Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für Schulskileiter-Lizenz als Werbungskosten
Leitsatz (NV)
1. Zur Zulässigkeit der Klageerweiterung, wenn einzelne, aus einem bestimmten Sachverhalt abgeleitete Werbungskosten bereits betragsmäßig beziffert worden waren.
2. Zu den erforderlichen Feststellungen, die eine abschließende Würdigung erlauben, daß Aufwendungen für den Erwerb einer Schulskileiter-Lizenz als Werbungskosten berücksichtigt werden können.
Normenkette
FGO § 65; EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Lehrer an der S-Schule. Er nahm auf Anregung der Schulleitung in den Osterferien vom 28. März bis 10. April an einem Jugendskileiterkurs in . . . teil. Im Lehrgangsplan waren für den praktischen Unterricht vier Stunden täglich, sowie theoretischer Unterricht vorgesehen, der nach den Angaben des Klägers alle zwei Tage abends von 19.30 Uhr bis 21 Uhr stattfand. Die Teilnehmer mußten die Fahrtechniken bereits beherrschen und die zur Vorbereitung ausgegebenen Skilehrpläne gelesen haben. Ziel des Lehrgangs war es, mit den Teilnehmern für die ,,einzelnen Fahrhilfen methodische Möglichkeiten der Vermittlung" gemeinsam zu erarbeiten. An den letzten beiden Tagen fand eine Abschlußprüfung statt, die der Kläger bestand. Daraufhin bescheinigte ihm die zuständige Behörde im November des Streitjahres den Erwerb der Lehrberechtigung im Skilauf an Schulen und die Befähigung zur Leitung von Schulskifahrten. Der Kläger hat inzwischen mehrere Schulskifahrten geleitet.
Der Kläger machte in der Einkommensteuererklärung aus Anlaß des Jugendskileiterkurses Werbungskosten in Höhe von 2 170 DM geltend, die der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) nicht zum Abzug zuließ.
Mit der Klage beantragte der Kläger zunächst den Abzug von Werbungskosten in Höhe von 1 992 DM und schließlich von 2 810 DM, und zwar Kosten für die Fahrt . . . DM, für die Übernachtung . . . DM, für Verpflegungsmehraufwendungen . . . DM und für den Skipaß . . . DM.
Der Besuch eines derartigen Skikurses und das Bestehen der Abschlußprüfung seien Voraussetzungen dafür, mit Kindern eine Skireise durchführen zu können. Da ein älterer Kollege aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zur Verfügung gestanden habe, habe ein dringender Bedarf an einem Nachfolger bestanden. Bei dem Kurs sei es nicht darum gegangen, das Skilaufen zu lernen - gute diesbezügliche Kenntnisse seien vielmehr Teilnahmevoraussetzung gewesen -, sondern darum, die Befähigung zu erwerben, Anfängern das Skilaufen beizubringen.
Das Finanzgericht (FG) hielt die Erweiterung des Klagebegehrens für zulässig und gab der Klage in vollem Umfang statt.
Es führte aus, der Kurs sei ausschließlich beruflich veranlaßt gewesen, da es nicht um die Vervollkommnung eigener sportlicher Fähigkeiten gegangen sei, sondern darum, für die Ausbildung von Schülern im Rahmen der hauptberuflichen Lehrtätigkeit besonders befähigt zu werden und eine entsprechende Lehrbefugnis zu erwerben. Die Tatsache, daß eine solche Betätigung auch Freude bereiten könne und einen besonderen Erlebniswert habe, ändere nichts an der beruflichen Veranlassung. Der Skikurs sei auch lehrgangsmäßig unter der Leitung eines Beamten der Schulverwaltung durchgeführt worden und offensichtlich straff organisiert gewesen. Vier Stunden praktische Übungen am Tag und noch einmal jeden zweiten Tag 1 1/2 Stunden Theorie in den Abendstunden stellten eine erhebliche körperliche und geistige Beanspruchung dar. Hinzu seien noch die Vorbereitungen auf die zweitägige Abschlußprüfung gekommen. Unter diesen Umständen könne von einer Erholungsreise oder einer gemischt privat und beruflich veranlaßten Reise i. S. des § 12 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht die Rede sein.
Die Fahrtkosten könnten, wie vom Kläger beantragt, gemäß Abschn. 25 Abs. 8 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) mit 0,36 DM je gefahrenen Kilometer berücksichtigt werden. Auch ein Übernachtungsaufwand von . . . DM sei bei einem Aufenthalt in einem Wintersportort während der Hauptsaison glaubhaft und hinsichtlich des Verpflegungsmehraufwandes ständen dem Kläger für den An- und Abreisetag die Pauschbeträge des Abschn. 25 Abs. 6 LStR in Höhe von 39 DM und im übrigen des Abschn. 25 Abs. 7 LStR in Höhe von 60 DM (Ländergruppe II) zu.
