Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen der Verwirkung
Leitsatz (NV)
1. Die Beschränkung eines (rechtzeitig gestellten) Revisionsantrags ist jederzeit während des Revisionsverfahrens möglich.
2. Die verhältnismäßig lange Dauer eines Einspruchsverfahrens reicht in der Regel nicht aus, um einen Steueranspruch als verwirkt anzusehen.
3. Nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen kann Verwirkung lediglich durch bloßen Zeitablauf eintreten.
4. Wird gegen einen Steuerschuldner eine Steuer festgesetzt und geht er hiergegen mit Rechtsbehelfen vor, so muß es wegen des Vorhandenseins des Steuerbescheides und der Anhängigkeit des Rechtsbehelfsverfahrens als so gut wie ausgeschlossen angesehen werden, daß ein Nachgeben der Finanzbehörde durch bloßes Untätigbleiben zum Ausdruck kommen könnte.
Normenkette
FGO § 120 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Verwalter über den Nachlaß des im Dezember 1974 verstorbenen Z. Dieser war geschäftsführender Gesellschafter der X-GmbH (GmbH). Im Jahr 1967 fand bei der GmbH eine Betriebsprüfung statt. Der Prüfer kam zu dem Ergebnis, daß für 1962 und 1963 im Zusammenhang mit Grundstücksgeschäften verdeckte Gewinnausschüttungen der GmbH an Z in Höhe von . . . DM und . . . DM vorlägen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erließ daraufhin gegen Z am 14. Juli 1967 geänderte Einkommensteuerbescheide für 1962 und 1963. Das FA erhöhte darin die Einkünfte aus Kapitalvermögen um verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe von . . . DM (1962) und in Höhe von . . . DM (1963). Gegen diese Bescheide legte Z durch seinen damaligen steuerlichen Vertreter fristgerecht Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Das FA gab dem Antrag statt und setzte die angefochtenen Bescheide in Höhe der streitigen Beträge aus.
Mit Schreiben vom 9. Januar 1975 setzte der Kläger das FA über die angeordnete Nachlaßverwaltung in Kenntnis und bat um Auskunft über gegen den Nachlaß des verstorbenen Z bestehende Forderungen. Am 3. Februar 1975 teilte das FA dem Kläger mit, daß die Einsprüche der GmbH gegen die aufgrund desselben Sachverhalts erlassenen Körperschaftsteuerbescheide 1962 und 1963 im Jahre 1972 zurückgenommen worden seien, und bat den Kläger um Stellungnahme, ob die Rechtsbehelfe gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 1962 und 1963 weiter aufrechterhalten werden. Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 10. März 1975 gegenüber dem FA, daß er die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide 1962 und 1963 in vollem Umfang aufrechterhalte. Mit Einspruchsentscheidung vom 1. Dezember 1976 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Zur Begründung führte es aus: Zwar seien die Steueransprüche betreffend Einkommensteuer 1962 und 1963 beim Erlaß der Einspruchsentscheidung noch nicht verjährt gewesen. Es sei jedoch Verwirkung eingetreten mit der Folge, daß das FA die Steueransprüche nicht mehr durch Einspruchsentscheidung gegenüber dem Kläger habe geltend machen können. Die über neuneinhalbjährige Dauer des Einspruchsverfahrens sei als zeitliche Voraussetzung für die Verwirkung ausreichend. Das FA könne sich nicht darauf berufen, es habe erst den Ausgang des Einspruchsverfahrens abwarten müssen, welches die GmbH gegen die aufgrund desselben Sachverhalts erlassenen Körperschaftsteuerbescheide angestrengt habe. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Verwirkung bereits im Februar 1975 eingetreten sei, weil sich mit fortschreitendem Zeitablauf der Vertrauenstatbestand auf seiten des Klägers verfestigt habe, ohne daß es noch eines besonderen Verhaltens des FA bedurft hätte. Auf die Mitteilung des Klägers, er halte die Einsprüche aufrecht - Schreiben vom 10. März 1975 - hätte das FA umgehend über den Rechtsbehelf entscheiden müssen. Daß der Kläger keine erkennbaren Dispositionen im Vertrauen auf die Nichtgeltendmachung der Steueransprüche getroffen habe, sei unschädlich. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) könne Verwirkung auch ausnahmsweise ohne vertrauensbedingte Dispositionen eintreten. Ein solcher Ausnahmefall liege hier vor.
Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung der Rechtsgrundsätze über die Verwirkung sowie die Nichtberücksichtigung nach den Akten klar feststehender Tatsachen.
