Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderungsanspruch gegen den Zessionar in Abtretungsfällen
Leitsatz (NV)
In Abtretungsfällen richtet sich der Rückforderungsanspruch des FA wegen rechtsgrundloser Erstattung (Vergütung) allein gegen den Zessionar. Daneben ist kein Rückforderungsanspruch gegen den Zedenten aus dessen Steuerschuldverhältnis zum FA gegeben.
Normenkette
AO 1977 § 37 Abs. 1-2, § 191 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die GbR beabsichtigte, gemäß § 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unter Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12a UStG steuerpflichtige Vermietungsleistungen zu erbringen. In der Umsatzsteuervoranmeldung Dezember 1984 machte die GbR einen Vorsteuerüberhang geltend, der bei der Umsatzsteuerveranlagung 1984 in Höhe von ... DM festgesetzt wurde. In dieser Höhe war der Vorsteueranspruch an eine KG abgetreten worden. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) zahlte aufgrund der ihm vorliegenden Abtretungsanzeige den Vorsteueranspruch an die KG aus. Später setzte das FA durch Umsatzsteueränderungsbescheid gegenüber der GbR, der bestandskräftig wurde, deren Umsatzsteuerschuld 1984 auf 0 DM fest mit der Begründung, daß der Vorsteuerabzug mangels Ausführung steuerpflichtiger Umsätze ausgeschlossen sei.
Das FA nahm daraufhin den Kläger - ebenso wie seine Mitgesellschafter - durch Haftungsbescheid gemäß § 191 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. §§ 427, 714 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wegen der Umsatzsteuer 1984 der GbR, die durch geänderten Haftungsbescheid herabgesetzt wurde, in Anspruch. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage des Klägers führte zur Aufhebung des Haftungsbescheids.
Das Finanzgericht (FG) führte aus, der Kläger hafte nicht für die (negative) Umsatzsteuer 1984 der GbR, die das FA an die KG als Zessionarin ausgezahlt habe, weil ein Zahlungsanspruch gegenüber der GbR sachlich nicht begründet sei. Durch die Änderung des gegen die GbR erlassenen Umsatzsteuerbescheids 1984 (Heraufsetzung der Steuerschuld von ./. ... DM auf 0 DM) sei zwar der formale Rechtsgrund für die Auszahlung des Betrags von ... DM an die KG nachträglich entfallen. Das habe aber nur zur Entstehung eines Rückforderungsanspruchs nach § 37 Abs. 2 AO 1977 gegenüber der KG (Zessionarin) geführt. Gegenüber der GbR sei auch durch die (geänderte) Steuerfestsetzung auf 0 DM keine Umsatzsteuerschuld begründet worden. Zwar habe das FA durch das Leistungsgebot, das mit dem Umsatzsteueränderungsbescheid verbunden gewesen sei, einen Zahlungsanspruch gegen die GbR erlangt. Für diesen Anspruch hafte der Kläger aber nicht, weil er nicht gehindert sei, dem Zahlungsanspruch gegenüber einzuwenden, daß er sachlich nicht gerechtfertigt sei. Das Leistungsgebot gegenüber der GbR wirke nicht gegenüber dem Haftungsschuldner, weil es eine Drittwirkung der Bestandskraft, wie sie § 166 AO 1977 für die Steuerfestsetzung anordne, für Leistungsgebote nicht gäbe.
Mit der Revision macht das FA geltend, durch den Erlaß des Umsatzsteueränderungsbescheids 1984 sei ein Rückforderungsanspruch sowohl gegenüber der Zessionarin als auch gegenüber der GbR als Zedentin mit der Folge entstanden, daß der Kläger als Gesellschafter der GbR für deren Rückzahlungsverpflichtung hafte. Zwar begründe die Steuerfestsetzung auf 0 DM keine Umsatzsteuerschuld der GbR unmittelbar aus dem Änderungsbescheid selbst. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 22. Juli 1986 VII R 10/82 (BFHE 147, 117, BStBl II 1986, 776) aber ausgeführt habe, werde durch einen solchen Umsatzsteueränderungsbescheid eine Leistungspflicht begründet, die auf Rückzahlung der erstatteten Vorsteuerbeträge gerichtet sei. Die Rückzahlungsverpflichtung ergebe sich daraus, daß der Umsatzsteueränderungsbescheid mit 0 DM zum erstmaligen Umsatzsteuerbescheid 1984, der eine negative Umsatzsteuerschuld von ... DM ausgewiesen habe, in Beziehung gesetzt werden müsse und dadurch eine Leistungspflicht begründet werde. An dieser Rückzahlungsverpflichtung der GbR ändere die Abtretung des ursprünglichen Umsatzsteuervergütungsanspruchs und seine Auszahlung an die Zessionarin nichts.