Mit der Revision trägt das FA vor, die nach Ablauf der Klagefrist vorgenommene betragsmäßige Erweiterung des Klageantrags sei unzulässig gewesen. Im übrigen rügt das FA Verletzung von § 9 Abs. 1 und § 12 Nr. 1 EStG. Die Teilnahme an dem streitigen Skikurs sei nicht ausschließlich beruflich veranlaßt gewesen. Für die Annahme, daß private Gründe für den Skiaufenthalt maßgebend gewesen seien, spreche bereits der Umstand, daß der Kläger keinen Sportunterricht erteilt habe. Er sei nämlich Studienrat mit den Fächern . . . gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
1. Der Zulässigkeit der Klage stand nicht entgegen, daß sie nach Ablauf der Klagefrist betragsmäßig erweitert worden ist. Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Kläger mit der Nennung eines bestimmten Teilbetrages erkennbar eine Teilbestandskraft des angefochtenen Bescheides hätte herbeiführen wollen (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Oktober 1989 GrS 2/87, BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327). Das war nicht der Fall. Vielmehr ging es dem Kläger um die Berücksichtigung von Werbungskosten aus Anlaß eines Jugendskileiterlehrgangs in . . ., wobei er Einzelpositionen bereits in der Klageschrift bezifferte. Daß er damit sogleich einen betragsmäßig abschließenden Prüfungsrahmen hätte schaffen wollen, ist nicht ersichtlich.
2. Der Senat hat im BFH-Urteil vom 26. August 1988 VI R 175/85 (BFHE 154, 513, BStBl II 1989, 91) entschieden, daß Aufwendungen aus Anlaß eines Kurses zum Erwerb einer Schulskileiterlizenz unter eng begrenzten Voraussetzungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt werden können (vgl. auch BFH-Urteile vom 26. August 1988 VI R 72/87, BFH/NV 1989, 292; VI R 76/87, BFH/NV 1989, 292; VI R 80/87, BFH/NV 1989, 293, und VI R 159/87, BFH/NV 1989, 294).
Danach ist Voraussetzung für den Werbungskostenabzug, daß der betreffende Lehrer tatsächlich Sportunterricht erteilt hat oder eine entsprechende Arbeitsgemeinschaft geleitet hat, daß der Teilnehmerkreis im wesentlichen homogen ist, daß Veranstalter des Lehrgangs ein anerkannter Verband oder die Schulverwaltung ist, daß Sonderurlaub erteilt oder das dienstliche Interesse an der Lehrgangsteilnahme bescheinigt ist, daß der Lehrgang darauf abzielt, den Teilnehmern Kenntnisse zu vermitteln, die die Beaufsichtigung und Unterrichtung von Schülern beim Skilaufen betreffen, daß Programm und Durchführung des Lehrgangs durch eine straffe Organisation gekennzeichnet sind, daß die dementsprechende tatsächliche Teilnahme des Betreffenden feststeht, daß der Lehrgang mit einer Prüfung abgeschlossen wird, über die ein dem Lehrgangsziel entsprechendes Zertifikat erteilt wird, und daß die erworbenen Fähigkeiten anschließend im Lehrberuf verwendet werden. Im übrigen ist schädlich, wenn der Teilnehmer bei Antritt des Kurses das Skifahren noch nicht beherrscht.
3. Die Feststellungen des FG lassen eine abschließende Würdigung nach den oben wiedergegebenen Kriterien nicht zu. Beispielsweise sind vom FG zu den Unterrichtsfächern des Klägers, zur Homogenität des Teilnehmerkreises und zum Veranstalter gar keine Feststellungen getroffen worden. Zu den skifahrtechnischen Vorkenntnissen des Klägers, den konkreten Inhalten und dem zeitlichen Ablauf des Kurses sowie zu Inhalt und Bescheinigung der Abschlußprüfung sind nur vage Angaben ersichtlich. Insbesondere kann nicht beurteilt werden, was mit der Leitung des Kurses durch einen Beamten der Schulverwaltung gemeint ist, und ob die Gruppe nach eigenem Gutdünken von Fall zu Fall ,,methodische Möglichkeiten der Vermittlung einzelner Fahrhilfen" erkundet hat, oder unter fachlicher Anleitung ein vorgegebenes Schulungsprogramm durchgeführt worden ist, ob außerhalb der vier Unterrichtsstunden täglich die verbleibende Zeit zu freiem Skifahren genutzt worden ist und welchen Zielen der theoretische Unterricht gedient hat. Das FG wird nunmehr die erforderlichen konkreten Feststellungen nachzuholen und sie zu würdigen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 417355 |
BFH/NV 1991, 315 |