Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Verbrauchsteuern
Leitsatz (amtlich)
Durch die Mitteilung der Zollstelle an den Brennereibesitzer, daß seine Brennerei durch Klassenwechsel die Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, verloren habe, wird dieser nicht in seinen Rechten verletzt; er kann diese Mitteilung daher nicht mit Rechtsmitteln angreifen.
GG Art. 19 Abs. 4; BO (i. d. F. der Verordnung zur änderung der Brennereiordnung vom 7. Dezember
Normenkette
GG Art. 19 Abs. 4; BO § 116a Abs. 2
Tatbestand
I. -
In einer Parallelsache der Bfin. wegen der Zurückweisung einer Abfindungsanmeldung wurde die ursprünglich auch mit dem hier vorliegenden Verfahren verfolgte Klärung der materiell-rechtlichen Frage über den Verlust der Abfindungsvergünstigung selbst vom Finanzgericht rechtskräftig verneinend, das heißt im Sinne der Bfin., entschieden. In dem jetzigen Rechtsstreit ist noch die Frage streitig, ob die der Zurückweisung der Abfindungsanmeldung vorausgegangene Mitteilung des zuständigen Zollamts vom 2. Oktober 1958, daß die Bfin. durch die Anzeige, von der Klasse der landwirtschaftlichen Brennereien ab 1. Oktober 1958 in die Klasse der gewerblichen Brennereien überwechseln zu wollen, die Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, auf Dauer verloren habe, eine Verletzung der Rechte der Bfin. im Sinne von Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) beinhalten kann, und ob die Bfin. daher bereits diese Mitteilung des Zollamts selbständig mit Rechtsmitteln angreifen konnte.
Die Oberfinanzdirektion hat die Beschwerde gegen das Schreiben des Zollamts vom 2. Oktober 1958 mit Beschwerdeentscheidung vom 7. Januar 1959 als unzulässig verworfen.
Die Vorinstanz hat die gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung (Art. 19 Abs. 4 GG) als unbegründet zurückgewiesen. Sie hielt die Auffassung der Oberfinanzdirektion für zutreffend, wonach die angegriffene Mitteilung des Zollamts vom 2. Oktober 1948 über den Verlust der Abfindungsvergünstigung kein mit Rechtsmitteln angreifbarer Verwaltungsakt sei.
Hiergegen richtet sich die Rb., mit der, wie bereits im vorausgegangenen Verfahren, der Standpunkt vertreten wird, die nach § 116 a Abs. 2 der Brennereiordnung (BO) - in der ab 1. Februar 1945 geltenden Fassung der Verordnung vom 7. Dezember 1944 - (Reichszollblatt 1944 S. 213) vorgeschriebene Mitteilung über den Verlust der Abfindungsvergünstigung sei eine mit Rechtsmitteln angreifbare Verfügung der Zollverwaltung. Es handele sich um einen "in die Form einer Mitteilung gekleideten Verwaltungsakt", also eine Verfügung im Sinne von § 237 AO, durch die im konkreten Einzelfalle bei einem bereits verwirklichten Sachverhalt festgestellt werde, welche Rechtsfolge sich daraus ergebe, was also von der Zollbehörde für Rechtens gehalten werde. Es handele sich also gerade darum, die strittige Frage, ob der Verlust der Abfindungsvergünstigung eingetreten sei, aus Anlaß des konkreten Falles zur Entscheidung zu bringen. Im Gegensatz hierzu habe es sich bei dem früheren, durch Urteil V z 147/57 vom 27. März 1958 der Bfin. gegenüber durch den Bundesfinanzhof entschiedenen Fall um eine Anfrage der Bfin. und um eine dazu ergangene Auskunft des Hauptzollamts gehandelt. Im vorliegenden Falle bilde aber die Mitteilung des Zollamts die Unterlage dafür, daß Abfindungsanmeldungen des Brennereibesitzers oder der Stoffbesitzer, die diese Brennerei benützen wollten, nicht mehr vollzogen werden dürften. Der deklaratorische Charakter dieser Mitteilung bedeute nicht, daß sie nicht rechtsmittelfähig sei. Auch die Zurückweisung einer später noch eingereichten Abfindungsanmeldung habe deklaratorischen Charakter, sei aber nach dem Urteil des Finanzgerichts in der Parallelsache dennoch als rechtsmittelfähig angesehen worden. Es würde eine unzumutbare Verzögerung des Rechtsschutzes bedeuten, wenn der von der Mitteilung betroffene Brennereibesitzer nicht bereits gegen sie ein Rechtsmittel einlegen könnte. Es stehe mit der zollamtlichen Mitteilung über den Verlust der Abfindung fest, daß eine trotzdem eingereichte Abfindungsanmeldung zurückzuweisen sei.
