Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzug von Unfallkosten; Mietwert für eigengenutztes Zweifamilienhaus
Leitsatz (NV)
1. Aufwendungen, die einem freiberuflich tätigen Arzt durch einen auf einer Umwegstrecke erlittenen Verkehrsunfall entstehen, sind keine Betriebsausgaben.
2. Bei der Berechnung des Nutzungswerts einer Wohnung im eigenen Zweifamilienhaus ist grundsätzlich von der Marktmiete auszugehen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1, § 21 Abs. 2
Tatbestand
Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist als Arzt selbständig tätig. Seinen Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit ermittelt er nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Er übt seine Praxis im Untergeschoß eines beiden Eheleuten gehörenden Einfamilienhauses mit Einliegerwohnung aus. Die Herstellungskosten des 1973 bezogenen Hauses betrugen rd. . . . DM. Für den selbstgenutzten Wohnteil von ca. 250 qm ermittelten die Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch Gegenüberstellung des Mietwerts und der entstandenen Werbungskosten.
Nach einer Außenprüfung erhöhte der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den Mietwert entsprechend dem ortsüblichen Mietniveau, ließ aber Mietwert und Werbungskosten für ein im Haus befindliches Schwimmbad außer Betracht, weil es sich dabei um Liebhaberei handle.
Außerdem ließ er die Aufwendungen aus einem vom Kläger am . . . 1975 erlittenen Kfz-Unfall außer Betracht. Der Kläger war an diesem Tage aus privatem Anlaß von seinem Wohnort in A nach B gefahren; nach dem Mittagessen in B fuhr er alsdann in Richtung C, um dort aus beruflichem Anlaß eine Klinik zu besuchen und anschließend zurück nach A zu fahren. Auf dem Wege nach C verunglückte er. Der Kläger machte den Buchwert des Kfz abzüglich des Erlöses für den Unfallwagen als Betriebsausgabe geltend. Das FA versagte den Abzug, weil sich der Unfall auf einer Privatfahrt ereignet habe.
Entsprechend diesen Feststellungen änderte das FA die Einkommensteuerbescheide 1973 bis 1977.
Die hiergegen erhobene Klage haben die Kläger nach Ablauf der Klagefrist erweitert und eine zusätzliche Ermäßigung der Einkommensteuerschuld in den Jahren 1973 bis 1975 beantragt.
Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hielt die Klageerweiterung für zulässig. In der Sache ging es nach Einholung eines Sachverständigenguachtens von einem geringeren Mietwert für die Wohnfläche als das FA aus. Für das Schwimmbad setzte es einen Mietwert von . . . DM/qm an und stellte dem die anteiligen Werbungskosten gegenüber. Dagegen ließ es die Unfallkosten außer Betracht, weil die Fahrt von B nach C sowohl beruflichen als auch privaten Zwecken, nämlich der Rückfahrt nach einer privat veranlaßten Reise, gedient habe. Eine Aufteilung der Aufwendungen komme nicht in Betracht.
Gegen dieses Urteil haben beide Beteiligte Revision eingelegt. Die Kläger erstreben die Berücksichtigung der Unfallkosten und führen zur Begründung an, daß das vom FG angenommene Aufteilungsverbot nicht bestehe. Der Fahrtablauf könne zudem nicht anders behandelt werden, als sei der Kläger aus beruflichem Anlaß zunächst nach C gefahren und habe dann einen privaten Abstecher zum Mittagessen nach B gemacht; dann sei die Rückfahrt nach C aber betrieblich veranlaßt.
Das FA beanstandet, daß das FG die Klageerweiterung als zulässig angesehen habe. Außerdem müsse der Mietwert für das Schwimmbad erhöht werden. Nach einer Verwaltungsanweisung müsse in diesem Fall ein Zuschlag von 8 v. H. der Herstellungskosten gemacht werden. Darin liege eine zulässige Schätzung, die das FG hätte beachten müssen.
Die Kläger beantragen, unter Aufhebung des FG-Urteils für 1975 die Unfallkosten als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.
Entscheidungsgründe
Beide Revisionen sind unbegründet.
