Leitsatz (amtlich)
Legt ein Unternehmen, dessen Betriebszweck es erfordert, daß seine Arbeitnehmer jederzeit erreichbar sind, diesen Telefonanschlüsse in die Wohnung, so spricht die Lebenserfahrung dafür, daß die Arbeitnehmer aus dienstlichen Gründen mehr angerufen werden als sie selbst dienstliche Gespräche führen. Dies ist bei der Aufteilung der Telefongrundgebühr in einen privaten und dienstlichen Anteil mitzuberücksichtigen.
Normenkette
LStDV § 3 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), ein Heizungs- und Rohrleitungsbauunternehmer, hatte bei drei ihrer Arbeitnehmer Telefonanschlüsse in deren Wohnung installiert, damit sie für die Klägerin und ihre Kunden stets erreichbar sind. Die Rufnummern der Anschlüsse sind in den Telefonbüchern sowohl unter dem Namen der Klägerin als auch unter dem Namen der einzelnen Arbeitnehmer aufgeführt. Von den durchschnittlichen Telefonkosten von annähernd 29 DM monatlich hatte die Klägerin die Grundgebühr von 18 DM sowie einen Festbetrag von monatlich 3 DM den Arbeitnehmern lohnsteuerfrei erstattet, wobei sie davon ausging, daß die durchschnittlichen Kosten für Telefonate, die die Arbeitnehmer als Aktivgespräche für die Firma führten, ca. 3 DM pro Monat betrügen. Der Beklagte und Revisionskläger (FA) sah von den monatlichen Gesamtkosten von 29 DM lediglich einen Anteil von 9 DM je Anschluß als steuerfreien Auslagenersatz an. Den Unterschied zwischen dem von der Klägerin steuerfrei ersetzten Betrag von 21 DM zu den vom FA anerkannten 9 DM, also einen Betrag von monatlich 12 DM je Anschluß, behandelte es für die Jahre 1967 bis 1971 als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Es erließ gegen die Klägerin am 29. November 1971 einen entsprechenden Lohnsteuerhaftungsbescheid. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das FG gab der Klage statt. Es führte aus, zu den lohnsteuerpflichtigen Sachbezügen könne auch die unentgeltliche Zurverfügungstellung eines Fernsprechanschlusses und die Übernahme der Kosten für die Anlegung und Unterhaltung eines solchen Anschlusses durch den Arbeitgeber gehören. Die vom Arbeitgeber erstatteten Kosten eines Fernsprechanschlusses seien aber dann kein Arbeitslohn, wenn der Fernsprecher nicht zu den üblichen Privatbedürfnissen eines Arbeitnehmers gehöre und der Anschluß nur oder ganz überwiegend im Interesse des Arbeitgebers angelegt worden sei und unterhalten werde. Im Streitfall sei die Ursache für die Anlage der Telefonanschlüsse in den Wohnungen der drei Ölbrennermonteure ausschließlich die betriebliche Notwendigkeit gewesen, die Monteure jederzeit, sowohl nach Dienstschluß wie auch an Sonn- und Feiertagen, erreichen zu können. Die drei Telefonanschlüsse seien daher als betriebliche Anlage der Klägerin anzusehen. Die Grundgebühr von 18 DM sei daher in vollem Umfang eine Betriebsausgabe der Klägerin und könne auch nicht anteilmäßig den Monteuren als geldwerter Vorteil zugerechnet werden. Da die Klägerin den Arbeitnehmern ihre Privatgespräche nicht ersetze, liege der Vorteil aus der Nutzung der in der Wohnung installierten Telefone für die drei Monteure lediglich darin, Ferngespräche zu führen, ohne eine Fernsprechzelle aufsuchen zu müssen. Das sei eine steuerfreie Annehmlichkeit und kein geldwerter Vorteil i. S. der LStDV.
Das FA rügt mit der Revision die Verletzung der §§ 8, 19 EStG und § 2 LStDV. Es bestreite nicht, daß die Ursache für die Einrichtung und Unterhaltung der Fernsprechanschlüsse in den Wohnungen der Arbeitnehmer im ausschließlichen Interesse der Klägerin gelegen haben möge. Das FG habe auch zu Recht die den Arbeitnehmern erstatteten Grundgebühren als Betriebsausgaben der Klägerin angesehen. Das besage jedoch nichts für die hier streitige Frage, inwieweit diese Betriebsausgaben betrieblicher Telefonkostenaufwand und inwieweit sie Lohnkosten darstellten. Die Telefonkosten müßten auch bezüglich der Grundgebühr in einen betrieblichen und privaten Nutzungsanteil aufgeteilt werden. Es sei an dem Aufteilungsmaßstab 30 v. H. beruflich und 70 v. H. privat festzuhalten, da dieses Verhältnis auf der Auskunft der Klägerin beruhe, die laufenden Kosten für Telefonate, die die Arbeitnehmer für die Firma geführt hätten, hätten ca. 3 DM je Monat und Anschluß betragen.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Sie meint, eine Aufteilung der gesamten Kosten im Maßstab von 30 v. H. beruflich und 70 v. H. privat sei unzutreffend; denn die Grundgebühr sei auch zu entrichten, wenn kein einziges Ausgangsgespräch geführt werde. Man müsse, um zu einem richtigen Ergebnis zu kommen, auch die Anzahl der eingehenden Telefongespräche berücksichtigen. Genaue Unterlagen hierüber lägen zwar nicht vor. Wenn man jedoch unterstelle, daß die Kosten mit mindestens 60 v. H. auf eingehende und höchstens 40 v. H. auf ausgehende Gespräche umzulegen seien, so entfielen von den Kosten ca. 72 v. H. auf Firmenanteil und nur 28 v. H. auf Privatanteil der Arbeitnehmer.