Leitsatz (amtlich)
Es steht der Anwendung des § 14a Abs.1 BerlinFG nicht entgegen, wenn einem Steuerpflichtigen für ein von ihm im steuerbegünstigten oder frei finanzierten Wohnungsbau errichtetes Wohngebäude zwei Jahre nach dessen Fertigstellung öffentliche Mittel i.S. von § 6 Abs.1 des II. WoBauG gewährt werden.
Orientierungssatz
1. Bei einer Bruchteilsgemeinschaft sind die Miteigentümer die Adressaten des Bescheids über die Feststellung der Einkünfte. Die Adressaten müssen jedoch nicht notwendigerweise im Anschriftenfeld des Bescheids benannt werden. Es ist vielmehr ausreichend, daß sich aus dem gesamten Inhalt des Feststellungsbescheids ergibt, für welche Personen die Einkünfte festgestellt werden (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. Der BFH als Revisionsgericht ist befugt, Tatsachenfeststellungen zur Wirksamkeit eines Feststellungsbescheides selbst zu treffen (vgl. BFH-Urteil vom 11.12.1985 I R 31/84).
3. Der Wille des Gesetzgebers kann bei der Auslegung eines Gesetzes nur insoweit berücksichtigt werden, als er in dem Gesetz selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden hat (vgl. BVerfG-Rechtsprechung und BFH-Rechtsprechung).
4. Die bewertungsrechtliche Zusammenfassung von in zwei Bauabschnitten errichteten Bauwerken zu einer wirtschaftlichen Einheit ist für den Anwendungsbereich des § 14a BerlinFG 1970 ohne Bedeutung. Ob es sich um nur ein oder um zwei selbständige Gebäude handelt, ist nach der Verkehrsauffassung aufgrund des Gesamtbildes zu entscheiden (vgl. die zu § 7b EStG ergangene BFH-Rechtsprechung).
5. Hat ein Steuerpflichtiger für ein von ihm im steuerbegünstigten oder frei finanzierten Wohnungsbau errichtetes Wohngebäude erhöhte Absetzungen nach § 14a BerlinFG geltend gemacht und hat das FA diese Absetzungen bei der Veranlagung berücksichtigt, so kann der Steuerbescheid nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 geändert werden, wenn zwei Jahre nach Fertigstellung des Gebäudes öffentliche Mittel i.S. des § 6 Abs. 1 des II. WoBauG gewährt werden, weil unabhängig von der Frage, ob die Inanspruchnahme des Aufwendungsdarlehens eine nachträglich bekanntgewordene Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 ist, diese Tatsache nicht rechtserheblich ist.
6. Dem FG kann auch bei teilweiser Zurückverweisung der Sache die Entscheidung über die gesamten Kosten des Verfahrens übertragen werden (vgl. BFH-Urteil vom 13.2.1980 I R 178/78).
Normenkette
BerlinFG § 14a Abs. 1; FGO § 118 Abs. 2; II. WoBauG § 5; AO 1977 § 124 Abs. 1; II. WoBauG § 6 Abs. 1, § 100; AO 1977 § 122 Abs. 1; WoBindG § 13 Abs. 1, § 23; AO 1977 § 179 Abs. 2; FGO § 143 Abs. 2; AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
FG Berlin (Entscheidung vom 02.11.1982; Aktenzeichen V 295/80) |
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatten im Jahre 1969 die Grundstücke in Berlin, A- und D-Straße, zu Miteigentum je zur Hälfte erworben. Sie bebauten diese Grundstücke ab 1972 in zwei Bauabschnitten mit zwei räumlich getrennten Wohngebäuden, die durch eine Tiefgarage miteinander verbunden waren. Das im ersten Bauabschnitt errichtete Wohngebäude wurde Ende 1973 fertiggestellt. Die Wohnungsbau-Kreditanstalt Berlin (WBK) erkannte mit Bescheid vom 9.November 1972 die im ersten Bauabschnitt erstellten Wohnungen als steuerbegünstigt im Sinne der §§ 82 und 83 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II.WoBauG) in der Fassung vom 1.September 1965 (BGBl I 1965, 1617, Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin --GVBl Bln-- 1965, 1715) an. Die Bewertungsstelle des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) führte unter Berücksichtigung des im ersten Bauabschnitt errichteten Gebäudes für das Grundstück A-Straße auf den 1.Januar 1974 eine Wertfortschreibung durch und stellte den Einheitswert auf X DM fest.