1. Zu Recht hat das FG die von den Klägern nach Ablauf der Klagefrist vorgenommene Klageerweiterung für zulässig gehalten. Seine Rechtsauffassung ist inzwischen durch den Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. Oktober 1989 GrS 2/87 (BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327) bestätigt worden. Im Hinblick auf die anstehende Entscheidung des Großen Senats hat der erkennende Senat die Bearbeitung der Streitsache zurückgestellt. Er schließt sich der Auffassung des Großen Senats an.
2. Den Abzug von Unfallkosten hat das FG zu Recht versagt; sie waren nicht betrieblich veranlaßt (§ 4 Abs. 4 EStG). Nach den unangefochtenen Tatsachenfeststellungen des FG ist der Kläger nicht auf direktem Wege nach C gefahren, sondern hat aus privater Veranlassung einen weiten Umweg über B genommen. Der BFH hat wiederholt entschieden, daß ein Unfall, der sich auf einer privat veranlaßten Abweichung von der vorgegebenen Fahrtroute ereignet, nicht betrieblich oder beruflich veranlaßt ist (vgl. Urteile vom 11. Oktober 1984 VI R 48/81, BFHE 142, 137, BStBl II 1985, 10, m. w. N.; vom 14. November 1986 VI R 79/83, BFHE 148, 310, BStBl II 1987, 275). So verhielt es sich auch im Streitfall. Etwas anderes mag gelten, wenn ein Steuerpflichtiger lediglich zur Einnahme des Mittagessens in eine nahe an seinem Arbeitsort gelegene Gaststätte fährt (Urteil vom 18. Dezember 1981 VI R 201/78, BFHE 135, 70, BStBl II 1982, 261); damit ist der vorliegend gegebene Sachverhalt nicht vergleichbar.
3. Ebensowenig ist die Berechnung des nach § 21 Abs. 2 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung zu versteuernden Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Zweifamilienhaus zu beanstanden. Hierbei ist grundsätzlich von der Marktmiete auszugehen (BFH-Urteil vom 11. Oktober 1977 VIII R 20/75, BFHE 123, 347, BStBl II 1977, 860). Dies gilt auch hinsichtlich eines im Gebäude enthaltenen Schwimmbades (BFH-Urteil vom 26. Oktober 1982 VIII R 74/81, BFHE 138, 23, BStBl II 1983, 364). Bei besonders aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Zweifamilienhäusern ist der Nutzungswert jedoch anhand der Kostenmiete zu ermitteln, wenn eine für vergleichbare Objekte am Wohnungsmarkt erzielbare Miete nicht festgelegt werden kann oder die Marktmiete den besonderen Wohnwert der Wohnung nicht angemessen widerspiegeln würde (BFH-Urteil vom 21. Januar 1986 IX R 7/79, BFHE 146, 51, BStBl II 1986, 394). Im Urteilsfall waren im Jahre 1973 Herstellungskosten von 1,1 Mio DM für ein Zweifamilienhaus entstanden. Im Streitfall machten die Baukosten 785 000 DM aus, die zudem nicht nur auf den Wohnteil und die Einliegerwohnung, sondern auch auf den im Untergeschoß untergebrachten Praxisteil entfielen. Es ist darum nicht fehlerhaft, daß das FG den Nutzungswert nach der Marktmiete ermittelt hat. Dabei ist für das Schwimmbad eine Quadratmetermiete von 11,- DM zugrunde gelegt worden, während für den Wohnteil 4,50 DM und 5,- DM/qm angesetzt wurden. Den Besonderheiten der Schwimmbadnutzung ist damit Rechnung getragen. Eines Zuschlags in Höhe von 8 % der Herstellungskosten auf die Marktmiete bedurfte es dagegen nicht; da der angegebene Vomhundertsatz eine vereinfachte Ermittlung der Kostenmiete darstellt, würden bei dem vom FA erstrebten Verfahren Kostenmiete und Marktmiete vermischt. Ob in dieser Rechtsfrage eine abweichende Verwaltungsanweisung besteht, hat für die richterliche Beurteilung keine Bedeutung.
Fundstellen
Haufe-Index 63027 |
BFH/NV 1991, 512 |