Leitsatz (amtlich)

  1. Die Verwaltungsbehörde hat, bevor sie einen Antrag eines nichtbuchführenden Landwirts auf Erlaß von HGA-Leistungen wegen wirtschaftlicher Bedrängnis unter dem Gesichtspunkt der Schuldenentwicklung nach Tz. 45 Sätze 1 bis 4 der VAO zu § 131 LAG ablehnt, stets zu prüfen, ob nicht besondere Umstände vorliegen, die eine individuelle Gewinnermittlung unumgänglich erscheinen lassen.
  2. Hat ein nichtbuchführender Landwirt im Erlaßzeitraum Schulden aufgenommen, um Ersatzbeschaffungen von Maschinen usw. durchzuführen oder seinen Betrieb zu rationalisieren, so kann eine dadurch herbeigeführte Schuldenvermehrung dann zu berücksichtigen sein und eine individuelle Gewinnermittlung unumgänglich machen, wenn die Anschaffungen zur Erhaltung des Betriebes dringend notwendig und nur durch Schuldenaufnahme möglich waren.
 

Normenkette

LAG § 131 Abs. 1; VAO-LAG131 § 44; VAO-LAG131 § 45

 

Streitjahr(e)

1956, 1957, 1958

 

Tatbestand

Streitig ist der Erlaß von HGA-Leistungen eines nichtbuchführenden Landwirts wegen wirtschaftlicher Bedrängnis (ß 131 LAG) für den Erlaßzeitraum 1956 bis 1958. Auf Grund der unanfechtbar gewordenen Veranlagung zur HGA betrugen die Leistungen im Erlaßzeitraum insgesamt 1.587,12 DM. Der Abgabepflichtige (Revisionskläger) hatte für die Erlaßzeiträume 1953 bis 1955 und 1956 bis 1958 Erlaßanträge gemäß § 131 LAG gestellt, die das Finanzamt (FA) zunächst abgelehnt hatte. In der Begründung der ablehnenden Bescheide hatte es für den Erlaßzeitraum 1953/1955 einen geschätzten Gewinn in Höhe von 500 DM je ha und Jahr und für den Erlaßzeitraum 1956/1958 einen geschätzten Gewinn von 550 DM je ha und Jahr zugrunde gelegt und unter Berücksichtigung der Abzugsbeträge und eines Pauschbetrags für Lebenshaltungskosten für den Antragsteller und dessen Ehefrau einen Überhang für 1953/1955 in Höhe von 2.568,94 DM und für 1956/1958 in Höhe von 3.280,99 DM errechnet und dazu ausgeführt, daß aus diesen Überhängen die HGA-Leistungen hätten erbracht werden können. Nachdem gegen beide Bescheide Beschwerde eingelegt worden war, weil die zugrunde gelegten Gewinne nicht erzielbar gewesen seien, bat das HGA-FA das Wohnsitz-FA, das zuvor bereits auf Ersuchen des ersteren aus Anlaß der Erlaßanträge eine Kurzprüfung durchgeführt hatte, um Stellungnahme zur Beschwerde und um Prüfung, ob die Schätzung des landwirtschaftlichen Gewinns mit 500 DM pro Jahr und ha für 1953/1955 und mit 550 DM pro Jahr und ha für 1956/1958 zu hoch erfolgt sei. Die Betriebsprüfungsstelle des Wohnsitz-FA gab ihre Stellungnahme dahin ab, daß die vom HGA-FA vorgenommenen Gewinnschätzungen zu hoch lägen und die Reinerträge je ha bei einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 10 ha wie folgt anzusetzen seien: für 1953 320 DM, für 1954 300 DM, für 1955 250 DM, für 1956 300 DM, für 1957 340 DM, für 1958 380 DM.