Der unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel finanzierte Bau des im zweiten Bauabschnitt errichteten Wohngebäudes wurde im Jahre 1974 begonnen und im Jahre 1975 fertiggestellt. Die Bewertungsstelle des FA faßte die auf den Grundstücken A- und D-Straße in beiden Bauabschnitten errichteten Gebäude zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammen, führte unter Berücksichtigung des im zweiten Bauabschnitt errichteten Gebäudes zum 1.Januar 1976 eine Wertfortschreibung durch und stellte den Einheitswert auf Y DM fest.
Mit Vertrag vom 13.Dezember 1974 veräußerte der Kläger zu 1 seinen Miteigentumsanteil an den Grundstücken A- und D- Straße an den Kläger zu 2. Der Kläger zu 2 nahm im Jahre 1975 für einen Teil des im ersten Bauabschnitt errichteten Gebäudes ein Aufwendungsdarlehen der WBK in Anspruch (Bewilligungsbescheid der WBK vom 10.November 1975). Mit Vertrag vom 12.April 1977 veräußerte der Kläger zu 2 die Grundstücke.
In ihren Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Streitjahre machten die Kläger Werbungskostenüberschüsse von 472 058 DM für 1972 und 722 412 DM für 1973 geltend. Sie nahmen dabei erhöhte Absetzungen nach § 14a des Berlinförderungsgesetzes in der Fassung vom 29.Oktober 1970 (BerlinFG 1970) von 370 128 DM für 1972 (50 v.H. der im Jahre 1972 angefallenen Teilherstellungskosten von 740 257 DM) und von 212 165 DM für 1973 (auf 1973 angefallene Teilherstellungskosten von 787 548,65 DM) in Anspruch. Das FA stellte die Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 100 Abs.2 der Reichsabgabenordnung (AO) für 1972 auf 471 394 DM und für 1973 auf 722 412 DM einheitlich und gesondert fest. Den Feststellungsbescheid für 1972 erklärte es mit Bescheid vom 25.September 1975 für endgültig. Mit Bescheiden vom 21.Dezember 1979 änderte das FA die Feststellung für 1972 nach § 173 Abs.1 Nr.1 der Abgabenordnung (AO 1977) und die Feststellung für 1973 unter Endgültigerklärung nach § 164 Abs.2 AO 1977. Es stellte die Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung nunmehr für 1972 auf 101 266 DM und für 1973 auf 510 247 DM fest und verteilte sie je zur Hälfte auf die Kläger. Das FA versagte die Gewährung der erhöhten Absetzungen nach § 14a BerlinFG 1970, da diese nur für Gebäude in Anspruch genommen werden könnten, die im steuerbegünstigten oder frei finanzierten Wohnungsbau hergestellt worden seien. Diese Voraussetzungen seien wegen der im Jahre 1975 vorgenommenen teilweisen Umfinanzierung der Herstellungskosten unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel für das im ersten Bauabschnitt errichtete Gebäude nicht mehr erfüllt. Die Bescheide ergingen an beide Kläger. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage in seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1983, 538 veröffentlichten Urteil ab.
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung des § 14a BerlinFG 1970 und der §§ 122, 124 i.V.m. 179 Abs.2 AO 1977. Sie tragen im wesentlichen vor, der Gesetzgeber stelle in § 14a BerlinFG 1970 auf die Fertigstellung im steuerbegünstigten oder frei finanzierten Wohnungsbau ab. Er habe nicht vorgeschrieben, daß die Finanzierung über den Zeitpunkt der Fertigstellung hinaus beibehalten werden müsse.
Der Kläger zu 1 macht außerdem geltend, ihm seien die Feststellungsbescheide nicht wirksam bekanntgegeben worden. Die Bescheide enthielten im Anschriftenfeld als Adresse F-Straße in Berlin 1. Seine Wohnanschrift sei H-Straße in Berlin 2. Mangels Angabe dieser Anschrift fehle es an der zutreffenden Bestimmung desjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt sei. Die Bescheide seien ihm in seiner Firma W, F-Straße, durch Boten zugestellt worden. Auch hinsichtlich der Grundstücksgemeinschaft fehle es mangels entsprechender Angaben im Anschriftenfeld an der zweifelsfreien Bestimmung, für wen die Feststellung bestimmt sei.
