Leitsatz (amtlich)
1. Die Regelung des Steuerwertes für elektrische Glühlampen in § 4 Abs. 1 Nr. 1 LeuchtmStG überläßt es dem Hersteller, ob er listenmäßige Kleinverkaufspreise festsetzen will und wie er ihren nichtsteuerlichen Teil bemißt.
2. Der Gesetzgeber hat dem Hersteller auch Freiheit in der Beurteilung der Frage gelassen, welche Handelsstufen die einzelnen Leuchtmittel üblicherweise bis zum Verbraucher durchlaufen.
3. Er hat auch nicht gefordert, daß für ein und dasselbe Leuchtmittel nach Art und Zahl der Handelsstufen verschiedene listenmäßige Kleinverkaufspreise festzusetzen oder sonstwie als Steuerwerte anzuwenden seien.
4. Ein listenmäßiger Kleinverkaufspreis, den der Hersteller für in der Regel an Kaufhäuser zum Weiterverkauf zu liefernde elektrische Glühlampen festgesetzt hat, gilt nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 LeuchtmStG auch dann als Steuerwert, wenn der Hersteller solche Glühlampen an andere Einzelhändler absetzt.
Normenkette
LeuchtmStG § 4 Abs. 1 Nr. 1; LeuchtmStDB § 4
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) stellt Glühlampen verschiedener Preisgruppen her und vertreibt sie zum Teil unter ihrem Firmennamen, zum anderen Teil unter anonymen Bezeichnungen als sogenannte Kaufhausware. Die verschiedene Preisgestaltung rührt daher, daß Kaufhäuser und vergleichbare Großabnehmer die festgesetzten Endverkaufspreise immer mehr gedrückt haben. Für die Kaufhausware hat die Klägerin die listenmäßigen Kleinverkaufspreise niedriger festgesetzt als für die Markenware. Sie hat die listenmäßigen Kleinverkaufspreise für sämtliche Erzeugnisse dem Zollamt ordnungsgemäß gemeldet. Im Laufe der Zeit hat sie auch an Elektrogroßhändler und an größere Endverbraucher wie z. B. Gastwirte, Schausteller, Zirkusunternehmen Kaufhausware geliefert.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt – HZA –) vertritt die Auffassung, der listenmäßig festgesetzte niedrigere Kleinverkaufspreis für Kaufhausware könne nur dann als Steuerwert gelten, wenn diese Ware ausschließlich über Kaufhäuser und diesen gleichzusetzende Vertriebsorganisation an Endverbraucher abgegeben würde. Da diese Voraussetzung hier nicht vorliegt, sei die Leuchtmittelsteuer in Höhe der Unterschiedsbeträge zwischen den Kleinverkaufspreisen für die Kaufhausware und für Markenware nachzuerheben. Die mit Bescheid vom 21. September 1970 nachgeforderte Steuer setzte das HZA in der Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 1972 von 11 458,75 DM auf 6 043,55 DM herab. Auf die daraufhin wegen dieses Betrages erhobene Klage hob das Finanzgericht (FG) den Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung mit folgender Begründung auf:
Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Leuchtmittelsteuergesetzes (LeuchtmStG) vom 22. Juli 1959 (BGBl I 1959, 613, BZBl 1959, 449) gelte für elektrische Glühlampen als Steuerwert der listenmäßige Kleinverkaufspreis einschließlich Leuchtmittelsteuer, zu dem die Leuchtmittel im Handel an Einzelverbraucher abgegeben werden. Habe also der Hersteller für seine Glühlampen listenmäßige Kleinverkaufspreise einschließlich Leuchtmittelsteuer festgesetzt, zu denen die Leuchtmittel im Handel abgegeben würden, so gelte als Steuerwert dieser listenmäßig festgesetzte Kleinverkaufspreis ohne Rücksicht auf den konkreten, tatsächlich erzielten Einzelverkaufspreis. Auch § 4 Abs. 2 LeuchtmStG, der Handelsnachlässe und sonstige Vergünstigungen, die dem Abnehmer gewährt würden, gegenüber dem Listenpreis außer Betracht lasse, zeige, daß es bei der Steuerbemessung nicht auf tatsächlich erzielte Preise ankommen solle. Mit Recht weise die Klägerin darauf hin, daß es ihr nicht zugemutet werden könne, den Letztverkäufer zu überwachen. Da die Klägerin sowohl für die Markenware als auch für die Kaufhausware Listenpreise gebildet und dem Zollamt mitgeteilt habe, müßten diese Preise als Bemessungsgrundlage für die Leuchtmittelsteuer anerkannt werden. Daran ändere der Umstand nichts, daß es sich, abgesehen von der Bezeichnung, in beiden Fällen um gleichartige Glühlampen handele; denn Markenwaren hätten einen anderen Preis als anonyme Waren. Es sei auch rechtlich bedeutungslos, ob der Hersteller neben Kaufhäusern und ähnlichen Vertriebsorganisationen auch andere Geschäfte beliefere. Maßgebend sei in beiden Fällen der listenmäßige Kleinverkaufspreis.
