Leitsatz (amtlich)
Ist die Grunderwerbsteuer für den Erwerb eines Grundstücks wegen Aufgabe des steuerbegünstigten Zwecks (hier: Weiterveräußerung einer Grundstückteilfläche) teilweise nachzuerheben, so ist die Aufteilung der Gesamtgegenleistung nach dem Verhältnis der gemeinen Werte der Grundstücksteilflächen vorzunehmen. Die Aufteilung kann nach dem Größenverhältnis der Teilflächen erfolgen, wenn diese Aufteilung den tatsächlichen Wertverhältnissen entspricht.
Normenkette
Hambg. GrEStG 1966 § 8 Nr. 1; Hambg. GrEStG 1966 § 13 Abs. 1; Hambg. GrEStG 1966 § 21 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb durch notariellen Kaufvertrag vom 21. November 1968 ein Grundstück von 1 514 qm Größe zum Kaufpreis von 55 000 DM. Der Beklagte und Revisionskläger (FA) stellte den Erwerbsvorgang durch Bescheid vom 6. Dezember 1968 gem. § 8 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes Hamburg i. d. F. vom 26. April 1966 (BStBl II 1966, 113) - GrEStG 1966 - von der GrESt unter der Voraussetzung frei, daß die auf dem Grundstück befindlichen Baulichkeiten im Zuge der Bebauung abgebrochen werden. Einen 521 qm großen Teil des Grundstücks verkaufte der Kläger durch notariellen Vertrag vom 7. März 1969 zum Preis von 11 000 DM weiter. Das FA erhob deshalb gemäß § 13 Abs. 2 GrEStG 1966 mit Bescheid vom 25. August 1969 die GrESt in Höhe von 1 340,10 DM für den Erwerb der weiterveräußerten Teilfläche wegen Aufgabe des steuerbegünstigten Zwecks nach. Die anteilige Gegenleistung für den Erwerb der weiterveräußerten Teilfläche berechnete das FA, ausgehend von einer Teilfläche von 527 qm, auf 19 144,65 DM in der Weise, daß es den ursprünglichen Gesamtkaufpreis von 55 000 DM auf die veräußerte Teilfläche entsprechend deren flächenmäßigem Anteil an der gesamten Grundfläche aufteilte. Den Einspruch des Klägers wies das FA zurück. Auf die Klage setzte das FG die GrESt unter änderung des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids sowie der Einspruchsentscheidung auf 902,35 DM fest und ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. Der Gesamtkaufpreis für den von der Steuer befreit gewesenen Erwerbsvorgang sei nach dem Verhältnis aufzuteilen, in welchem der Verkehrswert (gemeiner Wert) des ganzen Grundstücks zu dem Verkehrswert der nicht veräußerten Teilfläche gestanden haben würde. Für die Nachversteuerung sei maßgebend der auf die weiterveräußerte Teilfläche entfallende Teil der vereinbarten Gegenleistung, wobei die Angaben des Einheitswertbescheids vom 1. Dezember 1969 des FA zu berücksichtigen seien, die für 1 080 qm des Gesamtgrundstücks je qm den doppelten Wert von den restlichen 434 qm auswiesen. Demnach seien - ausgehend von dem Antrag des Klägers - der Verkehrswert des dem Kläger verbleibenden Grundstücks auf 42 108,72 DM, die steuerpflichtige Gegenleistung auf 12 891, 28 DM zu schätzen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des FA, das ausführt, der Wert der Gegenleistung sei von dem einheitlichen ursprünglichen Kaufpreis zu ermitteln, der nicht nachträglich in verschieden hohe Beträge für die Teilflächen des Grundstücks aufgespalten werden könne.