Leitsatz (amtlich)
Bei einem noch mit Gewinn betriebenen Lichtspieltheater kann eine Teilwertabschreibung für das Kinogebäude nicht mit der schlechten Ertragslage in der Kinobranche begründet werden.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist die Teilwertabschreibung auf ein Kinogebäude. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb im Streitjahr 1960 in W. zwei Lichtspieltheater, und zwar die 1953 erbauten A-Li. mit 842 Plätzen und die 1955 erbauten B-Li. mit 713 Plätzen. Der Kläger erstellte für die beiden Kinos getrennte Bilanzen, deren Ergebnisse der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) im Streitjahr wie in den Vorjahren in einer gesonderten Gewinnfeststellung zusammenfaßte. In dem Streitjahr nahm der Kläger zunächst für beide Kino-Gebäude, die zum Jahresanfang noch mit 429 123 DM (A-Li.) und mit 391 732 DM (B-Li.) zu Buch standen, wegen der schlechten wirschaftlichen Lage der Filmwirtschaft neben den üblichen Absetzungen für Abnutzung Teilwertabschreibungen von jeweils 100 000 DM vor. Dies erkannte jedoch das FA bei der gesonderten Gewinnfeststellung nicht an mit der Begründung, daß nach einem eingeholten Gutachten eines Bausachverständigen der Finanzverwaltung die Verkehrswerte der beiden Gebäude mit 482 500 DM und 416 000 DM sogar noch höher seien als die Buchwerte ohne die Teilwertabschreibung.
Der Kläger begehrte hierauf die Teilwertabschreibung nur noch beim Gebäude der B-Li. und machte nach erfolglosem Einspruch mit der Klage geltend, sowohl die schlechte wirtschaftliche Lage in der Kinobranche im allgemeinen, nämlich der durch das Fernsehen bedingte Rückgang der Besucherzahlen, der zu einem allgemeinen "Kino-Sterben" geführt habe, als auch die Verhältnisse bei den B-Li. im besonderen rechtfertigten die begehrte Teilwertabschreibung. Auch in diesem Kino seien die Umsätze rückläufig gewesen und hätten im Jahre 1959 noch 274 552 DM, im Streitjahr 1960 255 992 DM, im Jahr 1961 242 192 DM und - nach der 1965 vorgenommenen Verpachtung des Kinos - in den Jahren 1966 und 1967 nur etwas über 140 000 DM betragen. Dieser im Streitjahr schon vorhersehbaren Entwicklung habe durch die Teilwertabschreibung Rechnung getragen werden müssen.
Das FG wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, für die Berechtigung des Klageantrags könne es nicht auf die allgemeine wirtschaftliche Lage in der Filmbranche ankommen. Entscheidend seien hier die Verhältnisse, wie sie sich bei dem Kinogebäude, für das ein niedrigerer Teilwertansatz begehrt werde, darstellten. Diese Verhältnisse berechtigten weder dazu, anzunehmen, daß die Wiederbeschaffungskosten unter die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gesunken seien (hiergegen sprächen schon die gestiegenen Baupreise), noch ließen sie die Annahme einer wirtschaftlichen Fehlmaßnahme zu; denn der Kläger habe unbestritten aus seinen beiden Kinos nicht nur bis zum Streitjahr, sondern auch noch in den Jahren danach erhebliche Gewinne erzielt. Es könne daher nicht gestattet werden, daß der Kläger den aus den B-Li. erwirtschafteten Gewinn von 37 394 DM durch die begehrte Teilwertabschreibung in einen Verlust von 62 606 DM umwandele.
Mit der Revision wird ausgeführt, der allgemeine Niedergang in der Kinobranche dürfe bei der Teilwertbemessung nicht unberücksichtigt bleiben, da ein gedachter Erwerber sowohl die allgemeinen Aussichten in der Branche als auch die speziellen Chancen des Kaufobjekts berücksichtigen würde. Die allgemeine Erscheinung, daß Kinos in Außenbezirken nicht konkurrenzfähig seien, lasse sich auch auf die in einem Außenbezirk gelegenen und mit fallenden Umsätzen arbeitenden B-Li. übertragen. Der vom Sachverständigen des FA ermittelte Verkehrswert des Kinogebäudes liege zwar über dem Buchwert, sei aber nach rein baulichen Gesichtspunkten bemessen worden. Bei der allgemein schlechten Marktlage derartiger Unternehmen müsse aber ein niedrigerer Wert angesetzt werden. Wenn das FA auf die Erheblichkeit der durch das Lichtspieltheater erzielten Gewinne hinweise, so verkenne es, daß hierin nicht nur der Gegenwert für das eingesetzte Kapital, sondern auch ein Unternehmerlohn enthalten sein müsse, so daß sich in den Jahren ab 1960 nur eine geringe, später überhaupt keine Kapitalverzinsung mehr ergeben habe, was am Bilanzstichtag des Streitjahres vorauszusehen gewesen sei.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
Grundsätzlich entspricht der Teilwert eines der Abnutzung unterliegenden Anlagegutes im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich der AfA. Hierfür besteht eine Vermutung, die allerdings im Einzelfall widerlegt werden kann. Ob unter anderem auch die nachhaltige, mangelnde Rentabilität des gesamten Unternehmens unter Umständen unter dem Gesichtspunkt einer Fehlmaßnahme zum Ansatz eines niedrigeren Teilwerts führen kann und ob im Streitfall eine schlechte Ertragslage im Streitjahr trotz des erzielten Gewinns (ohne Teilwertabschreibung) von über 37 000 DM anzunehmen oder am Bilanzstichtag für die Zukunft zu erwarten war, kann ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob wirklich die Ertragslage der B-Li. von der Ertragslage der vom Kläger ebenfalls betriebenen A-Li. isoliert betrachtet werden kann. Dahingestellt können diese Fragen deshalb bleiben, weil der erkennende Senat mit dem I. Senat des BFH davon ausgeht, daß auf der Ertragslage des ganzen Betriebes basierende Teilwertkriterien jedenfalls nicht im selben Maße für Gebäude gelten. Der Entscheidung des I. Senats vom 19. Oktober 1972 I R 244/70 (BFHE 107, 214, BStBL II 1973, 54) ist als Leitsatz vorangestellt, daß die beschlossene Stillegung eines Zweigbetriebes infolge starker Rückläufigkeit der Ertragsverhältnisse für die Gebäude nicht zu einer Teilwertabschreibung führt, wenn im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung der Betrieb in den Gebäuden noch fortgeführt wird. Dieser Satz, dem der Senat zustimmt, muß für den hier zu entscheidenden und vergleichbaren Fall um so mehr gelten, als von einer Stillegung der B-Li. am Bilanzstichtag noch nicht einmal die Rede war. Das Kinogebäude diente am Bilanzstichtag noch in vollem Umfang dem vorgesehenen und bis dahin auch noch zu Gewinnen führenden Zweck, und da gerade Gebäude bei notleidend werdenden Branchen am wenigsten an Wert verlieren und dies auch für Kinogebäude gilt, kann nicht davon ausgegangen werden, daß ein Erwerber des Betriebes am 31. Dezember 1960 für das im Jahre 1955 errichtete Kinogebäude einen Preis angesetzt hätte, der geringer gewesen wäre als der aus den Herstellungskosten abzüglich der AfA sich ergebende Buchwert, der ja auch nach der Auffassung des Klägers nicht über den Wiederbeschaffungskosten lag.
Fundstellen
Haufe-Index 70466 |
BStBl II 1973, 581 |
BFHE 1973, 240 |