Mit der Revision macht das HZA geltend:
Das Urteil verletze § 4 LeuchtmStG, der in Abs. 1 Nr. 1 den listenmäßigen Kleinverkaufspreis als denjenigen Preis bezeichne, zu dem die Leuchtmittel „im Handel an Einzelverbraucher abgegeben werden”. Ein listenmäßiger Kleinverkaufspreis könne demnach nur ein Preis sein, von dem angenommen werden könne, daß er beim Verkauf an den Einzelverbraucher gefordert und erzielt werde. Es könne sich nicht um irgendeinen Preis handeln, den der Hersteller in einer von ihm aufgestellten Liste angeführt habe. Einen solchen Phantasiepreis könne der Gesetzgeber nicht gemeint haben.
Die niedrigen listenmäßigen Kleinverkaufspreise, die die Klägerin für die unter anonymen Bezeichnungen an Kaufhäuser und dergleichen abgegebenen Erzeugnisse als Steuerwerte angemeldet habe, könnten als solche nur gelten, wenn die Erzeugnisse ausschließlich auf diese Weise vertrieben worden wären. Dann könne davon ausgegangen werden, daß die Kaufhäuser und die ihnen entsprechenden Abnehmer den listenmäßig vorgesehenen Kleinverkaufspreis bei der Abgabe an Einzelverbraucher einhielten und nicht überschritten. Die Klägerin sei jedoch dazu übergegangen, diese Erzeugnisse auch an normale Einzelhandelsgeschäfte abzugeben. Die Erfahrung habe gelehrt, daß Einzelhandelsgeschäfte solche Erzeugnisse zu demselben Preis an Einzelverbraucher verkauften wie Markenerzeugnisse. Für diese Fälle könne als Steuerwert nur der höhere Preis in Betracht kommen, zu dem die Erzeugnisse auch im normalen Einzelhandel abgesetzt würden. Der Hersteller werde damit in seiner Freiheit zur Festsetzung von Kleinverkaufspreisen nicht beschränkt; ihm werde auch keine Überwachung der Händler zugemutet. Er könne nur nicht verlangen, daß der Fiskus Kleinverkaufspreise als Steuerwerte anerkenne, von denen anzunehmen sei, daß sie beim Verkauf der Erzeugnisse im normalen Einzelhandel nicht angewandt würden.
Der Wille des Gesetzgebers, Manipulationen zu Lasten des Steueraufkommens zu verhindern, ergebe sich insbesondere aus der Vorschrift des § 7 Abs. 5 LeuchtmStG i. d. F. des Zweiten Verbrauchssteueränderungsgesetzes vom 16. August 1961 (BGBl I 1961, 1323, BZBl 1961, 738), daß der Steuerwert für eingeführte Leuchtmittel mit dem Steuerwert nach § 4 LeuchtmStG für gleichartige inländische Erzeugnisse übereinstimme.