Die Frage, ob sich für diesen Fall der Anspruch auf Rückzahlung bei späterem Wegfall des rechtlichen Grundes für die seinerzeitige Auszahlung gegen den Zessionar allein richte oder ob Zedent und Zessionar zur Rückzahlung verpflichtet seien, werde von Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats, die die Rückforderung der rechtsgrundlosen Erstattung vom Zessionar als Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO 1977 zugelassen habe, sei allerdings zu entnehmen, daß der BFH daneben auch den Zedenten als Leistungsempfänger ansehe. Für das Bestehen eines Rückforderungsanspruchs sowohl gegenüber dem Zedenten als auch gegenüber dem Zessionar sprächen folgende Überlegungen:
Mit der Abtretung werde das Steuerschuldverhältnis des Steuerpflichtigen nicht beseitigt. Der Zessionar träte nur insoweit (zusätzlich) an die Stelle des Zedenten, als dessen Rechtsstellung im Steuerrechtsverhältnis übertragbar sei. Übertragbar sei nur die Rechtsstellung, die der Zedent als Inhaber des Erstattungs- oder Vergütungsanspruchs im Erhebungsverfahren habe. Über die Rechtsstellung in Steuerfestsetzungsverfahren könne hingegen privatrechtlich nicht verfügt werden. § 37 Abs. 2 AO 1977 wolle das durch § 37 Abs. 1 geregelte Steuerschuldverhältnis FA - Zedent nicht einschränken, sondern dem FA einen zusätzlichen Adressaten für den Rückforderungsanspruch zusprechen, wenn zwischen der Person des Steuerpflichtigen und der des Zahlungsempfängers keine Identität bestehe.
Es dürfe auch nicht außer Betracht bleiben, daß der Zedent durch die Auszahlung des Erstattungsbetrages an den Zessionar insoweit Leistungsempfänger geworden und auch bereichert worden sei, als durch die Erstattung die Forderung, die der Zessionar gegen den Zedenten hatte, erloschen sei. Die Gegenmeinung würde zu dem kuriosen Ergebnis führen, daß der Bescheidadressat (Zedent) kaum Interesse an einer Änderung oder Beseitigung des Bescheids entwickeln würde, aus dem ihm gegenüber keine rechtlichen Folgerungen gezogen werden könnten. Der Zessionar aber, der als einziger vom Rückforderungsanspruch betroffen sei, könne sich nicht dagegen wehren, weil er am Festsetzungsverfahren nicht beteiligt und daher nicht befugt sei, gegen den an den Zedenten gerichteten Steuerbescheid Rechtsbehelfe einzulegen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist unbegründet.
Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Kläger als Gesellschafter der GbR für die zu Unrecht ausgezahlten Vorsteuern (negative Umsatzsteuer 1984) nicht haftet, weil der Rückforderungsanspruch des FA (Erstschuld), von dem die akzessorische Haftung abhängt, nicht gegenüber der GbR besteht, für deren Steuerschulden allein eine Haftung des Klägers nach § 191 Abs. 1 AO 1977 i.V.m. §§ 427, 714 BGB in Betracht kommt, sondern nur gegenüber der KG, an die der Vorsteueranspruch abgetreten und ausgezahlt worden ist.
1. Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 Abs. 2 AO 1977 an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrages. Das gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder die Rückzahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO 1977). Für die Finanzverwaltung ergibt sich aus dieser Vorschrift ein öffentlich-rechtlicher Rückforderungsanspruch, wenn der Rechtsgrund für eine Steuererstattung von Anfang an fehlt oder später weggefallen ist.
