Leitsatz (amtlich)
1. Auch wenn sich der Unternehmer auf die Errichtung und Veräußerung von Kaufeigenheimen beschränkt, und die von ihm als Bauherr in Anspruch genommenen Sonderabschreibungen nach § 7b EStG zu einer entsprechenden Erhöhung des durch die Veräußerung erzielten Buchgewinns führen, darf dieser Teil des Veräußerungserlöses bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns nicht außer Betracht bleiben.
2. Der Senat erkennt entgegen der Anordnung in Abschnitt 47 Abs. 14 GewStR 1964 die nicht zu den Dauerschuldzinsen gehörenden Zinsen für die im Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Erwerb von Grundstücken stehenden Verbindlichkeiten auch bei der Gewerbesteuer als den Gewerbeertrag mindernde Betriebsausgaben an.
Normenkette
EStG 1964 §§ 3c, 7b Abs. 3, § 4 Abs. 1, § 5; GewStG §§ 7, 8 Nr. 1, § 9 Nr. 1
Tatbestand
Die beiden Revisionskläger und Revisionsbeklagten gründeten im Jahre 1962 eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR) zu dem Zweck, Grundstücke zu erwerben, zu bebauen, zu vermieten und zu veräußern. Sie bedienten sich zur Bauplanung, Betreuung und Durchführung der Bauten einer GmbH, die im Namen und für Rechnung der GdbR auftrat. Die GmbH erwarb in den Jahren 1962 bis 1963 für die beiden Gesellschafter der GdbR Grundstücke und errichtete darauf 29 Kaufeigenheime, wovon neun im Jahr 1964 und 20 im Streitjahr 1965 an Ersterwerber veräußert wurden, nachdem die Gesellschafter als Bauherren die 7b-Abschreibung in Anspruch genommen hatten (§ 7b Abs. 3 EStG 1961).
Im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung 1965 bestand schon vor dem FG keine unterschiedliche Auffassung mehr darüber, daß die GdbR einen Gewerbebetrieb unterhielt, und daß ihre gewerblichen Einkünfte anhand der vorhandenen Aufzeichnungen geschätzt werden müssen. Während das FA bei der Gewinnermittlung von den um die 7b-Abschreibungen des Jahres 1964 verminderten Buchwerten der veräußerten Kaufeigenheime ausging und im Streitjahr 1965 keine Sonderabschreibung mehr zuließ, vertrat die GdbR die Auffassung, daß diese Gewinnermittlung dem Sinn und Zweck des § 7b Abs. 3 EStG widerspreche und daß deshalb den Gesellschaftern der Vorteil der Sonderabschreibungen dadurch erhalten bleiben müsse, daß die für die Gewinnermittlung maßgebenden Buchwerte der veräußerten Grundstücke um die Sonderabschreibungen erhöht würden. Dieser Auffassung schloß sich das FG nicht an und nahm die Gewinnermittlung nach allgemeinen Vorschriften vor.
Bei der Ermittlung des Gewerbesteuer-Meßbetrages für den Erhebungszeitraum 1965 ging das FA gemäß § 7 GewStG von den gleichen Grundsätzen aus und lehnte die von der GdbR verlangte Kürzung des Ertrages um die Sonderabschreibungen ab. Außerdem ließ das FA Zinsen für Bauzwischenkredite zur Errichtung der veräußerten Gebäude unabhängig davon, ob die Kredite als im laufenden Betrieb entstandene Verbindlichkeiten nicht als Dauerschulden im Sinne des § 8 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG anzusehen seien, als den Gewerbeertrag mindernde Betriebsausgaben mit der Begründung nicht zum Abzug zu, daß das Gewerbekapital um die Einheitswerte der Grundstücke (§ 12 Abs. 3 Nr. 1 GewStG) und der Gewerbeertrag um 3 v. H. dieser Einheitswerte (§ 9 Nr. 1 GewStG) vermindert worden seien und nach allgemeinen Grundsätzen des Ertragsteuerrechts mit bei der Besteuerung ausscheidenden Erträgen in Zusammenhang stehende Aufwendungen nicht abgezogen werden dürften (so Abschn. 47 Abs. 14 GewStR 1964). Das FA lehnte ferner die Anwendung der Wohnungsgesellschaften begünstigenden Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG unter Hinweis auf das Urteil des BFH VI R 285/66 vom 7. April 1967 (BFH 89, 215, BStBl III 1967, 616) mit der Begründung ab, daß die Errichtung und Veräußerung der Kaufeigenheime nicht nur eine Nebentätigkeit von untergeordneter Bedeutung gewesen sei.
