Leitsatz (amtlich)
Der auf einem Dienstvertrag des Erblassers mit seinem Arbeitgeber beruhende Erwerb einer Witwenrente gegenüber dem Arbeitgeber unterliegt nicht der Erbschaftsteuer. Dies gilt auch dann, wenn der Geschäftsführer einer GmbH zugleich deren Gesellschafter ist, es sei denn, daß die Rente das angemessene Maß übersteigt.
Normenkette
ErbStG 1974 § 3 Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Vorerbin (zu 1/4) ihres 1976 verstorbenen Ehemannes, mit dem sie in Gütertrennung lebte. Außerdem sind ihr von ihrem Ehemann (Erblasser) Vorausvermächtnisse zugewendet worden.
Der Klägerin, die im Zeitpunkt des Todes des Erblassers 54 Jahre alt war, steht im übrigen aus der Angestelltenversicherung eine Witwenrente von seinerzeit monatlich 981 DM (Kapitalwert 149 022 DM) und eine von der A. GmbH gezahlte Witwenrente von monatlich 2 250 DM (Kapitalwert 341 793 DM) zu, die 1961 zwischen der GmbH und dem Erblasser als deren Gesellschafter-Geschäftsführer in Höhe von 45 v. H. seines Gehalts vereinbart worden war.
Durch den angefochtenen (auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 - gestützten) Änderungsbescheid vom 18. Januar 1980 berichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die gegen die Klägerin festgesetzte Erbschaftsteuer. Er behandelte die von der GmbH zu zahlende Witwenrente hierbei als Teil des Erwerbes und kürzte den Versorgungsfreibetrag von 250 000 DM um den Kapitalwert der Rente aus der Angestelltenversicherung.
Der Einspruch der Klägerin blieb im wesentlichen erfolglos.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, daß der erworbene Rentenanspruch gegen die GmbH nicht der Erbschaftsteuer unterliege. Es sei mit dem Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren, die gesetzlichen Hinterbliebenenbezüge nicht der Erbschaftsteuer zu unterwerfen, wohl aber die Hinterbliebenenbezüge aus privaten Anstellungsverträgen.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben und die Erbschaftsteuer antragsgemäß herabgesetzt.
Mit seiner Revision hat das FA beantragt, die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen. Seine Auffassung geht dahin, daß der Erwerb der Rentenansprüche gegenüber der GmbH ein Erwerb i. S. des § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974 sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist unbegründet. Der Erwerb des Rentenanspruchs der Klägerin gegenüber der GmbH ist kein Erwerb i. S. des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974.
1. Unabhängig davon, wie der in § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 verwendete Begriff "Vermögensvorteil" auszulegen ist, fallen vertraglich vereinbarte Hinterbliebenenbezüge aus einem Arbeitsverhältnis nicht unter diese Vorschrift. Dies gilt auch für die Hinterbliebenenbezüge, die ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit der GmbH, deren Geschäftsführer er ist, in angemessener Höhe vereinbart.
§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 geht auf § 3 Nr. 3 ErbStG 1906 zurück. Bei einer am Gleichheitssatz unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung orientierten Auslegung dieser Vorschrift kann es keinen Unterschied machen, ob die Hinterbliebenenversorgung der Arbeitnehmer auf einem Gesetz, einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung, einer Ruhegeldordnung, einer betrieblichen Übung, auf dem Gleichbehandlungsgrundsatz oder auf einem Einzelvertrag beruht. Der (möglicherweise) zu weite Wortlaut der Vorschrift ist ggf. entsprechend einzuschränken (teleologische Reduktion).
2. Die Bezüge, die an die Hinterbliebenen von Beamten, Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit und Richtern zu zahlen sind, fallen eindeutig nicht unter § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974. Denn diese Bediensteten haben mit ihrem Dienstherrn keinen Dienst- oder Arbeitsvertrag geschlossen, sondern sie sind durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis berufen worden (vgl. § 5 Abs. 2 des Beamtenrechtsrahmengesetzes, § 6 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes, § 41 des Soldatengesetzes, § 17 des Deutschen Richtergesetzes). Auch die Hinterbliebenen des Bundespräsidenten, der Mitglieder der Bundesregierung und der Abgeordneten erhalten ihre Hinterbliebenenbezüge aufgrund gesetzlicher Regelungen.
