Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
überweisungen eines Steuerpflichtigen von einem debitorischen Kontokorrentkonto stehen auch dann in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kredits, wenn der Debetsaldo des Kontos nur auf saisonbedingten Umständen des Gewerbebetriebs des Steuerpflichtigen beruht.
EStG 1953 § 10 Abs. 1 Ziff. 2 Buchstaben b, d; EStG 1955 § 52 Abs. 7; EStG 1957 § 10 Abs. 1 Ziff. 3
Normenkette
EStG § 10/1/2/b, § 10/1/2/d, § 10 Abs. 1 Ziff. 3, Abs. 1
Tatbestand
Der Bf. ist persönlich haftender Gesellschafter einer KG, an der seine Ehefrau als Kommanditistin beteiligt ist. Er erhält 75 v. H. und seine Ehefrau 25 v. H. des Gewinns. Die KG betreibt eine Konservenfabrik. In der Einkommensteuererklärung für 1954 machte er 11.000 DM Einzahlungen auf einen Kapitalansammlungsvertrag, in den Einkommensteuererklärungen für 1956 und 1957 je 8.000 DM Bausparbeiträge als Sonderausgaben geltend. Bei der Einkommensteuerveranlagung für 1954 erkannte das Finanzamt diese Aufwendungen als Sonderausgaben an. Als später bei einer Betriebsprüfung festgestellt wurde, daß der Bf. die Zahlungen mit Mitteln geleistet hatte, die er von einem Konto der KG, das einen Schuldsaldo aufwies, abgehoben hatte, führte das Finanzamt für 1954 eine Berichtigungsveranlagung durch, bei der es die 11.000 DM wegen steuerschädlicher Fremdmittelverwendung nicht mehr als Sonderausgaben berücksichtigte. Für 1956 und 1957 wurden die Bausparbeiträge aus dem gleichen Grund bereits bei der ersten Veranlagung nicht zum Abzug als Sonderausgabe zugelassen. Der Einspruch und die Berufung des Bf. hiergegen hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht führte aus: Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (z. B. Urteil VI 207/58 S vom 5. Dezember 1958, BStBl 1959 III S. 58. Slg. Bd. 68 S. 145) bestehe bei Sparleistungen, die von einem Kontokorrentkonto mit einem Debetsaldo erbracht würden, die Vermutung, daß sie mit einem Bankkredit in wirtschaftlichem Zusammenhang ständen. Der Steuerpflichtige könne allerdings die Vermutung durch den Nachweis entkräften, daß ihm ausreichende eigene Geldmittel zur Verfügung gestanden hätten. Da der Debetsaldo im Jahre 1954 vor Abhebung der 11.000 DM bereits rund 25.000 DM, im Jahre 1956 vor überweisung der 8.000 DM etwa 29.000 DM betragen habe und der Bf. zu dieser Zeit keine frei verfügbaren Geldmittel besessen habe, seien seine Aufwendungen mit Hilfe eines Kredits geleistet worden. Auch bei der Einzahlung im Jahre 1957 habe das Konto einen größeren Debetsaldo ausgewiesen. Daß der Bf. die 11.000 DM zunächst noch auf ein Sparkonto eingezahlt habe, ändere nichts daran, daß er fremde, den Sonderausgabenabzug ausschließende Mittel zu der Einzahlung verwendet habe. Daß der Bf. erhebliche Warenbestände gehabt habe, sei ohne Bedeutung.
Der Bf. räumt in der Rb. ein, daß er die streitigen Aufwendungen nur durch Erhöhung des Bankkredits habe leisten können. Er meint aber, das dürfe bei einem Saisonbetrieb nicht ausschlaggebend sein.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Voraussetzung für den Abzug der streitigen Aufwendungen als Sonderausgaben ist nach den hier maßgebenden Fassungen des § 10 Abs. 1 EStG 1953/1955/1957, daß die Aufwendungen weder unmittelbar noch mittelbar mit der Aufnahme eines Kredits im Zusammenhang stehen. Der Bf. hat die Geldmittel für seine Aufwendungen einem Konto entnommen, das bereits vorher Debetsalden aufwies. Daß das Bankkonto, von dem er das Geld abhob, zum Betriebsvermögen der KG gehörte, ist ohne Bedeutung. Da nur der Bf. und seine Ehefrau Gesellschafter der KG sind und der Bf. persönlich haftender Gesellschafter ist, war er über die Bankkonten der KG verfügungsberechtigt und ist insoweit einem Einzelkaufmann hinsichtlich der Verfügung über die Bankkonten der KG gleichzustellen (vgl. Urteil des Senats VI 130/57 U vom 5. Dezember 1958, BStBl 1959 III S. 59, Slg. Bd. 68 S. 148). Danach besteht die Vermutung, daß für die streitigen Aufwendungen Fremdmittel verwendet worden sind. Der Bf. hätte diese Vermutung durch den Nachweis widerlegen können, daß er zur Zeit der Abhebung ausreichende Geldmittel für diese Einzahlungen zur Verfügung hatte. Das war aber, wie das Finanzgericht festgestellt hat, nicht der Fall. Das Finanzgericht hat auch zutreffend angenommen, daß die vorübergehende Einzahlung der 11.000 DM auf ein Sparkonto des Bf. daran nichts ändert (Urteil des Senats VI 271/60 vom 10. November 1961, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1962 S. 162 Nr. 155).
Der Saisoncharakter des Betriebs der KG hat gleichfalls keinen Einfluß auf die steuerliche Beurteilung. Hätte der Bf. die Einzahlungen zu einer Zeit geleistet, zu der das Konto der KG keine Schuldsalden, sondern Guthaben auswies, so stünde dem Sonderausgabenabzug nichts entgegen. Wenn der Bf. die Einzahlungen aber jeweils zu einer Zeit vornahm, als die Konten einen Schuldsaldo auswiesen, so schließt dieser Umstand die Berücksichtigung der Einzahlungen als Sonderausgabe aus. Für den Abzug kommt es nur darauf an, ob eigene oder fremde Geldmittel verwendet wurden. Daß der Kontostand lediglich infolge saisonmäßig bedingter Verhältnisse zwischen Guthaben und Schuldsalden wechselt, ist für die Abzugsfähigkeit ohne Bedeutung. Eine saisonbedingte Verschuldung eines Unternehmens ist auch kein Sonderkredit im Sinne des Urteils des Senats VI 244/58 U vom 5 Dezember 1958 (BStBl 1959 III S. 62, Slg. Bd. 68 S. 157). Ein Saisonkredit ist ein ständig wiederkehrender Kredit für den laufenden Geschäftsbetrieb. Ohne Einfluß auf die Entscheidung ist schließlich auch der Umfang der im Unternehmen vorhandenen Vorräte und Waren, da sie keine "verfügbaren Mittel" waren, mit denen die nach § 10 EStG begünstigten Aufwendungen unmittelbar gemacht werden konnten.
Fundstellen
Haufe-Index 410766 |
BStBl III 1963, 208 |
BFHE 1963, 570 |
BFHE 76, 570 |