Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Entnahme von Proben zum Untersuchen.
Normenkette
ZG § 7 Abs. 2, § 78 Abs. 3; AZO § 181 Abs. 1; GG Art. 3
Streitjahr(e)
1964
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
Maßgebend für die Tarifierung der Waren war nach den damals geltenden §§ 58, 59 des Zollgesetzes (ZG) 1939 ihre Beschaffenheit im Zeitpunkt des Antrags auf Abfertigung zum freien Verkehr. Um die Beschaffenheit der Waren festzustellen, war der Abfertigungsbeamte nach den damals maßgebenden §§ 7 Abs. 2 und 78 Abs. 3 ZG 1939 berechtigt, Proben der Waren zu entnehmen. Für die Entnahme der Proben galt bis zum Inkrafttreten der Verordnung zur Änderung der Allgemeinen Zollordnung vom 8. Oktober 1956 (Bundeszollblatt - BZBl - 1956 S. 676) § 181 Abs. 1 der Allgemeinen Zollordnung (AZO) 1939 und die Anweisung über die Entnahme und Behandlung von Proben zum Untersuchen, die als Anlage 1 zu § 181 AZO ergangen war. Die AZO 1939 (Reichsministerialblatt 1939 S. 313) war von dem früheren Reichsminister der Finanzen auf Grund des inzwischen aufgehobenen § 12 AO als Rechtsverordnung erlassen worden. Damit hatte auch die vorbezeichnete Anweisung den Charakter einer Rechtsvorschrift. Durch die vorgenannte Verordnung zur Änderung der Allgemeinen Zollordnung vom 8. Oktober 1956, die am 18. Oktober 1956 in Kraft getreten ist, ist Abs. 1 des § 181 AZO und die Randbeischrift "Anlage 1" desgleichen die "Anlage 1" zu § 181 Abs. 1 AZO nebst den Mustern "a und b" und "c" gestrichen worden (ß 1 Nr. 41 und 66 der Verordnung vom 8. Oktober 1956). Die gestrichene Anlage 1 zu § 181 AZO (Anweisung über die Entnahme und Behandlung von Proben zum Untersuchen) ist durch den Zusatzerlaß des Bundesministers der Finanzen (BdF) vom 11. Oktober 1956 zur genannten Änderungsverordnung vom 8. Oktober 1956 unter der bisherigen Bezeichnung mit lediglich redaktionellen Änderungen neu vorgeschrieben worden (BZBl 1956 S. 686, 689). Die Anweisung über die Entnahme und Behandlung von Proben zum Untersuchen war also im Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Probeentnahmen keine Rechtsverordnung mehr, sondern eine auf Grund des § 109 Abs. 2 ZG erlassene Verwaltungsvorschrift. Diese Verwaltungsbestimmung war zwar für die Dienststellen der Zollverwaltung und damit auch für den Abfertigungsbeamten maßgebend, ist aber nicht für die FGe bindend.
Der Vorinstanz ist darin beizupflichten, daß im Streitfall nicht etwa die Verordnung über die Probeentnahme von Futtermitteln vom 21. Juli 1927 (RGBl I, 235) zur Anwendung kommt. Die in §§ 7 bis 10 des Gesetzes über den Verkehr mit Futtermitteln (Futtermittelgesetz) vom 22. Dezember 1926 (RGBl I, 525) vorgesehene Probeentnahme - geregelt in der genannten Verordnung vom 21. Juli 1927 - zur Untersuchung auf Gehalt, Reinheit oder Unverdorbenheit von Futtermitteln auf Wunsch des Erwerbers oder Veräußerers gilt im Verhältnis der Vertragsparteien, berührt jedoch nicht die Aufgaben der Zollverwaltung. Diese Vorschriften gelten auch nicht für die Probeentnahmen durch die zuständigen Dienststellen im Sinne des § 4 Abs. 2 der Anordnung über Futtermittel, Mischfuttermittel und Mischungen (Futtermittelanordnung) in der Fassung vom 24. Oktober 1951 - Bundesanzeiger Nr. 213 (vgl. dazu M. von Brauchitsch, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder Bd. VIII, Erster Halbband, Wirtschafts- Verwaltungsrecht I, Abschn. IV, 5. Kap., Gesetz über den Verkehr mit Futtermitteln, Anm. zu § 9). Da die Verordnung vom 21. Juli 1927 also nicht zollrechtlichen, sondern nur handelsrechtlichen Zwecken dient, kann von einer Verletzung des Grundsatzes von Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 des Grundgesetzes - GG -) nicht die Rede sein, wenn im Bereiche des Zollrechts bei Probeentnahmen nicht entsprechend dieser Verordnung oder nach sonstigen, nicht dem Zollrecht angehörenden Rechtsvorschriften oder etwaigen Handelsbräuchen verfahren wird. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern dadurch der Grundsatz von Treu und Glauben verletzt sein soll. Entscheidend kann nur sein, ob die Probeentnahme zweckentsprechend ist, d. h. ob die Probe in solcher Menge und auf solche Weise entnommen wird, daß aus der entnommenen Probe auf die Beschaffenheit der gesamten Ware geschlossen werden kann. Da das Ergebnis der Probeuntersuchung die entscheidende Grundlage für die Besteuerung bildet, es also wesentlich darauf ankommt, daß die Proben sachdienlich entnommen und behandelt werden, hätte es aus rechtsstaatlichen Erwägungen nahegelegen, den Vorschriften über die Entnahme und Behandlung von Proben zum Untersuchen weiterhin den Charakter einer Rechtsverordnung zu geben. Die Tatsache, daß diese Anweisung keinen Verordnungscharakter mehr hat, braucht jedoch nicht auszuschließen, daß die entsprechen dieser Anweisung durchgeführte Probeentnahme ihren Zweck erfüllen kann.
Auf Grund der Aussage des Abfertigungsbeamten, des Zeugen X., hat die Vorinstanz für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend festgestellt, daß die Zuckerrübenschnitzel lose geschüttet und nicht klebrig waren und sich auch nicht zu Klumpen zusammengeballt hatten, so daß eine Entmischung oder abweichende Zusammensetzung einzelner Teile nicht zu vermuten war. Die Vorinstanz konnte also ohne Verstoß gegen die Denkgesetze zur Auffassung gelangen, daß der Abfertigungsbeamte von einer Durchmischung der Ware vor der Entnahme der Proben absehen konnte (vgl. die obengenannte Anweisung Nr. 2 Abs. 3). Nach § 181 Abs. 1 AZO werden Warenproben nur in dem unbedingt notwendigen Umfang entnommen. Offensichtlich hat die Menge der entnommenen Probe ausgereicht, um die Beschaffenheit der Ware feststellen zu können, wie das erstattete Gutachten der ZPLA beweist. Im übrigen hätte der Stpfl. auch seinerseits Proben entnehmen können, wenn er eine Absicherung für nötig hielt (Hinweis auf § 151 AZO).
Fundstellen
Haufe-Index 425832 |
BFHE 1967, 480 |
BFHE 88, 480 |