Die Renten der Hinterbliebenen der rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer aus der gesetzlichen Rentenversicherung werden ebenfalls nicht vom Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 erfaßt, obwohl die Versicherungspflicht in diesen Fällen die Folge des Abschlusses eines Arbeitsvertrages ist. Eine andere Auffassung ist ernstlich niemals vertreten worden. Auch die Ansprüche der Hinterbliebenen aus einer freiwilligen Sozialversicherung (vgl. §§ 1233, 1234 der Reichsversicherungsordnung - RVO - und §§ 10, 11 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -) oder aus einer Pflichtversicherung auf Antrag (vgl. § 1227 Abs. 1 Nr. 9 RVO und § 2 Abs. 1 Nr. 11 AVG) werden nicht der Erbschaftsteuer unterworfen (vgl. Troll, Kommentar zum Erbschaftsteuergesetz und Schenkungsteuergesetz, 3. Aufl., § 3 ErbStG, Tz. 69). Das gleiche gilt für Ansprüche aus berufsständischen Zwangsversicherungen.
3. Bei dieser Rechtslage würde für eine etwaige Anwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 auf dem Gebiete der beruflichen Altersversorgung im wesentlichen nur der Bereich der zusätzlichen betrieblichen Altersversorgung verbleiben. Eine nähere Prüfung, zeigt jedoch, daß der große Bereich der tarifvertraglich geregelten zusätzlichen Altersversorgung nicht ohne erhebliche Auslegungsprobleme i. S. des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 als durch einen vom Erblasser geschlossenen Vertrag begründet angesehen werden könnte. Ohne daß hier abschließend auf das Wesen und die Rechtsnatur der Tarifverträge eingegangen werden kann (vgl. hierzu Wiedemann/Stumpf, Tarifvertragsgesetz, 5. Aufl., § 1 Tz. 21 ff.), ist festzuhalten, daß die Tarifverträge in ihrem normativen Teil staatlich anerkannte Rechtsregeln beinhalten, die für die Tarifunterworfenen gelten (vgl. § 3 des Tarifvertragsgesetzes - TVG -; Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 24. Mai 1977 2 BvL 11/74, BVerfGE 44, 322, 341), die aber durch Allgemeinverbindlichkeitserklärung auch auf die nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgedehnt werden können und im Verhältnis zu den nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Rechtsetzungsakte eigener Art sind (§ 5 TVG; vgl. BVerfGE 44, 322, 341; BVerfG-Entscheidung vom 15. Juli 1980 1 BvR 24/74, 439/79, BVerfGE 55, 7, 21). Wird in diesem Zusammenhang z. B. berücksichtigt, daß die Zusatzversorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes durch Tarifvertrag nach der Art einer Pflichtversicherung geregelt ist (vgl. z. B. § 4 des Tarifvertrages über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe, abgedruckt bei Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, unter C; vgl. ferner die §§ 25, 26 der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, die eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts ist, Gilbert/Hesse, a. a. O., unter B), so sind keine Gründe ersichtlich, die die Subsumtion dieser Zusatzrenten unter den § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 mit der Begründung erfordern könnten, es handle sich hier um Ansprüche aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages unter Lebenden.
Nicht anders werden die Fälle zu beurteilen sein, in denen die Altersversorgung von Arbeitnehmern durch betrtiebliche Übung, Betriebsvereinbarung, Ruhegeldordnung oder durch den Gleichbehandlungsgrundsatz begründet wird. Hier ist die dogmatische Begründung des Entstehens der Verpflichtungen umstritten (vgl. den Münchner Kommentar zum BGB, § 1587 a Tz. 180 ff., mit weiteren Nachweisen). Um so weniger besteht Veranlassung, diese Ansprüche unter § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 zu subsumieren, der in seinem Wortlaut auf das Erbschaftsteuergesetz 1906 zurückgeht, d. h. auf eine Zeit, in der die Dogmatik der arbeitsrechtlichen Ansprüche kaum entwickelt war.