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Nach § 13 Abs. 2 GrEStG 1966 unterliegen u. a. die in § 8 Nr. 1 bezeichneten Erwerbsvorgänge der GrESt, wenn der steuerbegünstigte Zweck vor Ablauf der in § 10 Abs. 1 Nr. 2 genannten Frist aufgegeben wird. Zutreffend hat das FG die Voraussetzungen dieser Bestimmungen im Streitfall als erfüllt angesehen. Es hat auch die Gegenleistung richtig ermittelt, die auf den Erwerb der am 7. März 1969 weiterveräußerten Teilfläche entfällt. Maßgebend ist nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1966 der Kaufpreis. Aus dem Kaufvertrag vom 21. November 1968 ergibt sich allerdings kein Anhalt für die Aufteilung des vereinbarten Kaufpreises auf die bebaute Teilfläche und die weiterveräußerte Grundstücksfläche. In vielen Fällen wird es unter diesen Umständen naheliegen, den Gesamtkaufpreis nach den Größenverhältnissen der Teilflächen aufzuteilen, weil diese Aufteilung den tatsächlichen Wertverhältnissen entspricht. Das kann aber dann nicht gelten, wenn eindeutig unterschiedliche Wertverhältnisse hinsichtlich der verschiedenen Teilflächen vorliegen. Dabei kann nicht entscheidend sein, ob sich die Vertragsparteien hierüber im Vertrag oder bei den Vertragsverhandlungen geäußert haben. Entscheidend ist vielmehr die Aufteilung der Gesamtgegenleistung nach objektiven Kriterien, wie sie von der Rechtsprechung für die Aufteilung der Gesamtgegenleistung auf der GrESt unterliegende Grundstücke und andere Wirtschaftsgüter entwickelt worden ist (vgl. Boruttau-Klein, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl., § 11 Rdnr. 61 ff.). Die Aufteilung hat nach den gemeinen Werten der Grundstücksteilflächen zu erfolgen.
Gegen diese Grundsätze hat das FG nicht verstoßen, als es die Aufteilung des Gesamtkaufpreises in Anlehnung an die bei der Einheitsbewertung 1964 ermittelten Werte vornahm, die für eine Teilfläche von 434 qm nur die Hälfte des Quadratmeterwertes der größeren Teilfläche auswies. Daß die festgesetzten Einheitswerte im vorliegenden Zusammenhang nicht unmittelbar verbindlich sind, hat das FG nicht verkannt. Eine Verfahrensrüge hat das FA nicht erhoben. Der erkennende Senat ist deshalb an die tatsächliche Überzeugung des FG hinsichtlich der Wertanteile gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).
Die vom erkennenden Senat vertretene Auffassung steht nicht im Widerspruch zu den Urteilen vom 15. Dezember 1970 II 96-97/65 (BFHE 101, 558, BStBl II 1971, 370) und vom 11. Juli 1973 II R 113/67 (BFHE 110, 304, BStBl II 1973, 829). In diesen Fällen ging es um die Grunderwerbsteuer für eine sog. Überfläche, die über die flächenmäßig steuerbegünstigte Grundstücksfläche hinausging, ohne daß diese Überfläche auf dem Grundstück lokalisiert werden konnte oder lokalisierbar sein mußte. Dient das ganze Grundstück, soweit es nicht überbaut ist, einem einheitlichen Zweck, gehört es im ganzen zu den "Hofräumen und Hausgärten", deren Erwerb nur bis zu einer bestimmten Größe begünstigt ist; es läßt sich nicht feststellen, daß die begünstigte Fläche gerade in dem für sich allein wertvolleren Teil des Grundstücks liege. Das Urteil II 96-97/65 bezieht sich zudem auf die spezielle Bestimmung des § 4 Abs. 6 Satz 1 des Saarländischen Gesetzes über die Grunderwerbsteuerbefreiung beim Wohnungsbau.
Im Streitfall hat das FG demgegenüber ausgehend von den Angaben des Klägers unter Berücksichtigung bereits bestehender Wertunterschiede für ganz bestimmte bebaubare und nicht bebaubare Grundstücksflächen den Wert der Gegenleistung hinsichtlich der weiterveräußerten Teilfläche richtig berechnet. Insoweit ist die Rüge des FA wegen unberechtigter Schätzung (§ 217 AO) unbegründet.
Fundstellen
Haufe-Index 70917 |
BStBl II 1974, 492 |
BFHE 1974, 295 |