Das FG behandelte auch bei der Ermittlung des Gewerbesteuer-Meßbetrags 1965 die Sonderabschreibungen unter Hinweis auf § 7 GewStG ebenso wie bei der einheitlichen Gewinnfeststellung, lehnte also die von der GdbR verlangten Kürzungen um die Sonderabschreibungen ab. Das FG folgte dem FA auch darin, daß es die Anwendung der Kürzungsvorschriften des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ablehnte, gab aber der GdbR insoweit Recht, als es die auf die Bauzwischenkredite entfallenden Zinsen wie bei der einheitlichen Gewinnfeststellung auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrages als Betriebsausgaben anerkannte und die vom FA vorgenommene Zurechnung ablehnte.
Die GdbR legte gegen beide Entscheidungen des FG Revisionen ein. Sie wendet sich in ihrer die einheitliche Gewinnfeststellung betreffenden Revision gegen die Behandlung der Sonderabschreibungen und verlangt für die Ermittlung des Gewinns die Erhöhung der Buchwerte der veräußerten Gebäude um diese Sonderabschreibungen. In ihrer sich gegen den Gewerbesteuer-Meßbetrag richtenden Revision verlangt die GdbR die gleiche Behandlung der Sonderabschreibungen und die Anerkennung der Kürzungsvorschriften des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Das FA beantragt in seiner das Gewerbesteuer-Meßbetragsverfahren betreffenden Revision die Erhöhung des Gewerbeertrages um die Zwischenkreditzinsen.
Der BdF ist dem Verfahren beigetreten.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revisionen, die zu einheitlicher Entscheidung verbunden werden, sind unbegründet.
1. Buchwert und Sonderabschreibungen: Nach § 7b Abs. 3 EStG in der vor dem Streitjahr geltenden Fassung konnte bei Kaufeigenheimen der Ersterwerber die erhöhten Abschreibungen geltend machen, soweit das der Bauherr nicht getan hatte. Beim Ersterwerber traten dann an die Stelle der Herstellungskosten seine Anschaffungskosten. Diese Vorschrift wurde mit Wirkung für den Veranlagungszeitraum 1965 durch die Neufassung des § 7 Abs. 3 EStG 1965 dahin erweitert, daß allgemein bei der Veräußerung von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen innerhalb von acht Jahren nach der Fertigstellung der Ersterwerber die erhöhten Abschreibungen vornehmen darf, soweit sie nicht schon der Bauherr und Veräußerer geltend gemacht hat. Auch jetzt treten beim Ersterwerber an die Stelle der Herstellungskosten seine Anschaffungskosten. Der Auffassung der GdbR, daß aus diesen Vorschriften der Wille des Gesetzgebers zu entnehmen sei, daß jedenfalls dann, wenn der Bauherr die Herstellung der veräußerten Gebäude im Rahmen eines Gewerbebetriebes durchführe oder durchführen müsse, die durch die Veräußerung aufgelösten, auf den Sonderabschreibungen beruhenden stillen Reserven nicht versteuert werden dürften, kann sich der Senat in Übereinstimmung mit dem FG nicht anschließen. Es ist zwar richtig, daß nach den im BFH-Urteil VI 199/65 vom 7. April 1967 (BFH 88, 450, BStBl III 1967, 467) entwickelten Grundsätzen das sogenannte Baupatenverfahren, bei dem ein Betreuungsunternehmen im Namen und für Rechnung der Bauherren (Baupaten) eine Anzahl von Kaufeigenheimen errichtet, in aller Regel nur im Rahmen eines Gewerbebetriebes der Baupaten abgewickelt werden kann und daß dadurch den Baupaten im Fall der Veräußerung der durch die Sonderabschreibung erzielte Vorteil (meist Verlustausgleich mit anderen Einkünften) häufig auch dann weitgehend verlorengeht, wenn