Während des Revisionsverfahrens hat das FA den Feststellungsbescheid für das Streitjahr 1973 nach § 172 Abs.1 Nr.2 i.V.m. § 132 AO 1977 geändert. Es hat nunmehr den Klägern für das im ersten Bauabschnitt fertiggestellte Gebäude erhöhte Absetzungen nach § 7b i.V.m. § 53 Abs.3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gewährt. Durch Bescheid vom 20.Juli 1983 hat das FA den Werbungskostenüberschuß auf 600 378 DM festgestellt und durch Bescheid vom 22.August 1983 auf 690 510 DM. Die Kläger haben diese Bescheide zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gemacht. Zur Frage, ob die Änderungsbescheide die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs berühren, tragen sie vor, das FA habe nicht die Höhe der Herstellungskosten in 1973 aufgezeigt. Diese müßten 1 802 620 DM betragen. Mit dem bisherigen Klagebegehren seien in der Revision insgesamt erhöhte Absetzungsbeträge von 763 902 DM (1972: 370 128 DM, 1973: 393 774 DM) nach § 14a BerlinFG auf die Teilherstellungskosten beantragt worden. Bei Zugrundelegung der Herstellungskosten von 1 802 620 DM erhöhten sich die Absetzungen nach § 14a BerlinFG um 137 408 DM. Sie erweiterten deshalb ihr Klagebegehren.
Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und Abänderung der Feststellungsbescheide für 1972 vom 21.Dezember 1979 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 28.Mai 1980 und für 1973 vom 22.August 1983 bei der Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die Werbungskostenüberschüsse jedes Klägers für 1972 um 185 064 DM und für 1973 um 265 591 DM (statt bisher 196 887 DM) zu erhöhen, außerdem die gegen den Kläger zu 1 gerichteten Feststellungsbescheide mangels wirksamer Bekanntgabe aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Es trägt im wesentlichen vor, die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel nach § 6 Abs.1 II.WoBauG für die Finanzierung von Herstellungskosten schließe erhöhte Absetzungen nach § 14a BerlinFG 1970 aus. Daß die Inanspruchnahme erst viel später erfolgt sei, sei unerheblich. Die Bindungswirkung der gewählten Finanzierungsart trete unabhängig von einem bestimmten Fristablauf ein. Sie beziehe sich ausschließlich auf das Objekt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Für 1972 führt sie zur Aufhebung der Vorentscheidung und des angefochtenen Feststellungsbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), für 1973 wird die Sache an das FG zurückverwiesen (§ 127 FGO).
1. Die Rüge des Klägers zu 1, die Bekanntgabe der Bescheide an ihn sei unwirksam, greift nicht durch.
Zu Recht hat das FG die Wirksamkeit des angefochtenen Feststellungsbescheids bejaht. Ein Feststellungsbescheid wird dadurch wirksam, daß er denjenigen, für die er bestimmt oder die von ihm betroffen sind, bekanntgegeben wird (§ 122 Abs.1, § 124 Abs.1, § 179 Abs.2 AO 1977). Bei einer Bruchteilsgemeinschaft richtet sich --unabhängig davon, ob sie noch besteht-- der Bescheid über die Feststellung der Einkünfte gegen die Miteigentümer. Diese sind die Adressaten des Feststellungsbescheids. Sie müssen jedoch nicht notwendigerweise im Anschriftenfeld des Bescheids benannt werden. Es ist vielmehr ausreichend, daß sich aus dem gesamten Inhalt des Feststellungsbescheids ergibt, für welche Personen die Einkünfte festgestellt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26.September 1974 IV R 24/71, BFHE 114, 156, BStBl II 1975, 311; vom 28.März 1979 I R 219/78, BFHE 128, 14, BStBl II 1979, 718; vom 8.April 1986 VIII R 343/82, BFH/NV 1986, 647, und vom 7.April 1987 VIII R 259/84, BFHE 150, 331, BStBl II 1987, 766, jeweils mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Obgleich in den Feststellungsbescheiden im Anschriftenfeld jeweils nur derjenige Kläger bezeichnet ist, an den die Ausfertigung des Bescheids übersandt wurde, ist aus dem Gesamtinhalt der Bescheide klar und eindeutig erkennbar, für welche Personen die Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden. In der Anlage ESt 1, 2, 3B zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind beide Kläger aufgeführt. Außerdem wird durch die Angabe "Grundstücksgemeinschaft A- und D-Straße" zum Ausdruck gebracht, daß sich die Bescheide gegen die Miteigentümer dieser Grundstücke richten. Für die ordnungsmäßige Bestimmung desjenigen, an den sich der Bescheid richtet, bedarf es nicht der Angabe der Wohnanschrift (BFH- Beschluß vom 6.November 1980 IV R 52/77, BFHE 132, 9, BStBl II 1981, 186). Da die Gemeinschaft nicht mehr bestand, waren die Feststellungsbescheide beiden Klägern bekanntzugeben (vgl. § 183 Abs.2 AO 1977). Die Bescheide sind dem Kläger zu 1 ausweislich des Empfangsbekenntnisses ordnungsgemäß bekanntgegeben worden.