Das FA beantragte zunächst, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen. In der mündlichen Verhandlung beantragte das FA, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Ausführungen des FG zur Verwirkung halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Gegen die Änderung des ursprünglichen Revisionsantrags in der mündlichen Verhandlung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Nach § 120 Abs. 2 FGO muß die Revision oder die Revisionsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten. Demnach muß spätestens bis zum Ablauf der Revisionsbegründungsfrist ein bestimmter Antrag gestellt sein. Ist der Revisionsantrag rechtzeitig gestellt worden, so wird seine Änderung bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung nicht gehindert, sofern die Änderung des Revisionsantrags durch die Revisionsbegründung gedeckt wird. Eine Beschränkung des gestellten Revisionsantrags ist daher jederzeit während des Revisionsverfahrens möglich (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juli 1966 V 167/62, BFHE 86, 565, BStBl III 1966, 627; Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 120 Rdnr. 16; Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., § 120 FGO Rdnr. 51).
2. Wie das FG zutreffend ausführt, war die Einkommensteuer 1962 und 1963 im Zeitpunkt des Erlasses der Änderungsbescheide vom 14. Juli 1967 noch nicht verjährt (§§ 144, 145 der Reichsabgabenordnung - AO - in der Fassung, die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze vom 15. September 1965 - AOÄG -, BGBl I, 1356, BStBl I, 643, maßgebend war). Auch bei Erlaß der Einspruchsentscheidung vom 1. Dezember 1976 war noch keine Verjährung der streitigen Steueransprüche eingetreten. Die vor Ablauf der Verjährungsfrist eingelegten Einsprüche haben nach § 146 a Abs. 1 AO zur Folge, daß die Verjährung in ihrem Ablauf gehemmt wurde. Die Ansprüche aus dem Sachverhalt, der dem Verfahren über den Rechtsbehelf zugrunde liegt, verjähren nicht vor Ablauf von sechs Monaten, nachdem die Abgabenfestsetzung unanfechtbar geworden ist. Die Verjährungshemmung endet nicht durch bloßen Zeitablauf. § 146 a AO läßt es nicht zu, daß die Ablaufhemmung durch einen anderen als einen der dort genannten Gründe beendet werden könnte (Urteile des BFH vom 29. Januar 1974 VII R 69/71, BFHE 111, 293, BStBl II 1974, 308; vom 22. Juni 1977 I R 171/74, BFHE 123, 321, BStBl II 1978, 33, und vom 3. Mai 1979 I R 49/78, BFHE 128, 364, BStBl II 1979, 738).
3. Die den angefochtenen Änderungsbescheiden und der Einspruchsentscheidung zugrunde liegenden Steueransprüche sind nicht verwirkt.
a) Wie der Senat in seinem Urteil vom 22. Mai 1984 VIII R 60/79 (BFHE 141, 211, 219, BStBl II 1984, 697) ausgesprochen hat, gilt das Rechtsinstitut der Verwirkung als Ausfluß der die gesamte Rechtsordnung beherrschenden Grundsätze von Treu und Glauben auch im Steuerrecht. Verwirkung bedeutet, daß ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Rechtsausübung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (BFH-Urteil vom 4. Juli 1979 II R 74/77, BFHE 129, 201, BStBl II 1980, 126). Der Tatbestand der Verwirkung enthält ein zeitliches Moment, die länger andauernde Untätigkeit des Anspruchsberechtigten, und ein Umstandsmoment, ein bestimmtes Verhalten des Berechtigten und einen hierdurch ausgelösten Vertrauenstatbestand (vgl. BFH-Urteile vom 14. September 1978 IV R 89/74, BFHE 126, 130, BStBl II 1979, 121, und vom 7. Juni 1984 IV R 180/81, BFHE 141, 451, BStBl II 1984, 780). Das Zeitmoment ist im allgemeinen von geringerer Bedeutung, während dem Umstandsmoment ausschlaggebendes Gewicht zukommt (BHFE 126, 130, BStBl II 1979, 121; BFHE 129, 201, BStBl II 1980, 126). Die zeitlichen Grenzen für die Geltendmachung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis werden regelmäßig durch die Verjährung gesetzt, die den Zeitraum bemißt, währenddessen der aus den Steuergesetzen Verpflichtete mit seiner Inanspruchnahme rechnen muß (BFHE 141, 211, 219, BStBl II 1984, 697). Entscheidend ist das Umstandsmoment, wobei neben dem Verhalten des Anspruchsberechtigten auch das Verhalten des Verpflichteten von Bedeutung ist. Das bloße Untätigbleiben einer Finanzbehörde reicht in der Regel nicht aus, um einen Steueranspruch als verwirkt anzusehen (BFH-Urteile vom 14. September 1977 II R 74/76, BFHE 123, 299, BStBl II 1978, 168, und vom 3. November 1982 I R 39/80, BFHE 137, 183, BStBl II 1983, 182).
b) Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den Streitfall ergibt sich, daß die Vorentscheidung nicht bestätigt werden kann.
aa) Die verhältnismäßig lange Dauer eines Einspruchsverfahrens führt allein nicht dazu, daß das FA gehindert wäre, die in den angefochtenen Steuerbescheiden festgesetzten Steuern geltend zu machen (BFHE 123, 321, BStBl II 1978, 33). Hinzukommen muß vielmehr ein bestimmtes Verhalten des Anspruchsberechtigten, das geeignet ist, im Verpflichteten das Vertrauen darauf zu wecken, daß das Recht nicht mehr ausgeübt werde. Das FA hat durch sein Verhalten jedoch nicht zu erkennen gegeben, daß die Steueransprüche gegen den Kläger nicht mehr geltend gemacht werden und damit dem Einspruchsbegehren stillschweigend stattgegeben werden sollte. Es sind keine Umstände ersichtlich, die über eine bloße Untätigkeit des FA hinausgehen.
Da das FA bis zum Tode des Z - Dezember 1974 - mit diesem nicht in Verbindung getreten ist, scheidet ein positives Verhalten des FA, das einen Vertrauenstatbestand hätte auslösen können, bis zu diesem Zeitpunkt aus. Zwar kann der Vertrauenstatbestand auch durch Unterlassen gebotenen Tuns geschaffen werden. Dabei ist jedoch zu beachten, daß die säumige Inanspruchnahme eines Steuerschuldners für sich allein die Vertrauensfolge nicht nach sich zieht. Es ist nicht vorgetragen, daß Z die Verzögerung in der Einspruchsbearbeitung beim FA gerügt oder daß er sonstige Schritte mit dem Ziel eines alsbaldigen Erlasses der Einspruchsentscheidung unternommen habe. Auch die Möglichkeit einer Untätigkeitsklage nach § 46 FGO wurde nicht wahrgenommen. Z konnte daher allein aufgrund der länger dauernden Untätigkeit des FA nicht den Eindruck gewinnen, das FA halte die im Einspruchsverfahren vorgebrachten Einwendungen für durchgreifend und werde zur Durchsetzung der sich aus den angefochtenen Steuerbescheiden ergebenden Steuerforderungen nichts mehr unternehmen.
Der Kläger hat zwar dann später - nach dem Tode des Z - beim FA mehrmals den Erlaß einer Einspruchsentscheidung angemahnt. Das FA hat aber dem Kläger mit Schreiben vom 3. Februar 1975 die im Jahre 1972 erfolgte Rücknahme der Rechtsbehelfe gegen die Körperschaftsteuerbescheide mitgeteilt und ihn zur Stellungnahme aufgefordert, ob er die Einsprüche gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 1962 und 1963 weiter aufrechterhalten wolle. Das Schreiben des FA konnte der Kläger bei verständiger Würdigung nur dahingehend verstehen, daß das FA nicht bereit war, auf die streitigen Steuerforderungen zu verzichten. Daher ist die Annahme des FG nicht zutreffend, die anschließende - weitere - Untätigkeit des FA bringe auch ohne Aufhebung der Bescheide und ohne förmlichen Abschluß des anhängigen Einspruchsverfahrens zum Ausdruck, daß die bereits festgesetzten Steueransprüche aufgegeben werden. Außerdem haben nach den Feststellungen des FG weder Z noch der Kläger Dispositionen im Vertrauen auf die Nichtgeltendmachung der Steueransprüche getroffen.
An diese tatsächlichen Feststellungen ist der Senat gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO), da der Kläger diesbezüglich keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen erhoben hat. Das Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, im Streitfall bestehe nach der Lebenserfahrung eine Vermutung dafür, daß vertrauensbedingte Dispositionen getroffen worden seien, kann daher schon aus diesem Grunde keine Beachtung finden.
bb) Der Senat teilt auch nicht die Auffassung des FG, daß im Streitfall, ohne das Vorliegen eines Vertrauenstatbestandes und von vertrauensbedingten Dispositionen, Verwirkung lediglich durch Zeitablauf eingetreten ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH wird der Steueranspruch in der Regel allein durch jahrelanges Untätigbleiben der Finanzbehörde nicht verwirkt (vgl. BFH-Urteile vom 10. Dezember 1971 III R 35/71, BFHE 104, 282, BStBl II 1972, 331; BFHE 126, 130, BStBl II 1979, 121; BFHE 128, 364, BStBl II 1979, 738; BFHE 129, 462, BStBl II 1980, 368; vom 29. Juli 1981 I R 62/77, BFHE 134, 264, BStBl II 1982, 107). Zwar hat der BFH - worauf das FG hinweist - es für denkbar gehalten, daß Verwirkung auch ohne vertrauensbedingte Dispositionen lediglich infolge bloßen Zeitablaufs eintreten könne (BFHE 126, 130, 140, BStBl II 1979, 121; BFHE 129, 462, BStBl II 1980, 368). Dabei wurde jedoch betont, daß dies nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen, wie z. B. im Falle der zeitlich unbegrenzten Ablaufhemmung des § 146 a Abs. 3 AO (jetzt § 171 Abs. 4 der Abgabenordnung - AO 1977 -), möglich sei.