Die Betriebsprüfungsstelle kam in ihrer Stellungnahme zu dem Ergebnis, daß ein Erlaß zu gewähren sei, da die Einkünfte die Pauschbeträge nicht überstiegen. Das HGA-FA erließ daraufhin im Februar 1963 einen gemäß § 304 AO a. F. abgeänderten Erlaßbescheid, in welchem es die HGA-Leistungen für den Erlaßzeitraum 1953/1955 in vollem Umfange erließ. Den Erlaß für den Erlaßzeitraum 1956/1958 lehnte es aber erneut ab, allerdings auf Grund anderer, und zwar folgender Berechnung:

"Inventarzukauf aus Betriebsgewinn ohne Schuldenvermehrung --------------------- 10.530,- DM Entnahmen aus dem Betrieb -------------------- 4.800,- DM aus Betriebsgewinn gezahlte HGA-Leistungen, Steuern und Abzugsbeträge ---------------------------- 4.105,- DM Betriebsertrag ------------------------------ 19.435,- DM Abzüge laut Antrag v. Bp.-Bericht ------------ 2.518,- DM --------------------------------------------- 16.917,- DM Pauschbetrag -------------------------------- 11.700,- DM ---------------------------------------------- 5.217,- DM HGA ------------------------------------------ 1.587,- DM

Der Bevollmächtigte des Revisionsklägers erklärte dem FA, daß er die Beschwerde hinsichtlich des Erlaßzeitraums 1956/1958 aufrechterhalte, weil die Ermittlung des Betriebsertrages "nicht den Grundsätzen der Steuergesetzgebung nach der VAO zu § 131 LAG" entspreche, noch eine Begründung für die von der Erklärung abweichende Berechnung der Pauschbeträge gegeben sei. Die Oberfinanzdirektion - OFD - (Revisionsbeklagte) teilte darauf dem Bevollmächtigten des Revisionsklägers mit, worauf die Abweichung bei den Pauschbeträgen beruhe, und wies auf die nach Tz. 45 der Verwaltungsanordnung zu § 131 des Lastenausgleichsgesetzes (Erlaß der Leistungen auf die Hypothekengewinnabgabe wegen wirtschaftlicher Bedrängnis) - VAO - vom 10. Juli 1956 - IV C 5 - LA 2623 - 3/56 (BStBl I 1956, 347) in Betracht zu ziehende Vermögensentwicklung hin. In seiner Erwiderung erklärte der Bevollmächtigte, daß nach dem Erinnerungsvermögen des Revisionsklägers allenfalls ein Sohn selbständig verdient haben könne, nicht aber auch der andere Sohn, so daß für diesen die Pauschbeträge für Lebenshaltungskosten zu erhöhen seien. Die Reinerträge für den Erlaßzeitraum 1956/1958 seien für den Betrieb zu hoch; wenn man den vom FA neuerlich zugrunde gelegten Betriebsertrag umrechne, ergebe sich ein Reinertrag von 647 DM. Hinsichtlich der von der OFD in Betracht gezogenen Vermögensentwicklung wies der Bevollmächtigte darauf hin, daß der Revisionskläger mehr als genügsam gelebt habe "um nicht einer erdrückenden Schuldenlast zu verfallen". Die OFD erließ daraufhin eine Beschwerdeentscheidung, mit der sie die Beschwerde als unbegründet zurückwies. Bei den Pauschbeträgen seien beide Söhne nicht zu berücksichtigen gewesen, da sie nach den Feststellungen des FA seit 1949 bzw. 1953 dauernd in Stellung gewesen seien. Die vom FA nach den Grundsätzen der Tz. 44 VAO vorgenommene Schätzung der verfügbaren Mittel sei nicht zu beanstanden. Eine Gewinnschätzung erübrige sich außerdem nach Tz. 45 VAO, weil die Verschuldung des Antragstellers im Erlaßzeitraum nicht zugenommen habe. Er habe die HGA-Leistungen seinerzeit erbracht, ohne dadurch weiter zu verschulden.

Mit der Berufung wurde vorgetragen, daß ein Sohn noch zur Familieneinheit gehört habe. Es treffe nicht zu, daß im Erlaßzeitraum 1956/1958 Inventar in Höhe von 10.530 DM ohne Schuldenvermehrung zugekauft worden sei; es sei auch nicht erkennbar, wie sich diese Zukäufe zusammensetzten, ebensowenig wie sich die angesetzten Entnahmen ergäben. Die Berechnung des Betriebsgewinns von 19.435 DM sei unrichtig, weil der Traktor erst im Jahre 1959 gekauft worden sei und für die Inventarerwerbungen des Jahres 1958 nur Teilbeträge von 2 x 450 DM bezahlt worden seien. Die Gewinnberechnung entspreche nicht den Richtsätzen für buchführende Landwirte.