Zwar enthält die Vorentscheidung zu den vorstehenden Fragen, die die Wirksamkeit der Feststellungsbescheide betreffen, nicht alle tatsächlichen Feststellungen. Der Senat war jedoch befugt, diese selbst zu treffen (vgl. BFH-Urteil vom 11.Dezember 1985 I R 31/84, BFHE 146, 196, BStBl II 1986, 474).
2. Die Rüge der Kläger, die Vorentscheidung verletze § 14a BerlinFG 1970, ist begründet.
a) Zutreffend ist das FG allerdings davon ausgegangen, daß das im ersten Bauabschnitt errichtete Wohngebäude für den Anwendungsbereich des § 14a BerlinFG 1970 ein selbständiges Objekt ist. Die bewertungsrechtliche Zusammenfassung der beiden im ersten und zweiten Bauabschnitt errichteten Bauwerke zu einer wirtschaftlichen Einheit ist für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung, ob es sich dabei um nur ein oder um zwei selbständige Gebäude handelt, ohne Bedeutung. Dies ist vielmehr nach der Verkehrsauffassung aufgrund des Gesamtbildes zu entscheiden (vgl. die zu § 7b EStG ergangenen BFH-Urteile vom 20.Oktober 1965 VI 62/65 U, BFHE 84, 234, BStBl III 1966, 86, und vom 28.Juni 1983 VIII R 179/79, BFHE 139, 509, BStBl II 1984, 196). Danach sind die beiden räumlich getrennten, nur unterirdisch bautechnisch verbundenen Bauwerke zwei selbständige Gebäude.
b) Zu Unrecht hat das FG den Klägern die erhöhten Absetzungen nach § 14a BerlinFG 1970 deshalb versagt, weil der Kläger zu 2 für das Ende 1973 ohne Einsatz öffentlicher Mittel fertiggestellte Gebäude im Jahre 1975 ein Aufwendungsdarlehen in Anspruch genommen hat.
Nach Abs.1 dieser Vorschrift kann der Bauherr bei Gebäuden und Eigentumswohnungen, die im steuerbegünstigten oder frei finanzierten Wohnungsbau nach dem 30.Juni 1968 in Berlin (West) fertiggestellt worden sind und die mindestens drei Jahre nach ihrer Fertigstellung zu mehr als 80 % Wohnzwecken dienen, abweichend von § 7 Abs.4 und 5 EStG im Jahr der Fertigstellung des Gebäudes und in den beiden folgenden Jahren erhöhte Absetzungen bis zu 50 % der Herstellungskosten vornehmen. Die erhöhten Absetzungen können bereits für Teilherstellungskosten im Jahr der Teilherstellung und in den beiden folgenden Jahren geltend gemacht werden (§ 14a Abs.4 BerlinFG 1970).