Entscheidungsgründe
II. -
Die Rb. hat keinen Erfolg. Mit Recht hat die Vorinstanz zunächst die Zulässigkeit der Berufung, das heißt den Rechtsweg nach Art. 19 Abs. 4 GG vor die Finanzgerichte bejaht. Es lag eine Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion vor, die zwar die Rechtsmittelfähigkeit der mit der Beschwerde angegriffenen Mitteilung des Zollamts über den Verlust der Abfindungsvergünstigung verneinte und demgemäß die Beschwerde als unzulässig verwarf, die aber ihrerseits als ein Akt der öffentlichen Gewalt nach Art. 19 Abs. 4 GG der richterlichen Nachprüfung unterlag. Der dafür gegebene Rechtsweg konnte, da der materielle Inhalt des mit der Beschwerde verfolgten Begehrens zweifelsfrei in die Zuständigkeit der Steuergerichte gehört, nur vor diese führen (Hinweis auf das Gutachten des Bundesfinanzhofs Gr.S. D 1/51 S vom 17. April 1951 - BStBl 1951 III S. 107, Slg. Bd. 55 S. 277 -).
Aber auch hinsichtlich des rechtlichen Ergebnisses ist das Urteil der Vorinstanz nicht zu beanstanden. Das Finanzgericht hat mit zutreffenden Gründen die Rechtsmittelfähigkeit der in § 116a Abs. 2 BO (in der oben angeführten Fassung) vorgesehenen Mitteilung über den Verlust der Abfindungsvergünstigung verneint und damit die Beschwerdeentscheidung bestätigt.
Aus dem Umstand, daß die strittige Mitteilung in der genannten Bestimmung der BO angeordnet ist, läßt sich kein Schluß im Sinne der Bfin. auf den Rechtscharakter dieser Mitteilung ziehen. Es handelt sich nämlich bei der Anordnung selbst nicht um eine Rechtsvorschrift, sondern um eine Verwaltungsanweisung, was schon daraus hervorgeht, daß mit der gleichen Anweisung die gleiche Mitteilung auch an die Rechnungsstelle des Monopolamtes angeordnet wird, insoweit also zweifelsfrei eine Anweisung zu einer innerdienstlichen Handlung vorliegt. Andererseits ergibt sich aber daraus, daß die gleiche Mitteilung über den gleichen Sachverhalt sowohl an den Brennereibesitzer als auch - insoweit als Vorgang innerdienstlicher Art - an die Rechnungsstelle des Monopolamtes zu machen ist, nach Ansicht des Senats bereits eindeutig, daß es sich bei der Mitteilung - auch soweit sie an den Brennereibesitzer ergeht - nicht um einen Rechtsakt, also nicht um eine rechtsmittelfähige Verfügung im Sinne des § 91 AO handelt. Dem entspricht auch, daß die fragliche Bestimmung in die Neufassung des § 116a auf Grund der Verordnung zur änderung der Brennereiordnung vom 28. Februar 1959 (BGBl 1959 I S. 78, Bundeszollblatt 1959 S. 142) nicht mehr aufgenommen wurde, sondern als Verwaltungsanweisung Aufnahme in Nr. 14 des Zusatzerlasses des Bundesministers der Finanzen III C/2 - V 7122 - 18/59
-------------------------- V 7133 - 49/59 -------------------------- V 7109 - 19/59 vom 13. März 1959 (Bundeszollblatt 1959 S. 148) fand.
Die Bfin. verkennt die Bedeutung der Mitteilung über den Verlust der Abfindungsvergünstigung, wenn sie annimmt, diese Mitteilung bilde die Grundlage für die Zurückweisung der Abfindungsanmeldung. Mit der Anzeige des Brennereibesitzers nach § 10 Abs. 2 BO in der ab 1. Februar 1945 gültigen Fassung, daß er die Brennereiklasse wechseln wolle, treten ab Beginn des nächsten Betriebsjahres die sich aus diesem Klassenwechsel unter Umständen ergebenden Rechtsfolgen unmittelbar kraft der bestehenden Rechtsvorschriften ein, ohne daß es hierfür eines weiteren Rechtsaktes seitens der Verwaltung (sei er konstitutiver oder deklaratorischer Art) bedarf. Selbst wenn die in der BO vorgesehene Mitteilung - etwa versehentlich - unterbliebe, würde das an den allein durch die vom Brennereibesitzer gemachte Anzeige über den Klassenwechsel eintretenden Rechtsfolgen nichts ändern. Eine trotz des durch den Klassenwechsel etwa eingetretenen Verlustes der Abfindungsvergünstigung abgegebene Abfindungsanmeldung müßte gleichwohl zurückgewiesen werden.