Das Finanzgericht (FG) wies die Berufung als unbegründet zurück. Bei der Schätzung der Erträge des Hofes habe sich die Verwaltung auf der mittleren Linie der Erträge für gut bewirtschaftete Betriebe bewegt. Einer Berechnung nach diesen Gesichtspunkten sei die Verwaltung darüber hinaus dann enthoben, wenn eine Betrachtung der Vermögensentwicklung ergebe, daß die Verschuldung des Antragstellers während des Erlaßzeitraums nicht zugenommen habe (Tz. 45 VAO). Von diesem Gedanken ausgehend habe auch der landwirtschaftliche Prüfer in seinem Bericht vom November 1962 die Gewinnschätzung für die einzelnen Jahre nicht für erforderlich erachtet. Wenn die Verwaltung dem gefolgt sei, so sei kein Ermessensmißbrauch festzustellen. Die Beschwerdeentscheidung lasse keinen Ermessensfehler erkennen, auch wenn die von ihr vorgenommene rechnerische Gegenüberstellung schon daran kranke, daß sie von einem Inventarzukauf ausgehe, der mit 10.530 DM aus dem laufenden Betriebsgewinn gedeckt sein solle, was aber nach den Feststellungen der Kammer nicht den Tatsachen entspreche. Nach Tz. 21 VAO seien Abgabeleistungen nur in der Höhe aufrechtzuerhalten, in der über die Lebenshaltungskosten hinaus verfügbare Beträge vorhanden seien. Das sei aber hier anzunehmen, weil bis zum Tage der Antragstellung die HGA-Leistungen ohne Einschränkung gezahlt worden seien; wäre das nicht möglich gewesen, so wäre sicherlich vorher bereits ein Antrag auf Erlaß gestellt worden. Die Höhe der pauschalen Abzugsbeträge und die Frage des Umfangs der Familieneinheit hätten daher dahingestellt bleiben können.

Mit der Rb., die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, werden Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten, mangelnde Sachaufklärung und fehlerhafte Rechtsanwendung gerügt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der Beschwerdeentscheidung.

Gegenstand der gerichtlichen Nachprüfung ist im Streitfall die Beschwerdeentscheidung der OFD. In ihr hat die OFD erklärt, daß die vom FA nach den Grundsätzen der Tz. 44 VAO vorgenommene Schätzung der verfügbaren Mittel nicht zu beanstanden sei. Den entscheidenden Posten bei dieser Schätzung stellt der als "Inventarzukauf aus Betriebsgewinn ohne Schuldenvermehrung" bezeichnete Betrag von 10.530 DM dar. Dieser Posten, der aus dem laufenden Betriebsgewinn gedeckt sein soll, entspricht aber nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht den Tatsachen. Soweit die Beschwerdeentscheidung hierauf gestützt ist, sind ihr mit dieser Feststellung des FG die Grundlagen entzogen.