Der Rückforderungsanspruch richtet sich gegen den Leistungsempfänger, der in den Fällen, in denen an dem Erstattungsvorgang mehrere Personen beteiligt waren, mit dem Empfänger der Zahlung (Überweisung) nicht identisch sein muß. Der erkennende Senat hat für den im Streitfall vorliegenden Fall der Abtretung eines Steuererstattungs- bzw. Vergütungsanspruchs und der Auszahlung des Erstattungs-/Vergütungsbetrages an den Abtretungsempfänger (Zessionar) entschieden, daß sich der Rückforderungsanspruch des FA wegen rechtsgrundloser Erstattung (Vergütung) gegen den Zessionar richtet. Dieser wird als Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO 1977 angesehen, weil das FA willentlich an ihn geleistet hat, da er in die Rechtsstellung des Zedenten eingetreten ist und er folglich den ohne rechtlichen Grund ausgezahlten Betrag aus eigenem - erworbenen - Recht erhalten hat (Urteile vom 6. Dezember 1988 VII R 206/83, BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223, und vom 14. Februar 1989 VII R 55/86, BFH/NV 1989, 751, mit Hinweisen auf das Schrifttum und die vorangegangene Rechtsprechung). Das gilt - wie der BFH entschieden hat - nicht nur für vorgetäuschte (vermeintliche) Steuerschuldverhältnisse, sondern auch dann, wenn zwischen dem FA und dem Zedenten (vermeintlichen Erstattungsgläubiger) ein wirksames Steuerschuldverhältnis besteht, sowie unabhängig davon, ob die Abtretung formell (vgl. § 46 AO 1977) und materiell (Hinweis etwa auf den Prioritätsgrundsatz) wirksam ist. Der Senat hält an dieser Rechtsprechung, auf die er wegen der Begründung im einzelnen Bezug nimmt, fest.
2. a) Aus den vorstehend zitierten Entscheidungen, in denen über den Rückforderungsanspruch gegen den Zessionar zu entscheiden war, ergibt sich - entgegen der Auffassung der Revision - nicht, daß in den Fällen der Abtretung und Auszahlung (Überweisung) an den Zessionar zugleich auch der Zedent als Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO 1977 mit der Folge anzusehen ist, daß Zedent und Zessionar als Gesamtschuldner (§ 44 Abs. 1 AO 1977) für den Rückforderungsanspruch des FA in Betracht kommen. Dies folgt insbesondere nicht aus der vom FA zitierten Formulierung in den Urteilen des Senats: Es ist (deshalb) rechtlich nicht zu begründen, daß der Rückforderungsanspruch bei Bestehen eines Steuerschuldverhältnisses nur gegen den ursprünglichen Steuerpflichtigen, gegen den Zedenten, geltend gemacht werden könnte. Das Wort nur in dem vorstehenden Zitat, das sich auf den Steuerpflichtigen (Zedenten) als Anspruchsgegner bezieht, ist nicht in dem Sinne zu verstehen, daß nicht nur dieser, sondern auch der Zessionar als Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO 1977 anzusehen ist. Die Erwähnung des Zedenten als möglichen Schuldner des Rückforderungsanspruchs versteht sich vielmehr als Reaktion auf die ältere Rechtsprechung des V.Senats des BFH (Urteil vom 20. März 1964 V 302/60, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1964, 462), wonach der Rückforderungsanspruch als umgekehrter Erstattungsanspruch nicht gegen den Zessionar, sondern nur innerhalb des Steuerschuldverhältnisses gegen den Steuerpflichtigen geltend gemacht werden konnte. Diese Rechtsauffassung ist aber mit dem Urteil des Senats in BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223 ausdrücklich aufgegeben worden mit der Folge, daß in Abtretungsfällen allein der Zessionar als Leistungsempfänger in Betracht kommt (so auch Senatsurteil vom 6. Februar 1990 VII R 97/88, BFHE 160, 197, BStBl II 1990, 671). Auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Bereicherungsanspruch bei Leistung ohne rechtlichen Grund auf abgetretene Forderungen (§ 812 Abs. 1 BGB), die teilweise zu anderen Ergebnissen gelangt als die Rechtsprechung des Senats für den Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO 1977 (vgl. Urteile vom 8. Juni 1988 IVb ZR 51/87, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1989, 161, und vom 2. November 1988 IVb ZR102/87, NJW 1989, 900), wird als Schuldner des Rückforderungs-/Bereicherungs-Anspruchs entweder der Zedent oder der Zessionar angesehen, nicht aber beide als Gesamtschuldner.