sich die Bauherren schon bei Beginn ihrer Tätigkeit zur Veräußerung der Gebäude verpflichten mußten, wie das besonders bei Kaufeigenheimen der Fall war. Trotzdem bietet das Gesetz, wie der BFH bereits im Urteil I 243/63 U vom 30. März 1965 (BFH 82, 363, BStBl III 1965, 380) für den Fall der Überführung eines bisherigen Betriebsgebäudes, dessen Buchwert durch Sonderabschreibungen nach § 7b EStG gemindert worden war, ins Privatvermögen entschieden hat, keine Grundlage, um entgegen den Vorschriften des § 4 Abs. 1 und § 5 EStG beim für die Gewinnermittlung maßgebenden Vermögensvergleich nicht von den Buchwerten der zum Betriebsvermögen gehörenden Kaufeigenheime, sondern von einem um die Sonderabschreibungen erhöhten Wert auszugehen. Eine solche mit dem Wortlaut der bezeichneten Vorschriften nicht zu vereinbarende Auslegung könnte nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn sich sonst eine mit dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht zu vereinbarende und sinnlose Auswirkung der Begünstigungsvorschrift des § 7 Abs. 3 EStG ergeben würde. Das ist nicht der Fall.
2. Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG: Diese Vorschrift ist schon deshalb nicht anwendbar, weil die GdbR keinen eigenen, nicht zur Veräußerung bestimmten Grundbesitz verwaltete und daneben Kaufeigenheime veräußerte.
3. Dauerschuldzinsen für die Baufinanzierung: Entgegen der Auffassung des FA und des dem Verfahren beigetretenen BdF ist dem FG darin zuzustimmen, daß der Zinsbetrag von 180 768 DM, der auf die von einer Bank gewährten Bauzwischenkredite entfällt und der sich bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1965 als Betriebsausgabe auswirkt, dem Gewinn zur Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrages nicht zugerechnet werden darf. Nach der vom BFH in jüngerer Zeit entwickelten Rechtsprechung (vgl. z. B. BFH-Urteil I 51/65 vom 14. November 1968, BFH 94, 574, BStBl II 1969, 266) hat der Senat keine Bedenken, davon auszugehen, daß es sich bei diesen Zwischenkrediten nicht um Dauerschulden im Sinne des § 8 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 1 GewStG handelt, weil im laufenden Geschäftsverkehr entstandene Verbindlichkeiten vorliegen, die unter Berücksichtigung der Eigenart des Betriebs in einem durch die Sachlage gebotenen und gerechtfertigten Zeitraum abgewickelt worden sind. Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Wenn somit keine Dauerschulden vorliegen, kommt als Grund für die Zurechnung, worüber sich die Beteiligten einig sind, nur ein vom FA behaupteter allgemeiner Grundsatz in Betracht, wonach, wenn das Gesetz bestimmte Wirtschaftsgüter oder Erträge bei einer Besteuerung ausscheide, auch die damit in Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten und Aufwendungen (hier Schuldzinsen) nicht berücksichtigt werden dürften. Das ist auch der Grund, aus dem in Abschnitt 47 Abs. 14 GewStR 1964 angeordnet wird, daß nicht nur zu den laufenden Verbindlichkeiten gehörende Hypothekenschulden, sondern auch die zum Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft oder an einer Kapitalgesellschaft aufgenommenen Verbindlichkeiten und die darauf entfallenden Zinsen wie Dauerschulden oder Dauerschuldzinsen zu behandeln seien, wenn hinsichtlich des Grundbesitzes oder der Beteiligungen die Kürzungsvorschriften des § 9 Nrn. 1, 2 oder 2a oder des § 12 Abs. 3 Nrn. 1, 2 oder 2a GewStG angewendet würden.