Diese Rechtsgrundsätze sind durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 vom 19. Dezember 1985 (BGBl I 1985, 2436, BStBl I 1985, 735, - StBereinG 1986 -), dessen Änderungen und Ergänzungen insoweit am 1. Januar 1987 in Kraft treten, bekräftigt worden. Durch Art. 1 Nr. 26 a StBereinG 1986 ist in § 171 Abs. 4 AO 1977 - der grundsätzlich § 146 a Abs. 3 AO entspricht - ein neuer Satz 3 angefügt worden, der die Ablaufhemmung für den Erlaß von Steuerbescheiden im Anschluß an eine Außenprüfung zeitlich begrenzt. Damit hat der Gesetzgeber den Bedenken, daß der Finanzbehörde eine nichtbefristete Zeit nach Abschluß der Außenprüfung bis zum Erlaß der aufgrund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide zur Verfügung stand, Rechnung getragen. Aus dieser Gesetzesänderung ist aber auch zu folgern, daß eine zeitliche Begrenzung für die durch Einlegung eines Rechtsbehelfs eingetretene Ablaufhemmung nicht sinnvoll ist und daß die Unanfechtbarkeit der Entscheidung nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich abzuwarten ist.
Ein Ausnahmefall im Sinne der genannten BFH-Rechtsprechung liegt nicht vor. Wird - wie im Streitfall - gegen einen Steuerschuldner eine Steuer festgesetzt und geht er hiergegen mit Rechtsbehelfen vor, so ist es nicht gerechtfertigt, aus dem Umstand, daß das Rechtsbehelfsverfahren über mehrere Jahre unbearbeitet bleibt, den Schluß zu ziehen, die Finanzbehörde habe den geltend gemachten Steueranspruch aufgegeben. Unter solchen Verhältnissen muß es wegen des Vorhandenseins des Steuerbescheides und der Anhängigkeit des Rechtsbehelfsverfahrens vielmehr als so gut wie ausgeschlossen angesehen werden, daß ein Nachgeben der Finanzbehörde durch bloßes Untätigbleiben zum Ausdruck kommen könnte. Etwas anderes kann dann gelten, wenn das FA ohne sachlichen Grund übermäßig lange untätig bleibt und die Regelverjährungsfrist durch die Ablaufhemmung so ungewöhnlich lange hinausgezögert wird, daß die Nichtbescheidung des Rechtsbehelfs als ein Akt reiner Willkür angesehen werden muß. Dies liegt hier nicht vor. Es bestehen keine Anhaltspunkte für eine vorsätzliche oder in sonstiger Weise grobe Pflichtverletzung des FA im Zusammenhang mit der Durchführung des Einspruchsverfahrens. Hierin liegt auch der Unterschied zu dem Urteil des BFH vom 18. Mai 1983 II R 86/80, BFHE 138, 393, BStBl II 1983, 580. Im Urteilsfall hatte das FA nicht in angemessener Zeit über den Grunderwerbsteuerbefreiungsantrag des Grundstückserwerbers entschieden mit der Folge, daß es nach Treu und Glauben die Steuer von dem Grundstücksveräußerer nicht mehr fordern durfte. Daß das FA im Streitfall erst den Ausgang des Einspruchsverfahrens, welches die GmbH gegen die aufgrund desselben Sachverhalts erlassenen Körperschaftsteuerbescheide eingeleitet hatte, abwarten wollte, ist sachgemäß und kein die Verwirkung begründender besonderer Umstand.
4. Da das FG in seinem Urteil von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war sein Urteil aufzuheben. Der Senat kann nicht in der Sache abschließend entscheiden, da die vom FG getroffenen Feststellungen hierzu nicht ausreichen. Denn das FG hatte von seinem abweichenden Standpunkt aus keine Veranlassung zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung dem Grunde und der Höhe nach gegeben sind. Die nicht spruchreife Sache geht daher an das FG zurück. Diesem wird die Kostenentscheidung übertragen (§ 143 Abs. 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 414528 |
BFH/NV 1986, 679 |