Die OFD beruft sich aber auch auf Tz. 45 VAO und meint, danach erübrige sich eine Gewinnermittlung ohnehin, weil die Verschuldung des Antragstellers im Erlaßzeitraum nicht zugenommen habe; er habe die HGA-Leistungen seinerzeit erbracht, ohne dadurch zu verschulden. Feststellungen über den Schuldenstand am Anfang des Erlaßzeitraums und an dessen Ende, also am 1. Januar 1956 und am 31. Dezember 1958, sind der Beschwerdeentscheidung nicht zu entnehmen. Das FG hat sich diese Begründung der OFD zu eigen gemacht und unter Erwähnung des Berichts des landwirtschaftlichen Prüfers vom November 1962 ausgeführt, zu einer auch vom Prüfer nicht für erforderlich erachteten Gewinnschätzung für die einzelnen Jahre habe um so weniger Anlaß bestanden, als das im Erlaßzeitraum angeschaffte Inventar mit zwei Raten von je 450 DM aus dem laufenden landwirtschaftlichen Gewinn habe bezahlt werden können; an losen Schulden seien geschätzte 3.000 DM vorhanden gewesen, die jährlich nach der Ernte wieder bezahlt würden, so daß sich praktisch im strittigen Erlaßzeitraum die Schulden nicht vermehrt hätten. Die Ausführungen der Vorentscheidung lassen somit ebenfalls nicht erkennen, ob und mit welchem Ergebnis festgestellt worden ist, wie hoch der Schuldenstand am Anfang und am Ende des strittigen Erlaßzeitraums gewesen ist, denn nur dann könnte eine Beurteilung unter dem Gesichtspunkt der Schuldenentwicklung im Erlaßzeitraum erfolgen. Eine mündliche Verhandlung vor dem FG hat ausweislich der Akten nicht stattgefunden. Auch sonst ist in den Akten nichts enthalten, was seine Ausführungen und die der Revisionsbeklagten decken könnte, die Schulden hätten sich im strittigen Erlaßzeitraum nicht vermehrt. Wie der Senat bereits im Urteil III 46/62 vom 22. April 1966 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 86 S. 219 - BFH 86, 219 -) ausgesprochen hat, muß den Urteilsgründen zu entnehmen sein, auf Grund welcher Unterlagen oder Erwägungen das Gericht zu den für die Entscheidung erforderlichen, von ihm selbst zu treffenden tatsächlichen Feststellungen und seinen rechtlichen Folgerungen gelangt ist; denn nur auf diese Weise wird sowohl den Prozeßbeteiligten als auch dem Revisionsgericht gegenüber der Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde gelegt ist, authentisch und nachprüfbar bekanntgegeben. Da dies nicht geschehen ist, mußte die Vorentscheidung aufgehoben werden. Für den Senat war weder ersichtlich noch nachprüfbar, inwiefern das FG in Übereinstimmung mit der OFD zu der Annahme gelangt ist, es hätte keine Schuldenvermehrung im Erlaßzeitraum 1956/1958 stattgefunden. Zwar wird in der Vorentscheidung der Bericht des landwirtschaftlichen Prüfers vom November 1962 erwähnt; dieser enthält jedoch ebenfalls keine Aufstellung über den Schuldenstand am Anfang und am Ende des Erlaßzeitraums. Aus dem Bericht läßt sich nur der Stand der Bankschulden am Ende des Erlaßzeitraums, nicht aber zu dessen Beginn entnehmen. Die Ausführungen in Tz. 9 des Berichts über "lose Schulden in Höhe von 3.000 DM" geben ebenfalls keinen Aufschluß über deren Entwicklung im Erlaßzeitraum. Da das FG die Ausführungen in Tz. 6 des Berichts, die vom FA und der OFD übernommen wurden, als nicht den Tatsachen entsprechend festgestellt hat, weil aus den vom Prozeßbevollmächtigten des Revisionsklägers zu den Akten des FG überreichten Rechnungen sich die Unrichtigkeit der Prüfungsfeststellungen ergab, hätte das FG sich veranlaßt sehen müssen, auch die mit der Schuldenentwicklung zusammenhängenden und unzureichenden Ausführungen des Prüfers einer Nachprüfung zu unterziehen. Dazu bestand um so mehr Veranlassung, als auf Grund der vom Prozeßbevollmächtigten überreichten Unterlagen mit der Möglichkeit weiterer Schulden am Ende des Erlaßzeitraums gerechnet werden kann, die gegebenenfalls nicht unter die sogenannten "losen Schulden" fallen. In diesem Zusammenhang sei bemerkt, daß nach Ansicht des Senats auch eine Schuld die zur notwendigen Ersatzbeschaffung von Maschinen usw. oder zum Zwecke der Rationalisierung des Betriebs aufgenommen worden ist, unter Umständen eine berücksichtigungsfähige Schuld sein kann, nämlich etwa dann, wenn die Anschaffung zur Erhaltung des Betriebs dringend notwendig und nur durch Schuldenaufnahme möglich war. Die Schuldenvermehrung infolge einer Betriebsverbesserung müßte also berücksichtigt werden, wohingegen die Schuldenvermehrung infolge einer Betriebsverbesserung durch Anschaffung von Gegenständen, die für den Betrieb zwar nützlich, aber nicht lebensnotwendig waren, entsprechend der Anordnung in Tz. 45 VAO außer Betracht zu lassen wäre. Ob sich aus den überreichten Unterlagen des Revisionsklägers zum Ende des Erlaßzeitraums weitere Schulden ergeben, die zu berücksichtigen oder außer Betracht zu lassen sind, wäre nach diesen Gesichtspunkten im Rahmen der gerichtlichen Ermessensnachprüfung zu untersuchen gewesen und hätte auch bereits von der OFD nach Durchführung der notwendigen Sachaufklärung im Rahmen ihres Ermessens entschieden werden können und müssen. Aus diesem Grunde und vor allem, weil die Beschwerdeentscheidung und die Vorentscheidung keine nachprüfbaren Ausführungen darüber enthalten, wie sie zu der ihre Entscheidung stützenden Feststellung gelangt sind, es hätte keine Schuldenvermehrung beim Revisionskläger im Erlaßzeitraum stattgefunden, hält der Senat es für angebracht, von sich aus die Beschwerdeentscheidung wegen Ermessensfehlerhaftigkeit aufzuheben. Denn auch die Nachprüfbarkeit einer Ermessensentscheidung der Verwaltungsbehörde ist nur dann gegeben, wenn die Behörde nachprüfbare Ausführungen darüber macht, wie sie zu ihrer Entscheidung gelangt ist (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - VII 93/61 U vom 10. Juli 1962, BFH 75, 615, BStBl III 1962, 491): fehlt es an solchen Ausführungen, so ist die Entscheidung allein schon aus diesem Grunde ermessensfehlerhaft.

