Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Als Verlust im Sinne des § 9 Abs. 2 Ziff. 1 zu b KapVStG gilt nicht der Unterschiedsbetrag zwischen dem früheren höheren RM-Kapital und dem neuen DM-Kapital. Auf die Auffüllung ist daher der ermäßigte Steuersatz der erwähnten Vorschrift nicht anwendbar.
Normenkette
KVStG § 9/2/1
Tatbestand
Streitig ist, ob, falls das frühere RM-Kapital höher als das neue DM-Kapital war, der Unterschiedsbetrag als Verlust im Sinne des § 9 Abs. 2 Ziff. 1 zu b des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KapVStG) anzusehen ist, er demnach bei seiner Auffüllung nur dem niedrigen Steuersatz der erwähnten Vorschrift unterliegen würde.
Die Vorinstanz bejaht die Anwendungsmöglichkeit der steuerlichen Vergünstigung. Der Beschwerdeführer - Bf. - (Vorsteher des Finanzamts) wendet sich in der Rechtsbeschwerde (Rb.) hiergegen. Er hat Erfolg.
Die Vorinstanz kommt zu der Bejahung, insbesondere im Hinblick auf die Behandlung der Frage bei der Umstellung auf Goldmark. Auch die Verordnung über Goldbilanzen vom 28. Dezember 1923 (Reichsgesetzblatt - RGBl. - I S. 1253) gehe wie die DM-Eröffnungsbilanz von einer Unterbrechung des Bilanzzusammenhangs aus. § 19 Abs. 3 a. a. O. sehe nun vor, daß eine Auffüllung bis zur Höhe des in Goldmark umgestellten Eigenkapitals durch neue Einlagen nicht als Deckung eines Verlustes im Sinne des § 13 zu b KapVStG anzusehen sei, demnach die Vergünstigung des § 13 zu b a. a. O. alte Fassung (ß 9 Abs. 2 Ziff. 1 zu b neue Fassung) keine Anwendung finde. Hieraus schließt die Vorentscheidung, daß der Gesetzgeber 1923 diese Auffüllung an sich als unter den ermäßigten Steuersatz fallend angesehen habe, also als eine Kapitalherabsetzung, verbunden mit einer Kapitalerhöhung. Andernfalls hätte sich diese Vorschrift erübrigt. Diese Auffassung des Gesetzgebers bestätige zudem § 1 der Verordnung über die Gesellschaftsteuer bei der Aufstellung von Goldmarkbilanzen vom 1. Dezember 1924, RGBl. I S. 762, der die Anwendung des § 13 zu b a. a. O. zuläßt. Auch im Streitfall handele es sich um die gleiche Frage. Die zur Entscheidung stehende Rechtslage sei nicht anders zu beurteilen wie bei der Umstellung auf Goldmark.
Entscheidungsgründe
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
Die Bezugnahme der Vorinstanz auf die Goldmarkbilanzgesetzgebung, die vielfach andere Wege ging, greift nicht durch. Die Regelung der strittigen Frage bei dieser Gesetzgebung läßt nicht den Schluß zu, daß eine Auffüllung des Kapitals als Verlustdeckung angesehen wurde. Dieses zeigt § 1 der erwähnten Verordnung vom 1. Dezember 1924. Wäre die Folgerung der Vorinstanz berechtigt, würde es nicht erforderlich sein, einen Verlust zu fingieren, worauf der Bf. zutreffend hinweist, vgl. die Worte: "Als Verlust ... gilt" im § 1 Abs. 2 a. a. O. Eine entsprechende Vorschrift besteht für die DM-Umstellung nicht. Schon dieser Umstand spricht dafür, daß eine steuerliche Vergünstigung nach § 9 Abs. 2 Ziff. 1 zu b KapVStG nicht gegeben ist. Vor allem aber sprechen folgende Gründe gegen eine Anwendungsmöglichkeit der Vergünstigungsvorschrift. Die Feststellung eines Verlustes setzt voraus, daß ein Wert vorhanden ist, der der Ausgangspunkt für seine Berechnung ist. Es müssen also vergleichbare Größen vorhanden sein. Dieses ist aber bei dem Eintreten eines "Verlustes" auf Grund der Veränderungen, die sich aus der Eröffnungsbilanz und der Neufestsetzung ergeben, nicht der Fall. Diese Veränderungen stellen keine Erhöhung oder Verlust dar. Es kann daher auch nicht, wie die Beschwerdegegnerin Bgin.) ausführt, von einer Kapitalherabsetzung gesprochen werden. Die Veränderungen sind vielmehr Auswirkung einer Neubewertung in der DM-Währung, demnach z. B. auch kein Zeichen mangelnder Lebensfähigkeit eines Unternehmens. Der in der Literatur vertretenen Auffassung, vgl. z. B. Scheiterle, Die Wirtschaftsprüfung 1951 S. 424, Ausgangspunkt sei das bisherige RM-Kapital - hierfür spreche § 2 des Währungsgesetzes -, kann nicht zugestimmt werden. Dies zeigt eindeutig § 73 Abs. 2 des D-Markbilanzgesetzes (DMBG). Diese Gesetzesbestimmung spricht nicht von einer Erhöhung (Gewinn) oder einem Verlust, sondern nur von zahlenmäßigen Veränderungen im Vermögen. § 38 Abs. 1 Satz 2 a. a. O. alte Fassung sprach zwar von Währungsverlusten, aber auch dieser Ausdruck wurde durch das D-Markbilanzergänzungsgesetz geändert. Von einem Verlust im Sinne des § 9 Abs. 2 Ziff. 1 zu b KapVStG kann daher nicht gesprochen werden. Es handelt sich vielmehr um einen Anpassungsvorgang, der elastisch gestaltet ist, unter anderem auch unter gewissen Voraussetzungen zuläßt, daß das in RM in der Schlußbilanz ausgewiesene Stammkapital mit dem gleichen Nennbetrag in DM in die DM-Eröffnungsbilanz übernommen werden kann, vgl. §§ 36 ff. DMBG. Folgerungen der Art aber, wie sie die Bgin. aus dieser Regelung zieht, daß es hiernach der Gesetzgeber auf das alte RM-Kapital abstelle, demnach auch ein Ausgangspunkt für die Berechnung eines Verlustes geschaffen werde, können nicht gezogen werden. Es war der Bgin. unbenommen, von diesen Rechtsformen (§§ 36 ff.) Gebrauch zu machen und hierdurch in den Genuß der Vergünstigung des § 73 Abs. 3 DMBG zu kommen. Darüber hinaus blieb ihr die Möglichkeit, bei Vorliegen einer Unterbilanz durch Rechtshandlungen, die den Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Ziff. 1 zu b KapVStG genügten, einen möglichen Verlust zu beseitigen und hierfür die strittige Vergünstigung in Anspruch zu nehmen.
Hiernach rechtfertigt sich obige Entscheidung.
Fundstellen
Haufe-Index 407648 |
BStBl III 1953, 159 |
BFHE 1954, 408 |
BFHE 57, 408 |