4. Für eine etwaige Anwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 blieben unter diesen Umständen nur noch die Hinterbliebenenbezüge kraft Einzelvertrages. Indessen sind keine Gründe ersichtlich, die eine Subsumtion dieser Hinterbliebenenbezüge unter § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 nur deshalb erfordern sollten, weil diese Bezüge durch einen Einzelvertrag begründet worden sind. Bei Berücksichtigung der historischen Entwicklung muß vielmehr angenommen werden, daß diese Bezüge nicht in den Gesichtskreis des Gesetzgebers getreten sind, als er die Regelung des § 3 Nr. 3 in das Erbschaftsteuergesetz 1906 einfügte. Die Regierungsbegründung (Reichstags-Drucksachen, 11. Legislaturperiode, II. Session 1905/1906, Nr. 10 S. 1055) vermerkt in diesem Zusammenhang nur, daß die Vorschrift insbesondere den Fall trifft, in welchem der Erblasser in einem Lebensversicherungsvertrag die Zahlung der Versicherungssumme an einen Dritten bedungen hat. Die Hinterbliebenenversorgung aufgrund eines Arbeitsverhältnisses konnte schon deshalb von dieser Vorschrift nicht erfaßt werden, weil damals der Erwerb durch den Ehegatten und durch eheliche Kinder nicht der Erbschaftsteuer unterlag. Das Erbschaftsteuergesetz 1919 stellte zwar diese Erwerbe nicht mehr steuerfrei. Es läßt sich aber kein gesetzgeberischer Wille feststellen, der auf eine Erfassung der Hinterbliebenenbezüge aufgrund eines Arbeitsverhältnisses durch § 20 Abs. 1 Nr. 6 ErbStG 1919 gerichtet war. Die Begründung zu dieser Vorschrift verwies nur auf § 3 Nr. 3 ErbStG 1906 und auf § 8 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1919, der nur mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit der Erfassung der Lebensversicherungen und der Leibrentenverträge zugunsten Dritter begründet wurde (vgl. Drucksachen der Nationalversammlung, Nr. 376, S. 29 und 35). Eine Entscheidung des Gesetzgebers für eine Erfassung der Hinterbliebenenrenten aufgrund eines Arbeitsverhältnisses kann hierin nicht gesehen werden.
Wie der Senat im einzelnen in seinem Urteil vom 27. November 1974 II 175/64 (BFHE 115, 540, BStBl II 1975, 539) nachgewiesen hat, ist auch zu keinem späteren Zeitpunkt eine bewußte Entscheidung des Gesetzgebers dahingehend erfolgt, auch die vertraglich vereinbarten Hinterbliebenenbezüge aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis der Erbschaftsteuer zu unterwerfen. Es muß vielmehr davon ausgegangen werden, daß aufgrund der verschiedenen Änderungen des Erbschaftsteuergesetzes im Jahre 1934 unbeabsichtigt eine Gesetzeslage entstanden ist, die der Auffassung Vorschub leisten konnte, auch privatrechtlich vereinbarte Hinterbliebenenrenten aufgrund eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses unterlägen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG 1959 der Erbschaftsteuer. Der erkennende Senat hat die Auffassung vertreten, daß eine derartige Entwicklung nicht geeignet sein konnte, ohne erkennbaren Willen des Gesetzgebers die Steuerpflicht der privatrechtlich vereinbarten Hinterbliebenenrenten aus einem Arbeitsverhältnis herbeizuführen, zumal diese Bezüge wie die Aktivenbezüge des Erblassers der Lohnsteuer unterlagen.
Wenn sich der Senat damals dahin entschieden hat, die Steuerfreiheit dieser Hinterbliebenenbezüge durch entsprechende Anwendung des § 18 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG 1959 zu erreichen, war diese Lösung gleichwohl nicht zwingend. Der Senat hat bereits damals zu der 1934 eingetretenen Gesetzesänderung bemerkt (BFHE 115, 540, 547, BStBl II 1975, 539), "die buchstäblichen Konsequenzen der Änderung hätten aber, wenn sie nicht durch entsprechende Anwendung der Befreiungsvorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG 1925 (= § 18 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG 1959) zu berücksichtigen gewesen wären, im Bereiche des § 2 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1925 (= § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG 1959) zu einer ungewollten Ausweitung der Steuerpflicht geführt, die angesichts der sonst in § 18 Abs. 1 Nrn. 14 und 15 ErbStG 1925 (= § 18 Abs. 1 Nrn. 15 und 16 ErbStG 1959) gegebenen Befreiungen systemwidrig gewesen wäre".
