Leitsatz (amtlich)
Hat der Abgabepflichtige die ihm gemäß Artikel IX des Anhangs zum Gesetz Nr. 64 der Militärregierung obliegende Verpflichtung zur Bestandsaufnahme durch fehlerhafte Mengenangabe seiner Vorräte schuldhaft verletzt, so ist der Strafzuschlag nach § 18 Abs. 4 Ziff. 2 SHG auch dann verwirkt, wenn der Abgabepflichtige in der Vermögenserklärung und Selbstberechnung der Soforthilfeabgabe zwar den Wert seiner Bestände zutreffend angibt, von der Berichtigung der mengenmäßigen Angaben aber bewußt absieht.
Normenkette
SHG § 18 Abs. 4 Ziff. 2; 1. StDVO-SHG § 42
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist von Beruf Gerbermeister und Inhaber einer Gerberei in M.... Er hat in der gemäß Artikel IX des Anhangs zum Gesetz Nr. 64 der Militärregierung angeordneten Bestandsaufnahme den mengenmäßigen Bestand an Häuten mit 3000 kg angegeben. Diese Angabe war falsch. Denn in Wirklichkeit hatte der Bestand an Häuten, wie sich bei einer späterhin durchgeführten Betriebspührung ergab, am Währungsstichtag 14 000 kg betragen.
In der Vermögensanzeige und Selbstberechnung der Soforthilfeabgabe gab der Bf. den Wert seines Vorratsvermögens, in dem die Häute mit 14 000 DM (1 kg Häute = 1 DM) enthalten waren, allerdings zutreffend an. Von einer Berichtigung der zu gering angegebenen Bestandsmenge sah er jedoch ab, weil er befürchtete, daß sich sonst auch die Bewirtschaftungsstellen mit den falschen Bestandsmeldungen befassen würden.
Das Finanzamt ließ diese Befürchtung des Bf. nicht als Entschuldigungsgrund für die unterlassene Berichtigung seiner Bestandsaufnahme gelten, sondern setzte gemäß § 18 Abs. 4 Ziff. 2b des Soforthilfegesetzes (SHG) einen Strafzuschlag in Höhe von 50 v. H. des Wertes des nicht angemeldeten Vorratsvermögens fest. Entsprechend dem Wertansatz des Bf. berechnete es den Wert des verschwiegenen Vorratsvermögens auf 11 000 DM, so daß sich ein Strafzuschlag von 5 500 DM ergab.
Entscheidungsgründe
Es steht unzweifelhaft fest, daß der Bf. seine Bestandsaufnahmepflicht gemäß Artikel IX des Anhangs zum Gesetz Nr. 64 der Militärregierung verletzt hat, indem er den Bestand an Häuten zum 20. Juni 1948 wissentlich zu niedrig ausgewiesen hat. Da er auch aus Anlaß der Vermögensanzeige und Selbstberechnung der Soforthilfeabgabe die fehlerhaften Mengen angaben im Bestandsverzeichnis nicht berichtigt hat, so kann auch die für den Fall der Bestandsberichtigung gemäß § 18 Abs. 4 Ziff. 1 SHG vorgesehene Amnestie nicht wirksam werden. Der Strafzuschlag war daher bei schuldhaftem Verhalten des Bf. festzusetzen.
Der Bf. ist gegenteiliger Meinung. Er vertritt die Ansicht, daß der Strafzuschlag von ihm nicht zu erheben sei, weil er den Wert seiner Bestände in der Vermögensanzeige richtig angegeben und deshalb auch die Soforthilfeabgabe nicht verkürzt habe. Diese Meinung ist irrig. Denn eine Wertangabe ist für die vorgeschriebene Bestandsmeldung bzw. für die Nachmeldung verschwiegener Bestände weder erforderlich noch ausreichend. Da nämlich für die Nachmeldung des Vorratsvermögens hinsichtlich des Inhalts, der Form und der Zuständigkeit nach § 42 der Ersten Durchführungsverordnung zum Ersten Teil des Soforthilfegesetzes die Vorschriften des Artikel IX des Anhangs zum Gesetz Nr. 64 der Militärregierung maßgeblich sind, so kommt es auf die Wertangabe überhaupt nicht an. Vielmehr müssen die nachgemeldeten Wirtschaftsgüter nach Belegenheits- oder Lagerort, Art, Umfang, Zustand, Herkunft, Güte, Menge, Gewicht, Maß, Anzahl oder sonst üblichen Merkmalen aufgegliedert und genau bezeichnet werden (Artikel IX § 3 des Anhangs zum Gesetz Nr. 64 der Militärregierung). Das Bestandsverzeichnis des Bf. hätte daher vor allem der mengenmäßigen Ergänzung bedurft. Hieran fehlt es. Diese Ergänzung wird aber durch die zutreffende Wertangabe nicht ersetzt, höchstens wird auf diese Weise ein neues Steuerdelikt vermieden, welches sonst durch Verkürzung oder Gefährdung der Soforthilfeabgabe begangen sein würde (vgl. Kühne, Die Soforthilfeabgabe in der Praxis Textziffer 275, 276). Das mit Strafe bedrohte Bestandsvergehen bleibt dessen ungeachtet bestehen, solange nicht die vorgeschriebene Ergänzung des Bestandsverzeichnisses erfolgt und damit die nach § 18 Abs. 4 Ziff. 1 SHG bestimmte Amnestie des Bestandsvergehens wirklich eingetreten ist. Dieses Vergehen richtet sich nicht allein gegen die Sicherung des Aufkommens an Soforthilfeabgabe, sondern stellt zugleich eine Gefährdung der im Interesse der deutschen Wirtschaft getroffenen Maßnahmen dar. Es genügt daher nicht, wenn durch die Vermögensanzeige, verbunden mit der Selbstberechnung der Soforthilfeabgabe eine Abgabenverkürzung vermieden wird, sofern nicht gleichzeitig durch die Ergänzung der Bestandsaufnahme auch die Kontrolle über die wirtschaftlichen Vorräte der Bundesrepublik ermöglicht wird. Da die beiden Zwecke, Sicherung des Aufkommens an Soforthilfeabgabe und Kontrolle der Vorratshaltung, unlösbar miteinander verkoppelt sind, ist der Eintritt der Amnestiewirkung einer Bestandsergänzung davon abhängig, daß diese in den Formen der vorgeschriebenen Bestandsmeldung selbst erfolgt. Im anderen Falle kann die Amnestiewirkung nicht eintreten, vielmehr ist der Strafzuschlag gemäß § 18 Abs. 4 Ziff. 2 SHG auch dann verwirkt, wenn eine Verkürzung der Soforthilfeabgabe nicht eintritt. Da nach eigener Angabe des Bf. die mengenmäßige Ergänzung der Bestandsaufnahme bewußt unterlassen worden ist, weil der Bf. die Aufdeckung von Wirtschaftsvergehen befürchtete, so ist auch an der schuldhaften Verletzung der Bestandsaufnahmepflicht selbst nicht zu zweifeln. Die Festsetzung des Strafzuschlags ist daher im vorliegenden Falle zu Recht erfolgt.
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Fundstellen
Haufe-Index 407940 |
BStBl III 1954, 227 |
BFHE 1955, 50 |