b) Für eine Gesamtschuldnerschaft des Zedenten und des Zessionars für den öffentlich-rechtlichen Rückforderungsanspruch bei Leistung auf abgetretene Erstattungs- oder Vergütungsansprüche findet sich in der Vorschrift des § 37 Abs. 2 AO 1977 kein Anhaltspunkt. Es ist vielmehr der jeweilige Leistungsempfänger zu bestimmen. Das ist - unbeschadet etwaiger mit der Zahlung eintretender Tilgungswirkungen in dem privatrechtlichen Rechtsverhältnis, das der Abtretung zugrunde liegt - derjenige, den das FA als Gläubiger des öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruchs befriedigen wollte und an den es Zahlung geleistet hat.
Mit der Zahlung des Erstattungs- oder Vergütungsbetrags ohne rechtlichen Grund an den Abtretungsempfänger entsteht gegen diesen ein in § 37 Abs. 2 AO 1977 geregelter, eigenständiger Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, der als solcher - wie der Senat entschieden hat (BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223, 224; BFH/NV 1989, 751, 752) - nicht identisch ist mit dem ursprünglichen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis zum Zedenten gemäß § 37 Abs. 1 AO 1977. Da der Zessionar im Wege der Abtretung nur eine vermeintliche Forderung erworben hat und das FA in der fehlerhaften Annahme, die Forderung bestehe, bewußt und gewollt an ihn als den vermeintlichen Rechtsträger dieser Forderung geleistet hat, ist es gerechtfertigt, für den Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO 1977 allein den Zessionar als Leistungsempfänger in Anspruch zu nehmen. Der öffentlich-rechtliche Rückforderungsanspruch ergibt sich allein aus § 37 Abs. 2 AO 1977 aufgrund der rechtsgrundlosen Zahlung gegenüber dem Empfänger der öffentlich-rechtlichen Leistung (Steuererstattung oder -vergütung). Entgegen der Auffassung der Revision begründet die Vorschrift des § 37 Abs. 2 AO 1977 keinen zusätzlichen Anspruch, der in den Fällen des Auseinanderfallens von Steuerpflichtigen und Leistungsempfänger neben einen Rückforderungsanspruch gegen den Steuerpflichtigen nach § 37 Abs. 1 AO 1977 treten soll. Ein Rückforderungsanspruch gegen den Steuerpflichtigen (Zedenten) im ursprünglichen Steuerschuldverhältnis nach § 37 Abs. 1 AO 1977 ist tatbestandlich nicht gegeben; die Umsatzsteuerschuld 1984 gegenüber der GbR ist vielmehr im Streitfall auf 0 DM festgesetzt worden. Nach § 37 Abs. 2 AO 1977 kann der Zedent mangels Leistung an ihn nicht in Anspruch genommen werden. Neben dem Anspruch gegen den Abtretungsempfänger besteht somit kein öffentlich-rechtlicher Rückforderungsanspruch des FA gegen den Abtretenden, da sich der Anspruch nach § 37 Abs. 2 AO 1977 ausschließlich gegen den Leistungsempfänger richtet (ebenso: Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 37 AO 1977 Rz. 50).
