schuldrechtlichen Verpflichtung das Abernten einem Dritten überläßt und sich auf diese Weise von der Schuld befreit. Eine derartige dem steuerpflichtigen Forstwirt zuzurechnende Nutzung liegt auch dann vor, wenn die Verpflichtung des Steuerpflichtigen, das Abernten einem Dritten zu überlassen, auf einem rechtsgültigen Schenkungsvertrag, also auf unentgeltlicher Grundlage beruht. Denn auch der Schenkungsvertrag (§§ 516 ff. BGB) begründet eine schuldrechtliche Verpflichtung des Schenkers, dem Beschenkten das Abernten des Holzes zu überlassen. Wie das Finanzgericht hierzu treffend ausgeführt hat, liegt insoweit eine Entnahme aus dem forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen für betriebsfremde Zwecke vor, die entsprechend den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts den Gewinn um den Teilwert der Entnahme erhöht. Das Fehlen eines Bestandsvergleiches für das aufstehende Holz schließt die Steuerpflicht dieser Entnahme nicht aus. Ebensowenig kann sich der Bf. mit Erfolg auf die von ihm angestrebte Unterscheidung zwischen "Entnahmen" und "steuerpflichtigen Entnahmen" berufen, da dem geltenden Einkommensteuerrecht eine derartige Unterscheidung unbekannt ist.
Demgegenüber kann der Bf. auch nicht mit dem Einwand durchdringen, daß der Gewinn aus der Holznutzung seiner Tochter zuzurechnen sei. § 13 Abs. 1 Ziff. 1 EStG setzt den Anfall der Nutzungen im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes voraus. Ein solcher Betrieb war ungeachtet der Schenkung des aufstehenden Holzes bei der Tochter des Bf. nicht vorhanden. Der einmalige Einschlag des schlagreifen Holzes im Zuge des Schenkungsvertrages begründet keinen "Betrieb" im Sinne des § 13 EStG (vgl. das Urteil des Senats IV 202/52 U vom 28. August 1952, Slg. Bd. 56 S. 697, Bundessteuerblatt 1952 III S. 268).
Fundstellen
Haufe-Index 409052 |
BStBl III 1958, 226 |
BFHE 1958, 586 |
BFHE 66, 586 |