Kommt die OFD nach erneuter Prüfung, die sich auch darauf zu erstrecken haben wird, ob im Streitfall besondere Umstände vorliegen, die eine individuelle Gewinnermittlung unumgänglich erscheinen lassen, zu dem Ergebnis, daß die ablehnende Erlaßentscheidung des FA nicht zu halten ist, so käme es auf die zutreffende Feststellung der verfügbaren Mittel sowie der in der Vorentscheidung dahingestellt gelassenen Abzugsbeträge und Pauschbeträge für die Lebenshaltungskosten an. Das FG hat zwar hierzu ausgeführt, im Streitfall habe sich die Verwaltung bei der Schätzung der Beträge auf der mittleren Linie für gut bewirtschaftete landwirtschaftliche Betriebe bewegt. Diese Feststellung steht jedoch in Widerspruch zu den Akten, denn soweit sich die Verwaltung, und zwar das FA, der Reinertragssätze bei der Gewinnschätzung bedient hat, nämlich für den Erlaßzeitraum 1953 - 1955, sind diese ausweislich der Stellungnahme der Betriebsprüfungsstelle des Wohnsitz-FA vom Februar 1963 erheblich niedriger als in der Vorentscheidung angenommen. Diese von der Betriebsprüfungsstelle nach den Ergebnissen der Feststellung durch die OFD mitgeteilten Reinerträge je ha haben nämlich für den Erlaßzeitraum 1953/1955 dazu geführt, daß das FA insoweit der Beschwerde abgeholfen hat. Für den Erlaßzeitraum 1956/1958 sind die von der Betriebsprüfungsstelle mitgeteilten Sätze zwar etwas höher, nämlich für 1956 300 DM, für 1957 340 DM, für 1958 380 DM, erreichen aber nicht die Höhe der in der Vorentscheidung genannten unteren Grenze der Reinerträge von 390 DM. Nachdem das FG die Gewinnberechnung für den Erlaßzeitraum 1956/1958 so, wie sie im abgeänderten Erlaßbescheid und in der Beschwerdeentscheidung enthalten ist, allein schon wegen des Betrages von 10.530 DM als nicht den Tatsachen entsprechend bezeichnet hat, wird die OFD im Rahmen ihrer erneuten Ermessensentscheidung auch zu untersuchen haben, warum das FA für die beiden Erlaßzeiträume unterschiedliche Gewinnberechnungen angewendet hat, und ob das FA insoweit ermessensfehlerhaft gehandelt hat, als es die von der Betriebsprüfungsstelle im Februar 1963 mitgeteilten ha-Reinerträge nicht auch dem Erlaßzeitraum 1956/1958 zugrunde gelegt hat. Soweit die Akten erkennen lassen, haben offenbar die Ausführungen des landwirtschaftlichen Prüfers vom November 1962 zu Tz. 6, die das FG als unzutreffend festgestellt hat, das FA und auch die OFD zu einer von der des Erlaßzeitraums 1953/1955 abweichenden Gewinnberechnung für den Erlaßzeitraum 1956/1958 veranlaßt.

Da es sich um einen Antrag auf Erlaß bereits entrichteter Abgabeleistungen aus Billigkeitsgründen handelt, ist entscheidend, ob sich die Entrichtungen der Abgabe nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Abgabepflichtigen im Zeitpunkt der Entrichtung als damals zumutbar darstellt oder nicht. Der Umstand, daß die Leistungen damals tatsächlich entrichtet wurden, hat demgegenüber zurückzutreten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 425825

BFHE 1967, 222

BFHE 87, 222

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