Dem ist hinzuzufügen, daß ohne eine damals mögliche entsprechende Anwendung des § 18 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG 1959 eine einschränkende Auslegung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG 1959 erforderlich gewesen wäre, wie sie der Senat nunmehr zu § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 für erforderlich hält. Denn einer entsprechenden Anwendung des § 18 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG 1959 ist dadurch der Boden entzogen worden, daß der Teil der Vorschrift, der sich mit den Ruhegehältern und ähnlichen Zuwendungen befaßt, nicht in das Erbschaftsteuergesetz 1974 übernommen worden ist.
5. Das Erbschaftsteuergesetz l974 läßt nicht den gesetzgeberischen Willen erkennen, privat vereinbarte Hinterbliebenenbezüge der Erbschaftsteuer zu unterwerfen. Es ist zwar einzuräumen, daß die Bundesregierung diesen Standpunkt in der Regierungsbegründung vertreten hat (vgl. Bundestags-Drucksache VI 3418 S. 71 li. Sp.). Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, daß der Ausgangspunkt der Überlegungen der Bundesregierung ihre Auffassung war, die Hinterbliebenenbezüge aufgrund privater Anstellungsverträge hätten seit langem der Erbschaftsteuer unterlegen. Diese Auffassung war aber auch damals keineswegs unangefochten (vgl. Schmitt, Der Betrieb 1972 S. 64 - DB 1972, 64 -; Kapp, Erbschaftsteuergesetz, 4. Aufl., 1972, § 18 RdNr. 128; Friedrich, DB 1972, 2138; Böttcher, Steuerberater-Jahrbuch 1965/66 S. 199 ff., 202 - StbJ 1965/66, 199 ff., 202 -; Oswald, Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau 1973 S. 17 ff. - DVR 1973, 17 ff. -; Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 30. September 1965 III 178/63, Entscheidungen der Finanzgerichte 1966 S. 22 - EFG 1966, 22 -). Wenn auch noch nicht alle genannten Äußerungen bei der ersten Einbringung des Zweiten Steuerreformgesetzes im Jahre 1972 bekannt waren, so waren sie jedenfalls während der Beratungen des Finanzausschusses über das Erbschaftsteuerreformgesetz in der zweiten Hälfte des Jahres 1973 bekannt. Bei dieser Sachlage hätten die am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten in Erwägung ziehen müssen, daß der Bundesfinanzhof (BFH) die in der Regierungsbegründung vertretene Rechtsauffassung der Bundesregierung zum bisherigen Recht möglicherweise nicht teilen würde. Wenn gleichwohl § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG 1959 unverändert als § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 in das neue Gesetz übernommen wurde, so kann damit nicht der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck gebracht worden sein, nunmehr privat vereinbarte Hinterbliebenenbezüge ausdrücklich dem § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 unterzuordnen.
Auch die Einführung eines Versorgungsfreibetrages durch § 17 ErbStG 1974 hat an dieser Lage nichts geändert. Denn diese Vorschrift behält auch dann ihre Bedeutung, wenn die privat vereinbarten Hinterbliebenenbezüge aus einem Arbeitsverhältnis nicht von der Erbschaftsteuer erfaßt werden.
Die Auslegung, daß unter § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 nicht die privatrechtlich vereinbarten Hinterbliebenenbezüge aus einem Arbeitsverhältnis fallen, scheitert auch nicht daran, daß die Bundesregierung erwogen hat, ob es angebracht sei, die privaten Hinterbliebenenbezüge ausdrücklich von der Erbschaftsteuer freizustellen oder die gesetzlichen Hinterbliebenenbezüge ausdrücklich für erbschaftsteuerpflichtig zu erklären. Denn diesen Überlegungen lag die (vom erkennenden Senat nicht geteilte) Vorstellung zugrunde, daß die privatrechtlich vereinbarten Hinterbliebenenbezüge der Erbschaftsteuer unterlägen.