Erst mit dieser Zurückweisung der Abfindungsanmeldung greift die Verwaltung als öffentliche Gewalt auf Grund einer nach ihrer Ansicht eingetretenen Rechtsfolge in die Rechtssphäre des Brennereibesitzers ein und verletzt, wenn sie von falschen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, seine Rechte, wogegen er sich mit Rechtsmitteln zur Wehr setzen kann und wofür ihm Art. 19 Abs. 4 GG den Rechtsweg vor die Steuergerichte öffnet. Die - unter Umständen rechtsirrige - Mitteilung der Verwaltung an den Brennereibesitzer, daß er - nach ihrer Ansicht - durch die Anzeige des Klassenwechsels der Abfindungsvergünstigung verlustig gegangen sei, bedeutet keine Verletzung seiner Rechte, da diese Mitteilung als solche keine rechtliche Bedeutung hat. Sie kann daher auch nicht - wie die Bfin. meint - als angeblich deklaratorischer Verwaltungsakt wie ein Steuerbescheid oder ein diesem gleichgestellter Bescheid angesehen werden. Ein Steuerbescheid und ein diesem gleichstehender Bescheid stellen nicht nur eingetretene steuerliche Rechtsfolgen fest, sondern haben unmittelbare Rechtswirkungen, indem sie die sich aus der Rechtslage ergebenden Ansprüche geltend machen und damit in die Rechte der Betroffenen eingreifen.
Die im Streitfall angegriffene Mitteilung fällt auch nicht, wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat, unter die besonderen in den §§ 213 Abs. 2, 214 und 215 AO vorgesehenen Bescheide über die Feststellung von steuerlichen Rechtsverhältnissen. Sie stellt auch keinen Bescheid dar über sonstige Steuervergünstigungen im Sinne von § 235 Nr. 5 (3. Halbsatz) AO, auf deren Gewährung oder Belassung ein Rechtsanspruch besteht. Mit der Mitteilung über den Verlust der Abfindungsvergünstigung wird diese nicht durch einen in die Rechte des Betroffenen eingreifenden Akt der Verwaltung entzogen, sondern dem Brennereibesitzer lediglich, wie der Text der BO zutreffend formuliert, "mitgeteilt", daß durch eine Handlung des Brennereibesitzers (Anzeige des Klassenwechsels) dieser Verlust nach Auffassung der Verwaltung kraft der bestehenden Rechtsvorschriften eingetreten ist. Wirksam wird diese Auffassung der Verwaltung als Eingriff in die Rechte des Brennereibesitzers erst, wenn ihm die Verwaltung das Brennen unter Abfindungsvergünstigung durch Zurückweisung der Abfindungsanmeldung verweigert. Gegenüber diesem Eingriff in seine Rechte allein hat der Betroffene die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen und die Steuergerichte anzurufen.
Aus alledem ergibt sich, daß die in § 116a Abs. 2 BO in der oben genannten Fassung vorgesehene Mitteilung der Zollstelle an den Brennereibesitzer über den Verlust der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, kein mit Rechtsmitteln angreifbarer Verwaltungsakt ist. Wenn die Bfin. demgegenüber auf das Urteil des Bundesfinanzhofs V z 55/53 U vom 30. Oktober 1953 (BStBl 1954 III S. 1, Slg. Bd. 58 S. 224) hinweist, so übersieht sie, daß der Bundesfinanzhof in seinem späteren Grundsatzurteil V z 102/56 S vom 11. April 1957 (BStBl 1957 III S. 231, Bundeszollblatt 1957 S. 326, Slg. Bd. 64 S. 617) das gleiche Rechtsproblem an Hand eines Biersteuerfalles im Sinne der vorstehenden Ausführungen entschieden hat (Hinweis auf Rechtssatz 2 dieses Urteils). Der erkennende Senat hält aus den vorausgegangenen Erwägungen an dieser Rechtsansicht auch für die hier im Streit befindliche Mitteilung über den Verlust der Vergünstigung, unter Abfindung zu brennen, fest.
Fundstellen
Haufe-Index 410127 |
BStBl III 1961, 350 |
BFHE 1962, 224 |
BFHE 73, 224 |