c) Die Revision beruft sich für die Annahme einer Rückzahlungsverpflichtung der GbR (Zedentin) aus dem zwischen ihr und dem FA bestehenden Steuerschuldverhältnis zu Unrecht auf das Urteil des Senats in BFHE 147, 117, BStBl II 1986, 776. Der Senat hat in dieser Entscheidung zwar ausgeführt, daß auch ein auf 0 DM lautender Umsatzsteuerbescheid eine Leistungspflicht des Steuerpflichtigen begründen kann, weil dieser Bescheid in Beziehung gesetzt werden muß zu einem vorangegangenen Bescheid, durch den - wie im Streitfall - eine negative Umsatzsteuerschuld festgesetzt worden war. Diese Entscheidung bezog sich indessen allein auf die formelle Frage, ob ein Steuerbescheid vorlag, der Grundlage für die Verwirklichung des Anspruchs des FA aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 218 Abs. 1 i.V.m. § 37 AO 1977 sein konnte. Der Kläger weist zu Recht darauf hin, daß sich materiell-rechtlich die Rückzahlungspflicht der Steuerpflichtigen in dem zitierten Urteilsfall nicht bereits aus dem Verhältnis der beiden Bescheide und ihres rechnerischen Differenzbetrags ergeben konnte, sondern nur aus der Tatsache, daß das FA aufgrund des ersten Bescheids - wie im Streitfall - zu Unrecht eine Leistung (Auszahlung) erbracht hatte. Es handelt sich also bei dem Rückforderungsanspruch des FA um den Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO 1977, der - wie oben ausgeführt - in den Fällen der Abtretung und Auszahlung an den Zessionar allein gegenüber diesem als Leistungsempfänger besteht. In dem vorstehend zitierten Urteilsfall (BFHE 147, 117, BStBl II 1986, 776) hat der Senat indes der Steuerpflichtigen in dem dort streitigen Abrechnungsverfahren gemäß § 218 Abs. 2 AO 1977 die Geltendmachung des Einwands, der Rückforderungsanspruch bestehe nicht gegen sie, sondern gegenüber dem Abtretungsempfänger, aus formellen Gründen versagt. Es kann dahinstehen, ob dieser Beurteilung nach dem heutigen Stand der Rechtserkenntnis und der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu folgen wäre. Denn im Streitfall ist es unerheblich, welche Einwendungen gegenüber einem im Erhebungsverfahren ergehenden Abrechnungbescheid erhoben werden können. Für die Beurteilung des - akzessorischen - Haftungsanspruchs gegenüber dem Kläger kommt es vielmehr nur darauf an, ob ein Rückforderungsanspruch des FA gegenüber der GbR (Steuerpflichtige) besteht. Diese Frage war nach gefestigter Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil in BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223 dahin zu beantworten, daß in Abtretungsfällen der Rückforderungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO 1977 nicht gegenüber dem Steuerpflichtigen, sondern allein gegenüber dem Zessionar besteht.
d) Der vorstehenden Beurteilung steht nicht entgegen, daß bei Zahlung des abgetretenen Erstattungs- oder Vergütungsbetrags an den Abtretungsempfänger regelmäßig auch der Abtretende von einer Verpflichtung gegenüber dem Zessionar frei wird, die den Rechtsgrund für die Abtretung bildet. Der Abtretende wird dadurch aber nicht Leistungsempfänger der Zahlung des FA. Das zivilrechtliche Innenverhältnis zwischen dem Abtretenden und dem Abtretungsempfänger bleibt bei der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Erstattungs- oder Vergütungsanspruchs sowie seiner Rückabwicklung im Falle rechtsgrundloser Leistung außer Betracht. Der Abtretungsempfänger, der von vornherein nur einen vermeintlichen Erstattungs-(Vergütungs-)Anspruch erworben hat, muß bei seiner Inanspruchnahme durch den öffentlich-rechtlichen Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO 1977 seinen Ausgleich im Verhältnis zum Abtretenden auf dem Zivilrechtsweg suchen.
Seiner alleinigen Inanspruchnahme als Leistungsempfänger steht deshalb auch nicht entgegen, daß er an dem Steuerfestsetzungsverfahren gegenüber dem Steuerschuldner und Abtretenden nicht beteiligt ist und er deshalb gegen die Änderung von Steuerbescheiden, die - wie im Streitfall - den Rückforderungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO 1977 auslöst, keine Rechtsbehelfe einlegen kann. Dies ist die Folge davon, daß dem Abtretungsempfänger nicht die gesamte Rechtsstellung des Steuerpflichtigen aus dem Steuerschuldverhältnis, sondern nur der - später zur Rückforderung führende - reine Zahlungsanspruch, d.h. die Rechtsstellung im Erhebungsverfahren, übertragen wird (BFH-Urteil vom 21. März 1975 VI R 238/71, BFHE 115, 413, BStBl II 1975, 669, 671).
Fundstellen
Haufe-Index 419784 |
BFH/NV 1994, 447 |