Für die Begriffe steuerbegünstigt und frei finanziert in § 14a BerlinFG sind die Begriffsbestimmungen in § 5 II.WoBauG maßgebend (§ 100 II.WoBauG). Danach sind steuerbegünstigte Wohnungen neugeschaffene Wohnungen, die nicht öffentlich gefördert sind und nach den Vorschriften der §§ 82 und 83 II.WoBauG als steuerbegünstigt anerkannt sind. Frei finanzierte Wohnungen sind neugeschaffene Wohnungen, die weder öffentlich gefördert noch als steuerbegünstigt anerkannt sind. Demgegenüber sind öffentlich geförderte Wohnungen neugeschaffene Wohnungen, bei denen öffentliche Mittel i.S. des § 6 Abs.1 II.WoBauG zur Deckung der für den Bau dieser Wohnungen entstehenden Gesamtkosten oder zur Deckung der laufenden Aufwendungen oder zur Deckung der für Finanzierungsmittel zu entrichtenden Zinsen oder Tilgungen eingesetzt sind.
Im Zeitpunkt der Fertigstellung des im ersten Bauabschnitt errichteten Gebäudes lagen die Voraussetzungen des § 14a Abs.1 BerlinFG vor. Denn das Gebäude ist ohne Einsatz öffentlicher Mittel i.S. des § 6 Abs.1 II.WoBauG fertiggestellt worden, wobei offenbleiben kann, ob es im frei finanzierten Wohnungsbau erstellt wurde --wie das FG angenommen hat--, nachdem die Wohnungen durch Bescheid vom 9.November 1972 als steuerbegünstigt anerkannt worden sind. Denn die erhöhten Absetzungen nach § 14a BerlinFG werden sowohl für den frei finanzierten als auch für den steuerbegünstigten Wohnungsbau gewährt.
c) Die Begünstigung nach § 14a Abs.1 BerlinFG ist entgegen der Ansicht des FG nicht dadurch weggefallen, daß durch die Inanspruchnahme des Aufwendungsdarlehens öffentliche Mittel i.S. von § 6 Abs.1 II.WoBauG zum Einsatz gekommen und die Wohnungen hierdurch ausweislich des Bescheids vom 10.November 1975 zu öffentlich geförderten sozialen Wohnungen geworden sind. Die Eigenschaft "öffentlich gefördert" wirkt nicht auf den Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes zurück. Nach § 13 Abs.1 Satz 2 des Wohnungsbindungsgesetzes (WoBindG) beginnt bei Beantragung der öffentlichen Mittel nach Bezugsfertigkeit --wie im Streitfall-- die Eigenschaft "öffentlich gefördert" vom Zugang des Bewilligungsbescheids an. Hiervon ist auch für die Anwendung des § 14a BerlinFG auszugehen. Die Vorschriften über den Beginn und das Ende der Eigenschaft "öffentlich gefördert" gelten gemäß § 23 WoBindG auch für die Anwendung von Rechtsvorschriften außerhalb des WoBindG, sofern nicht in jenen Rechtsvorschriften ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Das BerlinFG enthält keine anderen Bestimmungen. Das Gebäude ist mithin erst ab November 1975 dem öffentlich geförderten Wohnungsbau zuzurechnen. Dieser Umstand steht den erhöhten Absetzungen nach § 14a BerlinFG für die Streitjahre nicht entgegen; denn nach Abs.1 dieser Vorschrift reicht es für die Vornahme der erhöhten Absetzungen aus, daß das Gebäude ohne Einsatz öffentlicher Mittel fertiggestellt worden ist.