Auch die Tatsache daß § 18 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG 1959 in das Erbschaftsteuergesetz 1974 nicht übernommen wurde, soweit er Ruhegehälter und ähnliche Zuwendungen betraf, hindert den Senat nicht an einer einschränkenden Auslegung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974. Die Bundesregierung hielt die Übernahme dieser Vorschrift nicht für vertretbar, weil bei vom Arbeitgeber gezahlten Ruhegehältern ohnehin kein der Erbschaftsteuer unterliegender Tatbestand vorliege und bei testamentarisch angeordneten Ruhegehältern ein Vermächtnis anzunehmen sei, das eine Steuerbefreiung nicht rechtfertige. Die spätere entsprechende Anwendung des § 18 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG 1959 auf privatrechtlich vereinbarte Hinterbliebenenbezüge durch den erkennenden Senat konnte die Bundesregierung nicht voraussehen. Daß diese Vorschrift in das Erbschaftsteuergesetz 1974 nicht übernommen wurde, kann deshalb nicht als Entscheidung des Gesetzgebers für die Steuerpflicht privatrechtlich vereinbarter Hinterbliebenenbezüge gewertet werden.
Im übrigen läßt die von der Bundesregierung in der Regierungsbegründung vertretene Auffassung nicht erkennen, daß die Bundesregierung in ihre Erwägungen auch die Hinterbliebenenbezüge einbezogen hat, die auf Tarifvertrag, Betriebsordnung, Betriebsvereinbarung, betrieblicher Übung oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz beruhen. Der erkennende Senat bezweifelt, daß die Bundesregierung von der Vorstellung ausging, auch die auf diese Weise begründeten Altersbezüge sollten von § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 erfaßt werden. Bei dieser Sachlage kann es nicht als Gesetzeswille angesehen werden, das Erbschaftsteuerrecht hinsichtlich der Hinterbliebenenbezüge gegenüber dem bisherigen Recht, wie es durch den erkennenden Senat ausgelegt worden ist (vgl. BFHE 115, 540, BStBl II 1975, 539), in einschneidender Weise dahin zu ändern, daß nunmehr diese Hinterbliebenenbezüge erfaßt werden sollten.
6. Der Senat hat keine Bedenken, das gefundene Ergebnis auch auf die Bezüge der Hinterbliebenen des Geschäftsführers einer GmbH (ggf. auch eines Gesellschafter-Geschäftsführers) anzuwenden. Die Geschäftsführer mögen zivilrechtlich nicht als Arbeitnehmer anzusehen sein. Im Sinne des Einkommensteuerrechts jedenfalls sind sie Arbeitnehmer. Für die ihnen zugesagten Pensionen können steuerrechtlich wirksame Rückstellungen gebildet werden, und zwar auch dann, wenn sie die GmbH beherrschen (vgl. u. a. das Urteil vom 21. Februar 1974 I R 160/71, BFHE 111 , 506, BStBl II 1974, 363). Demgegenüber ist es nach Auffassung des Senats ohne Bedeutung, ob der Geschäftsführer einer GmbH auch dann unter § 17 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 (BGBl I, 3610) fällt, wenn er die GmbH beherrscht (verneinend Höfer, Kommentar zum Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, § 17 Tz. 37 ff.). Im Einzelfall kann jedoch Anlaß bestehen, den Anspruch der Hinterbliebenen ggf. insoweit der Erbschaftsteuer zu unterwerfen, als er unangemessen hoch ist und deshalb körperschaftsteuerrechtlich eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt. Dabei kann es jedoch grundsätzlich nicht auf die absolute Höhe der Hinterbliebenenbezüge ankommen, sondern auf ihr Verhältnis zu dem angemessenen Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers. Im vorliegenden Fall läßt sich nicht feststellen, daß die Witwenrente mit 45 v. H. der Aktivenbezüge unangemessen hoch ist.
7. Der Senat braucht nicht mehr auf die Frage einzugehen, ob eine angemessene Versorgung des überlebenden Ehegatten überhaupt als Vermögensvorteil i. S. des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 beurteilt werden kann, wenn im Valutaverhältnis keine unentgeltliche Zuwendung, sondern eine im Eherechtsverhältnis wurzelnde Zuwendung versorgungshalber vorliegt oder ob Zuwendungen versorgungshalber ebensowenig die Anwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 hindern, wie etwa die Anwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 bei Zuwendungen an den überlebenden Ehegatten aufgrund eines Testamentes. Offenbleiben kann auch, inwieweit ggf. die Einführung des Versorgungsausgleichs durch das erste Eherechtsreformgesetz im Jahre 1977 eine andere Beurteilung von Zuwendungen unter Ehegatten erforderlich machen könnte.
Fundstellen
Haufe-Index 413656 |
BStBl II 1981, 715 |
BFHE 1981, 426 |