Das HZA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Die Leuchtmittelsteuer ist eine Verbrauchsteuer (§ 1 Abs. 1 Satz 2 LeuchtmStG), soll also den Aufwand dessen treffen, der Leuchtmittel zum Verbrauch erwirbt. Sie wird jedoch aus verwaltungstechnischen Gründen nicht erst beim Verbraucher, sondern schon beim Hersteller erhoben. Für den Regelfall, daß die Leuchtmittel nicht schon im Betrieb des Herstellers verbraucht werden, hat der Gesetzgeber in § 3 LeuchtmStG die Entstehung der Steuerschuld des Herstellers daran geknüpft, daß die Leuchtmittel aus dem Herstellungsbetrieb entfernt werden. Da die Leuchtmittelsteuer den Aufwand des Verbrauchers treffen soll, kommen als Grundlage für ihre Bemessung nicht etwa die Preise in Betracht, zu denen der Hersteller die Leuchtmittel an seine Abnehmer verkauft Vielmehr gilt nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 LeuchtmStG als Steuerwert für Glühlampen „der listenmäßige Kleinverkaufspreis einschließlich Leuchtmittelsteuer, zu dem die Leuchtmittel im Handel an Einzelverbraucher abgegeben werden”. Mit der Abstellung auf den „listenmäßigen” Kleinverkaufspreis hat der Gesetzgeber den Umstand berücksichtigt, daß zur Zeit der Entstehung der Steuerschuld, also der Entfernung der Leuchtmittel aus dem Herstellungsbetrieb, noch nicht bekannt sein kann, zu welchen tatsächlichen Kleinverkaufspreis sie vom letztlich mit der Steuer durch deren Überwälzung zu belastenden Verbraucher erworben werden. Die gesetzliche Regelung geht davon aus, daß der Hersteller die Kleinverkaufspreise für seine elektrischen Glühlampen in Listen festgesetzt hat, und schreibt über ihre Höhe nur vor, daß sie die Leuchtmittelsteuer einschließen muß (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 26. Juni 1958 V z 219/57 U, BZBl 1959, 234). Sie überläßt es dem Hersteller, ob er überhaupt listenmäßige Kleinverkaufspreise festsetzen will und wie er ihren nichtsteuerlichen Teil näher bemißt. Der Gesetzgeber mußte und konnte darauf vertrauen, daß der Hersteller bei der Festsetzung listenmäßiger Kleinverkaufspreise schon aus eigenem Interesse von dem Preis ausgehen werde, zu dem er die Leuchtmittel seinem Abnehmer liefert, und daß er die im Handel bis zum Absatz an den Verbraucher üblichen Spannen hinzurechnen werde. Er hat dem Hersteller auch Freiheit in der Beurteilung der Frage lassen müssen und gelassen, welche Handelsstufen die einzelnen Leuchtmittel üblicherweise bis zum Verbraucher durchlaufen, und er hat auch nicht gefordert, daß für ein und dasselbe Leuchtmittel nach Art und Zahl der Handelsstufen verschiedene listenmäßige Kleinverkaufspreise festzusetzen oder sonstwie als Steuerwert anzuwenden seien. Dieser Rechtslage entspricht auch die Regelung, die der Bundesminister der Finanzen (BdF) als Verordnungsgeber auf Grund des § 13 Nr. 2 LeuchtmStG im § 4 der Durchführungsbestimmungen zum Leuchtmittelsteuergesetz vom 4. August 1959 (BGBl I 1959, 615, BZBl 1959, 451) für den Fall getroffen hat, daß der Hersteller einen listenmäßigen Kleinverkaufspreis für seine elektrischen Glühlampen nicht festgesetzt hat oder Leuchtmittel ohne Einschaltung des Handels an Endverbraucher liefert. Dann nämlich soll Steuerwert der Herstellerpreis zuzüglich der im Handel üblichen Spannen sein. Diese Ersatzregelung erbringt also ihrerseits das Ergebnis, das von einer Festsetzung listenmäßiger Kleinverkaufspreise durch den Hersteller für Leuchtmittel zu erwarten ist, wenn man von dem Regelfall ausgeht, daß der Hersteller die Leuchtmittel an einen Händler liefert, ohne ihren weiteren Weg zum Verbraucher beeinflussen oder überwachen zu können.
Da also das Gesetz dem Hersteller für die Bemessung des listenmäßigen Kleinverkaufspreises der im Handel an Einzelverbraucher abgegebenen elektrischen Glühlampen weitgehende Freiheit gelassen hat und insbesondere nicht vorschreibt, daß der festgesetzte Kleinverkaufspreis jeweils an eine bestimmte Struktur des Handels gebunden ist, gilt ein listenmäßiger Kleinverkaufspreis, den der Hersteller für in der Regel an Kaufhäuser zum Weiterverkauf zu liefernde elektrische Glühlampen festgesetzt hat, nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 LeuchtmStG auch dann als Steuerwert, wenn der Hersteller solche Glühlampen an andere Einzelhändler absetzt. Auf die Frage, ob die Einzelhändler die Glühlampen zu einem höheren Preis weiterverkaufen als die Kaufhäuser, kann es nicht ankommen, da die Steuerschuld nach dem listenmäßigen Kleinverkaufspreis schon bei der Entfernung der Glühlampen aus dem Herstellungsbetrieb entsteht und zu diesem Zeitpunkt der tatsächliche Kleinverkaufspreis in der Regel noch nicht bekannt ist.