Diese Verwaltungsanordnung kann sich allerdings auf die Entscheidungen des RFH VI 290/40 vom 12. Februar 1941 (RStBl 1941, 284) und VI 627/39 vom 18. Oktober 1939 (Steuer und Wirtschaft 1940 Nr. 13) stützen. In diesen Entscheidungen geht der RFH offenbar von einem das gesamte Ertragsteuerrecht beherrschenden, für das Einkommensteuerrecht jetzt in § 3c EStG zum Ausdruck gebrachten Grundsatz aus, daß Aufwendungen, die mit bei der Besteuerung außer Ansatz bleibenden Erträgen in Zusammenhang stünden, und Schulden, die dem Erwerb durch die Besteuerung nicht erfaßten Vermögens dienten, bei der Besteuerung nicht abgesetzt werden dürften. Der RFH begründete von diesem Grundsatz ausgehend das Abzugsverbot der nicht als Dauerschuldzinsen anzusehenden Zinsaufwendungen damit, daß diese Zinsen mit dem Abzug von 3 v. H. des Einheitswertes zusammenhingen und daß diese 3 v. H. den Nettoertrag des unbelasteten Grundbesitzes darstellten. Da indessen weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus seinem Sinn und Zweck mit Sicherheit entnommen werden kann, daß diese 3 v. H. des Einheitswertes einen Hypothekenzinsen als Betriebsausgaben nicht berücksichtigenden Nettoertrag darstellen, und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, daß diese 3 v. H. ein fingierter Nettoertrag unter Berücksichtigung aller Grundstückseinnahmen und Grundstücksausgaben sind oder daß sie die den Grundbesitz belastende, vom Einheitswert ohne Berücksichtigung von Schuldverbindlichkeiten berechnete Grundsteuer abgelten sollen, kann ein eindeutiger Zusammenhang der hier bei der einheitlichen Gewinnfeststellung abgezogenen Zwischenzinsen zu bestimmten steuerfreien Erträgen nicht festgestellt werden. Denn wenn die 3 v. H. den alle Grundstücksaufwendungen, also auch die Zwischenzinsen, berücksichtigenden Nettoertrag darstellen oder die pauschalierte Grundsteuer ausgleichen sollen, so erscheint es nicht gerechtfertigt, das Abzugsverbot auf eine einzige Grundstücksaufwendung zu erstrecken, alle anderen Aufwendungen aber auch bei der Gewerbesteuer als ertragsmindernd anzuerkennen. Diese Überlegungen allein rechtfertigen die Auffassung des FG, und der Senat braucht nicht zu den im Urteil des VI. Senats VI 269/64 vom 11. Februar 1966 (BFH 85, 293, BStBl III 1966, 316) behandelten Fragen Stellung zu nehmen, ob dieses Ergebnis schon allein damit begründet werden kann, daß bei allen Arten der Ertragsbesteuerung mit steuerfreien Erträgen im Zusammenhang stehende Betriebsausgaben immer nur dann außer Betracht bleiben dürften, wenn das durch eine ausdrückliche Vorschrift, wie etwa in § 3c EStG, angeordnet sei. Aus der jetzigen Entscheidung des erkennenden Senats kann deshalb auch keine Folgerung für den übrigen Inhalt der Anordnung in Abschn. 47 Abs. 14 GewStR 1966 gezogen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 68556 |
BStBl II 1969, 468 |
BFHE 1969, 443 |