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 26. Juli 1974 VI R 170/71 (BFHE 113, 291, BStBl II 1974, 777) ist in Fällen in denen ein Arbeitgeber im dienstlichen Interesse Telefonanschlüsse in die Wohnung seiner Arbeitnehmer legen läßt, die monatliche Telefongrundgebühr grundsätzlich im Verhältnis der dienstlich und privat geführten Telefongespräche aufzuteilen und der private Anteil der Lohnsteuer zu unterwerfen. Der Senat hob in dieser Entscheidung hervor, daß diese Verhältnisse der privaten Nutzung eines für berufliche Zwecke vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten PKW ähnelten. Die Rechtsprechung (vgl. Urteil des BFH vom 21. Juni 1963 VI 306/61 U, BFHE 77, 191, BStBl III 1963, 387) hat in der privaten Nutzung des PKW ebenfalls einen lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil i. S. des § 8 Abs. 2 EStG (§ 3 LStDV) erblickt, und zwar in der Höhe, wie dem Arbeitnehmer Kosten einschließlich der fixen Kosten bei Haltung eines eigenen PKW des gleichen Typs erwachsen wären. Bei den Telefonkosten und bei der lohnsteuerlichen Erfassung privater PKW-Kosten kann daher, wie der Senat hervorhob, nicht eingewandt werden, die fixen Kosten seien auch dann entstanden, wenn überhaupt keine Telefongespräche geführt worden wären. Es kommt insbesondere auch nicht darauf an, ob die Arbeitnehmer sich selbst ein Telefon zugelegt hätten. Das im Einzelfall zu untersuchen, würde ohnehin zu einem unzumutbaren Eindringen in die Privatsphäre von Arbeitnehmern führen.
Von diesen Grundsätzen ist auch im Streitfall auszugehen. Entgegen der Ansicht des FG ist die Erstattung der Telefongrundgebühren durch die Klägerin nicht schon deshalb als steuerfreie Annehmlichkeit anzusehen, weil dies für die Klägerin Betriebsausgaben sind. Soweit in der Erstattung ein lohnsteuerpflichtiger Vorgang liegt, handelt es sich um betrieblichen Lohnaufwand, der der Lohnsteuer zu unterwerfen ist. Betrieblicher Lohnaufwand ist ebenso Betriebsausgabe wie eigener betrieblicher Telefonkostenaufwand.
Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist noch nicht entscheidungsreif. Das FA hat einen Betrag von 12 DM monatlich je Anschluß der Lohnsteuer unterworfen. Es ist dabei von den Angaben der Klägerin im Schriftsatz vom 19. Januar 1972 ausgegangen, sie habe in der Vergangenheit festgestellt, daß die durchschnittlichen Kosten für Telefonate, die die Arbeitnehmer für die Firma als Aktivgespräche geführt hätten, ca. 3 DM pro Monat betrügen. Das ergibt einen Anteil beruflich geführter Gespräche von rd. 27 v. H. an den laufenden Telefonkosten von durchschnittlich 11 DM. Das FA hat bei Ermittlung des beruflichen Anteils der monatlichen Gesamtkosten von 29 DM (einschließlich der Grundgebühr von 18 DM) den für die Klägerin günstigeren Satz von ca. 30 v. H. von 29 DM = 9 DM angenommen und den Unterschied zwischen diesen 9 DM und dem von der Klägerin erstatteten Betrag von 21 DM, mithin monatlich je Anschluß 12 DM, als steuerpflichtigen Arbeitslohn behandelt.
Das FA hat dabei jedoch übersehen, daß das Telefon für den dienstlichen Bereich gerade der Arbeitnehmer der Klägerin vor allem dadurch genutzt wird, daß die drei Ölbrennermonteure überwiegend von der Klägerin und ihren Kunden wegen dringender Reparaturen angerufen werden. Nach der Lebenserfahrung muß davon ausgegangen werden, daß diese betrieblichen Anrufe (sog. Passivgespräche) häufiger stattfinden als Anrufe dieser drei Arbeitnehmer bei der Klägerin und ihren Kunden (sog. Aktivgespräche). Die monatliche Grundgebühr bezieht sich auf Aktiv- und Passivgespräche, da sie ein pauschales Entgelt für die generelle Benutzung des Telefons ist.
Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen, damit es feststellt, in welchem Maßstab die von der Klägerin den Arbeitnehmern ersetzte Grundgebühr bei Berücksichtigung der Aktiv- und Passivgespräche auf den betrieblichen und privaten Anteil aufzuteilen ist. Es muß hierbei nach objektiven Merkmalen (z. B. durch Zeugenaussagen) prüfen, wieviel Passivgespräche die drei Arbeitnehmer etwa insgesamt geführt haben und wie viele dieser Gespräche ungefähr betrieblich bedingt waren. Die laufenden Telefonkosten für Aktivgespräche sind im Streitfall nicht der Lohnsteuer zu unterwerfen, da die Klägerin den Arbeitnehmern den privaten Anteil an diesen Gesprächen nicht erstattet hat.
Fundstellen
BStBl II 1976, 507 |
BFHE 1977, 158 |
NJW 1976, 1520 |