Die Klägerin mußte bei der Festsetzung der listenmäßigen Kleinverkaufspreise für ihre elektrischen Glühlampen einen Unterschied danach machen, ob die Glühlampen ihren Firmennamen tragen und daher sich als Markenware darstellen oder ob sie mit anonymen Bezeichnungen versehen sind und als Kaufhausware behandelt werden. Sie mußte berücksichtigen, daß Markenware üblicherweise höhere Kleinverkaufspreise erzielt als anonyme Ware. Die Klägerin hat den Ausführungen des FG zufolge für die unter anonymen Bezeichnungen vertriebenen, in der Regel an Warenhäuser und an ähnliche Vertriebsorganisationen gelieferten Glühlampen einen listenmäßigen Kleinverkaufspreis festgesetzt, der die üblichen Handelsspannen enthält. An diese tatsächliche Feststellung ist der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, nachdem das HZA in bezug auf sie zulässige und begründete Revisionsrügen nicht vorgebracht hat. Ein solcher listenmäßiger Kleinverkaufspreis gilt nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 LeuchtmStG schlechthin als Steuerwert für diese Glühlampen.
Die Auffassung des HZA, die listenmäßigen Kleinverkaufspreise für die unter anonymer Bezeichnung an Kaufhäuser und an ähnliche Verkaufsorganisationen vertriebenen Glühlampen könnten nicht gelten, soweit die Klägerin solche Glühlampen auch an Einzelhändler abgebe, findet – wie bereits dargelegt – im Gesetz keine Stütze. Die hierzu vom HZA abgegebene Erklärung, die Erfahrung habe gelehrt, daß Einzelhandelsgeschäfte solche Glühlampen zum Preise von Markenware an Verbraucher verkauften, kann als neues tatsächliches Vorbringen in der Revisionsinstanz nicht mehr berücksichtigt werden (vgl. § 118 Abs. 1 und 2 FGO). Auch soweit damit nur ein Verstoß gegen einen Erfahrungssatz gerügt werden soll, kann sie keinen Erfolg haben, da ein solcher Erfahrungssatz nicht besteht.
Das HZA kann schließlich auch nicht mit der Berufung auf die Vorschrift des § 7 Abs. 5 LeuchtmStG durchdringen, wonach der Steuerwert für eingeführte Leuchtmittel mit dem Steuerwert nach § 4 LeuchtmStG für gleichartige inländische Erzeugnisse übereinstimmt. Der Gesetzgeber hat schon bei der Bezeichnung des Steuergegenstandes in § 1 LeuchtmStG unterschieden zwischen Leuchtmitteln, die im Erhebungsgebiet hergestellt worden sind und solchen, die in dieses eingeführt werden. Für jede der beiden Steuergegenstände hat er in den §§ 3 bis 6 bzw. im § 7 LeuchtmStG die Steuerschuld gesondert geregelt. Im Gegensatz zu den im Erhebungsgebiet hergestellten Leuchtmitteln lösen die eingeführten Leuchtmittel die Entstehung einer Steuerschuld nicht schon mit ihrer Entfernung aus dem Herstellungsbetrieb, sondern erst bei ihrer Einfuhr aus. Deshalb kann bei ihnen für den Steuerwert nicht ein vom Hersteller festgesetzter listenmäßiger Kleinverkaufspreis maßgebend sein. Der Gesetzgeber hat vielmehr hier eine Sonderregelung dadurch getroffen, daß er auf den Steuerwert gleichartiger inländischer Erzeugnisse abstellte. Darin liegt keine Stellungnahme zu der Frage, wie der Steuerwert inländischer Erzeugnisse im Rahmen des § 4 LeuchtmStG im Einzelfall zu beurteilen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 514717 |
BFHE 1976, 67 |