Das FG hat seine Entscheidung unter Hinweis auf die BTDrucks V/3019 S.8 damit begründet, daß der Gesetzgeber eine doppelte Subventionierung habe vermeiden wollen. Der Senat ist ebenfalls der Ansicht, daß die Inanspruchnahme von Förderungsmaßnahmen des öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbaus und der erhöhten Absetzungen nach § 14a BerlinFG nicht den gesetzgeberischen Absichten entspricht. Der Wille des Gesetzgebers kann bei der Auslegung eines Gesetzes jedoch nur insoweit berücksichtigt werden, als er in dem Gesetz selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden hat (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 17.September 1960 2 BvL 11/59, 11/60, BVerfGE 11, 126, 130, und BFH-Urteil vom 5.Mai 1982 VII R 96/78, BFHE 136, 319). Das ist für die Absicht, eine doppelte Subventionierung zu vermeiden, nicht hinreichend deutlich geworden. Sie kann auch nicht aus anderen Regelungen des § 14a BerlinFG entnommen werden. So muß zwar z.B. das Merkmal "zu mehr als 80 % Wohnzwecken dienen" noch drei Jahre nach Fertigstellung gegeben sein. Eine entsprechende Fristenregelung für die Eigenschaft der Gebäude oder Eigentumswohnungen als steuerbegünstigt bzw. frei finanziert fehlt jedoch. Selbst wenn es sich hierbei um eine Regelungslücke handeln sollte, läßt sich diese nicht dahin schließen, daß die Gebäude bzw. Eigentumswohnungen die Eigenschaft steuerbegünstigt bzw. frei finanziert mindestens drei Jahre nach ihrer Fertigstellung beibehalten müssen. Unabhängig von der Frage, ob Lücken in Steuergesetzen durch Analogieschluß mit steuerverschärfender Wirkung ausgefüllt werden können, liegen die Voraussetzungen für eine Lückenfüllung zum Nachteil des Steuerpflichtigen im Streitfall jedenfalls nicht vor (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 20.Oktober 1983 IV R 175/79, BFHE 139, 561, BStBl II 1984, 221). Es läßt sich schon nicht einwandfrei eine planwidrige Unvollständigkeit des BerlinFG feststellen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber bei Wegfall der Eigenschaft steuerbegünstigt bzw. frei finanziert innerhalb einer bestimmten Frist nach Fertigstellung des Gebäudes die erhöhten Absetzungen nach § 14a BerlinFG hat versagen wollen. Denn nach der Grundkonzeption des Gesetzgebers, daß keine doppelte Subventionierung stattfinden soll, liegt eine Regelung näher, die bei Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen nach § 14a BerlinFG die nachträgliche Gewährung öffentlicher Mittel ausschließt. Es muß dem Gesetzgeber überlassen bleiben, durch entsprechende gesetzliche Bestimmungen seinen Willen klar zum Ausdruck zu bringen.
Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war aufzuheben. Die Sache ist hinsichtlich des Streitjahres 1972 spruchreif. Der angefochtene Feststellungsbescheid für 1972 verletzt § 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977. Unabhängig von der Frage, ob die Inanspruchnahme des Aufwendungsdarlehens im Jahre 1975 eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache im Sinne dieser Vorschrift ist, durfte das FA den endgültigen Feststellungsbescheid für 1972 jedenfalls deshalb nicht ändern, weil diese Tatsache nicht rechtserheblich ist. Der Einsatz des Aufwendungsdarlehens steht den geltend gemachten erhöhten Absetzungen nach § 14a BerlinFG nicht entgegen. Der Änderungsbescheid und die Einspruchsentscheidung betreffend das Streitjahr 1972 waren daher gemäß § 100 Abs.1 Satz 1 FGO aufzuheben. Damit erlangt der Feststellungsbescheid vom 25.September 1975 wieder Wirksamkeit.
Für das Streitjahr 1973 besteht keine Spruchreife. Aufgrund des Antrags der Kläger ist der gesonderte und einheitliche Feststellungsbescheid für 1973 vom 22.August 1983 Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden (§§ 68, 123 Satz 2 FGO). Nach den Ausführungen der Kläger werden durch diesen Bescheid die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs berührt, weil das FA nunmehr nicht mehr von den Teilherstellungskosten, sondern von den Herstellungskosten des Gebäudes ausgegangen ist. Die Streitsache betreffend die gesonderte und einheitliche Feststellung für 1973 war deshalb gemäß § 127 FGO an das FG zurückzuverweisen (vgl. BFH-Urteil vom 30.Juli 1975 I R 110/72, BFHE 117, 36, BStBl II 1976, 74).
3. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs.2 FGO. Dem FG kann auch bei teilweiser Zurückverweisung der Sache die Entscheidung über die gesamten Kosten des Verfahrens übertragen werden (BFH-Urteil vom 13.Februar 1980 I R 178/78, BFHE 130, 48, BStBl II 1980, 386). Bei der Kostenentscheidung wird das FG zu berücksichtigen haben, daß die für 1973 erklärte Klageerweiterung im Revisionsverfahren unzulässig war (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2.Aufl., § 123 Anm.2).
Fundstellen
Haufe-Index 62015 |
BFH/NV 1988, 1 |
BStBl II 1988, 1003 |
BFHE 154, 101 |
BFHE 1989, 101 |
BB 1988, 2169-2169 (L1) |
DB 1988, 2491-2493 (LT) |
HFR 1989, 72 (LT) |