Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zahlungen, die der Bayerische Rundfunk an die Mitglieder des Rundfunkrats als Aufwandsentschädigung leistet, sind keine steuerfreien Einnahmen im Sinne des § 3 Ziff. 12 EStG 1958.

 

Normenkette

EStG § 3 Ziff. 12, § 18/1/3

 

Tatbestand

Der Bf. war im Jahre 1959 als Vertreter des Bayerischen Landtags Mitglied des Rundfunkrats des Bayerischen Rundfunks (§ 5 Abs. 1 und 2 Ziff. 2 des Gesetzes über die Errichtung und die Aufgaben einer Anstalt des öffentlichen Rechts "Der Bayerische Rundfunk" vom 10. August 1948, Bayerische Bereinigte Sammlung II S. 635). In dieser Eigenschaft erhielt er aus der Kasse des Bayerischen Rundfunks für 1959 1.200 DM Aufwandsentschädigung und 950 DM Sitzungsgelder. Für diese beiden Beträge von insgesamt 2.150 DM nahm er Steuerfreiheit gemäß § 3 Ziff. 12 EStG 1958 in Anspruch. Nach dieser Vorschrift sind u. a. Bezüge steuerfrei, "die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden".

Das Finanzamt erkannte lediglich 475 DM als Betriebsausgaben an; im Berufungsverfahren ließ das Finanzgericht 540 DM zum Abzug zu.

Im übrigen - wegen des verbleibenden Restbetrags von 1.610 DM - wies das Finanzgericht die Berufung zurück, weil es in übereinstimmung mit dem Finanzamt die Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift des § 3 Ziff. 12 EStG 1958 nicht als gegeben ansah.

 

Entscheidungsgründe

Dagegen wendet sich die Rb. des Bf.: sie ist unbegründet.

Das Finanzgericht hat die gemäß § 3 Ziff 12 EStG 1958 begehrte Befreiung des noch streitigen Betrages von der Einkommensteuer mit Recht versagt; denn der Bayerische Rundfunk, der als "mit dem Recht der Selbstverwaltung ausgestattete Anstalt des öffentlichen Rechts" gemäß § 2 des Rundfunkgesetzes Sendungen über die von ihm betriebenen Anlagen veranstaltet und vermittelt, leistet mangels entsprechender Hoheitsbefugnisse, wie sie den Trägern öffentlicher Gewalt eigen sind, keine "öffentlichen" Dienste im Sinne der genannten Vorschrift des EStG. Dem Rundfunk stehen keine für die Annahme öffentlicher Gewalt wesentlichen Machtbefugnisse zu, die sich gegenüber seinen Leistungsempfängern in einer Befehlsgewalt oder in einer Zwangsgewalt äußern müßten (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs IV 3/52 vom 30. Oktober 1952, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 3, Rechtsspruch 25; IV 255/56 U vom 22. August 1957, BStBl 1957 III S. 395, Slg. Bd. 65 S. 424; VI 141/60 S vom 26. Januar 1962, BStBl 1962 III S. 201, Slg. Bd. 74 S. 540). Aus ähnlichen Erwägungen hat bereits der Oberste Finanzgerichtshof ausgesprochen, daß es sich bei dem Betrieb des Bayerischen Rundfunks nicht um einen Hoheitsbetrieb handelt (Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs I D 4/49 S vom 30. Juli 1949 und II D 1/49 S vom 23. August 1949, Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen 1949 S. 273 und S. 368).

Der Senat tritt dem Finanzgericht auch darin bei, daß der Rundfunkrat als Organ des Bayerischen Rundfunks (§ 4 des Rundfunkgesetzes) keiner anderen rechtlichen Beurteilung unterliegen kann als der Rundfunk selbst. Der Rundfunkrat übt nach den §§ 5 und 6 des Gesetzes lediglich innerbetrieblich beratende und überwachende, aber keine hoheitlichen Aufgaben aus.

Wenn sich der Bf. für seine gegenteilige Auffassung maßgeblich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1961 2 BvG 1, 1/60 (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 12 S. 205 ff.) beruft, so übersieht er - worauf das Finanzgericht ebenfalls zutreffend hinweist -, daß sich das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung lediglich mit der Frage befaßte, in welcher Weise die Länder kraft ihrer Kulturhoheit verpflichtet sind, die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) gewährleistete Eigenständigkeit des Rundfunks durch entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen zu verwirklichen und damit ihre öffentliche bzw. "staatliche" Aufgabe im Sinne des Art. 30 GG zu erfüllen. Die Entscheidung besagt aber nichts für die Streitfrage, welcher Art die dem Rundfunk selbst obliegenden Aufgaben sind (vgl. hierzu auch Entscheidungen des Bundesfinanzhofs IV 3/52, VI 141/60 S).

 

Fundstellen

Haufe-Index 411512

BStBl III 1965, 172

BFHE 1965, 475

BFHE 81, 475

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge